Internationale Umweltschutzabkommen Seminararbeit an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam Lehrstuhl für Finanzwissenschaft Prof. Dr. Hans-Georg Petersen eingereicht von Frank Brauer Siemensstrasse 9 14482 Potsdam Potsdam, den 22.12.2005 Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ................................................................. II 1. EINLEITUNG ...................................................................................... 1 1.1. Problemstellung ................................................................................................................1 1.2. Vorgehensweise .................................................................................................................3 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN INTERNATIONALER UMWELTSCHUTZABKOMMEN ............................................................... 3 2.1. Begriffsabgrenzungen.......................................................................................................3 2.1.1. Globale Öffentliche Güter..............................................................................................3 2.1.2. Joint Implementation und Clean Development Mechanism...........................................4 2.1.3. Emissionshandel.............................................................................................................4 2.2. 3. Spieltheoretische Grundlagen..........................................................................................5 AKTEURE .......................................................................................... 7 3.1. Europäische Union............................................................................................................7 3.2. JUSSCANNZ-Staaten.......................................................................................................8 3.3. Länder im Übergang zur Marktwirtschaft.....................................................................9 3.4. Entwicklungsländer ..........................................................................................................9 3.5. Nichtstaatliche Organisationen......................................................................................10 4. INTERNATIONALE UMWELTSCHUTZABKOMMEN...................... 10 4.1. Montreal-Protokoll .........................................................................................................10 4.1.1. Entstehung des Montreal-Protokolls ............................................................................10 4.1.2. Ziele und Umsetzung des Montreal-Protokolls............................................................11 4.1.3. Evaluierung des Montreal-Protokolls...........................................................................12 4.2. Kyoto-Protokoll...............................................................................................................13 4.2.1. Der Weg zum Kyoto-Protokoll ....................................................................................13 4.2.2. Vorgaben und Ziele des Kyoto-Protokolls...................................................................13 4.2.3. Evaluierung des Kyoto-Protokolls ..............................................................................14 5. SCHLUSSBEMERKUNGEN UND AUSBLICK ................................ 16 LITERATURVERZEICHNIS..................................................................... 18 I Abkürzungsverzeichnis AOSIS EG FCKW G 77 GPG KRK NASA NGO NOAA OPEC THG UNEP WMO Allianz kleinerer Inselstaaten Europäische Gemeinschaft, Vorläufer und Teil der Europäischen Union Fluorchlorkohlenwasserstoffe Gruppe der 77 Globale Öffentliche Güter Klimarahmenkonvention National Aeronautics and Space Administration Non Governmental Organisation National Oceanic and Atmospheric Administration Organisation of Petroleum Exporting Countries Treibhausgase United Nations Environment Programme World Meteorological Organization II 1. Einleitung 1.1. Problemstellung In der wachsenden Erkenntnis, dass viele Umweltprobleme nationale Grenzen überschreiten oder einfach von so globalem Ausmaß sind, dass sie durch nationale Regelungen allein nicht ausreichend abgedeckt werden können, haben internationale Umweltschutzabkommen besonders in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es entstanden bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts Verträge mit dem Ziel die Umwelt für nachfolgende Generationen zu erhalten, jedoch nahmen sowohl die Anzahl der Abkommen sowie die Zahl der Beteiligten in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich zu. Erste bedeutende Beispiele dieser Entwicklung sind etwa die internationale Konvention zum Schutz der Meere gegen Ölverschmutzung (1954) und die Pariser Konvention zur Haftpflichtigkeit im Bereich der Nuklearenergie (1960).1 Seit annähernd 30 Jahren nimmt das Thema Umwelt einen festen Platz in der internationalen Politik ein. Bei eingehender Betrachtung zeigt sich, dass die internationale Umweltpolitik weniger von einer ziellosen Harmoniedebatte geprägt ist, sondern vielmehr zunehmend von der nüchternen Erkenntnis