Untersuchungsablauf Hypothesenbildung Mögliche Hypothesen zur englischen Verbpartikel-Stellungsvariabilität (a) Wenn das direkte Objekt eines transitiven phrasalen Verbs syntaktisch komplex ist, dann verwenden Muttersprachler öfter VPO, als wenn es syntaktisch simpel ist. (b) Wenn das direkte Objekt eines transitiven phrasalen Verbs lang ist, dann verwenden Muttersprachler öfter VPO, als wenn es kurz ist. (c) Wenn eine Konstruktion mit einem transitiven phrasalen Verb von einer räumlichen Präpositionalphrase gefolgt wird, dann verwenden Muttersprachler öfter VOP, als wenn keine solche Präpositionalphrase folgt. Gries, Stefan Th. 2008. Statistik für Sprachwissenschaftler. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 1] Untersuchungsablauf Hypothesenbildung Potenzielle Variablen bei bei impliziten Objektargumenten (IOA) und ihre Ausprägung: Variable Ausprägung pro IOA Ausprägung kontra IOA Kontext kontextuelle Salienz keine kontextuelle Salienz eigentlich metaphorisch inkrementelles Thema nicht-inkrementelles Thema Lesart Aspektualität Jacobs‘ lexikalistische Hypothese besagt, dass die Weglassbarkeit nicht (vollständig) voraussagbar ist, dass also die oben genannten Variablen bestenfalls (schwache) Tendenzen für Weglassbarkeit anzeigen. Welche Hypothesen (formuliert als wenn-dann/je-desto-Sätze) lassen sich bezüglich der obigen Variablen formulieren? Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 2] 1 Untersuchungsablauf Hypothesenbildung Abhängige und unabhängige Variablen Variable: „Symbol für eine Menge von Merkmalsausprägungen.“ Abhängige Variable: „Variable, die zum »dann«-Teil einer Hypothese gehört und in der sich die Wirkungen der unabhängigen Variablen (Ursachen, Bedingungen) widerspiegeln.“ Unabhängige Variable: „Variable, die zum »wenn«-Teil einer Hypothese gehört.“ Beispiel Wenn das direkte Objekt eines transitiven phrasalen Verbs lang ist, dann verwenden Muttersprachler öfter VPO, als wenn es kurz ist. Unabhängige Variable: Objektlänge (lang vs. kurz) Abhängige Variable: Partikelposition (VPO vs. VOP) Bortz, Jürgen & Nicola Döring: Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. 4. überarb. Aufl. Heidelberg: Springer 2006, S. 723,743. Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 3] Untersuchungsablauf Nullhypothese Nullhypothese und Alternativhypothese „Als „Nullhypothese“ bezeichnet man die Vermutung, dass es in der Grundgesamtheit keine Beziehung, keinen Zusammenhang zwischen zwei oder mehr Variablen gibt. Eine solche „Nullhypothese“ wird gegen die Alternative, dass es doch einen Zusammenhang gibt, durch einen Siginifikanztest überprüft und gegebenenfalls mit einer bestimmten Irrtumswahrscheinlichkeit verworfen. Schirmer, Dominique 2009. Empirische Methoden der Sozialforschung. Grundlagen und Techniken. Paderborn: Fink.. H1 = Alternativhypothese H0 = Nullhypothese • Ihre Forschungshypothese • postuliert Zusammenhang zwischen Variablen • soll den Kenntnisstand erweitern • Negation Ihrer Forschungshypothese • negiert Zusammenhang zwischen Variablen • reflektiert den bisherigen Kenntnisstand • wird statistisch auf Siginifikanz überprüft Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 4] 2 Untersuchungsablauf Nullhypothese Nullhypothese und Alternativhypothese Beispiel 1 H1 = Wenn das direkte Objekt eines transitiven phrasalen Verbs syntaktisch komplex ist, dann verwenden Muttersprachler öfter VPO, als wenn es syntaktisch simpel ist. H0 = Wenn das direkte Objekt eines transitiven phrasalen Verbs syntaktisch komplex ist, dann verwenden Muttersprachler nicht öfter VPO, als wenn es syntaktisch simpel ist. Beispiel 2 H1 = Ein direktes Objekt O zu einem potenziell transitiven Verb V wird häufiger ausgelassen, wenn der Argumentreferent von O im Kontext erwähnt ist, als wenn er im Kontext nicht erwähnt wird. H0 = Ein direktes Objekt O zu einem potenziell transitiven Verb V wird nicht häufiger ausgelassen, wenn der Argumentreferent von O im Kontext erwähnt ist, als wenn er im Kontext nicht erwähnt wird. Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 5] Untersuchungsablauf Hypothesenbildung Gerichtete und ungerichtete Hypothesen Ungerichtete Alternativhypothese: behauptet lediglich, dass es einen Zusammenhang zwischen den Variablen gibt. Gerichtete Alternativhypothese: behauptet, dass es einen Zusammenhang zwischen den Variablen gibt und das dieser in einer bestimmten Richtung besteht („öfter“, „höher“, „kleiner“, …). Gerichtete Hypothese Ungerichtete Hypothese • informationsreicher • verlangt weniger extreme Ergebnisse um Siginifkanzniveau zu erreichen • informationsärmer • verlangt extremere Ergebnisse um Siginifkanzniveau zu erreichen Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 6] 3 Untersuchungsablauf Hypothesenbildung Gerichtete und ungerichtete Hypothesen Beispiel 2 Gerichtete Alternativhypothese: Ein direktes Objekt O zu einem potenziell transitiven Verb V wird häufiger ausgelassen, wenn der Argumentreferent von O im Kontext erwähnt ist, als wenn er im Kontext nicht erwähnt wird. Ungerichtete Alternativhypothese: Die Auftretenshäufigkeiten eines direkten Objekt O zu einem Verb V unterscheiden sich je nachdem, ob der Argumentreferent von O im Kontext erwähnt ist oder nicht. Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 7] Untersuchungsablauf Operationalisierung Das Überbrückungsproblem Hypothese Explizite Formulierung einer als wahr vermuteten, begründbaren Aussage über das Phänomen Datenerhebung Fragebogen, psycholinguistisches Experiment, Korpusrecherche, … Theoretische Konstrukte in Hypothesen müssen in Beobachtungs- und Messvorschriften für die Datenerhebung umgesetzt werden (Operationalisierung). Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 8] 4 Untersuchungsablauf Operationalisierung Operationalisierung von Variablen Wort Z. B.: Von Leerzeichen oder Satzzeichen umschlossene Zeichenkette Idiolektale lexikalische Vielfalt Z. B.: Lexem-Textwort-Ratio (in einem bestimmten Korpus) Satzlänge Z. B.: Anzahl der Silben des Satzes Salienz des impliziten Arguments im Kontext Z. B.: Vorkommen eines dem impliziten Argument entsprechenden Lexems im Vorgängersatz Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 9] Untersuchungsablauf Skalen & Variablen Variablentypen / Skalenarten Nominalvariablen & Kategorialvariablen / Nominalskala: Objekten werden Zahlen als Klassenidentifikatoren zugeordnet. Objekte mit identischen Merkmalsausprägungen erhalten identische Zahlen (Äquivalenzrelation). Darüber hinaus haben die Zahlen keine Bedeutung (keine Ordnungsrelation, keine Intervalle, keine Additionsoperation). Variablen mit zwei Ausprägungen heißen Nominalvariablen, Variablen mit mehreren Ausprägungen oft auch Kategorialvariablen. Beispiele für Nominal- & Kategorialvariablen Stimmhaft (Nominalvariable): 0 = nein (stimmlos) 1 = ja (stimmhaft) Wortart (Kategorialvariable): 1 = Adjektiv 2 = Substantiv 3 = Verb 4 = Präposition 5=… Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 10] 5 Untersuchungsablauf Skalen & Variablen Ordinalvariablen / Ordinalskala: Objekten werden Zahlen zugeordnet, die in einer Ordnungsrelation (Rangfolge) stehen. Für ein beliebiges Objektpaar kann entschieden werden, welches der beiden Objekt in Bezug auf das Merkmal höher einzuordnen ist (aber keine Intervalle, kein Additionsoperator). Beispiele für Ordinalvariablen Syntaktische NP-Komplexität: 1 = ohne Modifikator 2 = mit adjektivischem Modifikator 3 = mit Genitiv-NP oder PP-Modifikator 4 = mit satzwertigem Modifikator Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 11] Untersuchungsablauf Skalen & Variablen Intervallvariablen / Intervallskala: Objekten werden Zahlen zugeordnet, die in einer Ordnungsrelation (Rangfolge) stehen. Dabei entsprechen (anders als bei der Ordinalskala) gleich große numerische Unterschiede gleich großen Merkmalsunterschieden (aber keine Additivität durch Verknüpfung). Intervallskalen haben keinen natürlichen Nullpunkt. Beispiele für Intervallvariablen Temperatur: reelle Zahlen, die Grad Celsius anzeigen (Zwei aufeinanderfolgende Tage mit 20 Grad Celsius haben zusammen nicht 40 Grad Celsius.) Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 12] 6 Untersuchungsablauf Skalen & Variablen Verhältnisvariablen / Verhältnisskala: Objekten werden Zahlen zugeordnet die in einer Ordnungsrelation (Rangfolge) stehen. Dabei entsprechen gleich große numerische Unterschiede gleich großen Merkmalsunterschieden und Verknüpfungen von Objekten für zur Additivität der Zahlenwerte. Verhältnisskalen haben einen natürlichen Nullpunkt Beispiele für Verhältnisvariablen Satzlänge in Silben: natürliche Zahlen, die die Silbenanzahl anzeigen (Zwei aufeinanderfolgende Sätze mit je 20 Silben haben zusammen 40 Silben.) Wichtig ist die Unterscheidung zwischen den drei Arten von Skalen/Variablen: • Nominalskalen und Kategorialskalen (zusammengefasst als Nominalskalen bezeichnet) Ordinalskalen Intervallskalen & Verhältnisskalen (wir beschränken uns auf Verhältnisskalen) • • Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 13] Untersuchungsablauf Skalen & Variablen Tabelle zu Datensätzen zur Verbpartikel-Stellungsvariabilität Datensatz-ID synt Kompl. Quelle Länge in Silben Gramm Rel. 3 (= hoch) D8Y 6 Objekt 2 3 (= hoch) HHV 8 Subjekt 3 1 = (niedrig) KB0 3 Subjekt 4 2 (= mittel) KB2 4 Objekt 1 Frage: Welchen Variablentypen gehören die Variablen (fett) an? Gries, Stefan Th. 2008. Statistik für Sprachwissenschaftler. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Stefan Engelberg, HS Semantik und Sprecherurteile, FS 2010, Universität Mannheim [Folie 14] 7