Thesis-Download - Fakultät Digitale Medien

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Fachhochschule Furtwangen
Hochschule für Wissenschaft und Technik
Fakultät Digitale Medien
Werbung im Regionalfernsehen –
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
Name:
Martin Egle
Anschrift:
Guntramstraße 30
79106 Freiburg
Fachsemester:
8
Studienfach:
MedienInformatik
Matrikelnummer: 213286
Werbung im Regionalfernsehen -
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Werbung im Regionalfernsehen -
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
VORWORT ............................................................................................................. 7
1 EINLEITUNG................................................................................................... 10
1.1 Übersicht der Problemstellung ............................................................ 10
1.2 Finanzierungsarten im privaten Fernsehen......................................... 11
1.2.1
Spotwerbung ......................................................................................11
1.2.2
Sponsoring .........................................................................................12
1.2.3
Verkauf von Sendezeiten....................................................................13
1.2.4
Weitere Erlösformen...........................................................................13
1.3 Probleme am derzeitigen Werbemarkt................................................ 14
1.3.1
Vor welchen Problemen stehen speziell Regionalsender bei der
Werbekundengewinnung ....................................................................14
1.3.2
Das Problem der Spotproduktion........................................................14
1.3.3
Werbung im Regionalfernsehen aus Zuschauersicht..........................15
1.4 Wie ändern sich die Verbreitungsmöglichkeiten durch die
Digitalisierung des Rundfunks............................................................. 17
1.4.1
Entwicklung der Rundfunkdistribution über das Kabelnetz..................20
1.4.2
Entwicklung der Rundfunkdistribution über Satellit .............................23
1.4.3
Entwicklung der Rundfunkdistribution über Terrestrik .........................24
2 DIGITAL VIDEO BROADCASTING (DVB)..................................................... 26
2.1 Hintergrund und Geschichte von DVB ................................................ 26
2.2 Der Umstieg auf DVB in Deutschland ................................................. 28
2.2.1
Das DVB-Sendeprinzip.......................................................................29
2.3 DVB-T 36
2.3.1
Das Beispiel Berlin-Brandenburg........................................................36
2.3.2
DVB-T Regionen in Deutschland ........................................................40
2.3.3
DVB-T in Baden-Württemberg ............................................................41
2.3.4
Technische Besonderheiten von DVB-T .............................................42
2.4 DVB-S 43
2.4.1
Technische Besonderheiten von DVB-S.............................................44
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2.5 DVB-C 45
2.5.1
Technische Besonderheiten von DVB-C ............................................ 46
2.6 DVB-H 48
2.6.1
Technische Besonderheiten von DVB-H ............................................ 49
3 MHP................................................................................................................. 52
3.1 MHP und Java..................................................................................... 53
3.2 MHP Profile ......................................................................................... 54
3.2.1
Enhanced Broadcasting Profile .......................................................... 54
3.2.2
Interactive Broadcast Profile .............................................................. 55
3.2.3
Internet Access Profile ....................................................................... 55
3.3 Übertragung der Daten........................................................................ 56
3.4 Arten der Dienste ................................................................................ 58
3.5 Gestaltungsmöglichkeiten mit MHP .................................................... 59
3.6 MHP Authoring.................................................................................... 60
4 INTERAKTIVE MEHRWERT-DIENSTE .......................................................... 62
4.1 Definition von interaktivem Fernsehen ................................................ 62
4.2 Das Konsumentenverhalten ................................................................ 63
4.3 Etablierung der Dienste beim Konsumenten ....................................... 64
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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5 WERBUNG IM DIGITALEN FERNSEHEN ..................................................... 68
5.1 Akzeptanz der Zuschauer ................................................................... 68
5.1.1
Erfahrungen aus Großbritannien ........................................................68
5.2 Rechtliche Rahmenbedingungen ........................................................ 71
5.2.1
Existierende Gesetzgebung................................................................71
5.2.2
Anwendung der Gesetze auf interaktive Dienste im Fernsehen..........72
5.3 Kostenfaktoren für die Verbreitung der Dienste .................................. 73
6 FAZIT UND AUSBLICKE................................................................................ 75
6.1 Einführung im Unternehmen ............................................................... 75
6.2 Anwendungsbeispiele ......................................................................... 76
6.2.1
Aktualisierung bestehender Werbespots ............................................76
6.2.2
Regionalisierung von nationalen Spots...............................................77
6.2.3
Portale................................................................................................77
6.2.4
Sendungsbegleitende Informationen ..................................................77
6.3 Anwendung in der Praxis .................................................................... 78
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Distributionswege in Deutschland zum Jahresende 2004............. 18
Abbildung 2:
Bildung des MPEG-2-Transportstroms ......................................... 30
Abbildung 3:
Bildung des Packetized Elementary Stream ................................. 31
Abbildung 4:
Program Stream............................................................................ 31
Abbildung 5:
Bildung des Transport-Stream ...................................................... 32
Abbildung 6:
DVB-Senderseite (Prinzip) ............................................................ 35
Abbildung 7:
Existierende und in Planung befindliche DVB-T Inseln in
Deutschland (Stand: 21.07.2005) ................................................ 40
Abbildung 8:
QPSK-Phasendiagramm............................................................... 45
Abbildung 9:
64-QAM Phasendiagramm............................................................ 47
Abbildung 10: Prinzip des Timeslicing ................................................................. 50
Abbildung 11: Signalfluss für interaktive Dienste ................................................. 57
Abbildung 12: Darstellungsebenen von MHP ...................................................... 60
Abbildung 13: Interesse an den iTV-Applikationen aus Sicht der Zuschauer....... 66
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Vergleich der Übertragungspotentiale für digitale Fernsehkanäle
im Kabel, über Satellit und der und Terrestrik................................. 19
Tabelle 2:
Bevorzugter Empfangsweg bei Neuentscheidung für eine
Empfangstechnik ............................................................................. 39
Tabelle 3:
Frequenzbereiche im Breitband-Kablenetz ..................................... 48
Tabelle 4:
Neue Aufgaben für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche eines
regionalen Fernsehanbieters ........................................................... 76
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Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Vorwort
Die Digitalisierung des Rundfunks wird in den nächsten Jahren in Deutschland zwar nur
schrittweise, jedoch flächendeckend umgesetzt werden. Dies wurde bereits 1998 vom
Bundeskabinett beschlossen. Die Umstellung der terrestrischen Signalverbreitung soll
demnach bis spätestens 2010 abgeschlossen sein. Den Beginn machte die Region Berlin/Brandenburg. Hier erfolgte am 4. August 2003 die Abschaltung der letzen analogen
terrestrischen Übertragungskanäle. Neben den national tätigen Sendeanstalten werden von
dieser Umstellung auch die zahlreichen Regional- und Ballungsraumsender betroffen sein.
Für sie werden sich einige Veränderungen ergeben, vor allem was die Distribution ihres
Programms betrifft. Hier werden Kosten entstehen die letztendlich jedoch zu einer größeren Reichweite führen. Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, lokalen und regionalen Fernsehanbietern sowie den Betreibern von Ballungsraumsendern Möglichkeiten aufzuzeigen,
welche weiteren Vorteile der digitalen Übertragungstechnik für sie von Nutzen sind. Denn
neben erhöhten Reichweiten bringt die digitale Übertragungstechnik weitere entscheidende
Vorteile mit sich. Mit der Option, zusätzlich zum AV-Signal weitere Datenpakete zu
übermitteln, sollen sich langfristig Zusatzdienste etablieren, die dem Rezipienten die Möglichkeit der Interaktion bieten. Auf der Basis MHP (Multimedia Home Platform) werden
bereits heute zusätzliche Dienste wie z. B. elektronische Programmführer angeboten. In
dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit diese neue Technik auch in Bezug auf
Werbung im Regionalfernsehen genutzt werden kann. Denn oft ist es für die Vertriebsmitarbeiter schwierig kleinen und mittelständischen Unternehmen die Buchung von Sendeminuten schmackhaft zu machen, wenn zuvor Kosten für die Produktion eines Werbespots
entstehen. Gegenstand dieser Arbeit soll es deshalb sein, ob sich mit den Mitteln der neuen
Technik die Produktion von Werbung kostengünstiger gestalten lässt und auf welche Akzeptanz diese Form der Werbung beim Rezipienten stößt. Denn davon Abhängig ist der
Erfolg dieser Maßnahmen.
1. Betreuer:
2. Betreuer:
Prof. Albrecht Schäfer-Schönthal
Prof. Christoph Zydorek
Fakultät Digitale Medien
Fakultät Digitale Medien
Fachhochschule Furtwangen
Fachhochschule Furtwangen
Freiburg, den 31.08.2005
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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1 Einleitung
1.1
Übersicht der Problemstellung
Bis zur Einführung des privaten Rundfunks Mitte der 80er Jahre, war der TV-Werbemarkt
ein rein nationaler Markt. Erst als privater Rundfunk zugelassen wurde und die Dualisierung des Rundfunkmarktes stattfand, war theoretisch die Möglichkeit geschaffen auch auf
lokaler Ebene zu werben. Doch auch nach dieser Liberalisierung des Marktes blieb das
Fernsehen als Werbeträger für lange Zeit eine fast ausschließlich nationale Angelegenheit.
Erst als im Februar 1991 FAB Fernsehen aus Berlin seinen Sendebetrieb aufnahm, war die
Ära des Ballungsraum-, Lokal- bzw. Regionalfernsehens angebrochen. Dies war der Beginn einer Entwicklung, die sich in ganz Deutschland vollzog. Heute existieren etwa 200
Regional- und Lokal Sender.1 Der Programmumfang dieser Sender ist dabei höchst unterschiedlich. Während Sender existieren, die täglich mehrere Stunden tagesaktuelles Programm produzieren, gibt es daneben auch kleinere Sender, die sich darauf beschränken, ihr
„Bewegtbild“-Programm nur 14-tägig zu aktualisieren oder sich auf das Senden von Bildtafeln und Textprogramm beschränken.2 In vielen Fachpublikationen werden diverse Definitionen der Begriffe Ballungsraum-, Regional-, und Lokalfernsehen geliefert. Genauso
existieren in den Landesrundfunkgesetzen Definitionen die sich an den technischen
Reichweiten der Sender orientieren. In dieser Arbeit soll die Klassifizierung der einzelnen
Sender aber keine Rolle spielen, da die Ergebnisse der Arbeit bei jeder der drei Arten von
Sendern zur Anwendung kommen können.
Ein entscheidender Grund dafür, auf diesem Gebiet nach neuen Möglichkeiten zur Finanzierung solcher TV-Angebote zu suchen, ist die Tatsache, dass ein Großteil der Sender
nicht kostendeckend bzw. gewinnbringend arbeitet.3 Nun ist es in der betriebswirtschaftlichen Praxis häufig üblich, in dieser Situation zuerst nach Möglichkeiten zu suchen, die zu
Kosteneinsparungen führen. Einsparungsmaßnahmen ziehen jedoch häufig auch Qualitätsverluste nach sich. Leidet das Programm eines Senders unter dem Druck der knappen Mit1
Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ALM), TV-SenderDatenbank, Abfrage nach subregionalen und lokalen Sender. (Stand: 28.08.2005)
http://www.alm.de/programmveranstalter/listview.php?iType=8&sSearch=
2
vgl. André Wiegand, Optimierung der Wirtschaftlichkeit regionaler und lokaler Fernsehsender, (Diss. Freie
Universität Berlin 2004) Berlin 2004, S. 17
3
vgl. Wiegand, 2004, S. 42
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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tel, dann geht damit meist die Verschlechterung des Programms einher. Das Programm
stellt für den Werbekunden jedoch das Umfeld dar, indem er seine Produktinformationen
platzieren soll. Scheint dem Kunden dieses Umfeld nicht geeignet, um für seine Produkte
zu werben, wird er keine Sendezeiten buchen, womit dem Sender natürlich wieder Einnahmen verloren gehen. Hier beginnt also ein rekursiver Prozess, den es zu durchbrechen
gilt. Oft fehlen den Sendern aus Kostengründen auch aussagekräftige Mediadaten, welche
ein gutes Argument sind, um den Kunden zu überzeugen. Hier geht aus Kostengründen ein
weiteres Mal die Chance verloren, Gewinne zu erzielen.
1.2
Finanzierungsarten im privaten Fernsehen
Die Finanzierung des Rundfunks in Deutschland ist in zwei Hauptgruppen aufgeteilt, in die
Finanzierung aus staatlichen und die aus nicht-staatlichen Quellen. Regionale und lokale
Rundfunkveranstalter müssen sich neben geringen Zuschüssen der jeweiligen Landesmedienanstalten für ihre Unternehmen vor allem aus nicht-staatlichen Quellen finanzieren.
Diese Kategorie der Finanzierungsarten wird nochmals in marktgebundene und nichtmarktgebundene Einnahmearten unterteilt. Zu den nicht-marktgebunden Mitteln zählen
z.B. Spenden oder auch Mitgliedsbeiträge. Sie machen einen eher geringen Teil der Einnahmen aus. Eine wesentlich größere Bedeutung haben die marktgebunden Einnahmen.
Einige davon sollen im Folgenden aufgeführt und erklärt werden.
1.2.1
Spotwerbung
Hier kann der Werbekunde Sendezeiten in einem von ihm gewünschten Programmumfeld
buchen. Ausschlaggebend für die Kosten, die dem Werbekunden entstehen, ist der so genannte Tausender-Kontakt-Preis. Dies ist der Preis, den der Kunde bezahlen muss, um
1000 Seher zu erreichen. Die Preisspanne zwischen nationalen Privatsendern und regionalen privaten Fernsehanbietern ist hoch. Kleine Unternehmen, die am regionalen Markt tätig
sind, könnten sich die Kosten für eine Spotausstrahlung bei nationalen Privatsendern nicht
leisten. Die Werbung rein regional verankerter Unternehmen wäre zudem nur wenig effektiv, da die meisten der erreichten Zuschauer aufgrund der räumlichen Entfernung gar nicht
die Möglichkeit haben, das beworbene Produkt zu konsumieren. (z.B. eine KFZ-Werkstatt
o.ä.). „Die Werbung in einem lokalen Rundfunksender garantiert dagegen niedrige Streuverluste bei vglw. geringen Einschaltkosten für den Spot, bzw. niedrige Tausender-
12
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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Kontaktkosten für die Zielgruppe. Vor diesem Hintergrund stellen die Spotbuchungen lokaler Unternehmen für einen lokalen Rundfunksender eine zentrale Einnahmequelle dar.“4
1.2.2
Sponsoring
Hauptmerkmal des Sponsorings ist, dass sich ein Werbekunde an der Finanzierung einer
ganzen Sendung beteiligt und so versucht, den Namen seiner Marke oder seines Produktes
positiv zu belegen. Dies kann in unterschiedlich starken Ausprägungen geschehen. In der
schwächsten Form wird der Sponsor nur namentlich, beispielsweise durch den Moderator,
genannt. Andere Formen bestehen darin, dass vor der Sendung, bei Werbeunterbrechungen
und am Ende der Sendung jeweils kurze Spots mit dem Hinweis auf den Sponsor gezeigt
werden. (Opener, Reminder, Closer) Ein gängiges Modell ist auch, durch einen Trailer mit
Opener und Closer des Sponsors, die Sendung im Voraus zu bewerben.
Entscheidender Vorteil dieser Werbeform ist, dass der Werbetreibende keinen aufwändigen Werbespot produzieren muss. Lediglich die kurzen Einspieler, welche jedoch meist
kürzer und damit günstiger sind wie ein Werbespot, verursachen hier Produktionskosten.
An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass für das Sponsoring im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages gewisse Regelungen getroffen wurden. So dürfen „Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen“5 nicht gesponsert werden. Eine
weitere Einschränkung erfährt das Sponsoring durch § 8 Abs. 3 des Rundfunkstaatsvertrages:
„Gesponserte Sendungen dürfen nicht zum Verkauf, zum Kauf oder zur Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder Dienstleistungen des Sponsors oder eines Dritten, vor allem durch entsprechende besondere Hinweise, anregen“
Einen genaueren Blick auf die rechtliche Lage und wie sie sich die neuen technischen
Möglichkeiten des digitalen Fernsehens auswirkt, wird in Kapitel 5.2 beschrieben.
4
Günter Sieben, Uwe Schwerzel, Finanzierung und Wirtschaftlichkeit lokaler Fernsehveranstalter, Reihe
Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie der Universität zu Köln, Heft 60/1996, Köln, Juni 1996,
ISBN 3-930788-49-7, S. 3
5
RStV § 8 Abs. 6
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
1.2.3
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Verkauf von Sendezeiten
Da die Zuschauerreichweiten in der Zeit zwischen 23 Uhr und 17 Uhr sehr niedrig sind,
lohnt es sich für die meisten regionalen und lokalen Fernsehanbieter nicht, in dieser Zeit
ein eigenproduziertes Programm auszustrahlen.6 Aus diesem Grund verkaufen die lokalen
und regionalen Fernsehstationen diese „unlukrativen“ Zeiten an Sender, die bisher keinen
Platz im regionalen Kabelnetz haben. Meist handelt es sich dabei um Spezialsender, wie
z.B. Teleshopping Kanäle. Ein Nachteil dieser Art der Kostendeckung ist, dass der Sender
in diesen Zeiten für den Zuschauer meist nicht als „sein Lokalsender“ erkennbar ist.
1.2.4
Weitere Erlösformen
Neben der Kostendeckung durch Werbeeinnahmen, gibt es noch weitere Einnahmequellen.
Diese sind jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht relevant und sollen nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.
•
Produktion von Werbe- und Industriefilmen
•
Verkauf von Bildmaterial
•
Entgeltfinanzierung (Pay per view/Pay per Channel)
Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung7 bestreiten lokale und
regionale TV-Anbieter rund 50 % ihrer Umsätze durch Spotwerbung regionaler Unternehmen. Weitere 6 % stammen aus der Spotwerbung für nationale Unternehmen. 10 % des
Umsatzes werden durch Sponsoring generiert. Die Spotwerbung und das Sponsoring stellen für die Sender also die Haupteinnahmequellen dar. Deshalb sollen im Rahmen dieser
Arbeit Überlegungen angestellt werden, wie diese noch kundennäher und effektiver gestaltet werden können und welche Möglichkeiten die digitale Übertragungstechnik dabei bietet.
6
Oliver Esser, Wirtschaftlichkeitsanalyse werbefinanzierter Lokalfernsehveranstalter, analysiert anhand der
ökonomischen Klubgütertheorie. Reihe Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie der Universität
zu Köln, Heft 146, Köln, April 2001, S. 17
7
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Hans-Bredow-Institut und der Arbeitsgruppe Kommunikationsforschung München (AKM): "Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks
in Deutschland 1999/2000", Studie im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM),
Berlin, 2002, S. 88 ff
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
1.3
SS 2005
Probleme am derzeitigen Werbemarkt
Wie bereits erwähnt, haben meist regional ansässige Anbieter Interesse daran, Werbezeiten
in einem regional ausgestrahlten TV-Programm zu buchen. Gründe dafür sind die geringeren Preise, sowie geringe Streuverluste, welche bei einem bundesweit ausgestrahlten Spot
entstehen. Des Weiteren verbindet die Werbung im regionalen Fernsehen generelle Vorteile der Fernsehwerbung (z.B. hoher Wahrnehmungs- und Erinnerungsfaktor) mit der Akzeptanz des Rezipienten gegenüber Sendeinhalten, die mit der Region zu tun haben, in der
er lebt. Genauso erwartet der Seher Werbung für Produkte, die aus seiner Region stammen
oder die er auch direkt beziehen kann. Dennoch gibt es einige Probleme die verhindern,
dass die meisten regionalen TV-Anbieter eine hundertprozentige Kostendeckung mithilfe
ihrer Werbeeinnahmen erreichen können.
1.3.1
Vor welchen Problemen stehen speziell Regionalsender bei
der Werbekundengewinnung
Ein grundlegendes Problem der kleineren Fernsehstationen liegt in der Ambivalenz der
Bereiche „Programmproduktion“ und „Verkauf von Werbezeiten“ (Kapitel 1.1) Für die
aufwändige Produktion von Formaten ist meist weder Geld noch Personal vorhanden. Der
Werbekunde erwartet vom Medium Fernsehen jedoch die Qualität, die er von den nationalen Sendern gewohnt ist.
Viele der regionale Anbieter haben wenig oder keine Erfahrung mit dem werben in audiovisuellen Medien. Hier muss von den MitarbeiterInnen der Sender oft erst Überzeugungsarbeit geleistet werden, bis dem Werbekunden die Vorteile der Fernsehwerbung klar werden.
Die Kosten für eine Werbung im Fernsehen sind höher als die, welche beispielsweise bei
einer Anzeige in regional verbreiteten Magazinen entstehen. Wie die Fernsehanbieter mit
diesem Problem umgehen, soll in den nächsten Abschnitten behandelt werden.
1.3.2
Das Problem der Spotproduktion
Bevor es für einen Werbekunden überhaupt Sinn macht, Werbezeiten bei einem TVAnbieter zu buchen, braucht er zunächst einmal einen Spot, den er dort zeigen will. Hier
schrecken die meisten Kunden vor den relativ hohen Produktionskosten zurück. Christian
Böhmer, ehemaliger Geschäftsführer der Stadtsender der Kirch Gruppe und jetzt Direktor
15
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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der strategischen Unternehmensentwicklung von RTL Television hat zu diesem Problem
einen sehr bildlichen Kommentar abgegeben. Er befürchtete „Garagenfernsehen“ über die
Mattscheibe flimmern, abgefilmte „Schweinebauchanzeigen“, Standbilder von der „netten
Pizzeria nebenan“ und einen Bürgermeister, der zum Tanz unter'm Maibaum lädt. „Wir
brauchen kein Garagen- oder Schülerfernsehen, sondern hohen Standard“8 so Böhmer.