geleitet wird, dass die Kosten der Umweltverschmutzung und -zerstörung die Erträge aus dieser Umweltnutzung zu übersteigen beginnen.2 Zu diesen globalen Risiken zählen unter anderem die Schädigung der Erdatmosphäre durch die massive Freisetzung von Kohlenstoffdioxid im Zuge der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas sowie die Freisetzung von weiteren Treibhausgasen (THG) wie Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) und Fluorkohlenwasserstoffen (FKW) durch anthropogene Aktivitäten. Dieser anthropogene Treibhauseffekt führt zu einer globalen Erhöhung der Lufttemperatur und dem damit verbundenen Abschmelzen der polaren Eismassen und der Erhöhung des Meeresspiegels. Darüber hinaus schädigen die FCKW und 1 2 Vgl. Mittendorf 2004, S. 5ff. Vgl. Bahnsen 2001, S. 1f. 1 FKW direkt die Ozonschicht der Erde und lassen Ultraviolettstrahlung leichter bis zur Erdoberfläche dringen, wo sich Schädigungen an Flora und Fauna beobachten lassen.3 Anlass zu großer Besorgnis gibt ebenfalls der rapide und ungebremste Verlust an Tier- und Pflanzenarten. Die Gesamtzahl aller auf dem Planeten vorhandenen Arten kann nur geschätzt werden, denn tatsächlich erfasst und beschrieben sind lediglich 1,5 bis 1,75 Millionen Arten. Es wird jedoch von einer Gesamtzahl zwischen 5 und 100 Millionen Arten ausgegangen. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts hat besonders die Vernichtung der tropischen Urwälder als Lebensraum vieler undokumentierter Arten stark zugenommen. Dies stellt einen unkalkulierbaren Verlust dar, denn niemand kann abschätzen, wie viele wirtschaftlich und medizinisch nutzbare Arten bereits unwiederbringlich für den Menschen verloren sind. Zentrales Problem dabei stellt das Wachstum der Erdbevölkerung dar und damit verbunden der ansteigende Bedarf an Ressourcen wie Boden und Energie.4 Weiterhin kommt es zu einer immer stärkeren Belastung der Meere mit Schadund Nährstoffen aus der industriellen Produktion, der Förderung von Bodenschätzen, der Landwirtschaft sowie der Fischerei. Dies führt zu einer starken Beanspruchung der Fisch- und sonstigen Meeresfrüchtebestände, welche eine wichtige Nahrungsquelle der Menschheit darstellen. Die zunehmende Übernutzung der Böden und verschwenderische Ausbeutung der Trinkwasserreserven des Planeten stellen ebenfalls nicht unterschätzende Gefahren für die Menschheit dar.5 Alles in allem zeigt die Fülle der geschilderten Probleme eindeutig, dass sich die Menschheit deutlich den Grenzen der gegebenen Tragfähigkeit des Planeten annähert und diese teilweise schon übertritt. Um den folgenden Generationen nicht die Ressourcen für ihre weitere Entwicklung zu rauben und ihre Möglichkeiten zu beschneiden muss diese Entwicklung schnellstmöglich gestoppt und umgekehrt werden. Nur eine langfristig orientierte Nutzung der Ressourcen nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit kann eine für gegenwärtige und zukünftige Generationen faire 3 Vgl. BMU 2002, S. 6ff. Vgl. BMU 2002, S. 24f. 5 Vgl. BMU 2002, S. 42ff. 4 2 Lösung darstellen. Dies kann jedoch keine Nation alleine leisten, sondern es bedarf der konsequenten internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Umweltund Entwicklungspolitik, um langfristig eine nachhaltige globale Entwicklung zu ermöglichen.6 1.2. Vorgehensweise Nach der Einleitung werden im 2. Abschnitt zunächst einige wenige und notwendige Begriffsabgrenzungen vorgenommen, um dann weiter auf die spieltheoretische Grundlagen internationaler Umweltschutzabkommen einzugehen. Im 3. Abschnitt werden die wesentlichen Akteure internationaler Umweltschutzabkommen eingehend vorgestellt. Abschnitt 4. stellt das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, sowie das Kyoto-Protokoll als Vertreter internationaler Umweltschutzabkommen dar. In Abschnitt 5. finden sich die Schlussbemerkungen des Autors dieser Arbeit sowie ein Ausblick wieder. Der 6. und letzte Abschnitt beinhaltet schließlich das Literaturverzeichnis. 2. Theoretische Grundlagen internationaler Umweltschutzabkommen 2.1. Begriffsabgrenzungen 2.1.1. Globale Öffentliche Güter Allgemein werden unter Globalen Öffentlichen Gütern solche Güter verstanden, deren Nutzen über regionale und Landesgrenzen, Bevölkerungsgruppen, Kulturkreise und Generationen hinaus reicht. Unter diese breit gefasste Definition fallen die klassischen öffentlichen Güter wie Sicherheit und Frieden ebenso wie eine intakte Umwelt, Gesundheit, finanzielle Stabilität, Wissen und Information bis hin zu Fairness und Gerechtigkeit. Weder über die Definition noch über die Finanzierung von GPGs herrscht international Einigkeit. Die Einschätzungen in der Öffentlichkeit reichen dabei von einer möglichen Grundlage für die Neubegründung internationaler Kooperation bis hin zur Furcht vor einer Degradierung gesell6 Vgl. BMU 2002, S. 7ff. 3 schaftlicher Werte wie Frieden und Gerechtigkeit zu wirtschaftlichen Gütern.7 Traditionell war die Perspektive öffentlicher Güter eher eine nationale, im Zuge der fortschreitenden Globalisierung ist diese Sicht jedoch unzureichend. Weder der THG-Ausstoß noch die Verschmutzung der Gewässer machen an nationalen Grenzen halt. Ergänzend zu