Diese Broschüre spricht parallel Eltern, sowie Kinder und Jugendliche in ihren jeweiligen Sicht- und Denkweisen an, um die Ursachen und Zusammenhänge von Übergewicht und Adipositas zu erläutern. Da das Projekt „Abnehmen“ nur gemeinsam geschafft werden kann, müssen Eltern und Kinder gemeinsam oder abwechselnd in dieser Broschüre lesen. Sie bekommen Gesprächsstoff, um herauszufinden wie und wann der richtige Startzeitpunkt für Veränderungen ist. Die Familien können in 10 Schritten und mit Anregungen zum Essen, Bewegen und Streitvermeiden ausprobieren, wie sie allein vorankommen. Weiterführende Information-, Beratungs- und Unterstützungsangebote sind aufgelistet. Sie haben Fragen. Wir die Antworten. 24 Stunden an 365 Tagen. DAK-Versicherungsexperten informieren und beraten Sie über Leistungen, Beiträge und Mitgliedschaft. DAKdirekt 040 325325555 bundesweit zum Ortstarif. DAK-Medizinexperten antworten auf alle Fragen zu medizinischen Themen. Mit Kinder- und Sportmedizin-Hotline. DAKGesundheitdirekt 040 325325800 bundesweit zum Ortstarif. DAK-Medizinexperten helfen Ihnen weltweit bei Erkrankungen im Urlaub. DAKAuslanddirekt 0049 40 325325900. DAK-Onlineservice. Einfach, bequem und sicher: der Service für Kunden der DAK-Gesundheit – mit persönlichem Postfach. Registrieren und Passwort zuschicken lassen: www.dak.de/meinedak Herausgeber: DAK-Gesundheit Gesetzliche Krankenversicherung Nagelsweg 27-31, 20097 Hamburg Internet: www.dak.de W406-4084 / Unsere Broschüre wurde 04/13 gedruckt. Nachträglich kann es z. B. durch Gesetzesänderungen zu abweichenden Regelungen kommen. Aktuelle Auskünfte erhalten Sie in Ihrem Servicezentrum der DAK-Gesundheit. Rund, gesund und munter!? Ratgeber für Familien mit übergewichtigen Kindern und Jugendlichen. VORWORT Zusammenhänge verstehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Ziel: Gesundheit, Wohlfühlen und Anerkennung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziele, Aufgaben, Risiken – Familien-Teamwork zählt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aller Anfang ist schwer... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohin soll es denn gehen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rollenverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinder und Teenies, aufgepasst: die Rolle der Eltern! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eltern, aufpassen: die Rolle der Kinder! . . . . . . . . . . . . Negative Therapieeffekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oft unterschätzt: die „negativen Therapieeffekte“. . . . Was genau ist Übergewicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergewicht oder Adipositas? . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum Menschen zunehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Folgen von Übergewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was Übergewicht bewirken kann. . . . . . . . . . . . . . . . . Warum ist gerade mein Kind zu dick? . . . . . . . . . . Wir sind in der Familie alle so! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liegt es wirklich nur am Essen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ich mag keinen Sport! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von euch lass ich mir nichts sagen! . . . . . . . . . . . . . . . Die „differenzierte Indikation“. . . . . . . . . . . . . . . . . Was hilft mir denn nun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In kleinen Schritten zum Erfolg. . . . . . . . . . . . . . . . . Was können Eltern tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3 4 7 8 8 10 10 12 14 14 16 18 18 20 22 23 25 25 26 26 27 28 28 30 31 Richtig essen – aber wie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drei Regeln sind ausreichend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernährungspyramide der DAK- Gesundheit . . . . . . Essen und Trinken nach der Pyramide. . . . . . . . . . Abnehmen ohne Druck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motivation und Einstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewegung tut gut. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichts ist unmöglich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten ist veränderbar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alltagsstreit geschickt umgehen. . . . . . . . . . . . . . . Der DAK-10-Schritte-Plan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturempfehlungen/Internetllinks . . . . . . . . . . . Auflösungen der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 32 34 36 37 38 39 40 40 42 46 49 50 Text: Ute Hantelmann, Zentrale für Ernährungsberatung e. V. an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg Co-Autoren: Jette Lüsdersen und Mats Woltersdorf Überarbeitung: Dr. Michael Prang, Medienärzte, Pressebüro für Medizin und Gesundheit, Hamburg Gestaltung, Satz und Litho: Litho-Service-Lübeck – www.lsl-hl.de Zusammenhänge verstehen. „Moppelige Kinder mampfen zu viel und bewegen sich zu wenig – das weiß doch jeder!“ Vor allem sind davon meist jene Eltern, Kinder und Jugendlichen überzeugt, die den Kampf gegen die Kilos nicht kennen, die niemals ein Gewichtsproblem hatten. Betroffene wissen, dass es ganz selten so einfach ist. Liebe Eltern, vielleicht haben Sie bis heute fast nichts unversucht gelassen, um die überzähligen Pfunde Ihres Kindes zum Purzeln zu bringen. Wahrscheinlich haben Sie langfristig einerseits die Gesundheit und andererseits die persönliche Entwicklung Ihres Kindes vor Augen und machen sich Sorgen. Die Themen in diesem Ratgeber sollen die möglichen Ursachen und Zusammenhänge beleuchten und Ihnen helfen, den richtigen Ansatz und die beste Unterstützung für Ihr Kind zu finden. Warum ist es schwer, den richtigen Weg im Umgang mit Essen, Trinken und Bewegung zu finden? Weil das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen ebenso viele Ursachen haben kann, wie es Möglichkeiten gibt, dem entgegenzuwirken. Viele Hilfsangebote unterstützen wir als Krankenkasse übrigens ganz aktiv – auch darüber informieren wir in dieser Broschüre. Sicher ist: Geduld ist gefragt – und Kraft! Beides wünscht Ihre/Deine Liebe Kinder, liebe Jugendliche, vielleicht liest Du in diesem Heft, weil Du merkst, dass das Übergewicht Dich im Sportunterricht langsamer macht oder dass Du beim Klamottenkaufen nicht das Richtige findest. Manche von Euch erleben eventuell, dass sie in der Klasse Außenseiter sind und über sie dumme Sprüche gemacht werden. Dann kann der Wunsch groß werden, etwas ändern zu wollen. Nur wie? Diese Antwort ist ganz schwierig zu finden. Allein ist das kaum zu meistern. Deine Eltern sind bereit, zusammen mit Dir zu suchen und auszuprobieren. 3 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Das Ziel: Gesundheit, Wohlfühlen und Anerkennung. Dicke Kinder haben doppelt schwer zu tragen: an ihrem Gewicht und an ihrem Image. Dennoch hat die Anzahl übergewichtiger Mädchen und Jungen in den vergangenen 20 Jahren deutlich zugenommen. Die bundesweite Kinder- und Jugend-Gesundheits-Studie (KIGGS) hat 2006 ergeben, dass hierzulande 15 von 100 der Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind, davon sechs sogar stark. Von Übergewicht spricht man, wenn ein Kind über 20 Prozent mehr wiegt als ein durchschnittliches Kind seines Alters und seiner Größe. Nicht jedes kräftige Kind hat also schon Übergewicht. Auch kann ein Kind schon mal vor einem Wachstumsschub pummelig werden und danach wieder schlank sein. Weicht das Gewicht aber dauerhaft ab, ist das ein Grund zum Handeln. 4 Nicht ohne Grund sprechen Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen, insbesondere die Kinderärzte, von einer neuen Volkskrankheit, der Adipositas. Das ist der Fachbegriff für behandlungsbedürftiges Übergewicht – oder auf Deutsch: Fettsucht. Auch wenn das Übergewicht die Beweglichkeit im Moment noch nicht so stark einschränkt, können die gesundheitlichen Probleme langfristig gravierend sein. Die Ärzte beobachten, dass die Gelenke strapaziert werden, die Cholesterin- oder Blutdruckwerte steigen und Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen können. Sie können immer öfter auf vertrauensvolle und geschulte Hilfe zählen, wenn Sie das „Figurproblem“ allein nicht mehr in den Griff bekommen. Dieses Thema gilt bei Ärzten, Ernährungsberatern und Krankenkassen gleichermaßen als sehr dringend. Gleichwohl wissen auch die Experten, wie schwierig es ist, die richtige Therapie zu finden und diese durchzuhalten. Das grundlegende Konzept der Angebote – speziell für Kinder und Jugendliche – hat eine Arbeitsgruppe der Deutschen Adipositas-Gesellschaft erarbeitet. Und was meinst Du? Das mit der Gesundheit ist so eine Sache. Übergewichtig heißt ja nicht krank – wie gut! Wahrscheinlich weißt Du genau, dass man auch wieder schlanker und sportlicher werden kann. Zum Knobeln findest du in diesem Heft immer wieder kleine „Was-passiert-dann“-Aufgaben, die Dir helfen, Deine Ideen für die nächste Zeit zu finden. Mal sehen, welche Themen so dabei sind, die Dich stark und munter machen! Neben Ihren Kindern und Jugendlichen sind immer auch Sie als Eltern mit einbezogen. Denn für das Gewicht Ihres Kindes sind weder Sie noch Ihr Kind allein verantwortlich. Also kann das Gewichtsproblem auch nur gemeinsam bewältigt werden. Dieser Ratgeber fasst die Empfehlungen nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft zusammen und liefert vielfältige nützliche und fachliche Informationen. Sie und Ihr Kind erhalten Tipps für Ihre persönliche Situation und Perspektive. 5 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Ziele, Aufgaben, Risiken – Familien-Teamwork zählt! Wiegt mein Kind wirklich zu viel? Haben Sie sich diese Frage schon einmal gestellt – und wieder verworfen? Manchmal denkt und hofft man: „Das wächst sich wieder aus. So viel isst mein Kind doch gar nicht.