Der hohe Standard der hier verlangt wird, kostet jedoch Geld. Dies sind Kosten, die den
Werbekunden abschrecken und somit den Verkauf von Sendezeit verhindern können. Viele
Anbieter sind deshalb dazu übergegangen, sich an der Finanzierung zu beteiligen oder diese gar kostenfrei zu übernehmen, wenn im Gegenzug Werbeminuten in bestimmter Höhe
gebucht werden. Dies ist oft auch deshalb nötig, weil die konkurrierenden Werbemittel,
wie z.B. eine Zeitungsanzeige oder ein Radiospot billiger und somit für den Kunden attraktiver sind. Um Sendezeit zu verkaufen, müssen zu den Finanzierungsangeboten hier auch
klar die Vorteile der lokalen TV-Werbung hervorgehoben werden:9
•
Alleinstellung der Werbung im Programm
•
Fernsehen als Primärmedium – Aufnahme mit gerichteter
Aufmerksamkeit
1.3.3
•
Optimale Ergänzungsmedium zum Mediamix
•
Image des Mediums Fernsehen (teuer, wertvoll, wahr)
•
Gestaltungsmöglichkeiten von Spots und Sonderwerbeformen
•
Hohe Reichweite und Glaubwürdigkeit
•
Geringe oder kleine Streuverluste für den lokalen Werbetreibenden
Werbung im Regionalfernsehen aus Zuschauersicht
Befragungen von TV-Rezipienten, was sie von Werbeunterbrechungen halten, ergeben
meist sehr ähnliche Antworten. Die meisten behaupten, sofort umzuschalten, andere empfinden die Spots meist als „blöd“ oder fühlen sich durch die Werbung belästigt. In Bezug
auf regionale und lokale TV-Sender stellt sich nun die Frage, ob hier ein Unterschied zu
8
Christian Böhmer, Schweinebauchanzeigen und Standbilder, in: Kommunal-Info, Ausgabe 3/2001, kpvBildungswerk e.V. (Hrsg), Recklinghausen, 2001. S.1
www.kpv-nw.de/ki_online/ki_03_2001/ki_03_2001_doc/nr03_03_2001.pdf (Stand: 28.08.2005)
9
Robert Sturm, Jürgen Zirbik, Die Fernseh-Station: ein Leitfaden für das Lokal- und Regionalfernsehen, mit
einem Vorwort von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Reihe Praktischer Journalismus, Band 32, Konstanz, 1998,
UVK Medien, S. 419
16
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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nationalen Angeboten besteht. Eigentlich wäre anzunehmen, dass die abgegebenen Urteile
aufgrund der niedrigeren Qualität der gezeigten Spots noch vernichtender ausfallen würden. In einer Umfrage stellte sich jedoch heraus, dass die „die Zuschauer des Lokalfernsehens die dortige Werbung mehrheitlich als integralen, zur Sicherstellung des Sendebetriebs
notwendigen Bestandteil des Programms“ 10 akzeptieren. Hier ist dem Zuschauer also eindeutig bewusst, dass die ausgestrahlte Werbung zur Finanzierung des redaktionellen Programmteils dient. Dies kann als ein entscheidender Vorteil gegenüber nationalen Sendern
gesehen werden. Daneben gibt es noch weitere Eigenschaften, welche die Werbung im
Lokalfernsehen positiver auf den TV-Kunden wirken lassen:
•
Bei den werbetreibenden Unternehmen handelt es sich
meist um in der Region ansässige Firmen.
•
Werden konkrete Produkte beworben, handelt es sich meist um
solche, die der Kunde auch direkt in seiner Region beziehen kann.
•
Der Rezipient erkennt auch die Notwendigkeit der Werbung
um die wirtschaftliche Prosperität des Werbenden und damit auch
den wirtschaftlichen Erfolg seiner Region zu sichern.
Somit wird die die Werbung mehr als Service-Information denn als Programmunterbrechung gesehen.
Was die Qualität der Spots angeht, so ist man aus den Werbeblöcken der nationalen Sender
an nahezu perfekte Werbeproduktionen gewohnt. Dieses Maß an Qualität kann auf lokaler
Ebene aufgrund der begrenzten Mittel nicht gehalten werden. Aber hier empfindet der Zuschauer weniger professionell gestaltetet Werbung als nicht so sehr störend. „Gut gemachte
Werbung im Lokalfernsehen hingegen hat die Möglichkeit, einen individuellen Charakter
zu bewahren, in ihrer im Vergleich unvollkommenen Art sogar unterhaltsam zu sein“11
10
Michael Altrogge, Wolfgang Donsbach, Eva Schabedoth, Lokal-TV zwischen Programmakzeptanz und
Werbemarkt, Inhalte, Nutzung und wirtschaftliche Chancen des privaten Lokalfernsehens in Sachsen, Schriftenreihe der SLM; Band 12, Berlin, 2004, Vistas, S. 348
11
Altrogge, Donsbach, Schabedoth (2004) S. 351
17
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Diese positiven Präferenzen des Zuschauers gegenüber Werbeinhalten im lokalen und regionalen Fernsehen sollten die TV-Veranstalter konsequent nutzen. Unter diesem Aspekt
scheint die Bestrebung, nationale Werbekunden zu gewinnen, weniger sinnvoll. Denn erstens würde der Außendienst des Senders hohe Kosten bei der Akquisition verursachen.
Zweitens sind die Werbebudgets meist schon auf die nationalen Sender verteilt. Drittens
würde es der Zuschauer nicht honorieren, da er diese Art der Werbung ebenfalls auf allen
andern Kanälen präsentiert bekommt. Im Idealfall gilt es also, eine Werbung mit hohem
regionalem Wiedererkennungsfaktor zu produzieren und so die Akzeptanz des Zuschauers
für Werbeunterbrechungen sukzessive zu steigern. Welche Möglichkeiten jedoch das digitale Fernsehen bietet, durch die es zukünftig Sinn macht, auch nach nationalen Werbekunden zu suchen, soll auch Gegenstand dieser Arbeit sein.
1.4
Wie ändern sich die Verbreitungsmöglichkeiten durch
die Digitalisierung des Rundfunks
Die Situation auf dem heutigen Distributionsmarkt ist davon gekennzeichnet, dass sich
keine schlagartigen Veränderungen ereignen. Auch durch die Digitalisierung der Haushalte
werden sich keine großen Verschiebungen ergeben. Eine Übersicht, über welche Distributionswege der Rundfunk in Deutschland empfangen wird, liefert die folgende Grafik:
Werbung im Regionalfernsehen -
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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Abbildung 1: Distributionswege in Deutschland zum Jahresende 200412
Es gibt Spekulationen, dass sich einige Haushalte, die derzeit das Kabel nutzen, auf terrestrischen Empfang umstellen werden, da sich hier zukünftig ähnlich viele Programme empfangen lassen, jedoch ohne zusätzlich anfallende Kabelgebühren. Andere Annahmen gehen
davon aus, dass Kabelkunden auf Satellitenempfang umstellen werden, da sowieso ein
zusätzliches Gerät beschafft werden muss und die Angebotsvielfalt via Satellit derzeit größer ist.
Aus rein technischer Sicht werden sich, durch die digitale Übertragung der Rundfunksignale, dennoch einige Veränderungen ergeben. Durch den geringeren Bedarf an Bandbreiten
die das digitale Signal für die Übertragung benötigt, werden Kapazitäten frei, für welche es
eine ganze Reihe von Nutzungsmöglichkeiten gibt. Die Möglichkeit die am nächsten liegt,
ist die Einspeisung weiterer Programme. Daneben bestünde aber auch die Option, die Programme in höherer Qualität zu übertragen (z.B. in HDTV); bei Kabel- oder Satellitenemp-
12
SES ASTRA, German Satellite Monitor, TNS Infratest, Eschborn, Februar 2005,
www.ses-astra.com/market/deutschland/ download/ASTRA%20Reichweiten%202004.pdf (Stand:
24.06.2005)
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
fang bestünde auch die Option, dem Signalempfänger neben dem TV-Anschluss einen
breitbandigen Internetanschluss zur Verfügung zu stellen. Wie groß diese Kapazitäten
momentan sind und wie sie sich durch den Ausbau der Technik in den nächsten Jahren
entwickeln werden, soll die folgende Tabelle zeigen.
Tabelle 1: Vergleich der Übertragungspotentiale für digitale Fernsehkanäle im Kabel, über
Satellit und der und Terrestrik13
Aus der Sicht der Programmveranstalter scheint dies auf den ersten Blick eine durchweg
positive Entwicklung zu sein. Da Bandbreite in Zukunft keine knappe Ressource mehr
darstellt, sollten sich die Möglichkeiten der Distribution verbilligen. Somit würde auch
eine Marktzutrittsbarriere fallen und den Weg für die Neugründungen ebnen. Um die einzelnen Gefahren zu erkennen, welche sich hinter dieser Entwicklung gerade auch für kleinere Programmanbieter verbergen, muss man sich die Entwicklung der einzelnen Distributionskanäle anschauen.
13
Frank Zervos, Digitales Fernsehen in Deutschland, Medienpolitische und medienwirtschaftliche Herausforderungen des zukünftigen Fernsehens, mit einem Vorwort von Prof. Dr. Jürgen Wilke, Wiesbaden, 2003,
Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, S. 39.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
1.4.1
SS 2005
Entwicklung der Rundfunkdistribution über das Kabelnetz
Ein grundlegendes Problem in Deutschland ist die Aufteilung des Kabelnetzes in die Netzebenen 1 – 4. Dies bedeutet, dass ein Rundfunksignal, welches via Kabelnetz zum Endkunden gelangt, mitunter von vier verschiedenen Betreibern durchgeleitet werden muss.
Dabei stellen die ersten beiden Netzebenen kein Problem dar, da es sich bei Netzebene 1
um das Netz innerhalb der Fernsehstudios handelt und die Netzebene 2 den Weg von den
Studios zu den Kabelkopfstationen beschreibt. Diese Strecken werden fast ausschließlich
von den vier großen Kabelnetzbetreibern Ish (Nordrhein-Westfalen), Iesy (Hessen), Kabel
Baden-Württemberg und Kabel Deutschland betrieben. Weitaus schwieriger stellt sich die
Situation bei den Netzebenen 3 und 4 dar. Unter dem Druck von mittelständischen Betrieben aus der Elektrobranche beschloss das Bundesministerium für Post und Telekommunikation, dass die Deutsche Bundespost Anfang der 80er Jahre nur die Strecke von den Kabelkopfstationen bis zur Grundstücksgrenze des Kunden legen durfte (Ebene 3). Die Strecke von der Grundstücksgrenze bis in die Wohnungen der Endkunden wird als Netzebene
4 bezeichnet. Diese „Anschlüsse“ werden von vielen kleinen Anbietern verlegt, die z.T.
auch aus der Wohnungswirtschaft stammen. Nachdem die Deutsche Telekom das von der
deutschen Bundespost übernommene Kabelnetz verkauft hat, werden die Kabelnetze der
Ebene 3 ebenso hauptsächlich von den vier marktführenden Unternehmen betrieben.
Daneben existiert jedoch noch eine große Anzahl von kleineren Firmen, welche sowohl
Netzbetreiber der Ebene 3 wie auch der Ebene 4 sind. Um die digitalen Signale nun vom
Studio zum Kunden zu bringen, müssen sich die Betreiber der Netze einig werden welche
Programme und Dienste sie dem Endkunden anbieten wollen. Hier sind Schwierigkeiten
vorprogrammiert.
Zukünftig werden die Kabelnetzbetreiber auf dem Rundfunkmarkt eine stärkere Rolle spielen, da durch die Digitalisierung neue Dienstleistungen in ihren Aufgabenbereich fallen.
Bisher waren sie vor allem Transporteure von Programmen. Zukünftig wird bei ihnen auch
das Multiplexing (siehe auch Kap. 2.2.1), also das „Zusammenpacken“ des digitalen Datenstroms stattfinden. Sie können unter Berücksichtigung der Regelungen durch den Rundfunkstaatsvertrag also entscheiden, welches Programm zu welchen Konditionen verbreitet
wird. So können sie Ihren TV-Kunden genau das bieten, wofür diese bereit sind die Kabelgebühren zu bezahlen. Neben der Auswahl, welches Programm für den Kunden mit in ein
Programm-Bouquet gepackt wird, können die Netzbetreiber natürlich genauso entscheiden,
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
welche Mehrwertdienste mit den Programmen übertragen werden. So könnten auch Netzbetreiber beispielsweise dazu entscheiden, einen eigenen elektronischen Programmführer
(EPG) anzubieten. Logischerweise würden EPGs anderer Anbieter oder TV-Veranstalter
eine Konkurrenz zu diesem darstellen und eventuell nicht im Programmstrom übertragen
werden.
Ein weiterer Streitpunkt ergibt sich aus dem breiten Angebot an Set-Top-Boxen, die für
den Empfang der digitalen Signale notwendig sind und um diese für das analoge Fernsehgerät umzuwandeln. Optional sind in diesen Geräten auch Module enthalten, die zur Entschlüsselung von Pay-TV Angeboten benötigt werden (Conditional-Access-Module). Da
es jedoch eine ganze Reihe von Verschlüsselungsverfahren gibt, sollten die Boxen zu diesen möglichst auch kompatibel sein. Dies sind die so genannten Common-Interface-Boxen,
die dem Kunden das breiteste Nutzungsspektrum bieten. Im Falle, dass die Kabelnetzbetreiber jedoch ihr Angebot verschlüsselt übertragen, werden sie aus Kostengründen auf
das Anbieten solcher Common-Interface Set-Top-Boxen verzichten und ihren Kunden Geräte anbieten, welche für den Empfang ihrer Programme notwendig sind. Eine andere
Möglichkeit wäre natürlich auch, dass die Programme wie bisher frei empfangbar sind. In
diesem Falle benötigt der Endverbraucher lediglich eine so genannte Zapping-Box, also
eine Set-Top-Box welche keine Funktion zur Entschlüsselung von Programmen hat. Dies
würde jedoch dem raschen Aufbau eines breiten Pay-TV Angebotes in Deutschland entgegenstehen, weil die Kunden dann wiederum eine andere Set-Top-Box zum Empfang der
verschlüsselten Zusatzprogramme bräuchten.
Die Distribution der regionalen und lokalen Fernsehangebote wird durch den Rundfunkstaatsvertrag gestützt. In § 52 Abs.3 (3) wird vom Betreiber einer Kabelanlage gefordert,
für regionale und lokale Fernsehprogramme einen analogen Kanal zur Verfügung zu stellen. Dies wird sich wohl auch nach einer Umstellung auf digitalen Betrieb nicht ändern
und somit dann auch für einen digitalen Kanal gelten. Bei den Diensten ist der Gesetzgeber
leider nicht so eindeutig. In § 52a wird u.a. der Einsatz von Conditional-Access Modulen
geregelt, also die Technik, die den Zugang zu verschlüsselten Programmen gewährleistet.
Hier soll der Benachteiligung von TV-Anbietern durch den Einsatz proprietärer Techniken
seitens der Kabelnetzbetreiber vorgebeugt werden.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Besonders wichtig ist die Entwicklung der Kabelnetze für lokale und regionale TVAnbieter, da dies für sie oft die einzige Verbreitungsmöglichkeit ist.14 Sowohl die terrestrische Verbreitung als auch die per Satellit sind momentan noch zu teuer. Wie sich die Preise durch die Digitalisierung entwickeln ist heute noch nicht absehbar. Ein anderer wichtiger Aspekt, der im Zusammenhang mit den digitalen Mehrwertdiensten steht, ist die Rückkanalfähigkeit des Distributionsmediums. Hier wird das Kabelnetz einen Vorteil gegenüber
den andern zwei Verbreitungskanälen haben, denn diese können einen Rückkanal nur über
das Telefonnetz aufbauen. Rückkanalfähige Set-Top-Boxen für DVB-T bzw. DVB-S müssen also ein eingebautes Modem besitzen oder über eine Ethernet-Schnittstelle verfügen,
um eine analoge Telefonleitung bzw. eine DSL-Leitung nutzen zu können. Eine Set-TopBox für DVB-C braucht eine solche zusätzliche Verbindung nicht, sofern das Kabelnetz,
an dem sie angeschlossen ist, rückkanalfähig ist. Dazu müssen die Kabelnetze jedoch erst
modernisiert werden. Hier spielen die Netzebenen wieder eine wichtige Rolle, denn erst
wenn die Ebenen 3 und 4 auf die neue Technik angepasst werden, können die Dienste vom
Kunden im vollen Umfang genutzt werden.
1.4.1.1
Vorschläge zur Beschleunigung der Digitalisierung des Kabelnetzes
Um Lösungsvorschläge zu erarbeiten, mithilfe derer die schleppende Entwicklung der digitalen Kabelnetze beschleunigt werden kann, wurde im Auftrag des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit (BMWA), vom Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung (Fh ISI) in Zusammenarbeit mit dem Hans-Bredow-Institut für Medienforschung ein Entwicklungsszenario erarbeitet.15 In dieser Studie wird die Digitalisierung in
sechs Stufen unterteilt. Für jede Stufe werden verschiedene Handlungsalternativen aufgezeigt.
1. Die Boxenfrage: Zapping-Box, voreingestelltes
Verschlüsselungssystem oder Common-Interface
2. Die Verschlüsselungsfrage: Schneller Aufbau einer Pay-Plattform
vs. Einstieg in eine frei empfangbare Digitalvielfalt
14
André Wiegand, Optimierung der Wirtschaftlichkeit regionaler und lokaler Fernsehsender, (Diss. Freie
Universität Berlin 2004) Berlin 2004, S. 113
15
vgl. Bernd Beckert,Wolfgang Schulz , Peter Zoche, Hardy Dreier, Szenario für den Übergang der analogen
zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen, Marktstudie für das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit. http://www.isi.fhg. de/publ/downloads/isi05b02/digitales_kabel.pdf (Stand:
05.06.2005)
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
3. Der Netzausbau: TV-zentriert vs. Internet-orientiert
4. NE-3 / NE-4-Kooperationen: Vermarktung vs. Durchleitung neuer
Angebote
5. Neue Inhalte und neue Anbieter: Vervielfachung des Bekannten
oder Entstehen einer neuen Vielfalt
6. Dauer des Simulcast: Forcierter Umstieg vs. „Endlos“-Simulcast
In diesem Arbeitspapier werden die Fragen formuliert, welche geklärt werden müssen um
einen raschen Umstieg auf ein digitales Kabelnetz zu realisieren.
1.4.2
Entwicklung der Rundfunkdistribution über Satellit
Die Umstellung auf digitale Signaldistribution ist bei der Satellitentechnik am weitesten
fortgeschritten. Dies liegt primär daran, dass während der Dauer des Simulcast-Betriebes
keine Bandbreitenengpässe entstehen. Simulcast bedeutet, dass für die Zeit der Umstellung
auf digitalen Sendebetrieb sowohl analoge wie auch digitale Signale gesendet werden.
Deshalb werden alle analog ausgestrahlten Programme zusätzlich auch als digitales Signal
verbreitet. Die analogen Programme liegen dabei auf den Frequenzen zwischen 10,7 GHz
und 11,7 GHz (Unteres Band), während die digitalen Signale auf den Frequenzen zwischen
11,7 GHz und 12,7 GHz (Oberes Band) zu finden sind. Ein weiterer Grund für die hohe
Akzeptanz und Nutzung der digitalen Technik unter den Satellitensehern, ist das benötigte
Empfangsgerät, der Satelliten-Receiver. Nutz man den Satellitenempfang so benötigt man
seit jeher ein zusätzliches Gerät. Die meisten der im Handel erhältlichen Geräte sind mittlerweile DVB tauglich und können somit die digitalen Signale verarbeiten. Eine weitere
Voraussetzung ist natürlich eine geeignete Außenanlage. Diese muss auch den Frequenzbereich empfangen können, in dem die digitalen Programme liegen. Die geschieht über
einen so genannten Universal-LNB16. Dieser erlaubt den Empfang des kompletten Frequenzspektrums und ist mittlerweile ebenfalls handelsüblich. Zum Jahresende 2004 haben
in Deutschland etwa 15,47 Mio. TV-Haushalte ihr Fernsehprogramm über Satellit empfangen, 4,51 Mio. davon zu diesem Zeitpunkt bereits digital. Dieser Anteil von fast einem
Drittel ist im Vergleich zu den anderen beiden Distributionskanälen sehr hoch (vgl. Abbildung 2).