den Eigenschaften von öffentlichen Gütern wie NichtRivalität und Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum müssen zusätzliche Kriterien erfüllt sein, um von GPG sprechen zu können. Die externen Effekte dieser Güter müssen in mehr als einer Ländergruppe auftreten, es dürfen nicht nur einzelne Bevölkerungsgruppen in bestimmten Ländern betroffen sein und die Frage des Ausgleichs zwischen den Generationen muss nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit in die Analyse eingehen.8 2.1.2. Joint Implementation und Clean Development Mechanism Grundsätzlich basieren beide Konzepte auf dem gleichen Ansatz: Durch Investitionen in Emissionsreduktions- oder Speicherungsprojekte werden Minderungszertifikate ("Certified Emission Reductions") generiert, welche dem Konto des Investors gutgeschrieben werden können. Beide Konzepte gehören zu den vom Kyoto-Protokoll vorgesehenen flexiblen Mechanismen zur Emissionsreduktion.9 Der Unterschied besteht darin, dass unter Joint Implementation die entwickelten Industriestaaten des ANNEX I ihren Reduktionsverpflichtungen gemeinsam nachkommen können. Dabei kann eine Verfehlung der Emissionsziele in einer Periode gegen spätere Emissionseinsparungen angerechnet werden. Unter Clean Development Mechanism können ANNEX I-Staaten zertifizierte Projekte in Nicht-Annex-I-Staaten finanzieren und diese auf ihre eigenen Verpflichtungen anrechnen lassen.10 2.1.3. Emissionshandel Zur Eindämmung der globalen Erwärmung wurde das Kyoto-Protokoll ausgearbeitet, dort definierte Klimaschutzziele bedeuten für die Vertragsparteien wie beispielsweise die Staaten der EU eine Senkung der THG-Emissionen von 8% im 7 Vgl. UNEP 2002, S. 5f. Vgl. UNEP 2002, S. 9f. 9 Vgl. HWWA Hamburg, 2005 10 Vgl. Endres und Finus, Hagen 2000, S. 69f. 8 4 Zeitraum 2008 – 2012, bezogen auf das Basisjahr 1990. Für die einzelnen Mitglieder der EU gelten individuelle Reduktionsziele, welche in ihrer Kumulation 8% für den gesamten EU-Raum ergeben. EU-weit geben die einzelnen Länder dazu, unter Berücksichtigung ihrer Reduktionsverpflichtungen, Kontingente an zulässigen Emissionsmengen vor. Wie diese Mengen auf die verschiedenen Unternehmen bzw. Branchen verteilt werden, ist Angelegenheit der Nationalstaaten. In einem ersten Schritt werden THG-emittierende Anlagen identifiziert und zulässige Emissionsmengen, im Einklang mit dem Gesamtreduktionsziel, festgelegt. Anschließend erfolgt als zweiter Schritt die Verteilung dieser Mengen auf die betroffenen Anlagen gemäß eines Nationalen Allokationsplanes. Die Anlagenbetreiber erhalten dann über ein Zuteilungsverfahren entsprechend den erwarteten Emissionen und nach bestimmten Verteilungsregeln Zertifikate, welche sie bei zusätzlicher Reduktion der Emissionen verkaufen können oder bei erhöhten Emissionen zukaufen müssen.11 Der Handel mit Zertifikaten erlaubt es, die gesamte Menge der erlaubten Emissionen festzulegen, wodurch es zu einer möglichst kosteneffizienten Emissionsreduktion kommt. Denn ein Unternehmen, das mit geringen Investitionen seine Emissionen verringern kann, wird sein Kontingent nicht ausschöpfen und die überzähligen Lizenzen verkaufen.12 2.2. Spieltheoretische Grundlagen Die Spieltheorie wird unter anderem angewendet, um den Ausgang bestimmter regelbezogener Prozesse zu bestimmen oder vorherzusagen. Die Koalitionsbildung im Rahmen von internationalen Umwelt- und Handelsabkommen kann diesbezüglich ebenfalls spieltheoretisch betrachtet werden, da aufgrund grenzüberschreitender Umweltverschmutzung hohe Interdependenzen zwischen den Staaten vorliegen.13 Ferner untersucht die Spieltheorie die Interaktion von Akteuren, bildet Hypothesen über deren Verhalten und prognostiziert den Ausgang der Interaktion. Daher eignet sich diese Methode besonders gut, die Anreizstruktur der Akteure im Bereich internationaler Umweltschutzabkommen zu untersuchen.14 Anwendung finden dabei Modelle der nichtkooperativen Spieltheorie, d. h. es wird von der Annahme ausgegangen, dass international keine bindenden Abkom11 Vgl. Landesumweltamt Nordrheinwestfalen 2004 Vgl. Meyer 2002 13 Vgl. Rundshagen 2004, S. 1ff. 14 Vgl. Endres und Finus 2000, S. 12ff. 12 5 men getroffen werden können. Diese Annahme ist nötig, da international keine Instanz existiert, die über hinreichende Durchsetzungsmacht verfügt, um die Einhaltung der Abkommen sicherstellen zu können.15 Für die Wirksamkeit eines solchen internationalen Umweltschutzabkommens sind im Wesentlichen die Faktoren Zielerreichungsgrad, Stabilität sowie die Existenz von Beitrittsanreizen entscheidend. Einen hohen Zielerreichungsgrad gewinnt ein Abkommen nur in dem Falle, dass konkrete Emissionsnormen festgelegt werden, welche deutlich über das nichtkooperative Gleichgewichtsniveau hinausgehen, und gleichzeitig geeignete Sanktionsmechanismen vorhanden sind. Glaubwürdige Sanktionsmechanismen müssen so gewählt werden, dass sich die Erfüllung für die bestrafte Partei lohnt, d. h. der Anreiz zur Normalphase des Abkommens zurückzukehren muss größer sein als der Nutzen, sich ausschließen zu lassen und gleichzeitig muss die Bestrafung noch als solche erkennbar sein. Glaubwürdige Sanktionsmechanismen sind für