“ Oft spricht erst der Kinderarzt das Gewichtsproblem deutlich an, weil inzwischen bekannt ist, dass sich starkes Übergewicht in den wenigsten Fällen wieder „verwächst“. Aus den meisten dicken Kindern werden auch dicke Erwachsene. Entweder ist die Ursache nicht erkannt und verändert worden oder Jugendliche steigen schon viel zu früh in eine gefährliche Karriere aus Diät und Gewichtszunahme ein. Ist Ihr Kind im Vergleich zu Freunden und Klassenkameraden tatsächlich erkennbar schwerer? Dann kann es sein, dass die überflüssigen Pfunde auch auf die Seele drücken. Wissen Sie, ob Ihr Kind geärgert und gemobbt wird? Versuchen Sie das Problem gemeinsam anzugehen. Am besten gleich! Kennst Du Sprüche wie: „Guck mal, da kommt die Kugel!“? Oder Ausdrücke wie „Fettwanst“ und „dickes Schwein“ oder noch schlimmer? Merkst Du, dass Du von anderen nicht beachtet wirst? Oder hast du trotz Übergewicht eine gute Position in Deiner Klasse und wirst von Deinen Klassenkameraden akzeptiert? Wenn Du geärgert wirst, schwer Freunde findest und dich nicht wohl fühlst, dann lass Dir helfen und überlege mit Deinen Eltern, was zu tun sein könnte. 6 Spätestens jetzt ist Geduld und Kraft gefragt. Womit soll es losgehen? Wie kann man die Familie überzeugen, das Essen zu verbessern? Müssen alle in der Familie auf die beliebten Schokoriegel und die knusprigen Pommes verzichten? Es gibt doch auch die Menschen – vielleicht sogar die Geschwister, die wie die Weltmeister essen können, ohne je ein Kilo zu viel auf die Waage zu bringen? Am Essen allein kann es also nicht immer liegen. Ist der Ansatz vielleicht eher bei der Bewegung? Liebe Eltern, Sie kennen sich aus, mit dem Energieverbrauch durch Bewegung. Wissen und Erfahrungen sagen Ihnen: Ohne Muskelaktivität ist das Abnehmen kaum möglich! Sitzen tut nicht gut. Hast Du auch schon gelernt, dass Muskeln Energie verbrauchen und man durch Bewegung abnehmen kann? Du hast aber wahrscheinlich auch schon mal gemerkt, dass Bewegen eigentlich nur dann OK ist, wenn es richtig Spaß macht. Eine tolle Fußballmannschaft im Verein oder vor der Haustür oder eine Hipphopp-Projekt-Woche spornen zu großen Leistungen an. Da macht dann jeder mit und kommt ins Schwitzen. Das Ziel aller Bemühungen kann nur sein, im Alltag ein bewusstes und angepasstes Ess-, Trink- und Bewegungsverhalten möglichst locker und selbstverständlich aufzubauen. Teamwork in der Familie ist wichtig, um auch dann erfolgreich zu sein, wenn beide Eltern berufstätig sind und die Schule bis zum Nachmittag geht. 7 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Aller Anfang ist schwer… Beim ersten Gespräch zum Thema Übergewicht ist die Reaktion Ihres Kindes möglicherweise ablehnend. Es will scheinbar nicht! Und je älter die Kinder sind, desto eher könnten Körper und Übergewicht Tabuthemen sein. Es ist normal, dass Ihr Kind selbst bestimmen will, was es isst und trinkt oder für welchen Sport es sich engagiert – oder eben auch nicht. Diese Situation ist oft mit Ärger und Enttäuschung verknüpft, dabei meinen Sie als Eltern es ja nur gut Tipp: Versuchen Sie zunächst gemeinsam mit Ihrem Kind Ihre jeweiligen persönlichen „Standorte“ zu beschreiben. Ist das Übergewicht ein dringendes Thema für Sie und Ihr Kind? Möchte Ihr Kind im Moment überhaupt etwas ändern? Wenn nein, wird das tendenziell so bleiben oder erscheint ein späterer Zeitpunkt für Veränderungen passender? So könnte ein Gespräch zwischen Mutter/Vater und Kind verlaufen: 1. Die Eltern überlegen vorab, was das Kind wahrschein lich auf die Fragen Antworten wird. 2.Fragen an das Kind, bei welcher Freizeitbeschäftigung es am meisten und bei welcher es am wenigsten Freude hat. 8 3.Vertiefende Fragen, warum die eine Sache so viel Spaß macht und die andere Beschäftigung so wenig. Beide Ergebnisse von Eltern und Kind im Vergleich können andeuten, ob ähnliche oder unterschiedliche Meinungen bestehen. Um das große Thema „Gewicht“ mit den Bereichen Essen und Bewegen gemeinsam angehen zu können, ist es hilfreich, wenn Eltern ihre Kinder gut einschätzen und bei Bedarf ins Gespräch kommen können. Wohin soll es denn gehen? Früher waren 3- bis 4-wöchige „Kinderkuren“ an der Tagesordnung, um dem Übergewicht zu Leibe zu rücken. Doch nach einem kurzen Anfangserfolg waren die Kilos meist schnell wieder auf den Rippen, nachdem der Alltag die Fastenkünstler wieder eingeholt hatte. Mittlerweile setzen Ernährungswissenschaftler und Kinderärzte auf ausgeklügelte Therapieprogramme. Die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) hat sehr konkrete, aber auch sehr unterschiedliche Ziele festgelegt, die deutlich machen, an wie vielen Punkten eine Therapie ansetzen kann. Deutlich wird auch, dass es dabei nicht allein auf die Anzeige der Waage ankommt. Sinngemäß empfiehlt die AGA Eltern und Kindern folgende Sichtweise und Zielsetzung: JJ Die Gewichtsnormalisierung ist eine langfristige Aufgabe für die Betroffenen und ihre Familien JJ JJ JJ JJ JJ JJ JJ Als Eltern können Sie die folgenden zwei wichtigen Voraussetzungen für einen Erfolg am besten beurteilen: 1. Hat Ihr Kind im Moment die Bereitschaft zu einer Verhaltensänderung? Veränderungen können nur in kleinen Schritten erfolgen, die auch im Alltag umsetzbar sind 2.Hat Ihr Kind zurzeit eine Bereitschaft Selbstkontrolle zu trainieren und zu praktizieren? Angestrebt wird langfristig eine Verminderung der Körperfettmenge, Muskeln sollen erhalten und eher aufgebaut werden Kann auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllt werden, so stellt dies den Erfolg einer Behandlung oder eines Programms in Frage (s. auch die Richtlinien der AGA). Versuchen Sie Misserfolge zu vermeiden und wählen Sie einen späteren Zeitpunkt, in dem beide Voraussetzungen gegeben sind. Als Erfolg zählt auch schon die Gewichtsstabilisierung, denn sie wirkt sich durch das Wachstum positiv aus Im Mittelpunkt steht die Verbesserung des aktuellen Ess- und Bewegungsverhaltens Vorhandene Begleiterkrankungen des Übergewichts wie Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen sollen gelindert werden Bist Du bereit für das Projekt „Abnehmen“? Deine Eltern und andere Menschen, die Dich unterstützen wollen, sind an Deinen ganz ehrlichen Antworten interessiert. Du kannst sicher sein, dass der beste Moment für einen Start noch kommen wird, wenn Du jetzt keine positive Antwort hast. Am besten stellst Du Dir die Frage selbst immer mal wieder: Bin ich jetzt bereit für das Projekt „Abnehmen“? Negative Auswirkungen des Abnehmwunsches wie der so genannte „Jojo-Effekt“ müssen Eltern und Kindern bekannt sein und vermieden werden Jede Initiative zur Gewichtsnormalisierung muss für die gesamte Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen förderlich sein 9 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Die Rollenverteilung. Kinder und Teenies, aufgepasst. Die Rolle der Eltern! Sind Deine Eltern zuversichtlich? Diese Eigenschaft ist sehr, sehr hilfreich und beim Thema Übergewicht richtig wichtig. Denn das Abnehmen geht nicht im schnellen Hauruck-Verfahren. Deine Mutter oder Dein Vater machen sich sicher viele Gedanken. 10 Vielleicht erahnen sie die Gründe für Dein Übergewicht, aber genau wissen können sie es nicht. Nur wenn Ihr miteinander redet, kann es für sie und vielleicht auch für Dich klarer werden. Deine Eltern sollten Dir keine „Aufgabe zum Abnehmen“ aufzwingen, aber ihre Ideen, Vorschläge und Angebote sind ehrlich und gut gemeint. Die wichtige und schwierige Aufgabe von Mutter, Vater und anderen erwachsenen Bezugspersonen besteht darin, die Kinder und Jugendlichen verständnisvoll und optimistisch zu begleiten und zu unterstützen. „Motivation erhalten“ ist das entscheidende Schlüsselwort. Es ist eine Mammutaufgabe, einer anderen Person beim Verändern von angenehmen Gewohnheiten zu helfen! Eltern müssen wissen und akzeptieren, dass beim Projekt „Abnehmen“ nicht nur die Vorlieben und Gewohnheiten des Kindes auf dem Prüfstand stehen, sondern insgesamt die familiären und eigenen persönlichen Verhaltensweisen. So könnte ein Gespräch zwischen Mutter/Vater und Kind über die Ziele und die Wahrnehmung der aktuellen Situation verlaufen: 1. Die Eltern überlegen vorab, was ihr Kind wahrschein lich auf die Fragen Antworten wird. Liebe Eltern, stimmen Sie sich darauf ein, dass auch Ihr eigenes Verhalten mehr als zuvor auf die „Goldwaage“ gelegt wird. Die richtige Balance zu finden ist für alle eine Herausforderung. Wenn Sie gleichzeitig mit Ihrem Kind versuchen, eine Gewohnheit zu verändern, dann können sie besser diskutieren, welche Strategie dabei am erfolgreichsten ist. Beide Antworten im Vergleich zeigen auf, ob das Wunschgewicht in etwa übereinstimmt oder ob ein Gespräch über das erwünschte Gewicht nötig erscheint. 2.Welches Wunschgewicht hat das Kind? 3. Wie geht es dem Kind oder Teenager, wenn andere Erwachsene das Körpergewicht beurteilen z.B. Arzt, Großeltern, Verwandte? 11 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN 1. Aufgabe Was passiert dann? Christopher, übergewichtig, hat heute von der Tante zehn Euro zugesteckt bekommen. „Kauf dir was Schönes!“, flüstert sie ihm ins Ohr. Christopher weiß genau, was das für ihn bedeutet: Fast Food satt. Er weiß, dass seine Eltern sein Übergewicht im Cola- und Pommes-Konsum begründet sehen. Sie haben abgemacht, dass er nur zwei Mal im Monat Fast Food essen soll, ansonsten gibt es Abzüge beim Taschengeld. Damit war er einverstanden und die zwei Mal hat er schon voll. Was wird er jetzt tun? Und warum? Auflösung siehe Seite 50 12 Eltern, aufgepasst. Die Rolle der Kinder! Helfen Sie Ihrem übergewichtigen Kind, dass es folgenden Zusammenhang versteht: Mein Körper hat überschüssige Energie als Fett gespeichert und ich muss mir über Essen, Trinken und Bewegen mehr Gedanken machen als meine Freunde und Kumpel, die damit kein Problem haben. Es ist für ein Kind oder Jugendlichen nicht einfach zu akzeptieren, in dieser Hinsicht „ein bisschen Pech“ zu haben – vergleichbar mit Kindern, die eine Brille tragen und auf diese auch immer extra aufpassen müssen. Diese Verantwortung zu übernehmen braucht natürlich etwas Zeit und auch einen passenden Zeitpunkt. Von heute auf Morgen alles richtig zu machen, würde die Möglichkeiten übersteigen. Das Projekt „Abnehmen“ ist ein langfristiger Prozess, der nur in kleinen Schritten umgesetzt werden kann. Hast Du schon eine Fremdsprache gelernt und weißt, wie viel Spaß es macht, sich auf Englisch, Französisch oder Spanisch unterhalten zu können? Zuerst kommen die einzelnen Wörter, dann ganze Sätze und schließlich kannst Du ganze Geschichten in einer fremden Sprache lesen, verstehen und sprechen. Eigentlich geht es mit dem Projekt „Abnehmen“ ganz ähnlich: Man fängt ganz klein und einfach an und lernt und übt über mehrere Jahre. Übertragen auf die Ernährung bedeutet das: Nach einer Weile wirst Du ganz automatisch ein Gespür zum Beispiel dafür entwickeln, was für Dich OK oder zu viel ist oder wann Du die bekannten Kalorien-Fallen im Alltag umgehen kannst. Vergiss nicht, dass es auch schon ein Erfolg ist, wenn Du Dein Gewicht hältst und nicht weiter zunimmst. Kinder brauchen die Eltern als „Verbündeten“ im Kampf gegen die Kilos. Es ist wichtig, dass sie sich, wenn sie allein nicht weiterkommen oder mit einzelnen Punkten Schwierigkeiten haben, an Mutter, Vater oder andere Vertraute wenden. Dabei können sie die Ermutigung und Unterstützung spüren. 