16
Ulrich Freyer, Digitales Radio und Fernsehen verstehen und nutzen, Praxisreihe Radio Fernsehen Elektronik, Berlin, 2004, Huss-Medien GmbH. S. 55
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
1.4.3
SS 2005
Entwicklung der Rundfunkdistribution über Terrestrik
DVB-T soll das „Überall Fernsehen“ werden. Mit dieser Namensgebung soll der Hauptnutzen der neuen Empfangstechnik beworben werden. Denn schaut man sich an, wie wenige Haushalte in Deutschland überhaupt noch den terrestrischen Empfang nutzen, so wäre
der Aufwand, der dafür betrieben wird, kaum gerechtfertigt. Es ist zwar, wie bereits erwähnt, zu erwarten, dass einige Kabelnutzer auf DVB-T umsteigen werden um die Kabelgebühren einzusparen, voraussichtlich werden dies jedoch nicht allzu viele sein. Genauso
wahrscheinlich ist es, dass bisherige Terrestrikkunden bei der Umstellung gleich auch die
Empfangsart wechseln, da sowieso ein neues Gerät angeschafft werden muss. In den Mittelpunkt des Interesses rücken also die Nutzer von mobilen und portablen Geräten, sowie
die Haushalte, die Zweit- und Drittgeräte betreiben, welche nicht an die Hauptempfangsquelle angeschlossen sind. Für den analogen terrestrischen Empfang war bisher eine Antenne notwendig, die stets auf die Hauptsignalquelle ausgerichtet ist. Bei DVB-T entfällt
dieses Kriterium. Durch die neue Technik stellen Echosignale, welche verzögert zum Primärsignal beim Empfänger ankommen, kein Problem mehr dar. (siehe Kapitel 2.4.1) Dies
ist der Hauptvorteil dieser Technik, welcher den Einsatz von portablen und mobilen Endgeräten ermöglicht. Außerdem ist für den Empfang meist eine kleine Stabantenne ausreichend. Je nachdem, welchen Zweck die terrestrische Verbreitung erfüllen soll, müssen
unterschiedliche Versorgungsstandards eingehalten werden, was sich direkt auf die Anzahl
der Sendestationen auswirkt, die in einem bestimmten Gebiet betrieben werden. Die festgelegten Standards lauten: Stationär, portable-outdoor, mobil, portable-indoor. Um also
portable Endgeräte in Haushalten (portable-indoor) zu erreichen, ist die höchste Senderdichte erforderlich, und verursacht damit auch die meisten Kosten.
Daneben besteht noch der Anspruch, wie auch mit der analogen Terrestrik eine flächendeckende Grundversorgung herzustellen. Zusammen mit dem Anspruch einer portable-indoor
Versorgung, stellen diese beiden Anforderungen einen enormen Kostenfaktor dar. Dieses
Ziel kann sicherlich nur schrittweise erreicht werden. Anders als bei den restlichen Distributionskanälen wird hier ein Großteil der Kosten durch den Staat und somit auch durch
den Gebührenzahler getragen. Den öffentlich-rechtlichen Programmen sollen 50 % der
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Kapazitäten zugewiesen werden17 und damit denjenigen Rundfunkveranstaltern, welche
bisher einen Anspruch auf flächendeckende Verbreitung hatten. Durch die Höhe des Versorgungsgrades werden jedoch die Kosten für DVB-T derart in die Höhe getrieben, dass
private Anbieter und vor allem die kleineren Programmveranstalter kaum in der Lage sind,
sich diese Art der Verbreitung leisten zu können. Die technische Reichweite der Sender
würde sich bei diesem Modell stark erhöhen. Betrachtet man dagegen wieder die Zahl der
tatsächlichen Nutzer des terrestrischen Empfangs, relativiert sich diese Zahl sehr und die
Rechtfertigung dieser Kosten wird stark in Frage gestellt.
Wie die Einführung von DVB-T in den nächsten Jahren fortschreiten wird ist nur schwer
abzusehen, da die Finanzierung ein großes Hindernis darstellt. Die Startinseln, die bereits
in Betrieb genommen wurden (z.B. Berlin/Brandenburg), sind meist Ballungsräume und
deshalb auch Gebiete, die mit weniger Aufwand zu versorgen sind. Es wird angenommen,
dass der Anstieg der Kosten bei einer Erhöhung des Versorgungsgrades nicht linear sondern exponential ansteigt, wodurch der Ausbau der DVB-T Netze ins Stocken geraten
könne.18
17
Thomas Hirschle, Vortrag auf den Münchner Medientagen 2003,
http://www.lfk.de/presseundpublikationen/publikationen/einzelpublikationen/Hirschle/RedeHi032410Medien
tage.pdf (Stand: 24.06.2005)
18
Hirschle, 2003, S. 5
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
2 Digital Video Broadcasting (DVB)
In diesem Kapitel soll die Technik DVB vorgestellt und auf die Konsequenzen eingegangen werden, die in Verbindung mit der Einführung von DVB stehen. Der DVB-Standard
wurde vom DVB-Projekt für alle Distributionswege verabschiedet, dennoch gibt es Unterschiede, welche ihre Ursache in den unterschiedlichen Voraussetzungen bei Kabel, Satellit
und Terrestrik haben. Ebenso gilt dies für eine neue Technik in der DVB-Familie, das
DVB-H. Das H steht hierbei für „Handheld“. Gemeint sind damit mobile Endgeräte mit
kleinem Display wie z.B. Handys, Palmtops und Laptops. Genauso unterschiedlich wie die
Technik sind auch die Übergangsszenarien bei den drei Übertragungswegen. Grund dafür
sind einerseits wiederum die technischen Gegebenheiten, andererseits jedoch auch die Finanzierung, die aus unterschiedlichen Quellen geleistet werden muss. Letztendlich ist der
Erfolg oder Misserfolg der Umstellung nur an der Akzeptanz des Endverbrauchers, also
des Fernsehzuschauers zu messen. Mit welchen Vorteilen, Schwierigkeiten und Kosten er
durch die Umstellung auf digitalen Empfang zu rechnen hat, soll hier neben den technischen Einzelheiten genauso beleuchtet werden.
2.1
Hintergrund und Geschichte von DVB
Das DVB-Projekt startete seine Arbeit 1993 mit dem Ziel, die Digitalisierung des Rundfunks möglichst stark voranzutreiben. Mitglieder des Projektes sind etwa 270 private Firmen, darunter Programmanbieter, Netzbetreiber, Geräte- und Softwarehersteller. Außerdem wirken an dem Projekt auch verschiedene Behörden mit. So z.B. die Europäische
Kommission, das ETSI (European Telecomunications Standards Institute) und das CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique). ETSI und CENELEC übernehmen dabei die im DVB-Projekt erarbeiteten Spezifikationen in die von ihnen verabschiedeten Standards. So wird gewährleistet, dass sich in Europa ein homogenes Netz von
Broadcasting-Diensten bildet, von dem letztendlich der Seher den höchsten Nutzen haben
soll.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
An Beginn der Arbeit des DVB-Projekts standen Ziele, welche auch heute noch ihre Gültigkeit haben, auch wenn sich vielleicht die Prioritäten geändert haben. Diese Ziele sind im
Folgenden aufgelistet:19
•
Digitales Fernsehen könnte die Übertragung besonderes hochwertiger HDTV-Bilder unter Umständen sogar über zukünftige terrestrische Sendernetze, ermöglichen;
•
DVB könnte es ermöglichen, Programme mit heutiger technischer
Qualität über schmalbandigere Kanäle zu übertragen bzw. innerhalb existierender Übertragskanäle das Programmangebot zu vervielfältigen;
•
DVB könnte das Übertragungsverfahren sein, mit dem preiswerte
Westentaschenfernseher mit einer großen Zahl von Fernsehprogrammen versorgt werden, wobei Ziel der Entwicklung sein müsste, den stabilen Empfang mit eingebauter Empfangsantenne oder
einer kleinen Stabantenne zu realisieren.
•
für die Versorgung von Fernsehempfängern in Fahrzeugen (Zügen,
Bussen, Pkws) könnte DVB ähnlich hervorragende Eigenschaften
bieten wie „Digital Audio Broadcasting (DAB)“ dies für die Versorgung von Hörfunkempfängern tut. Das heißt, DVB könnte stabilen Empfang in schwierigen Funkkanälen und bei hoher Fahrgeschwindigkeit ermöglichen;
•
DVB in seiner Funktion als Datenübertragungsverfahren könnte
darüber hinaus typische Merkmale des Einsatzes digitaler Technik
haben, zum Beispiel die Stabilität der Übertragung bis zu einer
(scharf) definierten Versorgungsgrenze, die Möglichkeit zu einfachen Übertragungen der Telekommunikationsleistungen als ein
Dienst unter vielen und die mögliche Integration in die Welt der
Personal Computer (PC)
19
Jürgen Grobbin (Hrsg), Hofmeir, Danne, Digital-TV für Techniker, 2. Aufl., Delmenhorst 1999,
Der Neue! Verlag, S. 7-8
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28
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
An dieser Auflistung lässt sich ablesen, dass sich die Ziele im Grundsatz nicht geändert
haben. Lediglich die Priorität der HDTV-Übertragung ist in den Hintergrund gerutscht.
Heute stehen die Versorgung mobiler und portabler Endgeräte stärker im Vordergrund und
damit auch die technische Umsetzung von DVB-T und zukünftig auch DVB-H, da sich bei
diesen beiden Ausführungen von DVB ein mobiler, bzw. portabler Einsatz anbietet.
2.2
Der Umstieg auf DVB in Deutschland
Spricht man vom Umstieg auf digitales Fernsehen, so meint man zumeist den Umstieg von
analogem terrestrischem Fernsehen auf das digitale terrestrische Fernsehen DVB-T. Dieser
Umstieg wird am meisten diskutiert und findet auch sich auch oft in der Presse wieder. Bei
einer Nutzung der Terrestrik von etwa 3 – 5 % der deutschen Fernsehhaushalte stellt sich
schnell die Frage, wieso diese Umstellung so viel Beachtung findet. Einerseits wird von
den Betreibern und Befürwortern von DVB-T Sendenetzen erwartet, dass sich durch die
Umstellung auf digitalen Betrieb der Anreiz erhöht, diese Technik zu nutzen, und das dadurch in der Konsequenz der terrestrische Fernsehempfang wieder an Bedeutung gewinnt.
Desweiteren wird die Hälfte der zur Verfügung stehenden Kapazitäten an die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten vergeben. Dies wiederum bedeutet, dass die Umstellung
und der Betrieb indirekt auch zum Großteil durch die Rundfunkgebühren finanziert werden. Auch deshalb wurde 1998 im Bundeskabinett beschlossen die Umstellung auf DVB-T
voranzutreiben und bis im Jahr 2010 abzuschließen. Die Betreiber von Satelliten und Kabelnetzen sind dagegen nicht an diese Umstellungspläne gebunden. Es liegt also in ihrem
eigenen Ermessen, wann sie ihre Simulcast-Phasen beenden und vollständig auf digitalen
Betrieb umstellen. Bei der Satellitenübertragung wird der Zeitpunkt voraussichtlich dann
erreicht sein, wenn die Satellitenhaushalte zu etwa 95 % mit digitalen Receivern ausgestattet sind. Dieser Zeitpunkt wird aus heutiger Sicht etwa zwischen 2008 und 2010 eintreten20. Bei den Kabelnetzbetreibern ist die Lage, aufgrund der im vorigen Kapitel erläuterten Problematik der Netzebenen, nicht genau abschätzbar. Hier müssen die Betreiber der
Ebenen 3 und 4 aus der Konkurrenzsituation heraus in ein kooperatives Verhältnis finden,
um sich bei der Umstellung nicht selbst im Wege zu stehen.
20
Freyer, 2004, S. 74
29
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
2.2.1
SS 2005
Das DVB-Sendeprinzip
Die Übertragungstechnik für DVB-T basiert, wie die Techniken für DVB-C, DVB-S und
DVB-H auf dem DVB-Übertragungskonzept. Deshalb soll dieses, stellvertretend für die
gesamte Familie der Übertragungsverfahren, an dieser Stelle kurz beschrieben werden.
2.2.1.1
Quellenkodierung
Jedes DVB-Übertragungssystem beginnt mit der Kodierung der Audio- und Videosignale
durch das MPEG-2-Verfahren. Am Ausgang des Video-, bzw. Audioencoders entstehen so
die datenreduzierten digitalen Signale. Diese Datenströme werden Elemetary Steams (ES)
genannt. Neben den Daten für Audio und Video, können auch noch Elementary Streams
für andere Daten, z.B. für interaktive Anwendungen oder Systeminformationen, existieren.
Die Elementary Streams werden danach paketiert. Paketieren bedeutet, dass die Daten in
Frames aufgeteilt und jeweils mit einem Header versehen werden. Der Header enthält dabei Informationen die zur Steuerung der Payload-Informationen dienen. Aus dem Elementary Stream ist so der Packetized Elementary Stream (PES) entstanden. Die einzelnen Datenströme werden nun von einem Programm-Multiplexer zum Programm-Datenstrom (PS)
zusammengefasst. Er enthält somit die Daten von genau einem Programm. Die ProgrammDatenströme mehrerer Programme werden danach durch einen Transport-Multiplexer zum
MPEG-2-Transportstrom zusammengefasst. Zur Verdeutlichung des gesamten Vorgangs
dient die folgende Abbildung.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Abbildung 2: Bildung des MPEG-2-Transportstroms21
Nach der Betrachtung des Gesamtvorgangs soll nun ein Blick darauf geworfen werden,
wie die Erzeugung der Pakete erfolgt. Zur Bildung der PES werden die Elementary
Streams in Frames variabler Länge aufgeteilt (bis zu 65526 Byte). Diese Frames werden
jeweils mit einem Header versehen, der die feste Länge von 6 Byte hat. Der Header enthält
Steuerinformationen für das jeweilige PES-Paket, wie z.B. die Länge des Payloads. Der
PES bildet die Grundlage für alle MPEG-2-Bitströme, also den Programmstrom, sowie
auch für den Transportstrom, welcher für digitale Übertragung wichtig ist.
21
vgl Freyer, 2004. S 31
31
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Abbildung 3: Bildung des Packetized Elementary Stream22
Die einzelnen PES können, wie bereits erwähnt, jeweils unterschiedliche Daten (z.B. Video-Daten) beinhalten und werden im Programmmultiplexer zu einem Datenstrom zusammengefasst. Im Programm-Stream werden also Datenpakete gebildet, in denen mehrere
PES-Pakete untergebracht sind. Diese können dabei aus unterschiedlichen PES stammen.
Abbildung 4: Program Stream23
Nachdem nun die Datenströme mehrerer Programme gebildet wurden, kommt die eigentliche Datenübertragung ins Spiel. Dazu müssen die Programme zu einem Transportstrom
zusammengefasst werden. Die Menge der zusammengefassten Programme hängt einerseits
davon ab, welche Bandbreite der Übertragungskanal aufweist, zum anderen ist entscheidend, welche Bandbreite jedes einzelne Programm benötigt. Diesen Vorgang nennt man
Multiplexierung. Der Unterschied zum vorher gebildeten Program-Stream besteht darin,
22
Klaus Diepold, Digitales Video, Videocodierung/MPEG-2 Systems/MPEG-4, Lehrstuhl für Datenverarbeitung, Technische Universität München, 2004/2005, S. 4
www.ldv.ei.tum.de/media/files/dvi/vorlesung/10_MPEG%20Systems.pdf (Stand: 28.08.2005)
23
Diepold, 2004/2005, S. 6
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32
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
dass die Pakete des Transport-Stream eine feste Länge von 188 Byte haben. Dies bedeutet,
dass ein PES-Paket auf mehrere Pakete des Transport-Streams verteilt werden muss. Sollten Transport-Pakete nicht vollständig gefüllt werden können, wird der Rest des Platzes
durch das Adoptional-Field (Stopfdaten) aufgefüllt. Der Vorteil der festen Paketlänge liegt
in der Übertragungssicherheit. Somit ist dieses Verfahren bestens geeignet für störungsanfällige Übertragungsmedien.
Abbildung 5: Bildung des Transport-Stream24
Anzumerken ist, dass Program- und Transport-Stream keine hierarchische Struktur bilden,
sondern jeweils über den PES vom einen in das andere Format umgewandelt werden können. Program-Streams werden meist bei störungsfreien Medien, wie beispielsweise der
CD-ROM angewendet. Die Summe dieser Vorgänge, also die Kodierung und die anschließende Multiplexierung bezeichnet man als Quellenkodierung.
24
Diepold, 2004/2005, S. 7
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
2.2.1.2
SS 2005
Kanalkodierung
Bei der Kanalkodierung wird das Signalpaket mit einem Fehlerschutz versehen, der dem
jeweiligen Übertragungskanal angepasst ist. Welchen Umfang der Fehlerschutz hat, kann
man daran ablesen, wie das Verhältnis zwischen der Nutzdatenmenge und der Datenmenge
von Nutzdaten + Fehlerschutz ist. Dieses Verhältnis wird auch Coderate genannt und mit
dem Buchstaben R bezeichnet25:
Menge der Informationsbits
R
=
Menge der Informationsbits + Menge der Fehlerschutzbits
Typische Coderates sind 1/2 (stark), 3/4 (mittel) oder 7/8 (schwach). Der DVB Standard
legt fest, dass nach dem Abschluss der Fehlerkorrektur auf der Empfängerseite gerade
noch eine Bitfehlerrate von 1*10-11 übrig bleibt. Dies entspricht einem fehlerhaften Bit pro
Stunde. Das Prinzip der Kanalcodierung beruht darauf, den Nutzdaten so viel Redundanz
hinzuzufügen, um nach der Übertragung die Korrektur der Übertragungsfehler zu ermöglichen. Bei DVB werden die folgenden vier Kodierungsverfahren eingesetzt26.
•
Die Randomisierung (statische Abtastung) wird vorgenommen, indem den Daten im Sender eine bekannte binäre Pseudo-ZufallsSequenz (pseudo-random binary sequence, PRBS) hinzugefügt
wird, die im Empfänger wieder subtrahiert wird, um die Originaldaten wieder zurückzuerhalten. Die Randomisierung wird verwendet, um alle sich wiederholenden Muster in den TS-Daten zu unterbrechen, die sonst diskrete Töne um modulierten Signal verursachen können. Das ist aber keine Verschlüsselung im eigentlichen
Sinne.
•
Der Reed-Solomon-Fehlerschutz verwendet einen RS(188,204)Code. Das bedeutet, daß jedem 188-Byte-Tansportstrom-Paket 16
Kontroll-Bytes hinzugefügt werden, so daß das codierte Paket eine
25
Freyer, 2004, S. 43
Jürgen Grobbin (Hrsg), Hofmeir, Danne, Digital-TV für Techniker, 2. Aufl., Delmenhorst 1999,
Der Neue! Verlag, S. 78-79
26
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Länge von 204 Bytes aufweist. Die gesendete Datenrate wird erhöht auf das 204/188-fache der TS-Datenrate. Für eine typische
TS-Datenrate von 38,15 Mbit/s ergibt dies eine Bruttodatenrate
von 41,4 Mbit/s
Im Empfänger nutzt der Reed-Solomon-Decoder die von den 16
Kontroll-Bytes gelieferte Redundanz, um aus den mit Fehlern behafteten Daten die Originaldaten zu rekonstruieren. Der ausgewählte RS-Code ist in der Lage, bis zu acht fehlerhafte Bytes pro
Paket zu korrigieren und weitere Fehler zu entdecken. Treten mehr
Fehler auf, so wird automatisch das Transport-Error-Indikator Flag
im Transportstrom-Header gesetzt.
•
Convolutional Interleaving (Faltungsverschachtelung) ändert die
Zeitfolge der Datenbytes über eine Periode von 12 Paketen, um die
Leistung der Reed-Solomon-Codierung im Fall eines Burstfehlers
zu verbessern.
Der De-Interleavingprozeß im Empfänger „verteilt“ die Bytes, die
während der Übertragung zeitbenachbart waren. Das bedeutet, daß
im Falle eines Burstfehlers die fehlerhaften Bytes über verschiedene Pakete verteilt werden und sich deshalb die Möglichkeit einer
vollständigen Fehlerkorrektur verbessert.
•
Durch einen Faltungscodierer sind die jetzt nur noch vereinzelt
auftretenden Burstfehler korrigierbar. Der Faltungscoder basiert
auf einer Rate von 1/2 d.h., die Hälfte des Datenstromes besteht
aus Schutzbits. Unterschiedlichen Coderaten (1/2, 2/3, 3/4, 5/6)
können mit Hilfe der Punktierung erreicht werden. Auf diese Weise gelingt es, sich auf unterschiedliche „Link-Budgets“ anzupassen.
2.2.1.3
Modulation
Die Datenpakete werden im darauf folgenden Schritt moduliert. Die Modulation beschreibt, wie die Datensignale an die Trägerfrequenzen des jeweiligen Übertragungskanals
35
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
angepasst werden können. Hier gibt es für die unterschiedlichen Übertragungsarten verschiedene Möglichkeiten, die später in den einzelnen Kapiteln beschrieben werden. Bei
DVB-C kommt die Quadratur-Amplituden-Modulation (QAM) zum Einsatz, bei DVB-S
die Quadratur-Phasenmodulation (QPSK), während bei DVB-T und DVB-H das Verfahren
Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex (COFDM) eingesetzt wird. Verschiedene
Verfahren gibt es deshalb, weil die Übertragungskanäle unterschiedliche Störungsanfälligkeiten haben. So treten im Breitband-Kabelnetz nur wenige Störungen auf, während bei der
terrestrischen Übertragung viele Quellen für die Störung des Signals existieren. Neben
meteorologischen Einflüssen können beispielsweise auch Gebäude die Übertragungsqualität beeinflussen.
Der gesamte Vorgang der Signalaufbereitung soll in der folgenden Grafik zusammengefasst verdeutlicht werden.
Abbildung 6: DVB-Senderseite (Prinzip)27
Auf der Empfangsseite wird derselbe Prozess in umgekehrter Reihenfolge vollzogen.