die Stabilität des Abkommens von entscheidender Bedeutung.16 In der Realität stellen auch mögliche Reputationsverluste bei anderen Vertragsparteien und der weiteren Öffentlichkeit im Falle des Vertragsbruchs einen nicht unwesentlichen Anreiz zum Einhalten des Abkommens dar.17 Die Tatsache, dass zwischen dem eigentlichen Vertragsbruch, dem Erkennen dieser Verletzung und der internationalen Koordination der an der Bestrafung beteiligten Staaten eine gewisse Zeit vergeht, die durch das vertragsbrüchige Land zum uneingeschränkten Vorteil genutzt werden kann, sollte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Weiterhin dürfen Bestrafungen nicht ausschließlich durchgeführt werden, wenn die Kosten der Sanktionsmaßnahmen für die bestrafenden Länder null oder negativ sind, um die Glaubwürdigkeit späterer Verhandlungen zu gewährleisten.18 Diese Probleme zeigen sich umso stärker, je unterschiedlicher die Interessen der Staaten sind und je größer die Zahl der Akteure ist. Dennoch können internationale Umweltschutzvereinbarungen zu einer verbesserten Situation gegenüber dem strategischen Gleichgewicht, von dem ausgehend kein einzelner Spieler einen Vorteil für sich erzielen kann, indem er allein seine Strategie verändert, führen. Die Ergebnisse 15 Vgl. Rundshagen 2004, S. 2f. Vgl. Rundshagen 2004, S. 120ff. 17 Vgl. Endres/Radke 2000, S. 111 18 Vgl. Rundshagen 2004, S. 132f. 16 6 bleiben jedoch im Allgemeinen hinter einer sozial optimalen Ressourcenaufteilung zurück.19 3. Akteure 3.1. Europäische Union Die Europäische Union stellt einen Staatenverbund von 25 europäischen Staaten mit einer Gesamteinwohnerzahl von 455 Millionen Menschen dar und nimmt international gesehen eine Führungsrolle im Klimaschutz ein. Der Staatenverbund wird bei internationalen Verhandlungen zum Teil von Kommissionen vertreten, die zusammen mit den Mitgliedsstaaten gemeinsame Positionen erarbeiten. Der gemeinsame Standpunkt wird durch den Mitgliedsstaat, welcher zum jeweiligen Zeitpunkt den EU-Ratsvorsitz führt, vertreten, wodurch sichergestellt wird, dass die EU international als relativ geschlossener Verhandlungspartner auftritt.20 Das große Interesse der EU, den Verbrauch fossiler Energieträger zu reduzieren und damit auch am Klimaschutz, begründet sich unter anderem darin, dass die EU fossile Brennstoffe in großem Umfang importieren muss und selbst nur über relativ geringe Vorkommen verfügt. Auf den Märkten für erneuerbare Energiequellen und energieeffizientere Technologien ist die EU dagegen stark vertreten. Weitere Gründe für das europäische Interesse liegen in den möglichen Folgen des Klimawandels begründet, so wäre die EU von einem denkbaren Anstieg des Meeresspiegels ebenso betroffen, wie vom Problem der Wüstenbildung im Zuge der Erhöhung der globalen Durchschnittstemperaturen. Dramatische Folgen hätte ferner eine potentielle Änderung des Golfstroms, dem Europa sein gemäßigtes Klima verdankt.21 Tatsächlich existiert jedoch auch in der EU eine große Lücke zwischen den Plänen zum Klimaschutz und der tatsächlichen Umsetzung. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass auch in der EU unterschiedliche Interessen vorherrschen und die Angst vor Kompetenzverlust und Wettbewerbsnachteilen stets präsent ist. Weiterhin existiert ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle, d. h. die ärmeren Länder im Süden Europas zeigen sich in der Praxis weniger bereit ihre THG-Emissionen zu reduzieren als die Staaten im Norden. Dennoch ist die EU 19 Vgl. Endres/Radke 2000, S. 120 Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 39ff. 21 Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 42f. 20 7 bei der Durchsetzung einer wirksamen Klimaschutzpolitik im Vergleich zu anderen entwickelten Industriestaaten mit gutem Beispiel vorangegangen.22 3.2. JUSSCANNZ-Staaten JUSSCANNZ ist ein Akronym für den informellen Zusammenschluss von Japan, den USA, der Schweiz, Kanada, Australien, Norwegen und Neuseeland, diese Gruppe von Ländern repräsentierte im Kyoto-Prozess den Hauptgegner der EU. Ferner nahmen an einigen Treffen dieser Gruppe auch Island und Südkorea teil. Gemeinsam ist diesen Ländern die Ablehnung von bindenden Verpflichtungen zur Reduzierung der Emissionen von THG. Das einflussreichste Mitglied stellen die USA dar, diese sind weltweit der größte Emittent von CO2 und THG allgemein und gehören weiterhin zu den größten Produzenten von Kohle, Erdgas und Erdöl. Von den klimatischen Auswirkungen der globalen Erderwärmung sind die USA allerdings nicht ausgenommen. Zum einen würde der Anstieg des Meeresspiegels die US-amerikanischen Küsten betreffen, zum anderen sind Teile des Landes extremen Wetterphänomenen wie tropischen Wirbelstürmen und Dürren ausgesetzt, welche wahrscheinlich an Häufigkeit und Stärke noch zunehmen werden. Gerade letzteres besitzt zurzeit eine nicht zu verleugnende Brisanz. Die der internationalen Klimaschutzpolitik aufgeschlossenen Kräfte kommen in den USA jedoch nicht maßgeblich zum Zuge, da der US-amerikanische Lebenswandel sowie die US-amerikanische Wirtschaft extrem energieintensiv sind und sich durch das politische System bestimmte Interessengruppen unmittelbaren Zugang zu politischen Entscheidungsträgern verschaffen können. Den zweitgrößten THG-Produzenten der JUSSCANZ-Gruppe stellt Japan dar. Japan ist stark von Energieträgerimporten abhängig und besitzt selbst keine großen Vorkommen an fossilen Brennstoffen. Die japanische Industrie zeichnet sich jedoch durch eine deutlich höhere Energieeffizienz aus, was allerdings den Spielraum für zukünftige Emissionsreduzierung limitiert. Die weiteren Mitgliedsstaaten haben ähnliche Motive, so sind Norwegen, Kanada und Australien Exporteure fossiler Brennstoffe, teilweise sind die Möglichkeiten zur Reduzierung der Emissionen auch wie in Norwegen bereits weitestgehend ausgeschöpft.23 22 23 Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 43f. Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 44f. 8 3.3. Länder im Übergang zur Marktwirtschaft Unter der Bezeichnung Länder im Übergang zur Marktwirtschaft werden im Allgemeinen die aus dem Zusammenbruch des ehemaligen Ostblocks hervorgegangenen Staaten erfasst. Hauptemittent dieser Gruppe ist Russland, die Pro-KopfEmissionen von CO2 lagen 1990 bei 16 t und zählen zu den höchsten der Welt. Zurückzuführen ist dies hauptsächlich auf die veraltete und ineffiziente Nutzung fossiler Energieträger. Weiterhin verfügen Russland und auch andere Sowjetnachfolgestaaten über große Vorkommen an fossilen Brennstoffen. Teilweise vertreten politische Entscheidungsträger auch die Auffassung, dass Russland vom Klimawandel profitieren könnte, da die riesigen Dauerfrostgebiete möglicherweise durch die globale Erwärmung schrumpfen und somit nutzbar für die Landwirtschaft werden würden. Mögliche strukturelle Schäden dieser Entwicklung werden dabei größtenteils ausgeblendet. Klimaschutzpolitik findet jedoch kaum Eingang in das politische Geschehen, da andere Probleme wie die marode Wirtschaft und massive Korruption zumeist im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Lediglich diejenigen Staaten, welche eine EU-Mitgliedschaft anstreben, wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik lassen besonderes Klimaschutzinteresse erkennen, da sie bei einer Aufnahme EU-Auflagen erfüllen müssten.24 3.4. Entwicklungsländer Trotz zunehmender Ungleichgewichte innerhalb der Gruppe der Entwicklungsländer haben diese Staaten erkannt, dass politische Alleingänge nicht die gewünschten Erfolge erzielen können und haben sich in der „Gruppe der 77“ organisiert, um gemeinsame Positionen erarbeiten und sich besser untereinander abstimmen zu können. Darüber hinaus erklärt sich auch China oftmals mit den Positionen der G 77 solidarisch. Im Hinblick auf Fragen der Umweltpolitik herrschen jedoch überwiegend unterschiedliche Meinungen vor. Dabei heben sich besonders die OPEC-Staaten sowie die AOSIS-Staaten von der Allgemeinheit der Entwicklungsländer ab. Die OPEC-Staaten verfügen über die Mehrheit der weltweiten Erdölreserven und stellen einige der größten Erdölexporteure der Welt. Ferner ist die Mehrheit der OPEC-Staaten extrem abhängig von den Erlösen aus dem Erdölexport. Bei internationalen Verhandlungen nehmen die OPEC-Staaten eine eindeutige Position ein, die konstante Öl-Exportmengen sowie Preise umfasst. Von 9 den Vorteilen internationaler Maßnahmen gegen die globale Erderwärmung konnten die OPEC-Staaten nicht überzeugt werden. Die AOSIS-Staaten hingegen zeichnen sich durch ihre besondere Betroffenheit von möglichen Folgen der Erderwärmung aus und fordern bindende Verpflichtungen seitens der Industriestaaten sowie entschiedene Maßnahmen gegen den Klimawandel.25 3.5. Nichtstaatliche Organisationen Im Prozess der internationalen Bemühungen um den Klimaschutz nehmen die nichtstaatlichen Organisationen (NGO) eine nicht zu vernachlässigende Rolle ein. Zwar sind die NGOs nicht direkt an der zwischenstaatlichen Verhandlungsführung beteiligt, jedoch können sie auf unterschiedlichsten Wegen indirekt und direkt, durch Beratung, Empfehlung, Information und Lobbyarbeit, Einfluss auf das Verhalten der Regierungen nehmen. NGOs treten in vielerlei Form und Größe auf, dabei sind die beiden größten Gruppen die Umweltschutzorganisationen und die Wirtschaftsverbände. Ein wichtiges Medium der NGOs stellt dabei ihr Mitteilungsblatt „ECO“ dar, in dem wichtige Themen angesprochen und Informationen zum aktuellen Verhandlungstand veröffentlicht werden. Die Positionen der NGOs sind daher breit gefächert und reichen von der Unterstützung der Politik der OPEC-Staaten durch die Kohle- und Ölindustrie bis hin zur Unterstützung fortschrittlicher Gedanken zur Emissionsvermeidung durch bestimmte Versicherungsunternehmen.26 4. Internationale Umweltschutzabkommen 4.1. Montreal-Protokoll 4.1.1. Entstehung des Montreal-Protokolls Das Montreal-Protokoll baut im Wesentlichen auf den Verpflichtungen der Vertragsparteien der Wiener Konvention zum Schutz der Ozonschicht von 1985 auf.27 Die Wiener Konvention ist sehr allgemein gehalten und drückt lediglich die Absicht der Regierungen aus, die stratosphärische Ozonschicht zu schützen und den Informationsaustausch zwischen staatlichen Einrichtungen, Forschung und der 24 Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 49ff. Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 52ff. 26 Vgl. Oberthür/Ott 2000, S. 58f. 25 10 Wirtschaft zu fördern. 28 Es werden keine speziellen ozonschichtschädigenden Stoffe genannt und FCKW werden nur als beobachtenswert eingestuft. Kurz nach Unterzeichnung der Wiener Konvention bestätigten erste gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse den drastischen Ozonabbau über der Antarktis. Dies sorgte auch in der breiten Öffentlichkeit für Aufsehen und beschleunigte so die weiteren Verhandlungen. Zusätzliche beunruhigende Erkenntnisse über den dramatischen Ozonabbau lieferte der Bericht „Atmospheric Ozone 1985“, welcher unter Beteiligung von UNEP, WMO, NASA und NOAA entstanden war und Anfang 1986 veröffentlicht wurde. 29 Im September 1987 begann schließlich die zweite Konferenz der Teilnehmerstaaten der Wiener Konvention. Teilnehmer waren neben den Vertretern von über 60 Nationen auch Umweltorganisationen, welche bei den Verhandlungen von Wien nicht berücksichtigt wurden.30 4.1.2. Ziele und Umsetzung des Montreal-Protokolls Das Montreal-Protokoll spezifiziert die allgemeinen Vorgaben der Wiener Konvention mit dem Ziel, den Verbrauch und die Produktion ozonschädlicher Stoffe zu verringern bzw. des mittel- bis langfristigen Verbots bestimmter Stoffe.31 Ursprünglich sah das Protokoll nur die Kontrolle von acht Stoffen vor, im Verlauf der Zeit war das Montreal-Protokoll jedoch mehrfach das Objekt größerer Überarbeitungen und weiterer Konkretisierungen (1990 London, 1992 Kopenhagen, 1995 Wien).32 Der aktuelle Stand wichtiger Emissionsziele ist Tabelle 1 im Anhang zu entnehmen. Im Verlauf der Verhandlungen entstanden zahlreiche strittige Punkte, so war beispielsweise strittig, ob die Produktion oder der Verbrauch von ozonschädigenden Stoffen zu beschränken sei. Die EG befürwortete die Kontrolle der Produktion mit dem Argument, dass diese leichter zu überwachen sei, tatsächlich dürfte das Motiv der EG jedoch auch damit einhergehen, dass über 30% der EG-Produktion exportiert wurden und damit ein Schutz der Exportmärkte vor Nicht-EG-Produzenten angestrebt wurde. Der größere Teil der partizipierenden Länder waren jedoch Importeure und somit fand dieses Argument wenig Anklang. Dieser Disput wurde dadurch beigelegt, dass statt der einfachen Produktion ein 27 Vgl. Ott 1998, S. 59f. Vgl. Umweltbundesamt Österreich 2001, S. 11 29 Vgl. Stieger 1995, S. 34ff. 30 Vgl. Stieger 1995, S. 46 31 Vgl. Ott 1998, S. 60ff. 32 Vgl. Ott 1998, S 61 28 11 Term „Produktion minus Export plus Import“ als maßgebliche Größe gewählt wurde.33 4.1.3. Evaluierung des Montreal-Protokolls Die Regelungen des Montreal-Protokolls waren weder perfekt noch allumfassend, dennoch war das Protokoll eine erstaunliche Leistung, denn erstmals wurden effektive und konkrete Maßnahmen über den weiteren Umgang mit ozonschädigenden Stoffen beschlossen.34 Das Protokoll von 1987 hatte dennoch 3 wesentliche Schwachpunkte. Die Entwicklung des Verbrauchs und der Produktion von FCKW in den Entwicklungsländern fand kaum Beachtung.35 Ferner machten die Entwicklungsländer ihre Kooperation von der Gewährung technischer und finanzieller Unterstützung durch die entwickelten Industriestaaten abhängig.36 Zweitens ignorierte das Protokoll tatsächliche Emissionen und fokussierte sich auf Verbrauch bzw. Produktion, obwohl zahlreiche Möglichkeiten zur Emissionsreduktion durch Wiedergewinnung oder Recycling existieren. Drittens wurde verhandelt, ohne besondere Aufmerksamkeit auf die tatsächliche Umsetzbarkeit der Auflagen zu richten. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass große Unsicherheit über die Angemessenheit der Maßnahmen sowie über das allgemeine Risiko des Ozonabbaus bestand. Wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse wurden jedoch bereits kurz nach den Verhandlungen in Montreal veröffentlicht, welche die bis dahin bestehenden Unsicherheiten ausräumten. Sowohl Produzenten als auch Konsumenten ozonabbauender Stoffe verstärkten ihre wissenschaftliche Forschungsarbeit und technologische Innovationen konnten zu weitergehenden Senkungen des FCKW- und Halonausstoßes genutzt werden.37 In Folge der Vereinbarungen des Montreal-Protokolls sank die Produktion ozonzerstörender Stoffe im Zeitraum von 1988 bis 1994 tatsächlich um 77%, verglichen mit dem Referenzwert des Jahres 1987.38 33 Vgl. Stieger 1995, S. 46ff. Vgl. Parson 2003, S. 144 35 Vgl. Parson 2003, S. 146 36 Vgl. Stieger 1995, S. 61ff. 37 Vgl. Parson 2003, S. 146 38 Vgl. Ott 1998, S. 61 34 12 4.2. Kyoto-Protokoll 4.2.1. Der Weg zum Kyoto-Protokoll Basierend auf den Erfahrungen der Wiener Konvention, jedoch mit umfassenderen Regelungen über normative Grundsätze, Informationsaustausch, Finanzierung sowie Technologiertransfer zwischen Industrie- und Entwicklungsländern versehen, entstand im Jahre 1992 das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (KRK). Aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Intensität potentieller klimatischer Veränderungen, welche der KRK, im Gegensatz zum Montreal-Protokoll, zugrunde liegen, wird eine vorsorgliche Reduktion von THG-Emissionen propagiert, um Schäden an der mittel- und unmittelbaren Umwelt des Menschen