2. Aufgabe Was passiert dann? Frühling, die ersten warmen Tage. Jannik (11 Jahre, übergewichtig) ist mit seinen Freunden unterwegs. Sie kommen an der Eisdiele vorbei, die gerade wieder geöffnet hat. Peter schlägt vor, Eis zu essen. Wer eine Kugel kauft, bekommt heute sogar eine gratis dazu. Jannik hat mit seiner Mutter abgesprochen, in der Eisdiele immer nur eine Kugel zu nehmen. Aber nun können sich alle Kinder eine zweite Gratis-Kugel aussuchen. Was macht Jannik? Warum? Auflösung siehe Seite 50 13 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Negative Therapieeffekte. Oft unterschätzt: die „negativen Therapieeffekte“. Jede Behandlung, sei es unter fachkundiger Anleitung oder in Eigenregie, hat erwünschte positive Auswirkungen. Es besteht aber auch ein Risiko für ungewollte Nebenwirkungen. Bei Behandlungen ohne den Einsatz von Medikamenten heißen diese Nebenwirkungen „negative Therapieeffekte“. Was beim Abnehmen schiefgehen könnte, hat die AGA ebenfalls zusammengefasst und warnt vor … … der Entwicklung von Essstörungen wie Magersucht, Bulimie oder Esssucht. … falscher körperlicher Bewegung, die die Gelenke und den Bewegungsapparat schädigt. … der psychischen Belastung durch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und dem Körpergewicht. … vor zu schneller Gewichtsabnahme mit dem Risiko des Jojo-Effektes, durch den das Gewicht nach kurzer Zeit wieder steigt. Wenn Sie das Projekt „Abnehmen“ mit Ihrem Kind angehen, seien Sie sensibel für seine Reaktionen. So weiß man heute, dass unerwünschte Nebenwirkungen eher auftreten, wenn die Erwartungen an ein Kind sehr hoch sind oder die Kinder sich selbst zu hohe Ziele stecken, die sie nicht erreichen. Warnhinweise können sein: ein extremes Essverhalten, ein extremes Bewegungsverhalten, ein Rückzug aus dem altersentsprechenden Leben (kein Interesse mehr für den Freundeskreis, die Clique) oder auch starke Gewichtsschwankungen durch extreme Diäten. Scheuen Sie sich nicht, für Ihr Kind eine fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen. Hinweise dazu finden Sie am Ende des Ratgebers. Sie und Ihr Kind müssen wissen und akzeptieren, dass nicht allein die Gewichtsreduktion zählt. Von einer einseitigen, kalorienreduzierten Diät wird im Kindes- und Jugendalter eindeutig abgeraten. 3. Aufgabe Was passiert dann? Anna (13 Jahre, übergewichtig) muss eine schwierige Englischarbeit schreiben. Am Morgen konnte sie nichts essen, weil sie zu aufgeregt war und bis zur letzten Minute Vokabeln gelernt hat. Die Arbeit wird in der dritten Stunde geschrieben. In der Pause davor merkt sie, wie ihr Magen knurrt. Sie hat kein Pausenbrot eingesteckt und läuft schnell zum Kiosk, um sich einen Schokoriegel zu kaufen. Sie isst ihn schnell und fühlt sich satt und fit für die Klassenarbeit. Natürlich weiß sie, dass Schokolade ein Dickmacher ist. In der Arbeit schreibt sie eine Zwei. Wie bereitet sich Anna auf die nächste Arbeit vor? Warum? Auflösung siehe Seite 50 14 15 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Was genau ist Übergewicht? Der Anteil übergewichtiger Kinder und Jugendlicher steigt in Deutschland seit 1985 kontinuierlich an. Dies bestätigen alle entsprechenden Untersuchungen und Studien, die in Deutschland bis heute durchgeführt wurden. Es ist alarmierend, wenn man eine Vorstellung davon hat, welche großen Einschränkungen extrem übergewichtige Erwachsene in ihrem Alltag haben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht in diesem Zusammenhang bereits von einer „besorgniserregenden Adipositas-Epidemie“ in den Industrieländern. Die Adipositas, der Fachbegriff für behandlungsbedürftiges Übergewicht, gilt heute als das am schnellsten wachsende Gesundheitsrisiko. 16 Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Sind Sie auch in Sorge? Ab wann ist ein „Pummelchen“ überhaupt zu dick? Und wie erleben Sie das Übergewicht ihres Kindes? Ist es eher eine Frage des Aussehens? Oder ordnen Sie es als Krankheit ein, die möglicherweise weitere Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Minderwertigkeitsgefühle oder Depression nach sich ziehen kann? Bitte versuchen Sie auch herauszufinden, wie Ihr Kind seine Situation empfindet. Ab wann bei einem Kind eine Adipositas vorliegt, steht im folgenden Kapitel. Zunächst geht es darum, sich selbst ein Bild vom (Über-)Gewicht und von den Gewichtsveränderungen zu machen. Die Waage ist dafür das beste und einfachste Kontrollinstrument und außerdem notwendig, um den Body-Mass-Index (BMI) zu bestimmen. Die Bereitschaft zur Gewichtskontrolle ist erforderlich. Deine Eltern haben sicher Verständnis, dass das Wiegen für die meisten Kinder und Jugendlichen sehr unangenehm ist. Wenn Du es schaffst, dich regelmäßig zu wiegen, dann kannst Du auch selbst immer beurteilen, wie alles so läuft. Versuche das Wiegen stressfrei aber konsequent in Deinen Alltag zu integrieren. Einmal die Woche wäre ideal. Es darf Dir nicht wie eine Strafe vorkommen, sondern wie eine sehr wichtige Meldung für dein Projekt. Wenn man etwas verändern möchte, muss man ja auch überprüfen, was sich getan hat. Wer sich durch eigene Kontrollen auf dem Laufenden hält, kann übrigens auch auf unerwartete Kommentare besser reagieren. Ebenso wichtig ist, nicht nur den aktuellen Stand auf der Waage zu betrachten, sondern die Entwicklung der letzten Wochen, Monate und Jahre zu beobachten. Aufmerksamkeit und Handeln sind vor allem gefordert, wenn das Kind von seiner bisherigen Entwicklung abweicht und plötzlich extrem zu- oder abnimmt. Bei starken Schwankungen des Gewichtes sollte gemeinsam überlegt werden, ob die Entwicklung in Ordnung ist oder ob ein ärztlicher Rat und Ernährungsberatung mehr Klarheit bringen würden. 17 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Beispiel: Ein 10-jähriger Junge mit dem BMI-Wert 22 hat Übergewicht, ist aber noch nicht adipös. 34 P99,5 32 30 P97 BMI (kg/m2) 28 26 P90 24 P75 22 P50 20 P25 P10 18 P3 16 14 12 Die Bewertung. Übergewicht wird dann zu einer behandlungsbedürftigen Adipositas, wenn der Körperfettanteil am gesamten Körpergewicht dauerhaft erhöht ist. Bei der Bestimmung dieses Übergewichtes nützt für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr der Body-Mass-Index (BMI) und die Betrachtung der Perzentilkurven. Die Bewertungsskala für Erwachsene ist nicht anwendbar. Der BMI wird aus dem Verhältnis von Körpergröße und Körpergewicht abgeleitet und hat sich weltweit durchgesetzt. Mit der Größe und dem Gewicht rechnen Sie den BMI Ihres Kindes aus. Beispiel: Ein 10-jähriger Junge ist 1,43 m groß und wiegt 45 kg. So ergibt 1,43 x 1,43 zunächst 2,0449. Dann folgt die Rechnung 45 geteilt durch 2,0449 mit dem Ergebnis BMI 22. Die Bewertung für Ihr Kind können Sie aus der Grafik auf der nächsten Seite ablesen. Übergewicht beginnt ab der Kurve P 90 („Perzentile“*), Adipositas ab P 97. Der Junge aus dem Beispiel hat also Übergewicht, ist aber noch nicht adipös. Body-Mass-Index (BMI) = 18 Gewicht in Kilogramm Körpergröße x Körpergröße in Metern Fazit: Wenn der BMI des Kindes zwischen der 90. und 97. Perzentile liegt, bedeutet das: „Aufmerksam werden und alles dafür tun, um ein weiteres Zunehmen zu vermeiden!“ Genau in diesem Gewichtsbereich setzt die Vorbeugung an. Am Ende des Ratgebers finden Sie nützliche Adressen und Programme, wie zum Beispiel die SAFARI-KIDS für Kinder von 8 – 12 Jahren. Liegt das Gewicht über der 97. Perzentile, ist aus gesundheitlichen Gründen eine Gewichtsnormalisierung anzustreben. In erster Linie bedeutet das, nicht weiter zuzunehmen und weiter wachsen, in zweiter Linie Gewichtsabnahme durch eine gesundheitsbewusste, ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung. Von extremen Diät-Programmen ist aber, wie schon erwähnt, ausdrücklich abzuraten. Wichtiger Hinweis: Ernstzunehmendes Übergewicht zeigt sich erst ab dem dritten Lebensjahr. In den ersten zwei Lebensjahren kann der BMI über die 97. Perzentile steigen und sich dann wieder normalisieren. Erreicht das Kind die Kurve P 99,5 ist ärztlicher Rat wichtig. 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Alter (Jahre) Abb. 1: Perzentile für den Body-Mass-Index von Jungen im Alter von 0 bis 18 Jahren 34 32 P99,5 30 28 P97 26 P90 24 P75 22 BMI (kg/m2) Übergewicht oder Adipositas? 10 P50 20 P25 18 P10 P3 16 14 12 10 *Die Perzentilkurven geben die prozentuale Gewichtsverteilung von Mädchen oder Jungen eines Jahrgangs wider. Sie werden durch große ärztliche Untersuchungen ermittelt. Beispiel: Liegt der BMI eines Jungen auf der Kurve P 90, so haben 90 % der Jungen im gleichen Alter einen niedrigeren BMI, 10 % wiegen im Verhältnis zur Größe mehr. 