„Im Endgerät auf der Empfangsseite wird zuerst das gewünschte Multiplexsignal selektiert und dann im
Demodulator das kanalcodierte Signal wieder gewonnen. Es erfolgt danach die Kanaldecodierung, also
die Abbereitung des Fehlerschutzes. Nachfolgend wird die Demultiplexierung und danach die Quellendecodierung im MPEG-2-Decoder durchgeführt. Durch den Demultiplexer wird aus dem Transportdaten-
27
Freyer, 2004, S. 43
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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strom das gewünschte Programm selektiert, während durch den MPEG-2-Decoder das ursprüngliche Video- und Audiosignal wieder gewonnen wird28.“
2.3
DVB-T
Ein flächendeckender Umstieg auf DVB-T wäre in Deutschland nicht möglich. Auf der
einen Seite ist die Installation der neuen Sendeanlagen in einem kurzen Zeitraum nicht
finanzierbar, auf der anderen Seite ist das Wissen in der Bevölkerung um die neue Technik
so gering, dass die meisten Terrestriknutzer zum Zeitpunkt der Umstellung nicht auf die
neue Empfangstechnik eingestellt wäre. Zudem würde dieses Szenario wahrscheinlich ein
logistisches Problem verursachen. Alle Terrestrikkunden zu einem bestimmten Zeitpunkt
mit einem digitalen Empfangsgerät (Set-Top-Box) zu versorgen, würde sowohl die Gerätehersteller wie auch den Handel vor massive Probleme stellen.
2.3.1
Das Beispiel Berlin-Brandenburg
Aus diesen Gründen hat man sich darauf geeinigt mit der Einführung von DVB-T Inseln zu
beginnen. Damit sind Ballungsgebiete gemeint, in denen sich durch das Betreiben von wenigen Sendeanlagen eine große Anzahl von Haushalten erreichen lässt. Die erste Insel in
Deutschland war die Region Berlin-Brandenburg. Die Umstellung sollte hier in drei Stufen
erfolgen29:
1. In der ersten Stufe mit mindestens einem leistungsstarken analogen
Kanal, zur Demonstration und als Grundlage für Kaufentscheidungen der Haushalte.
2. In der zweiten Stufe mit der Umstellung der leistungsstarken Sender auf digitale Übertragung, der Einstellung der überregionalen
werbefinanzierten privaten Programme und der Fortführung öffentlich-rechtlicher Programme auf leistungsschwächeren Frequenzen.
3. In der dritten Stufe mit der Abschaltung aller analogen Frequenzen.
Am 01.11.2002 wurde der erste von drei Schritten vollzogen. Auf Kanal 04 wurden die
öffentlich-rechtlichen Programme ARD, ZDF, ORB und SFB digital verbreitet. Gleichzeitig wurden auch die privaten Sender ProSieben, Sat1, RTL und RTL2 über den Kanal 55
28
Freyer, 2004, S. 45
Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Berlin goes digital, Der Analog-Digital-Umstieg bei der terrestrischen
Fernsehversorgung in Berlin-Brandenburg, Erfahrungen und Perspektiven, S. 4
http://www.mabb.de/bilder/Projektbericht-250803.pdf (Stand: 13.07.2005)
29
37
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
digital ausgestrahlt. Die frühe Beteiligung der großen Privatsender wurde als wichtig erachtet, um für die Haushalte zu diesem Zeitpunkt schon einen Anreiz zu schaffen, sich auf
die digitale Verbreitungstechnik einzustellen, also eine Set-Top-Box anzuschaffen. Während dieser Phase des Umstiegs waren alle digitalen Programme auch weiterhin auf analogem Weg empfangbar. Sie dauerte bis zum 28.02.2003. In dieser Zeit stieg die Anzahl der
verkauften Empfangsboxen von 7 000 auf etwa 100 000. Nachdem diese erste Phase vorbei
war, wurden in der zweiten Phase die Kanäle der analogen privaten Sender dafür genutzt,
die öffentlich-rechtlichen Sender weiter im Simulcast analog zu übertragen. ProSieben,
Sat1, RTL und RTL2 konnten ab diesem Zeitpunkt nur noch digital empfangen werden. Im
analogen Sendebetrieb befanden sich nur noch die Sender ARD, ZDF, ORB, SFB, BBC
und der private Ballungsraumsender „Fernsehen aus Berlin, FAB“. Diese beendeten die
analoge Übertragung schließlich zum 04.08.2003. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden etwa
170 000 DVB-T Empfangsboxen verkauft.
Die Region Berlin-Brandenburg war nun weltweit die erste Region, in der die Umstellung
auf den ausschließlich digitalen terrestrischen Betrieb abgeschlossen war. Etwa 26 Programme sind nun über Antenne zu empfangen. Die Nutzung von DVB-T lag nach einer
Umfrage des Rundfunk Berlin Brandenburg RBB und der Gesellschaft zur Förderung der
Rundfunkversorgung mbH GARV im Jahre 2004 bei einem Anteil von ca. 8 %30.
Für die Umstellung wurde in Berlin ein Kommunikationskonzept erarbeitet um die betroffenen Haushalte über die bevorstehenden Veränderungen zu informieren. Dabei galt es
einerseits, die Haushalte von den Vorteilen der der neuen Technik zu überzeugen, andererseits einer Verunsicherung der Haushalte, welche die Umstellung nicht betraf, entgegenzuwirken. Im Projektbericht der Medienanstalt Berlin-Brandenburg werden die einzelnen
Maßnahmen beschrieben, welche die Umstellung begleiten sollten31:
Hauptmedium für die Kommunikation waren die Fernsehkanäle selbst: Mit Fernsehspots und Lauftexten,
die eigens für die Kampagne entwickelt und intensiv zu den jeweiligen Höhepunkten der einzelnen Phasen eingesetzt wurden, konnten die Berliner und Brandenburger Haushalte erreicht werden.
Zusätzlich haben die Sender den Umstieg redaktionell durch eine objektive Berichterstattung begleitet.
30
Inge Mohr, DVB-T-Region Berlin/Potsdam: Terrestrik wächst weiter, in: Media Perspektiven, Heft 7,
Frankfurt/Main, ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 07/2004, S. 296
31
Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Berlin goes digital, Der Analog-Digital-Umstieg bei der terrestrischen
Fernsehversorgung in Berlin-Brandenburg, Erfahrungen und Perspektiven, S. 6
http://www.mabb.de/bilder/Projektbericht-250803.pdf (Stand: 13.07.2005)
38
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Die kostenintensivste Maßnahme war ein Haushaltsbrief an alle Haushalte im Februar 2003, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass nur Antennenhaushalte vom Umstieg betroffen sind.
Für die Information im Handel und zur ergänzenden Information wurden Flyer, Broschüren und Newsletter entwickelt. Auf kostenintensive Anzeigen und Plakate wurde verzichtet.
Es fand eine enge Zusammenarbeit mit dem Berliner Mieterverein und den hiesigen Verbraucherinstitutionen statt. Die Stiftung Warentest hat frühzeitig Geräte getestet und über die Entwicklung informiert.
Während des Umstiegs wurde eine gemeinsame Telefon-Hotline geschaltet, die mit Experten der Sender,
der mabb und der GARV vernetzt war. Die Hotline bearbeitete etwa 22.000 Anrufe. Nur ca. 600 Personen
hatten ein Problem, das nicht am Telefon zu lösen war.
Diese begleitenden Maßnahmen waren wichtig, um das Projekt in Berlin und Brandenburg
zu einem Erfolg werden zu lassen. Denn ohne begleitende Aufklärung hätten sich viele
Terrestriknutzer wahrscheinlich gewundert, warum nach und nach Programme aus dem
Angebot verschwinden und hätten sich vielleicht für eine andere Empfangsart entschieden.
Ein Beweis dafür, dass das neue Angebot von der Bevölkerung positiv bewertet wird, ist
die folgende Tabelle. Hier wurden Haushalte danach gefragt, welche Empfangstechnik sie
bevorzugen würden, wenn sie sich für eine neue Empfangsart entscheiden müssten. Bei
den Ergebnissen sind vor allem zwei Zahlen sehr interessant. Zum ersten sind rund 44 %
der DVB-T Nutzer mit der Leistung zufrieden und würden sich auch wieder für DVB-T als
Empfangstechnik entscheiden. Darüber hinaus würden sich sogar rund 18 % der Satellitennutzer für den digitalen terrestrischen Empfang entscheiden, wenn sie zum Zeitpunkt der
Umfrage noch einmal vor der Wahl gestanden hätten.
Werbung im Regionalfernsehen -
39
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Tabelle 2:Bevorzugter Empfangsweg bei Neuentscheidung für eine Empfangstechnik32
Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass mit einer massenhaften Abwanderung der Terrestriknutzer zu anderen Distributionskanälen nicht zu rechnen ist. Wie erwähnt, hängt
dabei jedoch viel davon ab, wie gut die Umstellung von aufklärenden Maßnahmen begleitet wird. Ein Beispiel aus jüngster Zeit für einen in dieser Hinsicht misslungenen Umstieg
ist die Region München. Hier waren viele Nutzer des terrestrischen Empfangs nicht auf die
Umstellung vorbereitet. Als dann die analoge Signalverbreitung eingestellt wurde, gab es
zahlreiche Zuschauer die im wahrsten Sinne des Wortes „in die Röhre“ schauten.
Wo bereits DVB-T Inseln in Deutschland existieren und in welchen Gebieten die Umstellung in nächster Zeit beginnen soll, zeigt die folgende Abbildung. Hier kann man deutlich
sehen, dass vor allem in Ballungsräumen der Umstieg forciert wird. Für ländliche Regionen, vor allem in Baden-Württemberg, gibt es noch keine konkreten Umstellungspläne.
Welche Gründe für diesen Umstand in Betracht kommen, wird Thema des folgenden Kapitels sein.
32
Quelle: RBB/GARV-DVB-T Studie 2004
Werbung im Regionalfernsehen -
40
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
2.3.2
SS 2005
DVB-T Regionen in Deutschland
Abbildung 7: Existierende und in Planung befindliche DVB-T Inseln in Deutschland (Stand:
21.07.2005) 33
33
http://www.ueberallfernsehen.de/data/empfangsgebiete.pdf (Stand: 25.07.2005)
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41
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
2.3.3
SS 2005
DVB-T in Baden-Württemberg
Wie man auf der Karte im vorigen Kapitel sehen kann, ist das Bundesland BadenWürttemberg noch weitgehend unberührt von DVB-T. Lediglich für das Ballungsgebiet
Stuttgart und die Rhein-Neckar-Region finden Planungen statt. Als Gründe dafür, warum
in Baden-Württemberg die Umstellung auf digital-terrestrisches Fernsehen so lange auf
sich warten lässt, kommen in Betracht:
1. Die Topographie des Bundeslandes:
Da Baden-Württemberg von mehreren Mittelgebirgen durchzogen
wird, ist es schwierig und vor allem auch sehr kostenintensiv, einen
Großteil der Bevölkerung mit digital-terrestrischen Rundfunksignalen zu erreichen.
2. Fehlende Ballungsräume:
Die in Baden-Württemberg vorhanden Ballungsräume sind im vergleich zu denen anderer Bundesländern, wie z.B. NordrheinWestfalen relativ klein, bzw. weisen keine so hohe Bevölkerungsdichte auf.
3. Unklare Finanzierung:
In anderen Bundesländern wurden die Kostenanteile der privaten
Sender dadurch mit abgedeckt, dass analoge Sender abgeschaltet
wurden. Da in Baden-Württemberg jedoch nur noch sehr wenige
von Privatsendern genutzte Sendeanlagen existieren, fehlt diese Finanzierungsquelle.
Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen befindet sich DVB-T in Baden-Württemberg in
Planung. Die Entscheidung, wann die analoge Übertragung abgeschaltet werde, hänge von
den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten SWR und ZDF ab34. Die privaten Programmanbieter haben die analoge Ausstrahlung ihrer Programme fast überall im Land bereits beendet. Der Anteil der Zuschauer, welche noch analoge Terrestrik nutzen liege, laut LfK bei
etwa 3 %. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die Frage, ob sich ein weiterer analoger
Betrieb überhaupt noch lohnt. Im Falle eines richtig geplanten Umstiegs können ZDF und
SWR ihre Kosten um jeweils 5 Mio. Euro senken, so die LfK. Starten soll das digitale Antennenfernsehen schon 2006. Zunächst im Rhein-Neckar-Dreieck (Mannheim, Heidelberg,
34
Landesanstalt für Kommunikation, Pressemitteilung, Abschied vom alten Antennenfernsehen 2006 DVB-T
Start in Baden-Württemberg möblich, Stuttgart, 13.07.2005,
http://www.lfk.de/presseundpublikationen/pm/2005/05-09.html, (Stand: 26.07.2005)
42
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Ludwigshafen) und gleich darauf in der Region Stuttgart. Ein Problem stellt das Desinteresse der privaten Anbieter dar. Sie versorgen im Land lediglich Haushalte, die ihr Signal
per Satellit oder Kabel empfangen. Deshalb seien sie auch nicht bereit, Kosten für den terrestrischen Switch-Over zu tragen. Sind die privaten Sender jedoch nicht beteiligt, leidet
dadurch die Attraktivität von DVB-T. Auch wenn sich die Zahl der Programme von bisher
3 auf zwölf erhöhen würde, wären diese ausschließlich öffentlich-rechtlich. Dies wäre
nicht im Sinne des dualen Rundfunksystems wäre.
Der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg Thomas Langheinrich, sieht in der späten Umsetzung der Digitalisierung des Rundfunks gar einen Vorteil. Das Land habe nicht alle attraktiven Frequenzen vorschnell für die Versorgung von
Ballungsräumen vergeben und somit mehr für zukunftsorientierte Techniken übrig. Damit
sind vor allem die Techniken DVB-H und DRM gemeint, die mobile Empfangsgeräte mit
kleinem Display zum Fernsehgerät machen sollen, also Handys, PDAs, oder Laptops.
2.3.4
Technische Besonderheiten von DVB-T
Das besondere an der terrestrischen Übertragung von Rundfunksignalen ist zweifellos die
Störungsanfälligkeit des Übertragungskanals. Stoßen die Signale auf ein Hindernis, so
werden sie von diesem reflektiert. Diese reflektierten Signale sind dann zwar abgeschwächt, kommen aber dennoch beim Empfänger an. Das Problem besteht darin, dass die
reflektierten Signale im Unterschied zu den Originalsignalen zeitversetzt beim Empfänger
ankommen. Man nennt diese Signale deshalb auch Echosignale. Wenn diese Echosignale
nun auch zeitversetzt z.B. in ein Fernsehbild umgewandelt werden, dann führt dies zu den
bekannten Geisterbildern auf dem Bildschirm. Genauso kann es vorkommen, dass der
Empfänger im Überschneidungsgebiet von zwei Sendern steht. Auch hier treffen die Signale der beiden Sender nicht zum gleichen Zeitpunkt beim Empfänger ein, was zum selben
Effekt führt. DVB löst dieses Problem durch ein neues Modulationsverfahren. Während
die analoge Terrestrik mit Amplitudenmodulation arbeitet, wird bei DVB das so genannte
Mehr-Träger-Verfahren eingesetzt. Das Signal wird dabei parallel auf 8192 Trägern übertragen. In der analogen Technik wird das Signal nur auf einem Träger übertragen. Die Übertragung der Symbole erfolgt also seriell. Durch die Kanalbreite von 8 MHz ergibt sich
eine Symboldauer von 1/8 MHz, also 0,125 µs. Diese kurze Symboldauer ist Ursache für
die Störanfälligkeit des analogen Signals. Je kürzer die Symboldauer, desto problemati-
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43
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
scher sind die Laufzeitunterscheide und daraus folgende die Überschneidungen zweier
aufeinander folgender Signale. Diese Überschneidung nennt man Intersymbol-Interferenz
(ISI). Bei einer parallelen Übertragung werden entsprechend längere Symbole übertragen.
Jedoch können hier weiterhin Intersymbol-Interferenzen auftreten. Aus diesem Grund werden zwischen zwei Symbolen Schutzintervalle übertragen. Sie garantieren, dass ein Symbol erst dann verarbeitet wird, wenn das vorhergehende bereits abgearbeitet ist. Die Störungsresistenz des Signals durch das zwischengeschaltete Schutzintervall erlaubt nun auch,
Sender auf der gleichen Frequenz zu übertragen. Die bisher benötigten MehrfrequenzNetzwerke können so durch Gleichwellennetze (SNF single frequency network) ersetzt
werden. Diese sind wesentlich frequenzökonomischer als das bisher verwendete Netz.
Wichtig bei dieser Technik ist, dass alle Sendeanlagen das Signal im gleichen Zeittakt ausstrahlen. Da es aber dennoch Unterscheide in den Laufzeiten der Signale verschiedener
Sender gibt, müssen diese bei der Größenbestimmung des Schutzintervalls berücksichtigt
werden.
2.4
DVB-S
Wie der Satellitenbetreiber ASTRA im Februar 2005 mitteilte, empfangen in Deutschland
etwa 15 Mio. Haushalte ihr Fernsehsignal über Satellit. Dies entspricht bei einem Gesamtvolumen von 38 Mio. Haushalten einem Marktanteil von etwa 40 %35. Der Satellitenempfang belegt damit Platz 2 hinter dem Kabelempfang. Bei der Digitalisierung hingegen sind
die Satellitenempfänger den anderen Technologien weit voraus. Bei 4,51 Mio. Haushalten
mit Satellitenempfang in Deutschland liegt der Anteil der Digitalisierung in diesen Haushalten bereits bei einem Drittel. Bei DVB-S werden die Rundfunksignale von einem Satelliten ausgesendet, der geostationär in einer Höhe von etwa 36000 Kilometern über der Erde
schwebt. Aufgrund der großen Entfernung wird das hochfrequente Signal geschwächt, zudem entstehen Störungen durch atmosphärische Einflüsse, wie z.B. Unwetter oder Wolken.
Für den Empfang der Signale wird deshalb eine stark signalbündelnde Antenne benötigt,
eine Parabolantenne. Der Parabolspiegel bündelt dabei die Signale an einem Punkt direkt
vor dem Spiegel, an dem sich die eigentliche Antenne befindet. Diese Empfangseinheit
wird LNB (low noise block converter) genannt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein
35
SES ASTRA, German Satellite Monitor, TNS Infratest, Eschborn, Februar 2005,
www.ses-astra.com/market/deutschland/ download/ASTRA%20Reichweiten%202004.pdf (Stand:
24.06.2005)
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44
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
besonders niedriges Rauschmaß aufweist (< 0,8 dB). Der Frequenzbereich, in dem Rundfunksignale via Satellit verbreitet werden, liegt zwischen 10,7 GHz bis 12,75 GHz. Wie
bereits in Kapitel 1.4.2 erwähnt, ist dabei der obere Bereich von 11,7 GHz bis 12,75 GHz
für die Ausstrahlung digitaler Programme reserviert. Um die Programme in diesem Frequenzbereich empfangen und verarbeiten zu können, benötigt man einerseits einen so genannten Universal-LNB, der den gesamten Frequenzbereich abdeckt, andererseits natürlich
einen Satelliten-Receiver, der gleichzeitig auch die Funktionen einer Set-Top-Box erfüllt.
Beide Geräte sind mittlerweile handelsüblich und liegen preislich nicht weit über den Receivern für rein analogen Empfang. Als Konsequenz daraus sind die digitalen Receiver
bereits weit verbreitet.
2.4.1
Technische Besonderheiten von DVB-S
Bei der Übertragung von Rundfunksignalen über Satellit spricht man statt von Kanälen von
Transpondern. Diese Transponder haben als typische Bandbreiten 27 MHz, 36 MHz,
54 MHz oder 71 MHz. In den beiden niedrigen Bandbreiten der analogen Satellitentechnik
kann nur ein Fernsehprogramm übertragen werden, in den beiden höheren Bandbreiten
zwei Programme. Aus den unterschiedlichen Bandbreiten resultieren in der Digitaltechnik
auch verschiedene Bitraten, die erreicht werden können. Diese betragen normalerweise
29,4 MBit/s (27 MHz), 39,2 MBit/s (36 MHz), 58,8 MBit/s (54 MHz) oder 78,4 MBit/s
(71 MHz). Wie im Kapitel 2.2.1.2 bereits erwähnt, hängt die erzielbare Bitrate auch von
der Kanalcodierung ab, also der Stärke des Fehlerschutzes. Die Koderate beträgt bei der
Satellitenübertragung R=3/4, es handelt sich also um einen mittleren Fehlerschutz. Die hier
angegebenen Bitraten sind Netto-Bitraten, die erforderliche Bandbreite für den Fehlerschutz wurde bereits von der theoretisch erreichbaren maximalen Bitrate abgezogen. Vor
der Kanalcodierung wird das Signal durch eine so genannte Ernergieverwischung (energy
disposal) aufbereitet. Dabei wird der Datenstrom durch eine Pseudo-Zufallsfolge verwürfelt, um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Leistungsdichte innerhalb der Bandbreite des Transponders zu erreichen. So wird der Störung benachbarter Kanäle vorgebeugt. Für die Modulation der Signale kommt bei DVB-S das QPSK (Quadrature Phase
Shift Keying) zum Einsatz. Bei den Trägersignalen handelt es sich um zwei gleichfrequente Schwingungen, die um 90° zueinander phasenverschoben sind36. Die Phase der Fre-
36
Ulrich Freyer, Digitales Radio und Fernsehen verstehen und nutzen, Praxisreihe Radio Fernsehen Elektronik, Berlin, 2004, Huss-Medien GmbH, S. 53-54
45
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
quenz wird bei diesem Verfahren um 45°, 135°, 225° bzw. 315° umgeschaltet. Durch diese
vier Möglichkeiten ergibt sich somit die Option, eine 2 Bit-Zahl zu übertragen. Darstellbar
ist dieses Verfahren durch ein Phasendiagramm, welches aus den I-Komponenten (Inphase-Komponenten) und den Q-Komponenten (Quadratur-Komponenten) besteht. Die folgende Abbildung soll schematisch verdeutlichen, wie die benötigten vier Zustände gebildet
werden. Durch den relativ großen Abstand zwischen den Punkten wird deutlich, warum
sich das QPSK-Verfahren für eine störungsanfällige Übertragung besonders gut eignet.