abzuwenden.39 Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen wurde auf dem Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro angenommen und seither von den meisten Staaten der Welt ratifiziert. Sie ist seit 1994 in Kraft. Das bedeutendste Gremium der KRK sind die Konferenzen der Vertragsstaaten (Conferences of the Parties, COP), die einmal jährlich stattfinden. Sie entscheiden darüber, durch welche Maßnahmen die Vertragstaaten ihre Klimaschutzziele erreichen sollen. Die erste Vertragsstaatenkonferenz (COP-1) fand 1995 in Berlin statt. Es folgten 1996 Genf (COP-2) und 1997 Kyoto (COP-3). Auf der dritten Tagung der Vertragsstaaten 1997 in Kyoto wurde schließlich nach langen Verhandlungen das Kyoto-Protokoll ausgearbeitet und angenommen.40 Zusammen mit der KRK bildet das Kyoto-Protokoll die Grundlage der heutigen internationalen Klimaschutzpolitik zur Bekämpfung der globalen Erwärmung, dabei enthält die KRK im Wesentlichen Zielstellungen und Prinzipien, während das Kyoto-Protokoll Instrumente und konkrete Ausgestaltungen regelt.41 4.2.2. Vorgaben und Ziele des Kyoto-Protokolls Mit dem Kyoto-Protokoll hat sich die Staatengemeinschaft zum ersten Mal auf verbindliche Ziele und Maßnahmen für den Klimaschutz geeinigt. Das KyotoProtokoll legt globale Obergrenzen für die Emission von THG fest, dabei erkennen die entwickelten Industrieländer, die so genannten ANNEX-I-Staaten, ihre 39 40 Vgl. Mittendorf 2004, S. 27ff. Vgl. Auswaertiges-Amt.de 2005 13 maßgebliche Verantwortung für die Erderwärmung an und machen einen ersten Schritt, in dem nur sie in der ersten Verpflichtungsphase von 2008 bis 2012 konkrete Reduktionsverpflichtungen übernehmen.42 Jedoch kommt es auch innerhalb der Gruppe der entwickelten Länder zu Reduktionen in unterschiedlichem Ausmaß. Dies kann als Ausdruck des Prinzips der differenzierten Verantwortung, aber auch als abweichende Beurteilung der Situation durch die Vertreter der einzelnen Länder angesehen werden. Da die KRK bereits das allgemeine Ziel vorgibt, die Emissionen von THG auf einem unbedenklichen Niveau zu stabilisieren, muss im Kyoto-Protokoll lediglich die Art und Weise der Erreichung dieser Vorgaben spezifiziert werden.43 Zusätzlich zu Einsparungen eigener Emissionen stehen den Vertragsstaaten drei weitere Instrumente zur Erreichung der Reduktionsziele zur Verfügung: der weltweite Handel mit THG-Emissionsrechten (Emissionshandel), Entwicklung und Transfer von einschlägigen Technologien (Joint Implementation) sowie das Umsetzen von Maßnahmen in Entwicklungsländern (Clean Development Mechanism).44 4.2.3. Evaluierung des Kyoto-Protokolls Die Hauptschwierigkeiten des Kyoto-Protokolls lassen sich an vier wesentlichen Punkten des Protokolls festmachen. Der erste entscheidende Punkt dabei umfasst die Reduktionsziele sowie den angestrebten Zeitplan. Die Vertragsstaaten verfolgen das Ziel, ihre Emissionen im Zeitraum 2008-2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, dabei haben die einzelnen Länder unterschiedliche Vorgaben, welche vor allem von ihren unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen abhängen. Die 4 großen „Global Player“ USA (7%), Japan (6%), Kanada (6%) und die EU (8%) haben eine annähernd ähnliche Emissionsreduktionsquote. Die Reduktionsziele müssen als relativ anspruchsvoll bewertet werden, besonders wenn man als Vergleich nicht das Jahr 1990 heranzieht, sondern von einem fiktiven Szenario ohne Emissionsreduktion ausgeht. In diesem Fall wären die Freifahreranreize für die meisten Länder relativ groß. Zur Gewährleistung der Stabilität des Abkommens sind effiziente Sanktionsmechanis41 Vgl. Mittendorf 2004, S. 29 Vgl. Auswaertiges-Amt.de 2005 43 Vgl. Mittendorf 2004, S. 43ff. 44 Vgl. Auswaertiges-Amt.de 2005 42 14 men daher unentbehrlich. Staaten wie China oder Indien, welche in Zukunft ihre Emissionen aufgrund des starken Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum steigern werden, sind ohne massive Transferzahlungen kaum zu einer Ratifizierung des Abkommens bereit. Ein weiterer wichtiger Punkt behandelt die Flexibilität der Reduktionsziele und deren Umsetzung. Clean Development Mechanism und Joint Implementation als flexible Maßnahmen erlauben es den Staaten differenziert ihren Verpflichtungen nachkommen zu können, ferner existieren im Protokoll keine konkreten Vorschriften über Vorgaben für die nationale Umweltpolitik.45 Dies eröffnet den Ländern jedoch die Möglichkeit, bestimmte Schlupflöcher zu nutzen, so können etwa durch den Handel mit THG-Guthaben vereinbarte Reduktionsziele aufgeweicht oder sogar umgangen werden. Besonders umstritten ist etwa, inwieweit die Länder Wälder als Klimaschutzprojekt anrechnen dürfen.46 Ein weiteres Hindernis stellt die anfängliche Abwesenheit eines konkreten Monitoringkonzeptes dar, welches erst 2004 in Kraft getreten ist. Vorgesehen wurden Umrechnungsfaktoren aller THG in CO2-Äquivalente sowie jährliche MonitoringBerichte. Ein Überblick über die wesentlichen Charakteristika ozonzerstörender Stoffe ist Tabelle 2 im Anhang zu entnehmen. Generell ist ein Monitoringkonzept positiv zu bewerten, jedoch obliegt die Überwachung nationalen Vertretern und damit