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Alter (Jahre) Abb. 2: Perzentile für den Body-Mass-Index von Mädchen im Alter von 0 bis 18 Jahren 19 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Warum Menschen zunehmen. Verführerisch schnell, einfach und lecker: Der kleine Snack zwischendurch hat Hochkonjunktur. Aber wer weiß schon in dem Moment, dass es 150 g Pommes unterwegs auf bis zu 22 g Fett bringen? Genauso viel Fett wie 450 g Backofen-Pommes! Wenn Menschen mehr essen, als sie tatsächlich brauchen, wird die nicht benötigte Energie im Körper als Fett gespeichert. Das Fett wiederum verbrennt der Körper, wenn er sich viel bewegt und die Muskeln aktiv sind. Bitte überlegen Sie einmal für sich selbst, wie viele Stunden – oder Minuten – am Tag sind Sie in Bewegung? Wie aktiv sind Sie im Beruf, im Haushalt und in Ihrer Freizeit? Experten bemängeln: Viele Kinder bewegen sich im Alltag einfach zu wenig. Studien besagen, dass dicke Kinder deutlich mehr fernsehen oder am Computer sitzen als ihre normalgewichtigen Altersgenossen. Was trifft für Dich zu? Wie lange musst Du in der Schule still sitzen? Was machst Du am liebsten in den Pausen? Wie viel Zeit und Power hast Du am Nachmittag noch, um Sport zu machen oder draußen zu spielen? Was machen Du und Deine Familie normalerweise am Wochenende? Meinst Du, es ist richtig, was in den Studien zur Bewegung und Fernsehen erforscht wurde? 20 Warum das Übergewicht in den vergangenen 20 Jahren so rasant anstieg, hat aber meistens mehrere Ursachen. Die wichtigsten Faktoren sind: Bewegen: JJ Weniger Aktivität wie Radfahren, Sport und Tobereien JJ Mehr Fernsehen, auch durch das Fernsehen am PC zu jeder Tages- und Nachtzeit JJ Mehr Computerspiele, die auch kostenlos online gespielt werden können JJ Mehr Internet durch surfen und chatten z.B. bei Facebook und SchülerVZ JJ Mehr Wege im Auto, im Bus oder mit der Bahn. JJ Mehr Angst vor Unfällen im Straßenverkehr, wenn Kinder Fahrrad fahren Essen und Trinken: JJ Hoher Konsum kalorienreicher Lebensmittel, z.B. durch große und riesige Portionen JJ Kleine Preise bei Snacks und Softdrinks JJ Häufigere Verwendung von Fertiggerichten mit geringer Gemüsemenge JJ Essen „to go“, unterwegs schnell etwas kaufen und aus der Hand essen JJ Ausgefeilte Werbung, die besonders Kinder und Jugendliche anspricht JJ Keine geregelten Familienmahlzeiten mehr Psychologie: JJ Abbau von Stress und Anspannung durch mehr Essen JJ Essen aus Frust, Enttäuschung oder Langeweile JJ Inaktivität aufgrund von Erschöpfung oder Zeitmangel JJ Nicht um das Gewicht kümmern, weil „das keiner macht“ JJ Spaß und Genuss sind wichtiger als Gesundheit Vererbung: JJ Bestehende Veranlagung zur Gewichtszunahme JJ Erhöhtes Risiko durch übergewichtige Eltern oder Großeltern JJ Hineinwachsen in einen familiären Lebensstil, der Übergewicht begünstigt (Eltern bewegen sich wenig, viele kalorienreiche Lebensmittel werden gekauft…) Grundlegende biologische Veränderungen im Erbgut sind innerhalb von zwanzig Jahren nicht denkbar und scheiden als mögliche Ursache aus. Ihre Sorgen um die Gesundheit Ihres Kindes reichen leider nicht aus, um alles zu verändern. Bitte besprechen Sie mit Ihrem Kind, was das Fußballspielen vor dem Haus oder die belegten Schulbrote mit Gemüse und Obst attraktiv machen kann. Diskutieren Sie, wie bedeutsam die aktuellen Computerspiele und wie wichtig Süßigkeiten oder Colagetränke in den Schulpausen sind. Behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie und andere vertraute Erwachsene der wichtigste und zuverlässigste Motor für die Motivation Ihrer Kinder sind. Der Zeitgeist spielt eine große Rolle, auch für das Gewicht! Sind Kinder und Jugendliche erst im Kreislauf aus zu viel Essen und Trinken bei gleichzeitig fehlenden Angeboten in puncto Freizeit, Sport und Spiel angekommen, fällt die Rückkehr zu einem gesundheitsbewussteren Alltag sehr schwer. Nur „ein bisschen“ am Essverhalten zu ändern oder sich „einfach“ mehr zu bewegen, wird zu einer großen Hürde. Willst Du das Projekt „Abnehmen“ anpacken? Erkennst Du Lebensmittel, von denen man schnell mal zu viel isst? Grillwürstchen? Chips? Gummibärchen? Wie wäre es, wenn Du nebenbei selbst zum Fett- und Zucker-Detektiv wirst? Dann kannst Du auch allein in Eurer Küche aufspüren, welche Speisen es „in sich haben“. Triff vielleicht mit Deiner Mutter oder Deinem Vater Absprachen, wann oder wo bei Euch zum Beispiel keine Schokolade gegessen werden darf. Meinst Du, Deine Eltern schaffen es, Ihre Gewohnheiten an Eure Absprachen anzupassen. Schau bei ihnen und bei Dir selbst ganz genau hin! 21 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Die Folgen von Übergewicht. Ein zu hohes Gewicht ist mit zunehmendem Alter eine Hypothek auf das spätere Leben. Eltern und Ärzte beobachten, dass aus schweren Kindern häufig auch schwere Erwachsene werden. Schwere Jugendliche bleiben also mit großer Wahrscheinlichkeit auch im Erwachsenenalter übergewichtig – wenn man sich nicht darum kümmert! Aber Hand aufs Herz: Welche gesundheitlichen Risiken und Folgen, die aus dem Übergewicht resultieren können, kennen Sie selbst? Und welche Zusammenhänge kennt Ihr Kind? Machen Sie unabhängig voneinander einmal den Test auf der nächsten Seite! Dieses Wissen bietet eine Grundlage, um ermitteln und entscheiden zu können, wie dringend und mit welcher Kraft das Projekt jetzt auf dem Programm stehen soll. Diesen Test können Eltern und ältere Kinder/Jugendliche machen. Es geht darum, mit einem Kreuz zu entscheiden, welche Aussagen stimmen und welche nicht. Interessant ist besonders, wie viele Einschätzungen bei Eltern und Kindern übereinstimmen. Gibt es Aussagen, die überraschen oder vorher nicht bekannt waren? Ein Gespräch darüber klärt sicher einige Fakten zum Thema Gewicht und Gesundheit. 22 Übrigens: Alle Aussagen stimmen! Denn die Folgen von Übergewicht können tatsächlich gravierend und mit viel Leid und Schmerz verbunden sein. Haben Sie beobachtet oder wissen, wie Ihr Kind auf die möglichen Risiken reagiert? Erwachsene – egal ob Eltern, Lehrer, Ärzte oder Ernährungsberater – wissen sehr wenig darüber, wie Kinder und Jugendliche das Dicksein erleben. Neuere Forschung sagt: Wenn übergewichtige Kinder unter Gleichaltrigen anerkannt sind, spielt das Körpergewicht keine große Rolle und belastet sie im Alltag nicht. Wenn sie aus anderen Gründen Außenseiter in der Schule, im Freundeskreis oder in der Familie sind, dann werden Sie zusätzlich mit ihrem Aussehen geärgert. Natürlich verursacht diese Konstellation eine große seelische Belastung. Verständnisvolle Hilfe ist dann der einzige Weg. Was Übergewicht bewirken kann. Welche dieser Aussagen zum Thema Übergewicht sind richtig? Vater/Mutter Das Herz hat mehr zu tun, weil der Blutdruck steigen kann. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Weil die Blutfettwerte (Cholesterin) steigen, können schon Kinder Arterienverkalkung bekommen. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Dicke werden von anderen Kindern und Jugendlichen oft geärgert und gemobbt. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Dicke Kinder werden eher zum Außenseiter. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Dicke Kinder können sich oft selbst nicht leiden. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Übergewicht kann zu Essstörungen führen. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Übergewicht kann schon bei Kindern Rückenund Knieprobleme verursachen. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Übergewicht begünstigt Gelenkbeschwerden (Arthrose), die eigentlich nur ältere Menschen haben. FF stimmt FF Stimmt nicht FF stimmt FF Stimmt nicht Übergewicht bringt schon bei Kindern den Stoffwechsel durcheinander und kann sogar die Entstehung von Gicht begünstigen. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Das ist zum Glück sehr selten – aber schon Teenager können einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie Übergewicht haben. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Übergewicht kann schon im Kindesalter Zuckerkrankheit verursachen (Diabetes mellitus) – nicht nur bei Großmüttern. FF Stimmt FF Stimmt nicht FF Stimmt FF Stimmt nicht Kind/Jugendlicher 23 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Warum ist gerade mein Kind zu dick? Wie oft haben Sie sich schon die Frage gestellt, ob sich das Übergewicht später nicht doch von ganz allein reguliert? Kennen Sie das Gefühl der Gratwanderung zwischen handeln und abwarten? Wenn man erst einmal anfängt, dass zu hohe Körpergewicht seines Kindes zu thematisieren, dann ist es nicht selten mit der Unbeschwertheit vorbei. Dann wollen alle helfen, ihr Kind zum Guten zu verändern. Aber dabei entsteht das Risiko, dass Ihr Sohn oder Ihre Tochter selbst nicht mehr das Gefühl hat: „Ich bin OK, so wie ich bin!“ 24 Im Kleinkindalter ist eine pummelige Statur noch kein Grund zur Besorgnis – obgleich Kinderärzte die niedlichen Babyspeck-Bilder auf Babygläschen und Kekspackungen für völlig falsch halten, weil sie suggerieren, der Babyspeck gehöre zu einer gesunden Entwicklung dazu. Dem ist nicht so. Wir sind in der Familie alle so! Oft ist das Zuviel verlockender Speisen nicht der Hauptgrund für die kräftige Statur: Die Neigung Übergewicht zu entwickeln kann sich auch vererben. Die Gene spielen eine wichtige Rolle, wenngleich nicht die einzige. Aber weil Kinder in Schüben wachsen, ist Übergewicht nur alarmierend, wenn es von Dauer ist. Im Vorschulalter schießen die Kinder in die Länge und brauchen dafür die Reserven auf – manches vermeintliche Kilo zu viel verschwindet also von ganz alleine wieder. So haben Studien ergeben, dass sich der Body-MassIndex bei eineiigen Zwillingen ähnelt, auch wenn diese getrennt aufgewachsen sind. Zwar ist das elterliche und adoptiv-elterliche Vorbild einer gesundheitsbewussten Ernährung nicht zu unterschätzen. Das Gewicht von adoptierten Kindern weist aber eher Parallelen zum Gewicht der leiblichen Eltern auf – nicht zu dem der Adoptiveltern. Das Gleiche spielt sich später noch einmal ab: Im Grundschulalter nehmen die Kinder im Verhältnis zum Längenwachstum schneller an Gewicht zu, strecken sich dann aber in der Pubertät. Die Perzentilkurven (S. 19) ­verhelfen zu einer sachlichen Bewertung. Denn jeder Mensch hat ein biologisches Fettspeicherprogramm geerbt, das für unsere Vorfahren das Überleben in Zeiten der Not und nach Missernten ermöglichte. Du kannst Dir wirklich sicher sein: Das Dicksein ist kein unentrinnbares Schicksal! Wenn Du dieses „schnelle Zunehmen“ nun mal von Deinen Eltern mitbekommen hast, musst Du leider mehr auf Dein Essen und Bewegen achten und dauerhaft gegensteuern. Diesen „Lebensauftrag“ muss man sich natürlich so einfach wie möglich machen und ein bisschen herumprobieren. Überlege aber unbedingt gleich auch einmal, welche guten Eigenschaften Du von Deinem Vater, Deiner Mutter und vielleicht auch von Deinen Großeltern geerbt hast. So eine Liste ist auch ganz, ganz wichtig. 