Auch bei Störungseinflüssen kommt es selten zu Verwechslungen mit den anderen Punkten.
Abbildung 8: QPSK-Phasendiagramm37
2.5
DVB-C
Das Kabelnetz ist in Deutschland der wichtigste Verbreitungsweg für Rundfunksignale
geworden. 19,35 Mio. Haushalte bezogen zum Jahresende 2004 ihr Rundfunkprogramm
aus dem Kabelnetz38. Dies entspricht einem Prozentsatz von knapp 51 %. Aus diesem
Grund ist es für jeden Rundfunkveranstalter wirtschaftlich absolut notwendig, einen Zugang zum Kabelnetz zu haben. Die Entwicklung bei den Netzbetreibern könnte deshalb für
die Programmanbieter zu einer Gefahr werden. Die Netzbetreiber sehen sich nicht mehr in
37
Georg Acher, Digitale Modulationsarten, Fakultät für Informatik, Technische Universität München,
22.11.2004, wwwbode.cs.tum.edu/zope/lectures/seminars/WS04/PSTK/doc/pstk-ws04-041124uebertragungstechnik2-acher.pdf, S.13, (Stand: 28.08.2005)
38
SES ASTRA, German Satellite Monitor, TNS Infratest, Eschborn, Februar 2005,
www.ses-astra.com/market/deutschland/ download/ASTRA%20Reichweiten%202004.pdf (Stand:
24.06.2005)
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46
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
der Rolle der „Programmdurchleiter“. Vielmehr entwickeln sie Geschäftsmodelle auf der
Basis des so genannten „Triple-Play“. Danach wollen sie in Zukunft Dienstleistungsanbieter auf den drei Gebieten Rundfunk, IP-Telefonie und Internet sein. Um diese Dienste jedoch anbieten zu können, müssen die Kabelnetze vollständig digitalisiert und rückkanalfähig ausgebaut werden, was auch von den Programmanbietern begrüßt wird. Der Ausbau
des Kabelnetzes, wie auch die Kosten für die technische Ausstattung der Haushalte sind
sehr hoch. Dem Kostenaufwand steht jedoch ein gesättigter Markt gegenüber. In Deutschland steht bereits eine umfangreiche Versorgung mit Telefondiensten und BreitbandInternetanschlüssen zur Verfügung. So musste der Kabelnetzbetreiber Ish, der auf dieses
Konzept gesetzt hatte, 2002 Insolvenz anmelden. Sollten die neuen Geschäftsmodelle der
Netzbetreiber in Zukunft doch zum lukrativen Geschäft werden, wird es die Frage sein,
welcher Anteil der zur Verfügung stehenden Bandbreite dann noch für den Rundfunk verwendet wird. Außerdem existiert keine „must carry“ Regelung, eine Durchleitungsgarantie,
die den Sendern den Zugang zu den Kabelnetzen der verschiedenen Betreiber garantiert.
Auch im Bereich der Rundfunkdistribution haben die Netzbetreiber eine neue Rolle. Als
Inhaber des digitalen Play-Out im Sinne der Bildung der Programm-Multiplexe, sind sie
zugleich Anbieter von Inhalten geworden. Sie werden also genau die Inhalte auswählen,
für welche der Zuschauer bereit ist, die Kabelgebühren zu bezahlen.
2.5.1
Technische Besonderheiten von DVB-C
Die Übertragung per Kabel ist die Distributionsform, die den wenigsten Störungen durch
Außeneinflüsse ausgesetzt ist und bietet deshalb eine konstant hohe Übertragungsqualität.
Um diesen Vorteil auszuschöpfen, wird bei der Kabelübertragung ein Modulationsverfahren eingesetzt, welches für die zur Verfügung stehenden Bandbreiten der Kanäle (7 MHz
oder 8 MHz) eine möglichst hohe Bit-Rate liefert. Das QAM-Verfahren (QuadraturAmplituden-Modulation) erfüllt diese Eigenschaft. Genau wie bei QPSK handelt es sich
dabei um eine Phasenumtastung. Die Symbollänge variiert jedoch vom QAM-Verfahren.
Derzeit wird vorwiegend mit dem 64-QAM-Verfahren gearbeitet. Dies bietet eine Symbollänge von 6 Bit (26 = 64). Infolge des weiteren Ausbaus der Kabelnetze wird angestrebt das
256-QAM Verfahren einzusetzen. Dabei würde sich die Übertragungskapazität um etwa
10 MBit/s vergrößern, was zwei bis drei zusätzlichen Programmen entsprechen würde39.
Voraussetzung ist, dass die Set-Top-Boxen diese Signale auch verarbeiten können. Stell39
Ulrich 2004, S. 59
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
vertretend für die QAM-Verfahren, soll ein Phasendiagramm des 64-QAM-Verfahrens
(Abbildung 10) verdeutlichen, wie dicht die Phasenzustände im Gegensatz zum QPSKVerfahren beieinander liegen. Bei starken Störungseinflüssen könnte der Empfänger leicht
zwei benachbarte Phasenzustände verwechseln.
Abbildung 9: 64-QAM Phasendiagramm40
Wie bereits erwähnt, gibt es innerhalb es Kabelnetzes Kanäle mit 7 MHz oder 8 MHz. Dies
führt auch zu verschiedenen Bit-Raten für die digitale Übertragung. Auch die Modulation
beeinflusst die Übertragungskapazität. Welche Übertragungsraten letztendlich erzielt werden können, zeigt die folgende Tabelle:
40
ebenda
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Tabelle 3: Frequenzbereiche im Breitband-Kablenetz41
2.6
DVB-H
DVB-H zählt zu den neueren Standards der DVB Familie. Das H steht dabei für „Handheld“. Typische Endgeräte dieser Kategorie sind PDAs (persönliche digitale Assistenten),
so genannte Smartphones, also audio- und videofähige Mobiltelefone mit großem Display,
aber auch kleine tragbare PCs, wie Palmtops oder auch Laptops. Sämtliche Geräte haben
zwei Grundeigenschaften gemeinsam. Aufgrund der geringen Abmessungen und des niedrigen Gewichtes sind sie portabel und auch bestens für den portablen oder mobilen Empfang geeignet. Aufgrund dieser Mobilität sind die Geräte auf die Stromversorgung mittels
eines Akkus angewiesen. Beide Eigenschaften stellen besondere Anforderungen an die
Geräte. Aufgrund der gewünschten Portabilität ist die Empfangsantenne meist im Gerät
eingebaut und besitzt nur eine geringe Größe. Der Empfang sollte im Freien sowie in Gebäuden genauso wie bei höheren Geschwindigkeiten funktionieren. Hier kommen also alle
Störungseinflüsse zum Tragen die auch bei DVB-T eine Rolle spielen. Problematisch ist
auch der bereits aus der Mobilfunktechnologie bekannte Störfaktor des so genannten
„Handover“. Der Begriff bezeichnet den Wechsel von einer Mobilfunkzelle in eine andere.
Der DVB-H Datenstrom wird also über das Mobilfunknetz ausgestrahlt. Bei der Entwick41
Freyer, 2004, (kombinierte Grafik aus Abb. 3.8 und Abb 3.9) S. 57,59
Werbung im Regionalfernsehen -
49
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
lung des Standards wurde jedoch hoher Wert darauf gelegt, die Transportströme von DVBH und DVB-T kompatibel zu halten. Durch diese Kompatibilität ist es möglich, die DVBH Dienste auch über das DVB-T Sendenetz zu verbreiten.
2.6.1
Technische Besonderheiten von DVB-H
Ein wesentlicher Unterschied zum DVB-T Übertragungsverfahren, ist das Time Slicing.
Dieser Unterschied ist jedoch notwendig, um der knappen Energiereserve eines Akkus
Rechnung zu tragen. Um einen Dienst innerhalb eines DVB-T Transportstroms zu nutzen,
muss der gesamte Strom empfangen und anschließend demoduliert werden. Erst danach
erfolgt der Zugriff auf einen Dienst, also die Weiterverarbeitung eines bestimmten Dienstes oder eines bestimmten Programms. Da der Transportstrom jedoch eine wesentlich höhere Datenrate aufweist, als ein Mobilfunksignal, wäre die Leistungsaufnahme für Empfang und Demodulation des Signals enorm. Deswegen werden in einem DVB-H Transportstrom die Daten in einem Zeitmultiplex gesendet. Die einzelnen Dienste werden also periodisch in komprimierten Datenpaketen gesendet. Die Datenpakete bezeichnet man als
„Bursts“. Durch das „multiplexen“ verschiedener Dienste zu einem Transportstrom, ergibt
sich dann wieder ein kontinuierlicher Datenstrom.
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50
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Abbildung 10: Prinzip des Timeslicing42
Wenn dem Empfänger nun die Lage des Bursts innerhalb des Datenstroms bekannt ist, so
kann dieser zeitselektiv empfangen werden. Der Empfänger ist also nur dann aktiv, wenn
er den Empfang des gewünschten Paketes vermutet. Dazwischen bleibt das Empfangsteil
ausgeschaltet. Die Ersparnis bei der Leistungsaufnahme liegt durch das Timeslicing bei
etwa 90 %. Ein sehr willkommener Nebeneffekt des Timeslicing ist, dass der Empfänger
während der Empfangspausen nach Kanälen suchen kann, um so ein störungsfreies Handover vorzubereiten. Ein weiterer Unterschied zu DVB-T stellt die Beschaffenheit der Daten dar, welche in den MPEG-2-Transportstrom eingebetteten werden. Im Gegensatz zu
DVB-T werden bei DVB-H Daten auf Basis des IP-Protokolls in den Transportstrom eingebettet. Dafür wurde das so genannte MPE (Multi Protocol Encapsulation) entwickelt, ein
Anpassungsprotokoll welches die Übertragung beliebiger Daten über DVB-Systeme er42
Michael Kornfeld, DVB-H: Mobile Datenkommunikation über ein digitales Rundfunknetz, Institut für
Nachrichtentechnik, Technische Universität Braunschweig, o.J.
www.ifn.ing.tu-bs.de/ifn/Abteilung/ElektrMedien/Publikationen2004/Kornfeld/Rundfunknetz.pdf
S. 3 (Stand: 12.08.2005)
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51
Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
laubt. Die besonderen Anforderungen des mobilen Empfangs machten außerdem noch eine
weitere Maßnahme des Fehlerschutzes notwendig. Diese wurden auf der Ebene der IPDatenpakete realisiert. Die MPE-FEC (Multi Protocol Encapsulation Forward Error Correction) wird also auf jeden einzelnen IP-Datenstrom angewendet, bevor die Daten per
MPE in den Transportstrom eingebettet werden. Das MPE-FEC Verfahren besteht aus einem Reed-Solomon(255,191)-Code, also einen Verfahren, wie es auch bei DVB-T eingesetzt wird (vgl. Kapitel 2.2.1.2). Hinzu kommt ein „Interleaving“ also eine Verwürfelung
der Daten:
„Das Füllen und das Auslesen des Rahmens erfolgt grundsätzlich spaltenweise, die Codierung mit einem
RS(255,191)-Code dagegen zeilenweise; dahinter verbirgt sich also das Prinzip eines Blockinterleavers,
der eine Datenmenge von bis zu ca. 2 Mbit verarbeitet. Darüber hinaus ist dieser Fehlerschutz eng mit
dem Time Slicing verknüpft: Beide arbeiten elementarstromweise, und die Größe eines einzelnen Time
Slices entspricht genau dem Inhalt eines FEC Frames.“43
Die Verfahren Timeslicing, MPE und MPE-FEC arbeiten also eng zusammen. Die Gesamtheit dieser Verfahren wird deshalb auch DVB-H-Codec genannt und ist im entsprechenden DVB-Standard (ETSI EN 302304) festgelegt. Außerhalb des Standards gibt es
Tendenzen für eine ausschließlich IP-basierte Übertragung, was den Einsatz von Videostreaming erlauben würde. Hier könnten dann auch Kompressionsverfahren wie MPEG-4
oder auch der Windows Mediaplayer zum Einsatz kommen. Hier gilt es jedoch lizenzrechtliche Fragen zu klären, bevor eine Spezifikation erarbeitet werden kann.
43
Kornfeld, o.J., S. 5
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
3 MHP
Zur technischen Realisierung des interaktiven Fernsehens gab es in den letzten Jahren unterschiedliche Ansätze, die zumeist von proprietärem Charakter waren. So nutzte die
meistverbreitete Set-Top-Box in Deutschland, die so genannte d-Box von Premiere, das
Middleware-System Betanova, welches vom Kirch Unternehmen BetaResearch entwickelt
wurde. Mit dieser Set-Top-Box konnten zwar auch die nicht verschlüsselten digitalen Programme, wie z.B. ARD Digital oder RTL WORLD TV empfangen werden, die Zusatzdienste dieser Programme wurden von der Box jedoch nicht dargestellt. Ein weiterer Anbieter eines Middleware-Systems ist das Unternehmen OpenTV. Dieses unterstützt mehrere Standards wie z.B. HTML aber auch MHP. Speziell in Deutschland existiert eine Vereinigung von Unternehmen und anderen Organisationen, welche von OpenTV geleitet wird.
Ziel dieser Vereinigung namens F.U.N. (Free Universe Network) ist es, Zugangsfreiheit
für alle Marktteilnehmer zu schaffen und so die Entwicklung des interaktiven Fernsehens
voranzutreiben. Die Bestrebung, einen horizontalen Markt zu schaffen, in dem die
Markteilnehmer nicht durch Lizenzrechte aneinander gebunden sind, führte auch zur Entwicklung von MHP. Das DVB-Projekt entwickelte die Standardisierung interaktiver
Dienste durch MHP, um genauso wie bei den DVB-Übertragungsverfahren, den Aufbau
von europaweit einheitlichen Diensten zu gewährleisten. In Deutschland haben sich die
führenden Anbieter von interaktiven TV-Diensten auf die Verwendung von MHP geeinigt,
und dies in der „Mainzer Erklärung“ von 19.09.2001 festgeschrieben. Hier vereinbaren
ARD, ZDF, RTL, KirchGruppe und die DLM44 alle neuen interaktiven Mehrwertdienste
auf Basis von MHP zu entwickeln, sowie bestehende Angebote innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes in MHP zu überführen. Die Unterzeichner sehen darin die Chance, für
das Publikum eine einheitliche Multimedia-Plattform zu schaffen und so die Marktchancen
für die interaktiven Mehrwertdienste zu erhöhen. Die bisherigen proprietären Lösungen
haben demnach lediglich zu einer Aufteilung des Marktes und zusätzlich auch zu einer
Verunsicherung der Konsumenten geführt45.
44
Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten
Gemeinsame Erklärung der deutschen Programmveranstalter und der Landesmedienanstalten zur zügigen
Einführung von MHP, 19.09.2001
www.alm.de/fileadmin/Download/Positionen/Mainzer_Erklaerung_MHP.pdf (Stand: 14.07.2005)
45
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
3.1
SS 2005
MHP und Java
Das Ausgangsproblem besteht darin, dass die Set-Top-Boxen der verschiedenen Hersteller
kein einheitliches Betriebssystem besitzen. Um nun nicht jede Anwendung für das interaktive Fernsehen an das jeweilige Betriebssystem anpassen zu müssen, wurde das Konzept
der Middleware eingeführt. Sie bildet die Schnittstelle zwischen Betriebssystem und Anwendung. Grundlage dieser Schittstelle ist die API (Application Programming Interface),
die es den Anwendungen erlaubt, mit verschiedenen Teilen des Betriebssystems zu kommunizieren. Bei MHP bildet die Java-API diese Grundlage. Die Gründe, warum man sich
dabei für Java entschieden hat sind vielseitig und sollen in folgender Auflistung beschrieben werden46:
•
Java ist eine offene Plattform:
Anwendungen in Java benötigen zur Ausführung eine Java Virtual
Machine (JVM). Java und die JVM werden von SUN spezifiziert,
jedoch ist die JVM für viele in den Set-Top-Boxen benutzten Prozessoren verfügbar und kann von verschiedenen Anbietern zugekauft oder von einem Endgerätehersteller selbst ohne zusätzliche
Lizenzkosten entwickelt werden.
•
Sicherheit:
Java unterstützt die strikte Trennung des ausführbaren Codes von
Daten, sowie eine strikte Trennung von verschiedenen Anwendungen im Speicher. Dadurch bietet Java eine hohe Sicherheit gegenüber absichtlich oder versehentlich erzeugten virenähnlichen Anwendungen.
•
Authentifizierung und Zugriffskontrolle:
Java erlaubt, Anwendungen durch Authentifizierungsmechanismen
gegen Manipulationen zu schützen. Nur durch Signierung einer interaktiven Anwendung, mit durch DVB organisiert an Rundfunkanstalten vergebenen Zertifikaten, ist es möglich, bestimmte si-
46
Rainer Schäfer, Technische Grundlagen und Trends im interaktiven Fernsehen, in: Christiane zu Salm
(Hrsg), Zaubermaschine interaktives Fernsehen?, TV-Zukunft zwischen Blütenträumen und Businessmodellen, Wiesbaden, 2004, Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, S. 77
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SS 2005
cherheitsrelevante Funktionen im Endgerät, wie die Einwahl über
ein Modem, auszulösen. Darauf aufbauend können diese Art der
Daten, die von einer interaktiven Anwendung im Flash-Speicher
abgelegt worden sind, gezielt für den Zugriff von anderen Anwendungen freigegeben oder gesperrt werden. Für die eindeutige Identifizierung von Anwendungen stehen Organisation-Ids und Application-Ids zur Verfügung. Die Organisation-Ids werden über einen
Registrierungsmechanismus bei DVB vergeben. Durch gezielte Information des Kunden über Funktionen des interaktiven Dienstes,
kann der Diensteanbieter ein Vertrauensverhältnis zum Kunden
aufbauen.
•
Multitasking:
Java unterstützt den gleichzeitigen Ablauf mehrerer Anwendungen.
•
Klassenbibliotheken:
Java wird bereits für viele Anwendungen benutzt. Daher existieren
viele Funktionsbibliotheken, die vollständig oder teilweise in den
MHP-Standard übernommen werden konnten.
Der gesamte MHP-Standard basiert jedoch nicht nur auf Teilen der Java-Standard-API,
sondern auch aus Teilen des Java Media Frameworks, Java TV und einigen Erweiterungen
die das DVB MHP-Projekt selbst hinzugefügt hat. All diese Anteile werden unter dem
Begriff DVB-J zusammengefasst.
3.2
MHP Profile
MHP definiert verschiedene Profile, die aus den minimalen Anforderungen bestehen, welche eine Set-Top-Box erfüllen muss, um dem jeweiligen Profil zu entsprechen. Bisher gibt
es drei solcher Profile, die auch den Funktionsumfang einer Box beschreiben.
3.2.1
Enhanced Broadcasting Profile
Das Enhanced Broadcasting Profile ist das einfachste der drei Profile. Es erlaubt dem Benutzer nur eine lokale Interaktivität, da ein Rückkanal für solche Boxen nicht vorgesehen
ist. Er hat also lediglich die Wahlmöglichkeit zwischen den Diensten, die zu ihm übertragen werden. Diese sind inhaltlich vergleichbar mit dem schon lange bekannten Teletext.
Gestalterisch sind hier jedoch weit mehr Möglichkeiten geboten, da auch Grafiken und
55
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Animationen dargestellt werden können. Zu diesen Diensten gehören typischerweise Angebote wie der elektronische Programmführer oder Zusatzinformationen zum laufenden
Programm. Die Spezifizierung findet sich im MHP-Standard 1.0.2. bzw. 1.0.3.
3.2.2
Interactive Broadcast Profile
Dieses Profil geht über die lokale Interaktivität hinaus. Es bietet dem Benutzer die Möglichkeit, durch die Realisierung eines Rückkanals via IP-Protokoll, mit dem Sender zu
kommunizieren. Der Rückkanal kann dabei mittels eingebauten Modem, aber auch über
DSL oder Kabelmodem realisiert werden. Typische Anwendungen, die dieses Profil benötigen, sind z.B. Gewinnspiele oder Voting-Aktionen. Des Weiteren können hier auch kommerziell orientierte Angebote realisiert werden, wie beispielsweise im Teleshoppingbereich. In engem Zusammenhang steht hier auch das Pay-Per-View. Über den Rückkanal
können zukünftig die gewünschten Filme oder Sendungen bestellt und auch abgerechnet
werden. Die Spezifizierung findet sich ebenfalls im MHP-Standard 1.0.2. bzw. 1.0.3.