keiner internationalen unabhängigen Behörde. Besonders von Transformationsstaaten im Übergang zur Marktwirtschaft kann kaum erwartet werden, dass sie ein effizientes System aufbauen werden.47 Das schwerwiegendste Problem, des Kyoto- Protokolls ist jedoch der Mangel an effizienten Durchsetzungsmechanismen. Sanktionsmechanismen müssen erst durch Zusatzprotokolle integriert werden, welche nur im Konsens der Vertragsstaaten verabschiedet werden können. Dies lässt begründete Zweifel an der Effektivität der möglichen Maßnahmen aufkommen. Ferner ist die Option das Kyoto-Protokoll binnen eines Jahres verlassen zu können wenig zuträglich für neuverhandlungsstabile Bestrafungsmaßnahmen. Sanktionen sind damit auf die Dauer weniger Monate beschränkt und müssen sehr mild ausfallen.48 45 Vgl. Endres und Finus 2000, S. 68f. Vgl. Stern.de 2005 47 Vgl. Endres und Finus 2000, S. 71f. 48 Vgl. Endres und Finus 2000, S. 72f. 46 15 5. Schlussbemerkungen und Ausblick Abschließend lässt sich festhalten, dass trotz allen neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Bemühungen zahlreiche Aspekte ungeklärt bleiben. Nach wie vor existiert kein Konsens unter Wissenschaftlern über das tatsächliche Ausmaß anthropogener Einflüsse auf die globale Temperaturerhöhung im vergangenen Jahrhundert. Dies ist jedoch nur natürlich und ein allgemeiner Konsens unter Wissenschaftlern wird vermutlich niemals zu realisieren sein. Damit bleiben jedoch immer Rechtfertigungsmöglichkeiten für die Gegner der Klimaschutzbemühungen erhalten. Mittel- bis langfristig muss es gelingen die Entwicklungsländer aktiv in den Klimaschutz einzubeziehen. Damit würde ebenfalls der Hauptvorbehalt der USA, dem größten Emittenten von THG weltweit, nach einer angemessenen Beteiligung der Entwicklungsländer am Kyoto-Protokoll entfallen. Ferner müssen strukturelle Mängel im Entscheidungsfindungsprozess internationaler Abkommen beseitigt werden. Das aktuelle Modell, welches Beschlüsse nur auf Konsensbasis aller beteiligten Verhandlungspartner ermöglicht, führt allerdings nur zu einer Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners und gesteht kleineren Gruppen mit besonderen Interessen, wie den OPEC-Staaten, übermäßigen Einfluss zu. Weiterhin muss ein Weg eingeschlagen werden, der nicht weiter in Richtung Komplexität der Abkommen führt. Durch flexible Maßnahmen und Instrumente im Kyoto-Protokoll wurde der gesamte Prozess stark verkompliziert und eine Fülle technischer Details steht der Erfüllung der eigentlichen Aufgaben im Wege, so dass praktisch keiner der Akteure mehr in der Lage ist den gesamten Prozess durchschauen zu können. Dadurch fehlt es den NGOs an konkreten und vermittelbaren Botschaften für die Allgemeinheit und es mangelt an öffentlicher Unterstützung, um Druck auf die Regierungen ausüben zu können. Die internationale Klimapolitik bietet insofern ein umfassendes Forschungsgebiet, das im Interesse der zukünftigen Entwicklung unseres Planten intensive interdisziplinäre Erforschung erfordert. 16 Anhang Tabelle 1 Reduktionsziele gemäß Montreal-Protokoll Substanzen Montreal-Protokoll Industriestaaten Verbot: 1996 Montreal-Protokoll Entwicklungsländer Basisniveau: 1995 - 97 Einfrieren: 1.7.1999 -50% 2005 -85% 2007 Verbot 2010 Halone Produktion und Verbrauch Verbot: Basisniveau: Einfrieren: -50% Verbot 1995 – 97 2002 2005 2010 H-FCKW Verbrauch Basisniveau: H-FCKW Verbrauch +2,8% des FCKWVerbrauches 1989 Basisniveau: Einfrieren 2016 2040 FCKW Produktion und Verbrauch Einfrieren: -35% -65% -90% -99,5% Verbot: 1994 1989 1996 2004 2010 2015 2020 2030 Basisjahr: 1991 Basisniveau: -25% 1999 Einfrieren: -50% 2001 -20% -70% 2003 Verbot: Verbot 2005 Quelle: Umweltbundesamt Österreich (Hrsg.) 2001, S. 190 Methylbromid Produktion und Verbrauch Tabelle 2 Charakteristika der verschiedenen ozonzerstörenden Stoffe Charakteristika ozonzerstörender Stoffe Stoff OzonTreibhaus- Atmosphärische zerstörungs- potential Lebensdauer Potential (Jahre) FCKW R 11 1 1 60 FCKW R12 1 3 120 FCKW R 113 0,8 1,4 90 FCKW R 114 1 4 200 FCKW R 115 0,6 7,5 400 Halon 1211 3 n.a. 25 Halon 1301 10 n.a. 110 Halon 2402 6 n.a. n.a. Tetrachlorkohlenstoff 1,1 0,3 50 Trichlorethan 0,15 0,02 6 HFCKWs 0,02 - 0,1 0,02 - 0,7 2 – 41 HFBKWs 0,02 – 14 k.A. k.A. Methylbromid 0,7 k.A. k.A. Quelle: Stieger 1995, S. 190 17 1995-98 2002 2005 2015 Literaturverzeichnis Auswaertiges-Amt.de (2005): Klimaschutz, Abrufbar unter http://www.auswaertigesamt.de/www/de/aussenpolitik/vn/umweltpolitik/klima_html, Stand 18.12.2005. Bahnsen, U., (2002): Zur Internalisierung grenzüberschreitende externer Effekte durch internationale Vereinbarungen, Münster. Bundesministerium für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2002): Als Verantwortung für die Zukunft – Umweltpolitik als globale Herausforderung für die Zukunft, Berlin. Endres, A. (1994): Umweltökonomie – Eine Einführung, Hagen. Endres, A. / Finus, M. (2000): Kooperative Lösungen in der Umweltpolitik – Ökonomische Analysen am Beispiel des Schutzes der Globalen Umweltressourcen, in: Zeitschrift für angewandte Umweltforschung, H. 12/2000, Hagen. Endres, A. / Radke, V. 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