25 ZUSAMMENHÄNGE VERSTEHEN Liegt es wirklich nur am Essen? In keiner Phase des Lebens ist eine gesunde Ernährung so wichtig wie in der frühen Kindheit und Jugend, weil der Nährstoffbedarf während des Wachstums besonders hoch ist. In diesen Lebensabschnitten werden aber auch Grundlagen für spätere ernährungsbedingte Krankheiten wie das behandlungsbedürftige Übergewicht, die Adipositas, gelegt. Konnten Sie früher beobachten, dass Ihr Kind ohne viele Worte das nachgemacht hat, was es bei Ihnen gesehen hat? Dieses Modell-Lernen erleichtert die Erziehung ganz erheblich und ermöglicht den Kindern diese rasante Entwicklung. Das Nachahmen hält aber nicht davon ab, auch ungünstige Gewohnheiten der Großen zu übernehmen! Segen und Fluch in einem und daran anschließend die Auseinandersetzung mit der unausweichlichen Vorbildfunktion. Das kann schon mal Druck machen oder in der Familie heftige Diskussionen auslösen. Deshalb ist es im Grunde notwendig, mit der ganzen Familie solche Essgewohnheiten einzuüben, die kein Übergewicht provozieren. Je selbstverständlicher eine bewusste und gesunde Kost als normales Essen auf den Tisch kommt, desto leichter fällt es vor allem den jüngeren Kindern, diesem Vorbild zu folgen. In der Regel erreicht man mit dieser Klarheit auch weniger Stress ums Essen. Mehr zu diesem Thema ab Seite 32. Ich mag keinen Sport Viele Kinder – aber längst nicht alle – empfinden Übergewicht beim Sport als unangenehm und hinderlich. Sie halten sich für unsportlich, werden im Sportunterricht als Letzte gewählt und verlieren dadurch weiter die Lust auf mehr Bewegung. Erinnern Sie sich, wie es bei Ihnen früher im Sportverein zuging? Beim Fußball-Training herrschte ein kameradschaftlicher, aber rauer Ton und nur wer gut war, wurde bei Punktspielen auf das Feld geschickt. Bei Tanz- und Ballettgruppen werden auch heute noch enge Trikots getragen, die jeden Blick auf die Figur zulassen. Beim Judo müssen die schweren, jüngeren Judoka gegen die erfahrenen Großen in einer Gewichtsklasse gegeneinander antreten. Können Sie verstehen, dass Ihr Kind da mutlos wird? Versuchen Sie Ihrem Kind zu vermitteln: Niemand wird unsportlich geboren. Auch macht das Dicksein allein nicht weniger sportlich. Wahr ist: Bewegung ist in jedem Alter unbedingt wichtig für die Muskeln – und auch mit jedem Gewicht. Was aber auch wahr ist: Weniger Bewegung und Aktivität bringt mehr Gewicht auf die Waage. Von euch lass ich mir nichts sagen! Je jünger die Kinder sind, desto stärker orientieren sie sich noch an den Eltern und dem familiären Umfeld. Im Kindergartenalter kommen Einflüsse der anderen Kinder und der Erzieher hinzu. Schulkinder treffen mit dem Taschengeld bereits eigene Kaufentscheidungen. Es wird immer bedeutsamer, was Freunde essen und welchen Sport sie betreiben. Hinzu kommt die Werbung: Sie spricht Kinder und Jugendliche ganz gezielt an und trägt so dazu bei, gezielte Bedürfnisse zu wecken. Ab zirka zehn Jahren beginnen die Kinder, ihren eigenen Weg zu suchen. Das ist gut so. Hast Du schon mal überlegt, etwas ganz anders zu machen als es bei Euch üblich ist? Zum Beispiel anstatt sich vor dem Frühstück die Haare zu kämmen, es einfach mal gar nicht zu machen – den ganzen Tag nicht? Wer sagt schon, dass das, was Deine Eltern für richtig halten auch tatsächlich richtig ist. Klar muss man da mal Sachen ausprobieren! Sei überzeugt, Du wirst da auch gute Ideen finden – auch in den Bereichen Essen und Bewegen. Es besteht in dieser Zeit des Erwachsenwerdens ein erhöhtes Risiko, dass Gewichtsprobleme in eine Essstörung münden. Insbesondere bei Mädchen gilt die Pubertät auch als ein kritisches Alter für die Entstehung von Übergewicht und Magersucht. Trotzdem ist es ein wichtiger Prozess, den Kindern und Teenagern Stück für Stück die Eigenverantwortung deutlich zu machen, die sie für sich und ihren Körper haben. 4. Aufgabe Was passiert dann? Neulich ist David (9 Jahre, übergewichtig) richtig schlecht geworden, nachdem er auf der Geburtstagsfeier seines besten Freundes abends Fladenbrot, Gemüsesticks und Dip gegessen hatte. Die ganze Nacht hat er sich im Bett gewälzt und musste sich später noch übergeben. Seiner Schwester Sophie (12 Jahre), die nicht auf dem Geburtstag war, ging es genauso schlecht. Beim nächsten Geburtstag können die Kinder abends zwischen Kartoffelsalat, Gemüsesticks, Würstchen, Fladenbrot und Ketchup wählen. Was isst David? Warum? Auflösung siehe Seite 50 26 27 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Die „differenzierte Indikation“. Was hilft denn nun? Nach vielen Gedanken über die Situation und die Entwicklung ihres Kindes, stellt sich natürlich die Frage: Was hilft uns denn nun? Den überflüssigen Pfunden zu Leibe zu rücken ist aus gesundheitlicher Sicht Vorbeugung und Behandlung zugleich. Radikale Abspeckkuren haben sich jedoch nicht bewährt. Heute setzen Experten auf mehrschichtige Therapieprogramme. Am Anfang steht deshalb die schwierige Entscheidung: Welche Unterstützung braucht mein Kind? Was brauchen wir als Eltern? Können wir das in der Familie noch allein regeln oder ist fremde Hilfe sinnvoll? Reicht vielleicht ein einzelnes Beratungsgespräch oder scheint eine fachkundige Begleitung über ein Jahr oder länger die beste Lösung zu sein? Folgende unterschiedlichen Angebote stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. I. Umsetzung eines Programms in Eigenregie. Der Fachhandel bietet zahlreiche Ratgeber und Ernährungsfahrpläne speziell für Kinder und Jugendliche. Achtung bei Versprechen über einen schnellen Erfolg! Wer schnell an Gewicht verliert, nimmt es meist ebenso schnell wieder zu. Worauf es bei der dauerhaften Umstellung der Ess- und Trinkgewohnheiten wirklich ankommt, lesen Sie auch auf Seite 36. Empfehlenswert ist zum Beispiel das Buch „Wie Ihr Kind abnehmen kann“ von Sonja Mannhardt, herausgegeben von den Verbraucherzentralen. Es enthält ausführliche Tipps und Hilfestellung, um im Alltag ein Bewusstsein für Essen, Lebensmittel, Trinken und Essmenge zu bekommen. Außerdem bekommt man Anregungen für ein sinnvolles Freizeitverhalten. II. Individuelle Ernährungsberatung. Viele Ernährungsberater bieten vor Ort einzelne oder gemeinsame Beratungen für Eltern, Kinder und Jugendliche an. Teilweise arbeiten Kinderärzte auch mit Ernährungsberatern zusammen und können Kontakte vermitteln. In der persönlichen Einzelberatung geht es um die Gestaltung des Alltags und die konkrete Unterstützung, die Eltern ihren Kindern geben können. Insbesondere wenn vor Ort alternative Angebote fehlen, ist die Ernährungsberatung ein guter Einstieg. 28 III. Erziehungsberatung. In manchen Fällen bleibt eine Ernährungs- und/oder Bewegungsumstellung erfolglos, wenn die Ursachen für das Übergewicht im familiären Miteinander liegen – gegen „Kummerspeck“ kann das Verhaltenstraining „Essen und Bewegen“ nicht helfen. Hier setzt die Erziehungsberatung an, die vor Ort in vielen Mutter-Kind-Zentren oder in den Gesundheitsoder Jugendämtern der Stadtverwaltung angeboten wird. Nähere Auskünfte erhalten Sie auch bei Ihrem Kinder- oder Jugendarzt. Im Kontakt mit der Erziehungsberatung kann sich heraus kristallisieren, dass eine Psychotherapie für die Familie oder das Kind eine Wendung bringen könnte. Auch Angebote von Gruppen mit anderen Betroffenen sind so zu finden. IV. Ambulante Programme. Bundesweit werden zahlreiche ambulante Therapieprogramme angeboten, die über mehrere Monate in kleinen Gruppen die Verhaltensänderungen im Alltag trainieren und festigen wollen. Gute Programme decken die Themen Essen, Bewegen und psychosoziales Befinden ab. Die Einbeziehung der Eltern sollte unbedingt vorgesehen sein. V. Stationäre Maßnahmen. Auch Kur genannt: Um den Pfunden zu Leibe zu rücken, verbringen Kinder und Jugendliche mindestens vier Wochen in einer speziellen Einrichtung (Kurhaus, Kurheim, Klinik), die ihren Schwerpunkt in der Behandlung von Übergewicht/Adipositas setzt. Die Kinder/Jugendlichen fahren meist ohne ihre Eltern. Es gibt ein intensives Schulungsangebot und attraktive Freizeitangebote. Exklusiv für ihre Versicherten bietet die DAK-Gesundheit eine nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entwickelte Maßnahme in ihrer Fachklinik „Haus Quickborn“ auf Sylt an. An den sechswöchigen Aufenthalt der Kinder und Jugendlichen schließt sich ein Begleitprogramm für zu Hause an, das den langfristigen Erfolg sichern hilft. Hier werden Kinder und Eltern gemeinsam betreut. Lassen Sie sich gern in Ihrem Service­zentrum der DAK-Gesundheit beraten, welche Möglichkeiten es für Sie und Ihr Kind gibt. Hier erhalten Sie auch Adressen von anerkannten Ernährungsberatern/innen und erfahren, an welchen Kosten sich die DAK-Gesundheit beteiligen kann. 29 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN In kleinen Schritten zum Erfolg. Mit „10 Kilo weniger in vier Wochen“ – und das auch noch dauerhaft – darf eigentlich niemand rechnen. Zu gerne würden die Experten dieses geheime Erfolgsrezept vorstellen. Aber es existiert nicht. Die Erfolgsperspektive bei der Behandlung von Übergewicht heißt vielmehr: Kleine Erfolge erkennen und schätzen! Wichtig: Der Erfolg lässt sich dabei nicht allgemein ermitteln, sondern muss bei jedem Kind individuell bewertet werden. Was für den einen ein großer Erfolg ist, ist für den anderen schon lange selbstverständlich und nicht der Rede wert. Deshalb ist ein erreichter Erfolg auch nicht nur die Anzeige auf der Waage, sondern die Verbesserung der Alltagsgewohnheiten in Bezug auf Bewegung und Essen. 