3.2.3
Internet Access Profile
Dieses Profil, soll zusätzlich zu den Funktionen der anderen beiden Profile Anwendungen,
welche aus dem Internet bekannt sind, auf das Fernsehgerät portieren. Typische Anwendungen sind hier die bekannten Internetdienste wie das WWW, E-Mail, News-Foren, Chat
usw. Hier zeigt sich eine starke Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet, welche jedoch einige technische Probleme mit sich bringt. Für die Benutzung dieser Dienste reicht
eine Fernbedienung nicht mehr aus, bzw. sie würde das Angebot unattraktiv für den Benutzer machen. Deshalb wird für die Bedienung eine Tastatur benötigt. Auch die Auflösung eines Fernsehgerätes ist nicht so hoch wie die eines PC-Monitors. Auch der DVBStandard arbeitet mit der PAL-Auflösung von 720x576 Pixel. Das Internet Access Profil
implementiert das sogenannte DVB-HTML welches auf XML basiert. Wie beim konventionellen HTML auch, benötigt es einen Browser zu Darstellung einer DVB-HTML Anwendung. Dieser kann bei einer Set-Top-Box, die dieses Profil erfüllt, schon implementiert
sein oder zusammen mit der Anwendung ausgestrahlt werden. Im zweiten Fall wird die
Performance der Set-Top-Box durch das Empfangen und Umsetzen der Browser-Anwendung, zusätzlich beansprucht. Die Spezifizierung findet sich im MHP-Standard 1.1.1.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
3.3
SS 2005
Übertragung der Daten
Die Daten für die MHP-Anwendungen werden zyklisch ausgestrahlt, bzw in den Transportstrom gemultiplext, weshalb dieses Verfahren auch als Karussell bezeichnet wird. Die
zyklische Einspeisung der Daten dient dem Zweck, dass diese zu jedem Einschaltzeitpunkt
empfangen werden können. „Für den Anwendungsprogrammierer wird der zyklische Verteilmechanismus im MHP API wieder auf das Niveau eines Dateisystems abstrahiert. Allerdings ist dieses Dateisystem etwas langsam und Daten können grundsätzlich nur gelesen
werden. Als Alternative zum Laden aus dem Datenstrom kann die Set Top Box einen
Speicher (Cache) enthalten, der den Ladevorgang bei bereits gespeicherten Inhalten unter
Umständen etwas beschleunigt. In diesem Fall ist ein Abgleich der lokal gespeicherten
Inhalte mit denen im Netz erforderlich (mit Hilfe einer Versionsnummer).“47 Das Vorhandensein einer MHP-Anwendung im Datenstrom wird dem MHP-Empfänger durch die Application Information Table (AIT) signalisiert, während die Daten selbst, wie bereits erwähnt, im Datenkarussell – dem Digital Storage Media Command and Control (DSM-CC)
– verpackt sind. Folgende Grafik soll den Signalfluss der interaktiven Dienste nochmals
verdeutlichen.
47
Stephan Rupp, Gerd Siegmund, Java in der Telekommunikation: Grundlagen, Konzepte, Anwendungen,
Heidelberg, 2004, dpunkt.verlag, S.214
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Abbildung 11: Signalfluss für interaktive Dienste48
In dieser Abbildung wird dargestellt, was in vielen Fällen zur besseren Perfomance der
Anwendungen führt, nämlich die Trennung der Daten in Code und Content. Der Code übernimmt die Funktion der Interpretation des Contents. Er ist also die Interpretationsvorgabe und wird nur einmal übertragen. Der Content, z.B. Bitmaps oder Text-Dateien, kann
dann beliebig oft wechseln, wird aber durch diese Interpretationsvorgabe immer gleich
48
Rainer Schäfer, Technische Grundlagen und Trends im interaktiven Fernsehen, in: Christiane zu Salm
(Hrsg), Zaubermaschine interaktives Fernsehen?, TV-Zukunft zwischen Blütenträumen und Businessmodellen, Wiesbaden, 2004, Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, S. 83
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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dargestellt. Auch die Datenraten für Code-Daten und Content sind unterschiedlich. „Typisch bewegen sich die Daten für den Java-Code im Bereich von 100 bis 300 kbit/s (bei
einer Größe von 100 bis 250 Byte), die Datenraten für die Inhalte variieren oft von 0 bis 5
Mbit/s.“49
3.4
Arten der Dienste
Grundsätzlich kann man die Zusatzdienste im digitalen Fernsehen in zwei Kategorien unterteilen. Es gibt Dienste, die programmbegleitend sind und somit nur zu dem Zeitpunkt
empfangbar sind, wenn auch das zugehörige Programm ausgestrahlt wird. Zu dieser Kategorie gehören:
•
programmbezogene Hintergrundinformationen.
•
interaktive Begleitangebote zu Werbeblöcken
•
zusätzliche Werbung oder Angebote während längeren
Werbe- oder Verkaufssendungen.
•
Votings
•
Mitspielmöglichkeiten bei Quiz-Sendungen
•
Teleshoping
Außer der temporären Einschränkung der Dienste werden diese auch dann ausgeblendet,
wenn der Zuschauer den Kanal wechselt. Gerade bei der Werbung wäre kontraproduktiv,
wenn die interaktive Werbung eines Anbieters über den Spot eines anderen Anbieters geblendet wird.
Die zweite Kategorie von interaktiven Anwendungen sind permanente, also nicht an das
laufende Programm gebundene Angebote. Diese sind jederzeit vom Benutzer abrufbar. Zu
dieser Kategorie der Dienste zählen:
49
•
Elektronische Programmführer
•
interaktive Portale
•
Teletext-Anwendungen
•
Spiele
•
News-Ticker
Schäfer, 2004, S. 85
59
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Zum Teil können diese Anwendungen auch programmübergreifend sein. Beispielsweise
könnten mehrere Programme einer Senderfamilie ein gemeinsames Portal betreiben oder
programmunabhängige Anbieter einen senderübergreifenden Programmführer anbieten.
3.5
Gestaltungsmöglichkeiten mit MHP
Grundsätzlich kann man die Gestaltung einer MHP-Applikation in drei Ebenen unterteilen:
In Hintergrundebene, Videoebene und Grafikebene (siehe Abbildung 14). Dabei können
über die Anwendung alle drei Ebenen gesteuert werden. Die Anwendung kann also neben
der Darstellung der Grafikkomponenten auf der Grafikebene auch den Videostream skalieren, platzieren oder aber durch Standbilder oder andere Videoclips ersetzen50. Genauso
wird der Hintergrund von der Anwendung bestimmt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es neben der in Abbildung 14 dargestellten Form der Anwendung, noch viele
andere Darstellungsmöglichkeiten für interaktive Inhalte gibt. So ist es beispielsweise auch
möglich durch eine Anwendung das Videobild ganz zu verdecken und nur den Ton im
Hintergrund weiterlaufen zu lassen, was der heutigen Teletextfunktion gleich kommen
würde. Genauso gibt es Dienste, die ganz auf die Ausstrahlung von Audio und Video verzichten, Hier besteht der Dienst also nur aus der interaktiven Anwendung. Ein Beispiel
dafür ist der ARD Online-Kanal. Im Gegensatz dazu gibt es auch minimale Anwendungen,
die nur sehr wenig Platz auf dem Bildschirm beanspruchen, wie beispielsweise ein NewsTicker.
Bei der Gestaltung der Applikation sollte man darauf achten, dass wie beim normalen
Fernsehbild auch, die Ränder des Bildes abgeschnitten sein können. Hierfür wurden die so
genannten „Safe-Areas“ definiert, also die Bereiche des Bildes, welche auf jeden Fall dargestellt werden. Die Angaben über die Größen dieser Bereiche variieren. Der Bereich für
die „Action-Safe-Area“ liegt demnach zwischen 95 und 90 %, der Bereich für die „TitleSafe-Area“ zwischen 90 und 80 % von der Bildmitte aus.
50
DVB-Project, Digital Video Broadcasting (DVB); Multimedia Home Platform (MHP) Specification 1.1.2,
DVB Document A068 Rev. 1, S. 355,
http://www.mhp.org/mhp_technology/mhp_1_1/mhp_a0068r1.zip (Stand:19.07.2005)
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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Abbildung 12: Darstellungsebenen von MHP
3.6
MHP Authoring
Prinzipiell stehen dem Entwickler von MHP-Anwendungen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Wie bei der Erstellung von HTML-Applikationen auch, kann der Quellcode direkt
mit einem einfachen Textwerkzeug programmiert werden. Daneben gibt es AuthoringProgramme, welche nach dem WYSYWIG-Prinzip arbeiten und vom Entwickler keine
Programmierkenntnisse fordern. Diese Form, MHP-Anwendungen zu erstellen, bietet den
Vorteil, dass sie einfach und schnell zu erlernen ist. Erstes Problem bei der Realisierung
einer MHP-Anwendung ist sicherlich, die passenden Spezialisten zu finden. Neben der
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
Kenntnis von Java und den speziellen Anforderungen von MHP, sollte der Entwickler auch
mit den technischen Gesetzmäßigkeiten des Fernsehens vertraut sein. Unter den Fernsehschaffenden selbst sind solche Spezialisten selten, es sei denn große Sendeanstalten besitzen eine eigene Softwareabteilung. Mit einem Authoring-Tool kann der Fernsehschaffende
zumindest kreativ experimentieren und so herausfinden, wie eine Anwendung am ehesten
auf die Akzeptanz des Zuschauers stößt. Ein weiterer Aspekt ist, dass das MHP-Authoring
eine Schnittmenge der Arbeitsgebiete Redaktion und Technik bildet. Wird der Code einer
Anwendung „von Hand“ erstellt, so ist die Entstehung der Anwendung praktisch nicht
sichtbar und kann so auch nicht von den verschiedenen Steakholdern diskutiert werden. Es
wären also ähnliche Qualitätssicherungsmaßnahmen wie in der klassischen Softwareentwicklung nötig, wie z.B. Requirement-Engineering oder UML. Authoring-Tools können
also zumindest in der Anfangsphase eines Projekts helfen, die Kosten für den Kommunikationsaufwand zwischen Redaktion und Entwicklern niedrig zu halten. Diesen Vorteilen
steht die Tatsache gegenüber, dass diese Tools nicht den vollen Funktionsumfang von
MHP nutzen. Für Anwendungen wie Spiele, oder aufwändige Anwendungen, die einen
Rückkanal nutzen, sind immer noch Spezialisten nötig, die solche Anwendungen programmieren können. Sicherlich werden sich aber auch die Authoring-Tools weiterentwickeln, sobald sich hier ein breiter Markt etabliert hat und die Nachfrage nach solchen
Werkzeugen steigt.
62
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
SS 2005
4 Interaktive Mehrwert-Dienste
4.1
Definition von interaktivem Fernsehen
Der Begriff „Interaktivität“ ist in der Literatur schon mehrmals und auf unterschiedliche
Weise definiert worden. So werden in der einfachsten Form der Empfang und die Interpretation einer Nachricht schon als Interaktivität beschrieben. Andere Definitionen schildern
genau die Aktionen, welche von Sender und Empfänger getätigt werden müssen, damit
man von verschiedenen Stufen der Interaktivität sprechen kann. Eine Definition in Bezug
auf das interaktive Fernsehen liefert Hans Mahr, stellvertretender Geschäftsführer, Informationsdirektor und Chefredakteur von RTL Television:
„Die unterste Stufe der Interaktivität bietet das lineare TV. Die einzige Einflussnahmemöglichkeit des
Zuschauers besteht im An- und Ausschalten sowie im Umschalten. Es umfasst als Verteildienst Einkanalprogramme und ist letztlich das, was man gemeinhin unter klassischem Fernsehen versteht.
Ein weiterer Verteildienst, jedoch mit höherer Interaktivität, ist das parallele TV. In Form von MehrKanal-Programmangeboten werden identische Programminhalte, beispielsweise aus verschiedenen Perspektiven ausgestrahlt (z.B. Formel-1-Übertragung in Digitalfernsehen).
Additives TV bildet die dritte Stufe der Interaktivität. Es gilt ebenfalls als Verteildienst. Neben dem Bildsignal wird hier noch ein Signal mit zusätzlichen Daten ausgestrahlt. Es handelt sich dabei um One-wayDienste wie Teletext, Elektronische Programmführer (EPG) und Spiele – mit oder ohne Programmbezug.
Bei den Media-on-Demand-Diensten wird dem Zuschauer auf der nächsten Stufe zum ersten Mal die Gelegenheit eröffnet, sich auch inhaltlich sein individuelles Programm zusammenzustellen. Es besteht hier
die Möglichkeit, sich beliebige gespeicherte Medieninhalte jederzeit abzurufen. Dementsprechend handelt
es sich um einen Abrufdienst, also bereits einen „echten“ interaktiven Dienst. Er erfordert eine point-topoint Kommunikationsstruktur, um auch über die Fernbedienung gesteuert werden zu können. Dies wiederum bedingt technisch einen Rückkanal.
Die höchste Stufe der Interaktivität wird durch kommunikatives TV erreicht. Es handelt sich hierbei um
Dialogdienste wie beispielsweise interaktive Spiele, interaktive Werbung, Multimediadienste oder Kommunikationsdienste – also E-Mail, SMS etc. Der Zuschauer erhält die Möglichkeit, mit dem Fernsehveranstalter, den Werbetreibenden oder Dritten mittels einer Zwei-Wege-Kommunikation über das Fernsehgerät zu interagieren. Auch hier wird selbstverständlich ein Rückkanal benötigt.51“
51
Hans Mahr, Interaktives Fernsehen: Status und Perspektiven, in: Christiane zu Salm (Hrsg), Zaubermaschine interaktives Fernsehen?, TV-Zukunft zwischen Blütenträumen und Businessmodellen, Wiesbaden,
2004, Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, S. 93-94
63
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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In mehreren Beiträgen zum Thema „interaktives Fernsehen“ tauchen Einteilungen in Interaktivitätsstufen auf. Die hier Aufgeführte soll als Beispiel dienen, da sie sich in den letzten
drei Stufen mit den Anforderungen der drei MHP-Profile vergleichen lässt (siehe Kapitel
3.2).
4.2
Das Konsumentenverhalten
Wie sich das Verhalten der Nutzer in Bezug auf interaktive Mehrwertdienste im TV entwickeln wird, ist heute nur schwer abzusehen. Zwar gibt es Aussagen, die als Ergebnisse von
Laborversuchen getroffen wurden, gesicherte Erkenntnisse von Feldversuchen aus
Deutschland sind jedoch noch nicht vorhanden. Anders gestaltet sich die Lage in Österreich. Hier fand vom 01.06.2004 bis zum 31.08.2004 ein Versuchsprojekt statt. 150 Haushalte in Graz wurden mit einer MHP-fähigen Set-Top-Box ausgestattet, zusätzlich wurde
ein Rückkanal für jeden Haushalt mittels DSL oder Modem realisiert. Ausgestrahlt wurden
in diesem Versuch vier digitale Programme und zusätzlich 1260 „interaktive Programmstunden“. Zielsetzung des Projektes war, neben der Erforschung der technischen Umsetzung von digitalem Fernsehen, auch das Zuschauerverhalten und die Akzeptanz der neuen
Angebote zu untersuchen. Deshalb wurde das Projekt vom Marktforschungsinstitut FesselGfK begleitet. Dieses führte im Rahmen des Projektes sowohl Usability-Tests wie auch
heuristische Evaluierungen durch. Diese Erforschung des Zuschauerinteresses an interaktiven Fernsehanwendungen kam sie zu folgendem Schluss:
„So geben 56% an, digitale Zusatzdienste einmal oder öfter pro Woche aufgerufen zu haben. Anteilig davon sind 17% intensive Nutzer gewesen (fünf bis sieben Mal pro Woche aufgerufen). 41% haben die digitalen Dienste seltener als einmal in der Woche genutzt. [...] Generell lässt sich feststellen, dass für die Inhalte der MHP-Portale ein sehr breites Interesse vorliegt und dass die Angebote auch aufgefunden und
genutzt wurden.“52
Die Ergebnisse dieser Studie können zeigen, mit welchen Inhalten die Anbieter den Zuschauer erreichen und welche Umstände ihn davon abhalten, die Dienste zu nutzen. In
zwei Punkten sind die Erfahrungen, welche aus dieser Studie gewonnen wurden, nicht 1:1
übertragbar auf alle Planungen des interaktiven Fernsehens. Erstens fand die Studie nicht
in Deutschland statt, wo prinzipiell ein anderes Fernsehangebot herrscht als in Österreich.
52
Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH), Abschlussbericht DVB-T-Testbetrieb Graz
2004, 14 Dezember 2004, Wien, S. 79-80,
www.rtr.at/web.nsf/lookuid/5C91E74C6E239DCCC1256FAF003E4464/$file/Projektendbericht14122004.pdf
(Stand:23.08.2005)
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SS 2005
Zweitens fiel für die Probanden die Einstiegsschwelle zum digitalen Fernsehen weg, nämlich der Kauf einer Set-Top-Box.
Das Fernsehen ist seit jeher ein Medium, das den Konsumenten in eine meist passive Rolle
drängt. Erst in jüngster Zeit kommen Sendungen auf den Markt, die den Zuschauer verstärkt zur aktiven Beteiligung anregen. Beispiele hierfür sind Spielshows, wie sie vom
Sender 9Live ausgestrahlt werden. Andere Sender arbeiten verstärkt mit SMS-Diensten,
um dem Zuschauer eine aktive Rolle anzubieten. Sicher ist jedoch, dass sich die einstigen,
sehr euphorischen Prognosen, nicht bewahrheitet haben. „Im Jahr 2005 werden mehr Europäer interaktives Fernsehen nutzen, als mit dem PC online gehen“ (Forrester Research,
März 2000: Europe’s iDTV Walls Come Down). Die einzigen Dienste, mit denen die Sender auch nennenswerte Gewinne generieren können, sind Dienste, welche das Telefon oder
das Handy als Rückkanal benutzen53. Als Grund für diesen Umstand kann man die Tatsache sehen, dass der Zuschauer schon vor Einführung der Dienste mit dem Gebrauch der
Geräte vertraut war. Er musste also nicht erst eine neue Technik erlernen, um die neuen
Angebote zu nutzen. Der Zwang, sich mit neuen technischen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, kann hier sicherlich als Bremse für das Wachstum dieses Marktes gesehen werden. Welche Vorraussetzungen müssen also geschaffen werden, damit der Zuschauer für
diesen Lernprozess bereit ist?
4.3
Etablierung der Dienste beim Konsumenten
Warum die zu Beginn der Digitalisierung prognostizierte Entwicklung vor allem in
Deutschland nicht eingetreten ist, hat mehrere Gründe:
•
Ein Hauptgrund ist sicherlich die schleppende Digitalisierung der
deutschen TV Haushalte. Da etwa 95%54 der deutschen Fernsehhaushalte durch Kabel oder Satellit versorgt werden, besteht bereits
ein breites Angebot an frei empfangbaren Fernsehsendern. Bei etwa 30 empfangbaren Programmen im Kabelnetz und weiteren via
53
Mahr, 2004, S. 106
SES ASTRA, Satelliten Monitore, Fessel & GfK, IHA-GfK, NFO Infratest, Jahresende 2002
www.ses-astra.com/press-info/documentation/ brochures/pdf/Penetration-Germany-0303.pdf
(Stand: 23.05.2005)
54
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Satellit, ist dem Endkunden nur schwer zu vermitteln, welche Vorteile ein noch breiteres Programmspektrum hat.
•
Die Preise für MHP-fähige Set-Top-Boxen lagen in den letzten
Jahren deutlich über denen der reinen Zapping-Boxen. Bei Angeboten der Kabelnetzbetreiber gibt es Varianten, bei denen eine SetTop-Box bei Abschluß eines Vertrages zur Verfügung gestellt
wird, so z.B. bei KabelDeutschland. Aus Kostengründen haben die
Kabelnetzbetreiber jedoch meist darauf verzichtet, eine Set-TopBox in dieses Angebot einzuschließen, welche den MHP-Standard
erfüllt 55. Mittlerweile sind MHP-fähige Boxen erhältlich, welche
zwar weiterhin teurer sind als Zapping-Boxen, jedoch auf einem
insgesamt deutlich gesunkenen Preisniveau.56
•
Die Programmveranstalter müssen dem Zuschauer Angebote bereitstellen, die einen erkennbaren Mehrwert liefern. „Passives
Kundenverhalten lässt sich nicht durch plakative Appelle in ein aktives Kundenverhalten verändern. Auch die Begeisterung für eine
neue Technik wird das Kundenverhalten nicht grundsätzlich von
passiv zum aktiv verändern. Ausschlaggebend für den grundlegenden Veränderungsprozess beim Kunden werden die Erkenntnisse
und Wahrnehmungen sein, durch die der Kunde einen höheren
Nutzen eines Angebotes oder die geringeren Kosten bei der Inanspruchnahme eines neuen Angebotes empfindet.“57 Dennoch ist es
wichtig die Einführung dieser Dienste nicht still und heimlich
durchzuführen, sondern massenwirksam. Erfahrungen bei RTLinteraktiv haben gezeigt, dass dann eine hohe Zuschauerresonanz erreicht wurde, wenn das interaktive Angebot in einem bereits bekannten Fernsehformat ansetzt, wie beispielsweise eine Anwen-
55
Frank Zervos, Digitales Fernsehen in Deutschland, Medienpolitische und medienwirtschaftliche Herausforderungen des zukünftigen Fernsehens, mit einem Vorwort von Prof. Dr. Jürgen Wilke, Wiesbaden, 2003,
Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, S. 61
56
vgl. http://www.geizkragen.de/preisvergleich/tv-und-dvd/digital-receiver/
57
Wilfried Mödinger, Mike Friedrichsen, (Hrsg.) Kommerz-Kommunikation-Konsum, Die Zukunft des
Fernsehens, Schriften zur Medienwirtschaft und zum Medienmanagement 5, Baden-Baden 2004, NomosVerlagsgesellschaft, S.173
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dung zur interaktiven Teilnahme an der Quiz-Sendung „Wer wird
Millionär“.58
Die interaktiven Mehrwertdienste scheinen nicht die Killer-Applikation für digitales Fernsehen zu sein. Auch unter den MHP-Anwendungen wird es diese voraussichtlich nicht
geben. Die Dienste werden erst als Teil einer Entwicklung entstehen, in deren Verlauf sich
die neuen Features des digitalen Fernsehens herausbilden. Die oft vorhergesagte „digitale
Revolution“ wird sich im Rundfunksektor nicht ereignen. Stattdessen werden sich die Veränderungen im Sinne einer Evolution abspielen. Wie stark das Interesse an den neuen Features des digitalen Fernsehens aus der Sicht der Zuschauer ist, soll eine Grafik verdeutlichen.
Abbildung 13: Interesse an den iTV-Applikationen aus Sicht der Zuschauer59
Erst wenn alle Vorteile der Umstellung auf digitales Fernsehen wie z.B. zeitversetztes
Fernsehen (Near Video on Demand) oder auch der Nutzen der Elektronischen Programm58
59
Mahr, 2004, S. 101
TNS Emnid, 2001, Stichprobe, 1523 Interviews; in: Mödinger,, 2004, S.170
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führer (EPG) ausreichend kommuniziert werden, kann sich ein rascher Wechsel vollziehen.
Dies ist die Grundvoraussetzung um auch die interaktiven Mehrwertdienste beim Nutzer
zu etablieren. Es wird also darauf ankommen, dem Kunden so schnell wie möglich auch
Vorteile zu verschaffen, die ihm den Nutzen der Dienste nahe bringen. Dies könnten zum
einen monetäre Vorteile sein (z.B. der Erhalt von Gutscheinen), aber auch der schnellere
Zugang zu Informationen die ansonsten einer längeren Recherche bedürften.
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5 Werbung im digitalen Fernsehen
5.1
Akzeptanz der Zuschauer
Ob sich Werbung mittels interaktiver Mehrwertdienste im deutschen Fernsehen durchsetzen wird, hängt davon ab, ob der Werbetreibende damit einen ökonomischen Erfolg erzielen kann. Zur Erfolgsquote interaktiver Spots, welche mittels MHP zum Zuschauer gelangen, gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungswerte. Eie andere Vorgehensweise, welche in Deutschland bereits auf dem Vormarsch ist, sind die Formen der Split-ScreenWerbung. Hierbei wird die Werbung, in Form einer Grafik oder eines Videoclips ohne
Ton, in das laufende Programm eingeblendet. Technisch wird dies mit Hilfe der SplitScreen Technik realisiert. Bei der Form des B.shorts dauert die Einblendung im laufenden
Programm etwa 5 – 20 Sekunden. Diese spezielle Form des Ad-Ins kann am ehesten mit
der interaktiven Werbung verglichen werden, da hier die Werbung über das laufende Programm geblendet wird. Weitere Formen des Ad-Ins sind B.exclusive, B.individual und
B.sponsor. Die SevenOne Media GmbH führte zur Erfolgsanalyse dieser Werbeform eine
Case-Study60 durch und kam dabei zu positiven Ergebnissen, was die Akzeptanz und auch
die Wahrnehmung durch die Zuschauer betrifft. Etwa 53 % der Befragten gaben an, dass
sie die Einblendungen aufgrund der Kürze als nicht störend empfinden. 62 % erinnerten
sich im Nachhinein sogar an die beworbene Marke. Insgesamt wurde diese Form der Werbung als innovativ empfunden und als „mal eine andere Form der Werbung“ bezeichnet.61
Ein erheblicher Unterschied zur Werbung mittels MHP-Technik stellt die Tatsache dar,
dass dem Zuschauer beim Split-Screening nicht die Wahl bleibt, ob er die zusätzliche Information sehen will oder nicht. Im Fall einer MHP-Anwendung würde ihm lediglich
durch einen roten Punkt am Bildschirmrand angezeigt, dass momentan weitere Informationen zum Abruf bereit stünden.
5.1.1
Erfahrungen aus Großbritannien
Wie die Menschen mit dieser Form der zusätzlichen Informationen umgehen, welche sie
auf eigenen Wunsch abrufen können, zeigen Erfahrungen aus Großbritannien. Hier sind
etwa 40 % der Fernsehhaushalte bereits digitalisiert. In einer repräsentativen Bevölke-
60
Fallstudie
SevenOne Media GmbH, Blue Ads 1, Werbewirkung von Sonderwerbeformen, Unterföhring, 10.12.2003,
S. 6-9, http://appz.sevenonemedia.de/download/publikationen/blueads.pdf (Stand:28.08.2005)
61
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rungsumfrage wurde das Interesse an werblichen Zusatzdiensten im interaktiven Fernsehen
untersucht.
22 Prozent äußerten Interesse am Abruf von Produktinformationen (Werte 1 und 2 der Skala zusammengefasst). Am Erhalt von Rabattgutscheinen waren 20 Prozent interessiert, am Erhalt von Warenproben 16
Prozent. Für 14 Prozent war die Möglichkeit, Werbespots zu beurteilen, von Interesse. Für jeweils 13
Prozent war der direkte Kauf von Produkten, sowie die Teilnahme an TV-Votings interessant. 62
Dies zeigt, dass die Zuschauer durchaus einen Mehrwert in den interaktiven Zusatzangeboten sehen und auch bereit sind, mit dem Werbetreibenden in Kontakt zu treten. Dies ist ein
interessanter Aspekt für Unternehmen, welche sich neben Fernsehwerbung auch auf dem
Gebiet des Direkt Marketing betätigen. Im Hinblick auf die Akzeptanz der Werbung äußerten sich die Befragten ähnlich wie deutsche Zuschauer in Bezug auf die Split-Screen Werbung.
Offensichtlich sind die Nutzer digitaler Fernsehangebote durchaus an interaktiven Mehrwertdiensten (inklusive werblicher Kommunikation) interessiert. Insgesamt 80 Prozent der Befragten hielten interaktive
Werbung für innovativ und für eine angenehme Möglichkeit, Informationen zu erhalten. 40 Prozent hielten sie für nützlich, 35 Prozent sagten sie würde Spaß machen.63
In einer weiteren Umfrage wurden in Großbritannien Personen dazu befragt welche Gründe gegen die Nutzung von interaktiven Mehrwertdiensten sprechen. Das Ergebnis der Umfrage war, dass es vor allem drei Hauptgründe gibt, warum die interaktiven Mehrwertdienste von manchen Menschen abgelehnt werden.
•
Der erste Grund liegt in der Unterbrechung des Sehvorgangs. Dies
wurde vor allem für die Situation als kritisch befunden, wenn man
nicht alleine, sondern in einer Gruppe fernsieht. Hier besteht die
Möglichkeit, dass nicht alle Anwesenden Interesse an der Anwendung haben.
•
Als zweites Kriterium wurden die langen Ladezeiten und die Unzuverlässigkeit der Anwendungen aufgeführt. Die Befragten sprachen von häufigen Fehlermeldungen oder warten einen langen La-
62
Uli Gleich, Interaktive Werbung, in: Media Perspektiven, 1/2005, Frankfurt/Main, ARD-Werbung Sales
and Services GmbH S. 38,39
63
Gleich, 1/2005, s.40
70
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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devorgang ab, um dann festzustellen, dass das Angebot doch nicht
ihrem Interesse entspricht. 50 % der Befragten haben demnach
schon einmal negative Erfahrungen mit Ladeabbrüchen oder Fehlermeldungen gemacht.
•
Der dritte Grund ist das mangelnde Vertrauen in die Sicherheit von
interaktiven Anwendungen. Zum einen besteht die Befürchtung,
durch die reine Nutzung einer Anwendung Geld auszugeben ohne
es zu wissen. Zum andern fürchten viele, dass durch das Nutzen
von Homeshopping oder Wettangeboten, sensible Daten wie Kreditkartennummern in falsche Hände geraten könnten. An dieser
Stelle wird auch oft das Internet als bessere Alternative gesehen,
welches mehr Sicherheit biete.
Als Zwischenbilanz lässt sich festhalten, dass einige Anwendungen des interaktiven Fernsehens ohne
Zweifel Vorteile bieten und eine Erweiterung des Fernseherlebnisses darstellen. Dort wo iTV das traditionelle Fernsehen ergänzt und ohne größeren Aufwand nebenbei nutzbar ist, statt die Fernsehnutzung zu
behindern oder zu unterbrechen, wird es vom Publikum als willkommene Erweiterung erfahren. Wo iTV
mit dem traditionellen Fernsehen kollidiert, weil es verstärkte Aktivitäten auf Seiten der Nutzer erfordert
und sich als eigenständiges Angebot präsentiert, ist die Akzeptanz bisher deutlich geringer.64
Es zeigt sich also, dass die Technik des digitalen Fernsehens noch einiger Verbesserungen
bedarf, um umfangreiche Anwendungen fehlerfrei und in angemessener Geschwindigkeit
darzustellen. Bis die Technik sich auf diesen Stand verbessert hat, sollten die Anbieter ihre
Anwendungen vor der Ausstrahlung umfangreichen Tests unterziehen und im Zweifelsfall
auf Elemente verzichten, die eine hohe Performance benötigen. Für die Frage der Sicherheit der Anwendungen, bzw. der Kommunikation über den Rückkanal, kann der Anbieter
neben der Absicherung der Systeme lediglich Aufklärung betreiben und hoffen, dass sich
hier die Skepsis ebenso abbaut, wie dies beim Handel über das Internet geschehen ist.
64
Tim Colwell, Interaktives TV: Als Ergänzung zum traditionellen Fernsehen akzeptiert, in: Media Perspektiven, 1/2005, Frankfurt/Main, ARD-Werbung Sales and Services GmbH S. 38,39
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
5.2
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Rechtliche Rahmenbedingungen
In Deutschland gibt es drei Gesetzeswerke, welche die Kommunikation in der Öffentlichkeit mittels elektronischer Medien regeln. Es existieren der Rundfunk-Staatsvertrag
(RStV), der Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) und das Teledienstegesetz (TDG), welche jeweils für Teilbereiche der elektronischen Kommunikation zuständig sind. In diese
Werke gilt es nun die interaktiven Mehrwertdienste einzuordnen, um so zu erfahren, welche gesetzlichen Regelungen für diese Dienste existieren.
5.2.1
Existierende Gesetzgebung
Nach § 2 Abs.1 Satz 1 und 1 RStV ist Rundfunk, die für die „Allgemeinheit bestimmte
Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter
Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder
mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet
werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.“
Der Mediendienste-Staatsvertrag gilt im Sinne von § 2 Abs.1 MDStV für das „Angebot
und die Nutzung von, an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten (Mediendienste) in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden. In § 2 Abs. 2 werden die Merkmale dieser Dienste beschrieben:
1. Verteildienste in Form von direkten Angeboten an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt (Teleshopping).
2. Verteildienste, in denen Messergebnisse und Datenermittlungen in
Text oder Bild, mit oder ohne Begleitton verbreitet werden.
3. Verteildienste in Form von Fernsehtext, Radiotext und vergleichbaren Textdiensten.
4. Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf
Aufforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der
individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von
Daten im Vordergrund steht, ferner von Telespielen.“
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Das Teledienstegesetz dient dem Zweck, einheitliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen
für die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste zu schaffen. Den Geltungsbereich des TDG regelt der § 2. In Abs. 2
wird der Geltungsbereich des TDG näher beschrieben:
1. Angebote im Bereich der Individualkommunikation (zum Beispiel
Telebanking, Datenaustausch).
2. Angebote zur Information oder Kommunikation, soweit nicht die
redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht (Datendienste, zum Beispiel Verkehrs-,
Wetter-, Umwelt-, Börsendaten, Verbreitung von Informationen
über Waren und Dienstleistungsangebote).
3. Angebote zur Nutzung des Internets oder weiterer Angebote.
4. Angebote zur Nutzung von Telespielen.
5. Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit.
5.2.2
Anwendung der Gesetze auf interaktive Dienste im Fernsehen
Welcher Gesetzestext nun für die verschiedenen Arten der Dienste im interaktiven Fernsehen zuständig ist, lässt sich nicht anhand der technischen Merkmale der Dienste feststellen.
Vielmehr haben die Landesmedienanstalten in ihrem dritten Strukturpapier vom
06.11.2003 entschieden, dass die Stärke des meinungsbildenden Charakters das entscheidende Merkmal einer Darbietung sei, wie sie in § 2 Abs.1 Satz 1 des RStV für den Rundfunk vorausgesetzt wird. Deshalb gehört ein Sender wie 9Live eindeutig zum Rundfunk, da
die Fragen und gelieferten Antworten sich an die Allgemeinheit richten und einen meinungsbildenden Charakter haben. Der Grad der Interaktion mit dem Zuschauer spielt dabei
keine Rolle. Teleshopingkanäle haben dagegen keine meinungsbildende Relevanz, da sie
sich inhaltlich auf die Präsentation von Verkaufsprodukten beschränken. Damit wird auch
nur ein kleiner Kreis an Interessenten angesprochen, weshalb es sich hierbei um einen Teledienst handelt. Ein Angebot gilt vor allem dann nicht mehr an die Allgemeinheit gerichtet, wenn es einen Empfänger individuell anspricht, oder die Empfänger zu einer geschlossenen Gruppe gehören. Dieser Begriff der geschlossenen Gruppe bezeichnet Personen,
welche durch berufliche, ideelle oder vergleichbare Merkmale miteinander verbunden sind,
zum Anbieter eine vertragliche, mitgliedschaftliche oder öffentlich-rechtliche Beziehung
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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haben oder das Angebot allein der Befriedigung des bereichsspezifischen Rezeptionsbedarfs der homogenen Gruppe dient.65
Demnach sind interaktive Dienste im Fernsehen dann nicht mehr dem Rundfunk zuzurechen, wenn der Rezipient es dem Anbieter ermöglicht, ihn individuell anzusprechen oder
der Rezipient eine vertragliche Bindung mit dem Anbieter eingeht. Ist dies nicht der Fall,
so ist der Dienst an die Allgemeinheit gerichtet, zählt somit immer noch zum Rundfunk
und unterliegt dem RStV, auch dann wenn eine Interaktion stattfindet. Für werbliche Zwecke, insbesondere auf dem Sektor des Direktmarketing könnte diese Tatsache eine erhebliche Rolle spielen.
5.3
Kostenfaktoren für die Verbreitung der Dienste
Wollen Fernsehstationen ihren Werbekunden die Ausstrahlung von interaktiven Werbemaßnahmen anbieten, entstehen dabei Kosten für die Sender, nicht nur was die eventuelle
Erstellung der Anwendungen betrifft. Für die Ausstrahlung muss auch eine gewisse technische Infrastruktur bereitstehen. Die folgende Aufstellung soll einen Überblick geben welche Kostenfaktoren dabei eine Rolle spielen.
Fixkosten für die Infrastruktur
•
MHP Authoring-Tool (für erste Entwürfe, um eine Basis für die
Kommunikation mit dem Kunden zu haben)
•
Programmplanungstool (Zur Steuerung des Playout)
•
MHP-Applikationsserver
•
Call In Server (Notwendig für Applikationen die einen Rückkanal
benötigen)
Laufende Betriebskosten
•
Ausspielkosten durch zusätzliche Bandbreitenkapazitäten
•
Redaktion
•
Pflege, Anpassung und Sicherung der Applikationen
Entwicklung der Applikationen
•
65
Konzeption
Wolfgang Hoffmann-Riem, Der Rundfunkbegriff in der Differenzierung kommunikativer Dienste, in: AfP:
Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht, Bd. 27, AfP. - Düsseldorf : Verl. Handelsblatt, 1996, S. 9f
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
•
Programmierung
•
Tests
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Für den letzen Punkt, die Entwicklung der Applikationen, bietet sich für die Betreiber von
größeren MHP-Plattformen auch die Content-Erstellung
mittels eines Content-
Management-Systems an. Allerdings gilt für diese Art der Content-Erstellung eine Besonderheit. Um die Daten, die das CMS liefert darstellen zu können, benötigt man eine Presentation Engine also eine Art Browser (siehe Kapitel 3.3). Da dieser auf Set-Top-Boxen
jedoch nicht standardmäßig implementiert ist, muss er als Teil des Datenstroms in den
Multiplex eingebunden werden (siehe Anlage). Auf diese Weise würden sich jedoch
Templates schaffen lassen, mit denen schnell und kostengünstig neue Inhalte generiert
werden könnten. Andererseits würde bei dieser Variante die Anschaffung des CMS unter
den Fixkosten auftauchen, solange dieses nicht auch einer ständigen Anpassung bedarf.
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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6 Fazit und Ausblicke
Nachdem die Digitalisierung in Deutschland weiterhin nur schleppend voran geht und der
schlagartige, revolutionäre Umbruch auf dem Fernsehmarkt ausbleibt, gibt es auch für die
regionalen Fernsehveranstalter ausreichend Zeit, um sich auf die digitale Übertragung und
deren neue Möglichkeiten vorzubereiten. Die Planung für die Einführung digitaler Angebote, sowohl für Werbekunden wie auch für die Zuschauer, bedarf einiger Vorüberlegungen und somit auch eines gewissen Planungszeitraums. Aus Kostengründen werden die
wenigsten Sender den Weg gehen, Spezialisten auf diesem Gebiet einzustellen, um eine
technische Infrastruktur aufzubauen und die neuen Dienste zu generieren. Im Vorfeld muss
also geklärt werden, wie die Anwendungen am kostengünstigsten erstellt werden können.
Es stellt sich hier grundsätzlich die Frage, ob selbst produziert werden soll oder ob eine
Fremdvergabe an Agenturen günstiger ist. Agenturen haben den Vorteil, dass das geforderte KnowHow bereits vorhanden ist. Als weiteren Vorteil besitzen diese meist schon einen
Kundenstamm. Den Kunden können die werblichen Zusatzdienste im TV dann als zusätzlicher Service angeboten werden. Nachteilig wäre hier natürlich, dass der Sender lediglich
als Plattformanbieter am Markt agiert, also nur durch die Ausstrahlung der Dienste Gewinne generieren kann.
6.1
Einführung im Unternehmen
Entscheidet sich ein Fernsehanbieter, die Angebote innerhalb des Unternehmens zu realisieren, sollten geeignete MitarbeiterInnen gefunden werden, um sich mit dem neuen Aufgabenfeld zu beschäftigen. Dabei spielen nicht nur die technischen Aspekte eine Rolle.
Auch Redaktion und Außendienst müssen sich bewusst werden, welche Aufgaben in Zukunft zu ihrem Tätigkeitsfeld gehören werden und eine grundsätzliche Vorstellung von den
neuen Möglichkeiten bekommen. Je nachdem, in welchem Umfang Dienste angeboten
werden, variiert natürlich auch das Aufgabenspektrum. Betreibt ein Sender ein MHPPortal, in dem sich verschiedene Angebote, wie z.B. eine regionale Wettervorhersage befinden, so muss dieser Dienst redaktionell begleitet werden. Ein passendes CMS, über welches die Anwendungen aktualisiert werden können, ist hier meiner Meinung nach die beste
Lösung, um den MitarbeiterInnen der Redaktionen die Arbeit mit den neuen Angeboten zu
erleichtern. Sollen nur werbliche Zusatzdienste angeboten werden, welche während der
Werbeblöcke oder während bestimmter Sendungen ausgestrahlt werden, wäre es auch
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möglich diese mithilfe von Authoring-Tools zu erstellen, sofern die Anforderungen nicht
die Möglichkeiten der Tools übersteigen. MitarbeiterInnen, welche Kontakt zu Kunden
halten oder diese akquirieren, sollten dem Kunden klar machen können, welche Möglichkeiten ihm die neuen Dienste bieten, bzw. welche Kosten oder auch Einsparungen dadurch
erzielt werden können. Eine Aufteilung, wie sich die verschiedenen Aufgaben in Zukunft
auf die Tätigkeitsbereiche innerhalb eines Senders verteilen, soll die folgende Grafik umreißen.
Tabelle 4:Neue Aufgaben für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche eines regionalen Fernsehanbieters
6.2
6.2.1
Anwendungsbeispiele
Aktualisierung bestehender Werbespots
Auf dem Gebiet der werblichen Zusatzinformationen, bieten sich regionalen Fernsehanbietern interessante Möglichkeiten. Eine Variante, welche sich bei anderen Anbietern bereits
in der Anwendung befindet (z.B. RTL), ist die zusätzliche Ausstrahlung von Produktinformationen. Regionale Anbieter können diese Möglichkeit nutzen, um so einem Spot eine
aktuelle Komponente hinzuzufügen, bei der sich Inhalte schnell und kostengünstig austauschen lassen. So bietet ein Spot der über einen längeren Zeitraum ausgestrahlt wird, dem
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Zuschauer trotzdem immer wieder neue Informationen. Denkbar wären hier z.B. Angebote
der Woche oder Hinweise auf Rabattaktionen. Kosten für immer neue Spotproduktionen
würden dabei entfallen.
6.2.2
Regionalisierung von nationalen Spots
Nationale Werbetreibende, welche normalerweise kein starkes Interesse haben bei regionalen Anbietern zu werben, können gewonnen werden, indem der Sender dem Kunden anbietet, die lokalen Bezugsquellen für sein Produkt über einen zusätzlichen Informationsdienst
einzublenden. Es würde also eine Art „regionale Spezifizierung“ eines national ausgestrahlten Spots erzeugt. Diese Art der Zusatzinformation hätte auch einen Reitz für den
Zuschauer, der Informationen (in diesem Fall Angebote) aus seiner näheren Umgebung
eine starke Akzeptanz entgegenbringt. Auf diese Weise könnten Filialen von großen Unternehmen als Werbekunden gewonnen werden, ohne das eine aufwändige Spotproduktion
nach den CI-Vorgaben des Unternehmens notwendig ist. Lokal ansässige FranchiseNehmer wären für diese Art der Werbung genauso potentielle Werbepartner. Als Beispiel
soll hier ein Dienstleistungsunternehmen dienen. So könnte während der Ausstrahlung
eines Werbespots für eine Bank, ein Zusatzdienst zum Einsatz kommen, welcher auf den
Service einer bestimmten Filiale im Sendegebiet hinweist. Dabei wird der Spot des Unternehmens ausgestrahlt, für spezielle Angebote einer Filiale kommen dabei Zusatzdienste
zum Einsatz.