30 Gute Angebote (Kuren, Schulungen, Programme) sind teuer und aufwendig und müssen auch stets auf ihren Erfolg hin geprüft werden. Nicht das Angebot allein kann beweisen, dass es funktioniert. Nur die Erfahrungen und Ergebnisse der beteiligten Familien können zeigen, ob das Konzept stimmt. Kannst Du verstehen, dass ein Angebot nicht FÜR Dich und Deine Eltern gemacht wird, sondern am besten gelingt, wenn sich Pläne und Ideen MIT Euch zusammen entwickeln lassen. Die Ernährungsberater, Ärzte oder Psychologen sind wichtige Helfer, um die kleinen Erfolge sichtbar zu machen. Untersuchungen und Fragebögen, auch noch nach offiziellem Abschluss, gehören aus diesem Grund dazu. Was können Eltern tun? Auch ohne die Absprache mit Ihrem Kind, können Sie unterstützen. Zum Beispiel: JJ Beobachten Sie die Gewichtsentwicklung längerfristig und notieren Sie das Gewicht in einer Tabelle oder Kurve JJ Leben Sie das vor, was Sie auch von Ihrem Kind erwarten. So testen Sie gleichzeitig die Machbarkeit all der gut gemeinten Vorschläge JJ Hinterfragen Sie Werbung und Verkaufsstrategien für Lebensmittel sehr kritisch JJ Versuchen Sie beim Projekt „Abnehmen“ immer auf Augenhöhe mit Ihrem Kind zu sprechen. Ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben vermittelt Ihrem Kind Unterstützung JJ Üben Sie keinen Druck aus. Aber versuchen Sie Verantwortung angemessen zu übertragen, ohne zu überfordern Richtig essen – aber wie? Die gesunde Ernährung ist insbesondere im Kindes- und Jugendalter wichtig, weil der Nährstoffbedarf im Verhältnis zum Körpergewicht relativ hoch ist. Es geht also nicht darum, weniger – sondern das Richtige zu essen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat in der Broschüre „Das beste Essen für Kinder“ die Ernährungsempfehlungen sehr anschaulich zusammengestellt. Sie berücksichtigen einerseits die Umsetzbarkeit im Alltag, den Spaß am Essen und andererseits auch die Nährstoffzufuhr im Hinblick auf die Vermeidung ernährungsbedingter Krankheiten. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl empfehlenswerter Bücher und Broschüren zum Thema Kinderernährung. Eine Auswahl ist auf Seite 49 aufgeführt. 31 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Drei Regeln sind ausreichend. Die Grundlagen sind denkbar einfach. Maßgeblich sind drei Regeln für die Lebensmittelauswahl. Diese lauten: Sparsam genießen. Fettreiche Lebensmittel, Snacks und Süßwaren. Mäßig und regelmäßig. Tierische Lebensmittel wie Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Ei. Gerne zugreifen. Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis und Getränke. Gute Unterstützung für Ihr Kind bedeutet zum Beispiel: Die drei Regeln auch in der Zubereitung der Familienmahlzeiten aufzugreifen. Hätten Sie gewusst, dass ein Croissant so viel Fett enthält wie 23 normale Brötchen? Zum Brötchen zu greifen, wenn Croissants daneben liegen ist auch für Erwachsene eine unheimlich schwere Aufgabe. Für alle ist es am einfachsten, wenn in der Familie alle das gleiche Essen und im Kühlschrank nicht der Magerjoghurt für Ihr übergewichtiges Kind neben dem Vollmilchjoghurt für den Rest der Familie steht. Gemüse zum belegten Brot sind kein Diät-Programm, sondern für alle gesund. Was könnten Kinder und Jugendliche schaffen? Nimm Dir Zeit, um mit Deinen Eltern gute Ideen auszutüfteln und probiere immer mal etwas Neues aus. Hier kommen ein paar Ideen: JJ Iss das Gemüse und Obst, wenn Du es in Deiner Schulbrot-Dose findest JJ Hol Dir kühles Wasser aus der Leitung, wenn du großen Durst hast JJ Freu Dich, dass Du gute Zähne hast, um auch die Kanten vom Brot und grobes Brot zu kauen JJ Schau Dir verpackte Lebensmittel an und suche den Fett- und Zuckergehalt in der Tabelle JJ Probiere genau, welche nicht so fetten Wurstsorten Dir auch schmecken JJ Ganz wichtig ist auch: Das maßvolle Naschen muss erst geübt werden. Nicht Verbote nützen, sondern gut schmeckende Alternativen und das sichere Einschätzen von passenden Portionen. Hilfreich ist auch, wenn kalorienfreie oder -arme Getränke wie Mineralwasser, Saftschorlen und Früchte- oder Kräutertees standardmäßig bereit stehen! 32 JJ JJ JJ Stell Dir möglichst oft die Frage: „Habe ich jetzt gerade wirklich Hunger? Oder nur Appetit? Oder ist es nur Durst? Versuche Essen und andere Beschäftigungen voneinander zu trennen, damit Du Deine Portion besser wahrnehmen kannst Erprobe, welche Kleinigkeiten Du Dir in der Küche auch schon mal selbst zum Essen fertig machen kannst Wenn du doch einmal z.B. vor dem Fernseher isst, mache Dir vorher Portionen, um nebenbei nicht einfach immer weiter zu essen 33 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Ernährungspyramide der DAK-Gesundheit Zum Verfeinern Zum maßvollen Genuss Idee nach: aid-Ernährungspyramide, Idee: S. Mannhardt; www.aid.de Zum Sattessen 34 Zum Genießen Süßes, fette Snacks, Limonaden Koch-, Brat- und Streichfette Milch und Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Ei, Wurst Brot und Beilagen Obst und Gemüse Zum Durstlöschen Mineralwasser, Saftschorlen, Früchtetee 35 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Essen und Trinken nach der Pyramide. JJ JJ JJ JJ JJ JJ JJ JJ 36 Die einzelnen Kästchen der Pyramide sind die Portionen für den Tag Der rote Rand bedeutet: 3 x genießen mit Süßigkeiten, Softdrinks oder salzigen Snacks. Und Mahlzeiten zubereiten mit einer Portion Öl und Streichfett Der gelbe Rand bedeutet: 4 x essen für die Muskeln und den Körper mit Milch und Milchprodukte, Fleisch, Wurst, Fisch und Ei Der grüne Rand bedeutet: 9 x erfrischen und satt essen mit Brot, Kartoffeln, Reis, Nudeln, Gemüse und Obst 6 x Durst löschen mit Mineral-, Trinkwasser, Saftschorlen, Kräuter- und Früchtetee 5. Aufgabe Was passiert dann? Sarah (10 Jahre, übergewichtig) bekommt von ihrer Mutter immer ein gesundes Pausenbrot mit. Normalerweise isst sie es auf, denn sie weiß, dass das gute Sattmacher und keine Dickmacher sind. Neulich hat eine Klassenkameradin für alle Kinder Salzstangen und Brezeln mitgebracht, so dass Sarah ihr Pausenbrot nicht mehr essen mochte. Zuhause bemerkt Sarahs Mutter die volle Brotdose und schimpft, dass sie irgendetwas anderes gegessen hat: „Du weißt doch, dass Süßigkeiten dick machen. Wozu mache ich mir jeden Morgen die Mühe!“ Wie fühlt sich Sarah? Was macht sie beim nächsten Mal? Warum? Auflösung siehe Seite 51 Abnehmen ohne Druck. Freie Entscheidungen statt starre Regeln – das ist der Grundstein für den Erfolg. Denn bereits für die Kleinen und erst recht für Jugendliche gilt: Veränderungen sind nur dann langfristig, wenn Spielräume zur freien Gestaltung bleiben. Tagesform oder Stimmung sind mitentscheidend für das Essverhalten. Üben Sie für sich selbst – oder gleich zusammen mit Ihren Kindern – vor dem Essen folgende Frage ein: „Wie groß ist mein Hunger?“ oder auch „Spüre ich gerade richtigen Hunger im Bauch oder ist es eher (nur) Appetit auf etwas ganz Bestimmtes? Mit der Antwort erklärt sich dann eigentlich die passende Portionsgröße. Am Ende passt dann die Frage: „Wie satt fühle ich mich?“ Diese Wahrnehmung von Hunger und Sättigung ist eine langfristige Trainingsaufgabe, die aber eine sehr positive Wirkung verspricht. Viele Menschen essen gar nicht, weil sie Hunger haben, sondern aus Gewohnheit oder unter großer Anspannung. Das kann passieren, wenn das spannende Computerspiel oder die schwierige Arbeitsaufgabe sämtliche Nerven kostet. Manchen hilft eine kurze Unterbrechung, um die Entscheidung für oder gegen das Essen bewusster treffen zu können. Gerade das unkonzentrierte „Nebenbei-Essen“ vor dem Fernseher, dem Computer oder bei der Arbeit ist eine häufige Quelle für überzählige Kalorien. Kennst Du diese beschriebenen Situationen? Hast Du Deine Eltern schon e­ inmal beobachtet, ob sie in solche „Zu-Viel-Futter-Fallen“ hineintappen? Kommt es vor, dass sie ihr Essen in Ruhe und am Tisch genießen können? Vielleicht müsst Ihr das alle zusammen mal eine Zeit lang ausprobieren, wie das „Essen nach der Pyramide“ am leckersten hinzubekommen ist. Essen ist etwas sehr Schönes und soll jedem Freude und Genuss bereiten. Auch die Experten wissen heute: „Gesund ist gut – lecker ist besser!“ Da lässt sich aber etwas machen. 37 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Motivation und Einstellung. Was können Eltern noch tun? Zusammen arbeiten ist ganz anders als miteinander ein Gespräch führen. Einen Versuch ist es wert, dass Sie Ihr Kind in die Zubereitung des Essens einbeziehen. Seien Sie neugierig und mutig, was so gemeinsam entsteht – eventuell auch ein unerwartetes Gesprächsthema. Was halten Sie von einem Familienrat über Fleisch, Gemüse und Getränke? Erfahrungsgemäß gehen die Meinungen, wovon man wie viel haben möchte oder braucht weit auseinander. Das muss am besten mal gemeinsam ausdiskutiert werden. Ermutigung wirkt immer, ein Lob beflügelt, nach Anerkennung sucht auch – und besonders – Ihr übergewichtiges Kind. Schauen Sie in Ruhe, auch zusammen mit anderen vertrauten Erwachsenen, welche Wertschätzung Ihr Kind verdient. Großzügigkeit hat hier einen ganz hohen Stellenwert. Bewegung tut gut. 6. Aufgabe Was passiert dann? Früher, vor drei bis vier Jahren, war es immer so, dass Vater eine besonders lange Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat, wenn Frederik und Paul ganz schnell Abendbrot gegessen und sich schnell für die Nacht fertig gemacht hatten. Wie essen die Kinder (­Frederik, 7 Jahre, dünn, und Paul, 9 Jahre, pummelig) jetzt ihr Abendessen? Warum? Auflösung siehe Seite 51 Viele Menschen stimmen dieser Aussage sofort zu. Und für viele hat Sport einen festen Platz in ihrem Alltag. Andere Menschen haben Bewegung noch nie als wohltuend erlebt. Wie schätzen Sie Ihr Kind ein? Kann es überall gut mitspielen und mithalten? Bewegt es sich behäbiger und kommt schneller aus der Puste? Was erzählt es vom Sportunterricht in der Schule? Wie sind die Lehrer und Trainer? Bewegung ist nicht dasselbe wie Sport! Auch wer mit Sportunterricht und Vereinssport keine guten Erfahrungen macht, kann die Vorteile von Bewegung für sich nutzen. Der Schlüssel: Ein bisschen mehr Aktivität im Alltag fördert schon die Muskelarbeit und damit den Kalorienverbrauch. Natürlich muss man so lange suchen, bis man etwas gefunden hat, wo die Bewegung Spaß macht oder wenigstens nützlich ist. Woran denkst Du bei dem Stichwort „Aktivität im Alltag“? Alles was jetzt folgt, passt gut als Idee zu Deinem Projekt „A“ (= A wie Abnehmen, Aktivität und Alltag): Treppe statt Rolltreppe, Schulweg mit dem Fahrrad (bis zu 5 x pro Woche!), Rasenmähen oder Gassi gehen (für mehr 38 Taschengeld?), Fußball statt Computerraum in der Schulpause, mit dem Fahrrad zu den Freunden und zum Shoppen, tanzen statt chillen. Wusstest Du, dass sportliche, muskulöse Menschen auch faul auf dem Sofa mehr Energie verbrauchen? Weil viele Muskeln viel Energie verbrauchen, auch wenn sie ruhen. Wichtige Denkrichtung: Muskeln brauchen Bewegung, sonst verkümmern sie. Was können Familien tun? Um zu ermitteln, was in Ihrer Familie viel oder wenig Bewegung ist, könnten Sie eine Bestandsaufnahme machen: Jedes Familienmitglied ermittelt seine tägliche Bewegungszeit – dann wird verglichen! Weil unerreichbare sportliche Ziele extrem demotivieren, suchen Sie gemeinsam vorsichtig nach realisierbaren Aufgaben. Dann folgt das Ausprobieren und Variieren! Die Sammlung von persönlichen Bewegungspunkten an einer gemeinsamen Pinnwand, kann ein lockeres Familien-Ranking ergeben und anspornen, in der nächsten Woche einen Platz besser zu sein. 39 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Nichts ist unmöglich. Alle Ratschläge sind nur so gut, wie sie im täglichen Leben praktikabel sind. Spätestens, wenn das Essen nicht schmeckt, hat der klügste Mahlzeitenplan sein Ziel verfehlt. Spätestens, wenn ein Kind mit dem Fahrrad im Straßenverkehr Ängste entwickelt und sich unsicher fühlt, wird wieder der Bus genommen. Weniger ist mehr! Nach diesem Motto können Eltern die Ziele zur Gewichtsentwicklung ihres Kindes formulieren. Lieber erst mal kleine Schritte über einen größeren Zeitraum umsetzen, als vorschnell etwas Neues und Schwieriges erfolglos zu probieren. 40 Verhalten ist veränderbar. Aber es dauert lange! Es hat zum Beispiel Jahre gebraucht, Kindern das Fahrradfahren nur mit dem Helm zu erlauben, der vor schweren Unfallfolgen schützt! Früher hatte kein Kind einen Helm auf dem Kopf. Heute nahezu jedes, sogar unter den Erwachsenen steigt die Zahl der Helmträger – langsam! Sind Sie sich sicher, dass Ihr Kind alle Fähigkeiten erlernt hat, die es für ein „gesundes“ Verhalten braucht? Wie stark ist Ihr Kind zu Veränderungen motiviert? Wie lässt sich die Motivation stärken, ohne für kleine Erfolge immer gleich große Geschenke zu machen? Seien Sie sicher, dass die Anzeige auf der Waage, die Motivation nicht erzwingen kann. Motivation wird durch das Gefühl gestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein, kleine Erfolge zu erkennen und dafür Lob zu erhalten. Es ist schwer zu entscheiden, welcher Zeitpunkt richtig ist, um das Projekt in der Familie zu starten. Sicher sind die Kinder- und Jugendärzte oder die Schulärzte die ersten, die die Grenze zum behandlungsbedürftigen Übergewicht erkennen. Manchmal sind es auch die Eltern, die die körperliche Entwicklung des Kindes mit Sorge beobachten. Sehr sensibel ist der Punkt, an dem ein Kind oder Jugendlicher zustimmt, dass Thema „Abnehmen“ auf die Tagesordnung zu setzen. Weißt Du eigentlich genau, was Du willst? Was stört und bedrückt Dich am meisten? Hast Du selbst eine Idee, wer oder was Dir am besten helfen kann? Wie bereit bist Du, Veränderungen eine bestimmte Zeit lang auszuprobieren? Kannst Du mithelfen, diese Veränderungen zu erforschen und sie auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen? Lass Dich nicht entmutigen: Schlägt eine Methode fehl, probiert Ihr eine neue. 7. Aufgabe Was passiert dann? Heute kommen die Großeltern zu Besuch. Die Schwestern Hanna (5 Jahre, dünn) und Julia (8 Jahre, pummelig) stehen schon am Fenster. Sie freuen sich, weil Oma und Opa immer etwas mitbringen – meistens etwas Süßes. Und tatsächlich, auch heute gibt es wieder eine Tafel Schokolade für jeden. „Aber esst nicht gleich alles auf, sonst bekommt ihr Bauchschmerzen!“, mahnt der Vater. Beide Mädchen gehen strahlend in ihr Zimmer. Was machen sie dort? Warum? Auflösung siehe Seite 51 41 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Alltagsstreit ums Essen und Bewegen umgehen. Klare Grundsätze, hilfreiche Orientierung. Geduld, Toleranz und auf Einsicht und Harmonie setzen. Das klingt wunderbar. Leider sieht die Realität öfter mal anders aus. Es ist ganz normal, dass Teenager sich nicht gern alles sagen lassen. Sie entwickeln auch die Fähigkeit, immer besser für ihre Anliegen zu argumentieren! Lesen Sie hier einige typische Alltagssituationen, auf die Sie sich einstellen sollten und für die Sie familiäre Grundsätze oder Kompromisse finden müssen. „Gemüse mag ich nicht!“ Wer kennt dafür den Grund? Es lohnt sich, nach einer genauen Erklärung zu fragen. Vielleicht geht es nur um eine andere Gemüsesorte oder die Zubereitungsart, zum Beispiel in Kombination mit anderen Lebensmitteln, mit leckeren Gewürzen oder einer leichten Soße. Fragen Sie nicht nur nach Ja oder Nein, sondern auch nach dem Warum und dem Wie! 42 „Täglich nur eine Stunde Computer spielen ist doch viel zu kurz!“ Ein Problem oder eine Aufgabe am Computer zu lösen oder im Internet etwas zu finden kann schnell mehr als eine Stunde dauern! Es scheint heutzutage mit der enorm schnellen Entwicklung der Technik besonders schwierig zu sein, die passende Computerzeit festzulegen. Eltern müssen dafür wissen, was die Kinder am Bildschirm machen: Filme sehen? Online-Spielen? Recherchieren? Programmieren? Kommunizieren? Schularbeiten machen? Zeitung lesen? 10-Finger-Schreiben-Lernen? Musik hören? Lassen Sie sich zeigen, was Ihr Kind alles kann. Unterscheiden Sie Pflichtaufgaben von Freizeitbeschäftigungen und vereinbaren Sie dann eine realistische „WochenComputer-Spiel-Zeit“, die sich Ihr Kind selbst einzuteilen lernt. Für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem PC müssen Eltern und Kinder erst einmal gemeinsame, aber flexible „Spielregeln“ entwickeln, denn langfristig zählt hier die Befähigung zur Selbstkontrolle. „Kann ich noch etwas Süßes haben?“ Diese Frage ist die wohl strittigste überhaupt. Oft folgt: „Du hast für heute schon genug!“ und „Ich will aber noch mehr! Nur ein ganz kleines Stück“. Wer hat da eigentlich den Überblick? Die Ernährungspyramide beschreibt die Häufigkeit (= 1 x am Tag) und die Hand beschreibt die Menge (= 1 Hand voll oder 1 Glas voll). Klare Grundsätze ersparen endlose Diskussionen. Helfen Sie Ihrem Kind, dieses Maß einzuhalten, indem Sie es selbst so vorleben. Akzeptieren Sie in Ihrer Familie, dass Sie es in diesem Punkt strenger nehmen müssen als viele Familien in Ihrem Umfeld. Aber die eine Süßigkeit am Tag könnte dadurch auch ein absoluter Genuss werden. „Alle dürfen Cola und Limo, das will ich auch!“ Es spricht nichts dagegen nur einmal am Tag ein Glas Cola zu trinken. Allerdings machen es die „to-go-Angebote“ (z.B. ½ l Liter-Flaschen, der Jumbo-1-l-Becher im Kino und das 1,5-l-Sonderangebot) extrem schwer, es bei nur einem Glas zu belassen. Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch gerade die getrunkenen Kalorien für das zunehmende Übergewicht in der Bevölkerung verantwortlich sind. Das darf man nicht außer Acht lassen und muss konsequent gegensteuern. Wasser ist der Durstlöscher Nr. 1! Das kann man in der Familie besser vorleben, wenn kein Softdrink-Vorrat zu Hause ist. Wann ist es Ihrem Kind besonders wichtig, diese zuckerreichen Getränke zu wählen? Versuchen Sie gemeinsam die Situationen zu unterscheiden: Ist es das „Mithalten“ in der Clique oder Langeweile am Nachmittag? Wie lässt sich daran etwas ändern? Ein Liter Limonade hat die Kalorien von gut zwei Tellern gekochter Nudeln. 43 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN „Euer Essen schmeckt mir nicht. Dann esse ich lieber gar nichts!“ Manche Kinder und Jugendlichen leben in zwei (Ess-) Kulturen: Die Schule und der Freundeskreis mit deutschen Gerichten und zuhause die Küche des Herkunftslandes der Familie. Die Familienmahlzeiten zu meiden kann zur Folge haben, unterwegs und unregelmäßig mit Süßigkeiten und Fast Food den Hunger zu stillen. Es fällt den Jugendlichen schwer, sich zu entscheiden oder ihren eigenen Ernährungsstil zu finden. Welche konkreten Verbesserungsvorschläge können Sie Ihrem Kind entlocken? Könnte die Ablehnung auch mit der Essensatmosphäre oder der Tageszeit zu tun haben? Versuchen Sie, über die geäußerte Entscheidung ins Gespräch zu kommen, auch wenn Sie betroffen sind, dass Ihr Essen abgelehnt wird. Vielleicht findet Ihr Sohn oder Ihre Tochter selbst eine Alternative, die ebenso gesund und sättigend ist? Zur Entwicklung des eigenen Essstils hilft es zuzulassen, dass Ihr Kind sich eigenständig etwas anderes in der Küche zubereitet. Dann aber trotzdem zeitgleich gemeinsam mit Ihnen am Familientisch isst. „Ich brauche Geld, wir wollen nachher Döner essen!“ Mit der Clique Döner essen ist „Kult“. Was die Freunde machen ist angesagt, da muss ein Jugendlicher dazu gehören. Die Atmosphäre im Fast Food-Restaurant trifft den Geschmack der Jugendlichen, genauso wie das angebotene Essen. Kommt das oft vor oder ist dieser Wunsch eine Ausnahme? „Auf die Kombi kommt es an!“ Tüfteln Sie mit Ihrem Kind einen Wegweiser durch den Fast-FoodDschungel, der vor dem Zunehmen schützt. Die FastFood-Ketten bieten inzwischen auch ein paar leichte Alternativen. Setzen Sie darauf, dass Ihrem Kind das Dabeisein wichtiger ist als die Auswahl spezieller Produkte. All diese Beispiele machen deutlich, dass Geduld, Verständnis, Zuversicht, Fantasie und Zeit gefragt sind. Genau das wird auch von den Angeboten der Kurheime, Kliniken und ambulanten Anbieter praktiziert und gefordert. Die Vielfalt der Themen macht deutlich, wie mühevoll Erfolge zu erzielen sind – sowohl in der Familie als auch in den Gruppenangeboten. Klar ist: Adipositas lässt sich nicht mit Medikamenten behandeln, sondern nur mit einfühlsamer Zuwendung aller Erwachsenen im Umfeld des übergewichtigen Kindes. 