6.2.3
Portale
Problematisch für kleinere Fernsehanbieter ist die Tatsache, dass den Zuschauern das Sendeschema meist nicht bekannt ist. Dieses in einer überregionalen Programmzeitschrift abzubilden würde wenig Sinn machen und auch zu teuer sein. Deshalb ist es für die Sender
sinnvoll, eine Programmübersicht in Form eines permanenten Dienstes zur Verfügung zu
stellen. Weitere Dienste wie Nachrichten, Wetter, Veranstaltungen sind denkbar und auch
einfach zu realisieren, da für diese Art der Anwendungen kein Rückkanal benötigt wird.
Zusätzlich bieten die Anwendungen Werbefläche, die als eine Form des Sponsoring an den
Kunden verkauft werden kann.
6.2.4
Sendungsbegleitende Informationen
Im Sendeschema von privaten regionalen Fernsehanbietern finden sich oft Formate in
Form von Service-Magazinen, welche unterschiedliche Themengebiete zum Inhalt haben.
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Gesundheit oder Reisen sind beispielsweise Gegenstand der Sendungen. Auch hier bietet
sich die Möglichkeit regionale Anbieter einzubinden. Diese könnten ihre Angebote in
Form von werblichen Zusatzdiensten zu den jeweiligen Themen übertragen. Behandelt ein
Reisemagazin das Thema „Urlaub unter Palmen“, könnten regional ansässige Reisebüros
ihre passenden Angebote ausstrahlen. Ob die Sendung dann allerdings als Dauerwerbesendung gekennzeichnet werden muss, bedarf der rechtlichen Prüfung, da nach § 46a RStV
für regionale und lokale Fernsehveranstalter in Bezug auf Werbung und Teleshopping
„nach Landesrecht abweichende Regelungen“ getroffen werden können.
6.3
Anwendung in der Praxis
Letztlich möchte ich noch einige Empfehlungen anbringen, die meiner Meinung nach
wichtig sind, um den Einstieg in die neue Technologie und derer Möglichkeiten nicht zu
einem frustrierenden Ereignis werden zu lassen. Viele Prognosen über die Entwicklung der
Technik, des Marktes und auch des Konsumentenverhaltens, welche in den letzen Jahren
gemacht wurden, haben sich nicht bewahrheitet. Aus diesem Grund herrscht derzeit eine
Zurückhaltung aller Beteiligten am Markt, was die Vorhersagen wie auch die Investitionen
in die neue Technik angeht. Anbieter haben es oft schwer neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und diese dann offensiv zu vermarkten66. Zu diffus sind die Aussichten, was die
weitere Entwicklung angeht. Deshalb sollten sich gerade die kleinen Rundfunkveranstalter
nicht am Maximum des technisch Machbaren orientieren. Aufwändige Dienste mit Rückkanal zu erstellen, erfordert Programmieraufwand, eine erweiterte Infrastruktur und umfangreiche Tests. Meiner Meinung nach sollten zuerst einfache Abrufdienste Angeboten
werden, da diese auch mit Hilfe von Authoring-Tools erstellt werden können. Bei diesen
Diensten ist es außerdem sichergestellt, dass sie von allen MHP-fähigen Boxen ausgeführt
werden. Negative Erfahrungen seitens der Konsumenten, wie in Kapitel 5.1.1 beschrieben,
bleiben so aus. Auch dem Werbekunden muss der Nutzen, den er durch die Dienste hat,
erst klar werden. Kaum ein Kunde wird bereit sein hohe Kosten für einen aufwändigen
Dienst zu tragen, ohne sich sicher zu sein, einen Nutzen von dieser Werbeform zu haben.
Es wäre also auch sinnvoll, Pilot- oder Versuchsprojekte zu starten, um einerseits das technische Handling zu erlernen und andererseits im Unternehmen ein Workflow zu etablieren.
66
Bundesverband Digitale Wirtschaft, Projektgruppe Geschäftsmodelle, Präsentation der ersten Ergebnisse,
München, Mai 2004, S.17, http://www.bvdw.org/de/data/pdf/2515_pg1_geschaeftsmodelle_040504.pdf
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Letztendlich würden diese Maßnahmen aber vor allem auch dazu dienen, die Resonanz
beim Zuschauer zu erforschen.
Wie zu Beginn dieser Arbeit erwähnt, stehen die meisten regionalen Fernsehanbieter auf
finanziell wackligen Beinen. Dennoch sollten sie nicht aus Angst vor Kosten zurückscheuen, sich bereits jetzt mit den zukünftigen Anforderungen und Aufgaben vertraut zu machen
und erste Planungsschritte einzuleiten. Gespräche mit Rundfunkdistributoren, Herstellern
von Soft- und Hardwarelösungen oder auch mit Fernsehanbietern, welche bereits Erfahrung mit der neuen Technik haben, können helfen falsche Schritte zu vermeiden. Die Digitalisierung des Rundfunks wird in den nächsten Jahren stattfinden. Die Chancen die sie
gerade auch für regionale Fernsehanbieter mit sich bringt, sollten dabei frühzeitig erkannt
und genutzt werden.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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SS 2005
Glossar
Burstfehler
Auch als Büschelfehler bezeichnet, engl. Burst Error. Allgemein für die Verfälschung eines Blocks mehrerer "benachbarter" Binärelemente während eines Stör- bzw. Fehlerereignisses, beispielsweise bei der Übertragung binär codierter Daten.
Common Interface
Das Common Interface ("gemeinsame Schnittstelle") ist eine standardisierte Einheitsschnittstelle für Pay-TV-Decoder. Diese Schnittstelle dient den DVB-Receivern zum Anschluss eines CA- Moduls (Conditional Access-Moduls) zur Entschlüsselung von Pay- TVProgrammen.
Conditional-Access-Modul
System, das den Zugang zu verschlüsselten Angeboten von Pay- TV- Programmen kontrolliert. Conditional Access bedeutet wörtlich übersetzt "bedingter Zugang".
DRM
Abkürzung für „Digital Radio Mondial“. Standardisiertes Übertragungsverfahren für digitalen Hörfunk über die bisher für den analogen Hörfunk genutzten Frequenzbereiche
(Langwellenbereich, Mittelwellenbereich und Kurzwellenbereich)
DVB
Abkürzung für "Digital Video Broadcast" Dieser Standard wurde ursprünglich für die Übertragung von digitalem Fernsehen und Rundfunk entwickelt. Ziel des Standards ist es,
ein einheitliches Format für unterschiedliche Übertragungswege Satellit, Kabel und Terrestrik zu definieren.
EPG
Abkürzung für „Electronic Programme Guide“. Elektronischer Programmführer, der mit
dem digitalen Fernsehsignal übertragen werden kann und den direkten Zugriff auf die Programme und Dienste erlaubt.
HDTV
Abkürzung für „High Definition Television“. Hochauflösendes Fernsehkonzept - vorzugsweise für Satellitenübertragung - im Kinoformat 16:9 mit 1250 horizontalen Zeilen und
hoher Bildwechselfrequenz.
Interleaving
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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Von engl. interleaving (verschachteln, verwürfeln). Insbesondere in der Funkübertragung
und in breitbandigen Anschlusssystemen (z.B. xDSL) benutztes Verfahren zur digitalen
Kanalcodierung, bei dem zu sendende Datenblöcke zunächst gesammelt und dann ineinander in neue Datenblöcke verschachtelt (interleaved) werden.
IP-Telefonie
Die IP-Telefonie, (auch Internet-Telefonie oder Voice over IP, kurz VoIP), ist das Telefonieren über ein Computernetzwerk auf der Grundlage des Internetprotokolls.
Karussellverfahren
Zyklische (wiederholte) Übertragung von Daten. Dies ermöglicht den Empfang von Daten
zu jedem Einschaltzeitpunkt des Empfangsgerätes.
LfK
Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg
LNB
Abkürzung für „Low Noise Blockconverter“. Außeneinheit einer satellitentechnischen
Empfangsstation zur Umsetzung und Verstärkung des Empfangssignals. Der Low Noise
Block ist im Brennpunkt des Parabolspiegels montiert und setzt die von der Antenne in
diesen Brennpunkt gebündelten hochfrequenten Satellitensignale in den niedrigeren Zwischenfrequenzbereich um.
Mediadaten
Daten die von Medienbetrieben in regelmäßigen Abständen herausgegeben werden und die
Verbreitung der von Ihnen hergestellten Medien wiedergeben. Sie sollen für potentielle
Kunden den Anreiz schaffen, in diesem Medium zu werben.
MHP
Abkürzung für „Multimedia Home Platform“. Standardisiertes Verfahren für die Abwicklung von interaktiven Mehrwertdiensten bei DVB unter Verwendung einer offenen Schnittstelle (API) für die Programmierung der Dienste. Durch diese Schnittstelle, auch „Middleware“ genannt, können Anwendungen, die für MHP entwickelt wurden, auf Set-TopBoxen mit beliebigem Betriebssystem dargestellt werden.
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Modulation
Verfahren in der elektrischen Nachrichtentechnik, bei dem die zu übertragende Nachricht
einem oder mehreren Parametern einer meist sinusförmigen Trägerschwingung aufgeprägt
wird.
MPEG-2
Standard der “Motion Picture Expert Group” das sich mit der Standardisierung von Codierund Kompressionsverfahren für die digitale Video- und Audiokommunikation befasst. Ziel
ist die Codierung eines oder mehrerer elementarer Audio- und Video-Datenströme sowie
anderer Daten in einem oder mehreren Datenströmen - geeignet für die Speicherung und
Übertragung.
Playout
Ausspielen der digitalen Programmsignale. Dies kann entweder der Sender selbst übernehmen oder die analogen Daten zu einem Netzbetreiber schicken, welcher diese Aufgabe
übernimmt.
Requirements-Engineering
Qualitätssicherungsmethode in der Informatik. Requirements-Engineering beschäftigt sich
mit der Herausarbeitung, Analyse, Spezifikation, Dokumentation und Validierung von Anforderungen an Softwaresysteme.
Simulcast
Kunstwort aus "Simultaneous" und "Broadcast" und steht für eine Simultanübertragung
desselben Inhaltes über mehrere Rundfunkwege (Kabel, Satellit, Terrestrik), aber auch die
gleichzeitige Ausstrahlung der Programme, sowohl als analoges sowie als digitales Signal
gemeint.
SNF
Abkürzung für „Single Frequenzy Network“ Als Gleichwellennetz bezeichnet man die
Anordnung von Rundfunksendern, bei der mehrere Rundfunksender auf der gleichen
Frequenz das gleiche Programm ausstrahlen. Sender, die nach den digitalen Übertragungsverfahren DAB, DVB-T, DVB-H oder DRM arbeiten, können im Gleichwellenbetrieb betrieben werden. Übertragungen mittels dieser digitaler Verfahren sind gegen Interferenzen
ausreichend resistent.
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Split-Screen
Split Screen (wörtlich: geteilter Bildschirm) ist eine in visuellen Medien verwendete Technik, die das Bild in zwei (oder mehr) Bereiche aufteilt, um zwei Handlungen oder Bilder
gleichzeitig zu zeigen.
Transponder
Technisches System eines Rundfunksatelliten. Transponder haben die Aufgabe, das im
Uplink (Aufwärtsrichtung) empfangene Frequenzband auf die Frequenz des Downlinks
(Abwärtsrichtung) umzusetzen und zu verstärken
Triple Play
Nutzung des Breitband-Kabelnetzes, um den Konsumenten die Dienstleistungen digitales
Fernsehen, Telefonanschluss und Breitband-Internetanschluss zu bieten. Hierfür muss das
Kabelnetz rückkanalfähig sein.
UML
Abkürzung für „Unified Modeling Launguage“ Von Grady Booch, Ivar Jacobson und Jim
Rumbaugh (Fa. Rational Software) entwickelte, und durch die Object Management Group
(OMG) bestätigte abstrakte Beschreibungssprache zur Spezifikation, Konstruktion, Visualisierung und Dokumentation von Modellen für Softwaresysteme (und andere Gebiete).
WYSIWIG
Abkürzung für „What you see is what you get”. Die Layoutdarstellug während des Bearbeitungsprozesses einer Anwendung entspricht bereits der späteren Bildschirmdarstellung
Zapping Box
Set-Top-Box, mit der ausschließlich unverschlüsselte Programme empfangen werden können. Auch die Darstellung von interaktiven Mehrwertdiensten ist mit diesen Boxen nicht
möglich.
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Abstract
Über die Digitalisierung des Deutschen Fernsehmarktes wurde und wird immer noch viel
spekuliert. Vor einigen Jahren noch, war von einer „digitalen Revolution“ auf dem Fernsehmarkt die Rede. Heute weiß man, dass der Fernsehkonsument in dieser Hinsicht keine
revolutionären Ambitionen hat. Dennoch wird weltweit die Digitalisierung des Rundfunks
vorangetrieben, vor allem um frequenzökonomische Vorteile zu nutzen. In Deutschland
existiert heute bereits ein breites digitales Rundfunkangebot. Neben den Satellitenbetreibern bieten auch Kabelnetzbetreiber den Empfang von zahlreichen digitalen Programmen
an. Die am meisten von Öffentlichkeit und Presse beachtete Umstellung, ist jedoch die von
analogem terrestrischen Fernsehen auf DVB-T. Die Region Berlin-Brandenburg ist das
weltweit erste Gebiet, in dem seit dem 4. August 2003 ein ausschließlich digitaler terrestrischer Sendebetrieb stattfindet. Seitdem können dort mehr als 20 Programme auf diesem
Weg empfangen werden. Doch die digitale Rundfunkdistribution bietet weit mehr Möglichkeiten, als ein noch größeres Programmangebot. Durch interaktive Dienste soll dem
Konsumenten die Möglichkeit gegeben werden, zusätzlich Angebote abzurufen. Diese
werden, ähnlich dem heutigen Videotext, mit den Programmdaten übermittelt. Bei Aufruf
der Dienste wird das Bild des laufenden Programms verkleinert oder vom Dienst überdeckt. Inhalte der Dienste können z.B. Zusatzinformationen zum laufenden Programm
sein, aber auch Spiele oder Shopping-Angebote sind möglich. Angeboten werden diese
Dienste hauptsächlich von den großen Marktteilnehmern ARD, ZDF oder auch RTL. In
Deutschland existieren neben den national tätigen Sendern jedoch auch etwa 200 lokale
und regionale Fernsehveranstalter. Diese profitieren nur zu einem sehr geringen Teil von
Rundfunkgebühren und agieren zudem auf einem regional begrenzten und hart umkämpften Werbemarkt.
Im ersten Teil dieser Arbeit sollen die Probleme analysiert werden, welche es den regionalen und lokalen Fernsehanbietern schwer machen, Gewinne zu erwirtschaften. Durch die
Digitalisierung werden sich auch für sie Änderungen ergeben, die Chancen aber auch Risiken bergen.
Im zweiten Teil der Arbeit soll die Technik von DVB erklärt werden. Die europaweite
Standardisierung der Übertragungsverfahren soll dazu dienen, dem Konsumenten ein großes Angebot zu liefern. Warum dieses Angebot jedoch nur so zögerlich angenommen wird,
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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hängt mit der Verunsicherung des Kunden zusammen, der über die Möglichkeiten, digitales Fernsehen zu nutzen, nur wenig weiß. Kaum ein Konsument kennt beispielsweise die
Vorteile des Empfangs von digitalem Fernsehen über das Kabelnetz, gegenüber dem terrestrischen digitalen Empfang. Auch welche fixen und laufenden Kosten die verschiedenen
Empfangsarten mit sich bringen, ist den meisten Nutzern unbekannt.
Als dritter Aspekt dieser Arbeit sollen die Funktionen und Möglichkeiten des „interaktiven
Fernsehens“ beleuchtet werden. Aus Erfahrungen, die in anderen europäischen Ländern
gemacht wurden, lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten, wie man diese Dienste
auch in Deutschland für ein breites Publikum einführen kann.
Letztendlich ist es das Ziel dieser Arbeit Ideen zu entwickeln, wie lokale und regionale
Sender den Übergang in die digitale Rundfunkdistribution für sich Nutzen können. In den
Tätigkeitsbereichen Technik, Redaktion und Außendienst eines Fernsehsenders werden
sich neue Aufgaben ergeben. Durch die Umstellung auf digitalen Sendebetrieb werden
auch Kosten entstehen. In kleineren Sendern jedoch sind sowohl die finanziellen Mittel,
wie auch die Personaldecke knapp bemessen. Nur durch eine vorausschauende Planung
lassen sich hier Fehler vermeiden, die angesichts der angespannten Situation auf dem derzeitigen Werbemarkt umso schmerzhafter wären.
In den Bereichen der Spot-Werbung und des Sponsorings bieten die interaktiven Mehrwertdienste des digitalen Fernsehens dem Werbekunden neue Möglichkeiten, sich und
seine Produkte darzustellen. Der Mehrwert entsteht also nicht nur für den Konsumenten,
sonder auch für den Werbekunden. Dieser hat künftig die Möglichkeit, ohne die kostspielige Produktion eines AV-Spots, im Fernsehen für sich zu werben. Auch hier werden Möglichkeiten gesucht, wie die diese Inhalte kostengünstig produziert werden können. Dafür,
wie diese Werbemaßnahmen konkret aussehen könnten, werden zum Ende der Arbeit einige Anwendungsbeispiele entwickelt. Diese bilden nur einen kleinen Ausschnitt dessen ab,
was künftig technisch möglich sein wird. Der Bereich der „High-End-Anwendungen“ wird
hier jedoch bewusst ausgeklammert, da für die Entwicklung solcher Anwendungen ein
Team aus Spezialisten erforderlich wäre, was für kleine Programmveranstalter und deren
Werbekunden nicht finanzierbar ist.
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Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Anhang
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Student der Fachhochschule Furtwangen (Studiengang: Medieninformatik) verfasse ich
derzeit meine Diplomarbeit mit dem Thema:
Werbung im Regionalfernsehen Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
Da regionale Fernsehanbieter meist Kunden betreuen, welche über geringe Werbebudgets
verfügen, stellt sich die Frage wie man diesen trotzdem den Nutzen von MHPAnwendungen zur Verfügung stellen kann. Neben dem Einsatz von Authoring-Tools, würde sich meiner Meinung nach auch das Template-basierte Erstellen von Content anbieten.
Meine Fragen dazu sind nun:
1. Halten Sie eine solche Template-basierte Erstellung für sinnvoll, wenn es sich lediglich
um die einfache Darstellung von Zusatzinformationen wie z.B. einem Anfahrtsplan oder
dem "Angebot der Woche" handelt.
2. In welchem Verhältnis würden die Kosten stehen im Gegensatz zu einer "handgemachten" Anwendung.
Über ein Antwort auf diesem Wege würde ich mich freuen und möchte mich im voraus
bedanken.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Egle
Guntramstraße 30
79106 Freiburg i.Br.
0761/9209649
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durch den Einsatz digitaler Übertragungstechnik
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Hallo Herr Egle,
Die Firma Sybit versteht sich als Lösungsanbieter u.a. für Hi-End Content Management
Systeme - gerade im Umfeld von Medienanstalten.
Insofern setzen auch wir uns mit dem Thema MHP auseinander.
Und genau Ihr Ansatz wird da unterstützt. Es besteht die Möglichkeit aus dem CMS heraus
Inhalte für die MHP Plattform zu erzeugen.
Damit das möglich ist, wird auf der MHP Plattform ein Browser benötigt (à la HTMLBrowser), so dass es für beliebige Content Management Systeme (Authoring Tools) einfach möglich ist Ihr Inhalte für die MHP Plattform zu erzeugen.
Aus diesen (CMS-) Daten und der MHP Anwendung (Browser) wird dann der Datenstrom
erzeugt.
Wir halten dieses Verfahren insofern für sinnvoll als es zumindest einen einfachen Einstieg
in die MHP Welt ermöglicht. Wenngleich ein solcher Mehrwert an Text und Bild Informationen im Fernsehen sicherlich nicht allzu groß ist gegenüber bisherigen Technologien
(z.B. Videotext), bietet diese Möglichkeit den Fernsehanbietern eine günstige Einstiegsmöglichkeit in einer langjährig verfahrenen Situation im MHP Markt.
Wirkliche Mehrwerte und interaktive MHP Anwendungen bedürfen jedoch der individuellen Implementierung und lassen sich nicht durch einfache Authoring Tools erzeugen.
Die Antwort auf Ihre Frage lautet also ganz klar: JA, die Erzeugung von Informationen aus
Authoring Systemen über einen Template basiertebn Ansatz halten wir für sinnvoll. Dennoch lassen sich die Mehrwerte durch MHP nicht allein durch textuelle Informationen verargumentieren.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Merkel
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Möglichkeiten der Gewinnung von Werbekunden
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Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und
ohne unzulässige fremde Hilfe angefertigt habe. Alle verwendeten Quellen und Hilfsmittel
sind angegeben.
Furtwangen, den 31.08.2005
Martin Egle
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