44 45 VERÄNDERUNGEN ANGEHEN Der 10-Schritte-Plan der DAK-Gesundheit. Kaum ein Thema ist so komplex wie das des Übergewichts: Das seelische und körperliche Befinden spielt dabei eine Rolle und es reicht bis hin zu gesundheitlichen Aspekten, die sich vielleicht erst im Erwachsenenalter zeigen. Schnell könnte Ihr Kind überfordert sein. Gehen Sie deshalb am besten langsam und schrittweise vor – dabei soll Ihnen unser DAK-10-Schritte-Plan helfen. Schritt 1 Messen und wiegen Sie Ihr Kind selbst in größeren Abständen beziehungsweise lassen Sie es sein Gewicht selbst kontrollieren. Der Mindestabstand zwischen den Messungen beträgt eine Woche. Notieren Sie die Ergebnisse. Schritt 2 Berechnen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind den BodyMass-Index (BMI, Anleitung Seite 18 und 19) und bewerten Sie das Körpergewicht mit Hilfe der Perzentilkurven. Schritt 3 Bei einem BMI im Bereich über der 90. „Perzentile“ ist Aufmerksamkeit geboten. Beraten Sie sich mit dem Kinder- und Jugendarzt, ob Handlungsbedarf besteht. Schritt 4 Suchen Sie nach den möglichen Ursachen für das Übergewicht. Die folgende Liste liefert Ihnen dafür wichtige Anhaltspunkte: 46 Wie beurteilen Sie ganz pauschal die Situation? Meinung der Eltern Meinung des Kindes Trifft zu Trifft zu Trifft nicht zu Trifft nicht zu Wenig Bewegung Viel Fernsehen Viel Computer und Internet Viel motorisiertes Fahren Viele süße Getränke Häufig Fast Food unterwegs Einkauf von Lebensmitteln aus der Werbung Viele Fleisch- und Wurstprodukte Wenig Freunde Gewichtszunahme erfolgt stets schnell Übergewicht bei Vater und/oder Mutter 47 ANHANG Schritt 5 Hinterfragen und beobachten Sie das Verhalten in der Familie und das Ihres Kindes. Ermitteln Sie alle Faktoren, die Übergewicht begünstigen. Entscheiden Sie alle zusammen, welche Verbesserungen Sie ausprobieren wollen. Berücksichtigen Sie auch, welche Motivation Sie und Ihr Kind überhaupt haben, um eine Gewichtsnormalisierung zu erreichen. Schritt 6 Vereinbaren Sie einen Test-Zeitraum, für den Sie eine neu zu erprobende Gewohnheit konkret schriftlich formulieren. Überlegen Sie auch, wie Sie das neue Test-Verhalten überprüfen können (zum Beispiel Strichliste für die Häufigkeit und Menge von Süßigkeiten). Schritt 7 Training und etwas Durchhaltevermögen sind erforderlich, um diesen Test-Zeitraum zu absolvieren. Bitte beachten Sie: Nicht alle Neuerungen sind auf Anhieb ein Volltreffer. Beraten Sie sich immer wieder vertrauensvoll mit Ihrem Kind. Verlangen Sie von ihm nicht mehr, als Sie selbst auch leisten könnten. Es kann sehr sinnvoll sein, die erste Test-Phase sogar gemeinsam anzugehen. Die persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen lassen sich umso leichter austauschen. Schritt 8 Nach der Test-Phase kommt der Abschnitt der Prüfung für die dauerhafte Alltagstauglichkeit der gewählten Methode. Wenn sich schon bald herausstellt, dass alte Gewohn- 48 heiten zurückkehren, stecken Sie das Ziel etwas tiefer. Brechen Sie die Test-Phase nicht ab, sondern lindern Sie die erste Enttäuschung (die ja nicht von Dauer sein muss). Schritt 9 Nehmen Sie sich mit Ihrem Kind den nächsten Bereich vor, an dem Sie Spielraum für Veränderungen sehen, zum Beispiel mehr Bewegung nach einer ersten Ernährungsoptimierung. Verfahren Sie wie unter Schritt fünf und folgende. Schritt 10 Stellen Sie fest, wie weit Sie und/oder Ihr Kind es bereits geschafft haben. Loben Sie auch kleine Verbesserungen! Bewahren Sie alle Notizen und Listen auf, damit Verbesserungen im Ess- und Bewegungsverhalten auch zu einem späteren Zeitpunkt genau erkannt werden können. Weitere Möglichkeiten und Hilfen. Sollten Sie im Verlauf feststellen, dass Sie nicht die notwendige entspannte und vertrauensvolle Atmosphäre in der Familie haben, dann überlegen Sie gemeinsam, ob Ihnen ein Kinder-Eltern-Programm wie SAFARIKIDS oder eine kompetente Beratung weiterhelfen könnte. Ihr Service-Zentrum der DAK-Gesundheit hilft Ihnen gerne weiter. Ansprechpartner vor Ort sind aber auch: JJ Kinder- und Jugendärzte JJ Schulärzte JJ Ernährungsberater JJ Psychotherapeuten JJ Sportvereine Literatur und Internetadressen. Hintergrund/Ergänzende Informationen. Streber, Agnes; Egger, Angelika: KinderLeicht – Wie übergewichtige Kinder abnehmen und Lebensfreude gewinnen. Kösel-Verlag, München, 2010, ISBN 978-3-466-30840-8 Kochbücher/Rezepte. Cramm, Dagmar von: Familie in Form: Schlank werden, schlank bleiben. Das Kochbuch zum schlank werden und schlank bleiben mit 170 Rezepten, Stiftung Warentest, 2009, ISBN: 978-3-86851-008-9 Reinehr, Thomas; Dobe, Michael; Kersting Mathilde: Abnehmen mit Obeldicks und OptimiX – Der Ratgeber für Eltern übergewichtiger Kinder. Hogrefe Verlag, Göttingen, 2010, ISBN 978-3-8017-2271-5 aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V.: Esspedition Kücher. 2006, ISBN 3-830806505-1 www.aid-medienshop.de Verbraucherzentrale (Hrsg.): Wie Ihr Kind abnehmen kann. Verlagsgemeinschaft Stiftung Warentest und Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2005, ISBN 3-933705-92-4 Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (Hrsg.): Empfehlungen für die Ernährung von übergewichtigen Kindern – Gemeinsam abnehmen mit OptimX. 2010. Bezug: FKE-Broschürenvertrieb, Baumschulenweg 1, 59348 Lüdinghausen, www.fke-do.de Ellrott, Thomas; Ellrott, Birgit: Fettfalle Supermarkt – Finden Sie die fettarmen Alternativen. Neuer Umschau Buchverlag, Neustadt/Weinstraße, 2006, ISBN: 978-3-86528-123-4 Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (Hrsg.): OptimiX – Kochbuch für Kinder. 2008. Bezug: FKEBroschürenvertrieb, Baumschulenweg 1, 59348 Lüdinghausen, www.fke-do.de Internetlinks. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung www.bzga-kinderuebergewicht.de Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund www.fke-do.de Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter AGA, www.a-g-a.de Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., www.fitkid-aktion.de aid infodienst, Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V., www.was-wir-essen.de 49 ANHANG Auflösungen der Aufgaben. Aufgabe 1, Seite 12: Die Tante hat es doch gut gemeint, die hat extra geflüstert, damit die Eltern es nicht hören. Christopher geht heimlich schlemmen, denn diese Regelungen hat er satt. Er will das tun, was ihm in den Sinn kommt. Das machen seine Freunde doch auch so. Prinzipiell haben die Eltern vielleicht Recht, aber halten die sich an irgendwelche Regeln, die zu ihrem Nachteil sind? Fazit: Der vermiedene Taschengeldabzug ist kein positiver Anreiz, um das vereinbarte Ziel zu erreichen. Da ist es leichter, Wege zu finden, das kritische Thema zu umgehen und sich keiner Diskussion mehr stellen zu müssen. Aufgabe 2, Seite 13: Jannik bestellt sich eine Kugel und kann der zweiten geschenkten Kugel nicht widerstehen. Er hat doch eigentlich nur eine Kugel gekauft! Und ohne eine Kugel zu bestellen, hätte er gar nichts gehabt. Er denkt: „Ist denn eine einzige Eiskugel verantwortlich für sein Übergewicht?“ Jannik isst sein Eis mit einem schlechten Gewissen. Er weiß nicht, ob er der Mutter davon erzählen soll. 50 Fazit: Der langfristige Nutzen, nicht weiter zuzunehmen, wird von dem kurzfristig tollen Erlebnis verdrängt. Jetzt zählt: Das erste Eis der Saison, der Spaß mit den anderen und das Sonderangebot „Zwei für einen Preis!“ Aufgabe 3, Seite 15: Das Prinzip hat sich anscheinend bewährt. Sie wird es beim nächsten Mal wieder so machen. Und wenn die Note stimmt, dann ist Lernen bis zur letzten Minute statt eines ausgewogenen Frühstücks ihr persönliches Erfolgsrezept. Im Zeugnis geht es ja nicht darum, wie viel Übergewicht sie hat, sondern wie gut ihre schulischen Leistungen sind. Diese Methode wird sich später auch in anderen Bereichen fortsetzen. Fazit: Erfolge motivieren und bestätigen, dass das Handeln richtig ist. Wenn Leistung mehr zählt als Gesundheit, dann wird sich am Ess- und Lernverhalten nichts ändern lassen. Aufgabe 5, Seite 36: Sarah vermisst das Lob ihrer Mutter. Schließlich hat sie ihr Brot doch liegen gelassen, weil sie satt war. Und die Klassenkameradin hat doch gar keine Süßigkeiten verteilt. Sarah ist enttäuscht, dass ihre Mutter so wenig Vertrauen zu ihr hat. Beim nächsten Mal wird Sarah das Brot entweder noch zusätzlich essen oder heimlich wegwerfen. Dann ist die Mutter zufrieden und wird keine Vorwürfe machen. Aufgabe 7, Seite 41: Hanna und Julia machen es sich gemütlich und verspeisen ein Stück nach dem anderen. Sie wollen doch einmal ausprobieren, ob sie wirklich Bauchschmerzen bekommen, denn das können sie sich beide nicht vorstel­len. Die Tafeln sind fast aufgegessen, kein Bauchweh, keine Zahnschmerzen – also warum sollte das Schokoladeessen ungesund sein? Fazit: Fehlendes Lob und fehlendes Vertrauen zerstören die Motivation. Das schwierigere positive Verhalten wird ganz schnell wieder eingestellt, wenn die Anerkennung und das Verständnis fehlen. Fazit: Die angekündigten Bauchschmerzen erscheinen den beiden Mädchen unwahrscheinlich. Es reizt sie, das zu überprüfen. Als dann der angekündigte negative Effekt nicht eintritt, wissen sie, dass das nur ein fadenscheiniges Argument der Erwachsenen ist. Das wird sie zukünftig nicht mehr beeindrucken! Vielleicht hätten die Eltern die Großeltern einweihen sollen. Aufgabe 4, Seite 27: David isst Kartoffelsalat mit Würstchen und Ketchup. Die schlechten Erfahrungen möchte er nicht noch einmal erleben. Ihm ist nicht klar, dass Fladenbrot, Gemüsesticks und Dip gar nicht der Auslöser für die Übelkeit gewesen sein können, weil seine Schwester ja ebenfalls betroffen war. Und sie war nicht beim Geburtstag. Aufgabe 6, Seite 38: Frederik und Paul essen noch heute beide schnell. Das haben sie sich so angewöhnt, weil es sich immer gelohnt hat, schnell fertig zu sein. Wenn einer von ihnen mal getrödelt hat, wurde immer nur ein kurzes Buch vorgelesen. Jetzt essen sie schnell, damit sie noch möglichst lange im Bett ihre eigenen Bücher lesen oder Geschichten hören können. Dabei sagen die Eltern zu Paul immer, er solle langsam essen, damit er merkt, wann er satt ist. Fazit: Negative Erfahrungen prägen nachhaltig und es wird versucht, diese Erlebnisse zukünftig zu vermeiden. Dabei sind die Zusammenhänge nicht immer logisch und korrekt. Die Empfindung beeinflusst sehr stark das Verhalten. Fazit: Was sich als positives Erlebnis immer wieder bewährt hat, ist sehr fest eingeprägt und nur schwer wieder zu verändern. 51