Virtuelle Gemeinschaften: Vom Electronic Commerce zur Electronic Community Was immer auch mittels Informations- und Kommunikationstechnik unterstützt werden kann, wird als ”virtuell” bezeichnet. Es existieren virtuelle Unternehmen, virtuelle Organisationsstrukturen ja sogar virtuelle Realitäten und Welten! Dirk Zupancic erläutert, was Virtuelle Gemeinschaften eigentlich sind, wie sie entstanden und welche Chancen und Risiken sich aus Sicht des Marketing ergeben. Begriff und Entstehung Virtueller Gemeinschaften Kommerzielle Aspekte Konstituierende Elemente Möglichkeiten zum Aufbau persönlicher Beziehungen Verknüpfung von virtueller und realer Welt Chancen und Risiken Perspektiven In diesem Beitrag: Essentials • Eine Virtuelle Gemeinschaft kann als Geschäftsidee gegründet werden und Profitziele verfolgen. • Die Inhalte Virtueller Gemeinschaften werden durch die Mitglieder und ihre Interaktion selbst bestimmt und generiert. • Die Virtuelle Gemeinschaft ist eine qualitative Erweiterung des Electronic Commerce um eine interpersonelle, persönliche Komponente. • Maßgeblich für die Erträge sind die Kaufangebote, die Attraktivität des Inhalts, die Mitgliederloyalität und die Mitgliederprofile Begriff und Entstehung Virtueller Gemeinschaften Der Begriff der Virtuellen Gemeinschaft ist ein zusammengesetztes Kunstwort. Geht man von den beiden Einzelwörtern aus, so bedeutet virtuell gem. Duden ”entsprechend seiner Anlage der Fach-Info • Virtuelle Gemeinschaften Möglichkeit, aber nicht zwingend der Form nach vorhanden.” • Electronic Commerce Unter Gemeinschaft liest man dort ”Das Zusammensein/-leben • Multimedia von Personen , die durch gemeinsame Anschauungen u.ä. untereinander verbunden sind.” Dieses scheinbar widersprüchliche Autor Wortpaar wurde von Howard Rheingold zum Begriff der ”Virtu- Dirk Zupancic ist Wissenschaftlicher Mitarbeiellen Gemeinschaft” zusammengefügt. Rheingold berichtete ter am Forschungsinstitut für erstmals 1993 in seinem Buch ”The Virtual Community” von Absatz und Handel an der Uniseinen Erfahrungen in der Internet-Community ”The Well” versität St. Gallen. Seine For(http://www.thewell.com). Er definiert Virtuelle Gemeinschaften schungsschwerpunkte liegen als soziale Zusammenschlüsse, die im Netz entstehen, wenn geunter anderem im Bereich neuer nug Leute eine Plattform lange genug nutzen, so daß im virtuellen Technologien und Marketing. Email: Raum persönliche Beziehungen entstehen (Siehe Rheingold 96: [email protected] The Virtual Community). Die ersten Virtuellen Gemeinschaften entstanden Ende der achtziger Jahre. Die zugrunde liegende Technik spielt bei Communities erst in zweiter Linie eine Rolle. Der Mensch oder der Nutzer setzt gemäß der Definition nach Rheingold subjektiv die Maßstäbe. Unabhängig davon, ob die Virtuelle Gemeinschaft durch Chats, 3-D-Räume, Diskussionsforen oder ähnlichem realisiert wird, entscheidend ist, ob es gelingt, eine Plattform für das Zustandekommen persönlicher Beziehungen zur Verfügung zu stellen. Kommerzielle Aspekte Diverse Autoren verbinden die Themen Virtuelle Gemeinschaft und E-Commerce miteinander (z.B. Hagel/Armstrong 97: Net-Gain; Powers 97: How to Program a Virtual Community). Eine Virtuelle Gemeinschaft kann als Geschäftsidee gegründet werden und das Ziel verfolgen, Profit zu erwirtschaften. Es ist jedoch auch möglich, Elemente Virtueller Gemeinschaften in den gewöhnlichen Online-Auftritt zu integrieren. Tomczak/Schögel/Birkhofer bezeichnen die Virtuelle Gemeinschaft in diesem Sinne als einen Mehrwertgenerator, der einen wesentlichen Beitrag zum Nutzen der Online-Distribution für den Kunden darstellt (Tomczak/Schögel/Birkhofer 99: Online Distribution). Anbieter können demnach von anderen Motiven als der unmittelbaren Gewinnerzielung motiviert werden. Konkrete Zielsetzungen und deren Kontrollgrößen sind jedoch extrem schwierig festzusetzen. Der Grund beruht auf der Tatsache, daß die Effekte, die durch die Elemente Virtueller Gemeinschaften erzeugt werden, nicht mehr von Wirkungen anderer Maßnahmen innerhalb des Online-Auftritts getrennt werden können. Unter Electronic Commerce versteht man die elektronische Abwicklung des Geschäftsverkehrs. Als Haupttriebkraft der Entwicklung läßt sich der technische Fortschritt ausmachen. Daneben bedingen gesellschaftliche Aspekte einen Wandel in der Kommunikationspolitik von Unternehmen. Hier zeigen sich zum einen zunehmende Sättigungserscheinungen durch Informationsüberlastung. Diese führt zu einer selektiven Informationssuche und –aufnahme. Es entstehen neue Herausforderungen zur Entwicklung von Tools zu einer erleichterten, emotional aktivierenden Botschaftsvermittlung. Zum anderen führen der Drang zur Individualisierung und das Bedürfnis nach aktiver Selbstverwirklichung zu einer Veränderung der Kunden von reinen Informationsempfängern zu Kommunikationspartnern. Es darf vermutet werden, daß Virtuelle Gemeinschaften große Erfolgspotentiale besitzen. Es ist jedoch ersichtlich, daß es sehr schwierig sein wird, diese im konkreten Fall nachzuweisen oder gar konkrete Ursache-Wirkungsverläufe zu bestimmen. Konstituierende Elemente Analysiert man die grundlegenden Elemente Virtueller Gemeinschaften so lassen sich die in Grafik 1 gezeigten Merkmale identifizieren. Grafik 1: Konstituierende Elemente Virtueller Gemeinschaften Periodizität Persistenz Virtuelle Gemeinschaften Konsens Autarkie Engagement Interaktivität Quelle: Dirk Zupancic Die Inhalte Virtueller Gemeinschaften werden durch das Engagement der Mitglieder und ihre Interaktion selbst bestimmt und generiert (Autarkie). Über Interessen und Schwerpunkte besteht innerhalb einer Gemeinschaft oder zumindest innerhalb gewisser Teilgruppen ein Kon- sens. Inhalte und Mitglieder sind über einen längeren Zeitraum gleich oder verändern sich nur langsam (Persistenz). Die Mitglieder treffen sich regelmäßig wieder (Periodizität). Damit ist die Virtuelle Gemeinschaft eine qualitative Erweiterung des Electronic Commerce um eine interpersonelle, persönliche Komponente. In ihr liegt das Potential zur Befriedigung vielfältiger Grundbedürfnisse der Mitglieder. Hierzu zählen: • Interessen pflegen • zwischenmenschliche Beziehungen eingehen • Phantasien ausleben • Tauschhandel/Geschäfte abwickeln • selbstbestimmt agieren • Profilierung innerhalb der Community Die Erfolgsprognosen der Virtuellen Gemeinschaften beruhen also auf einer Kombination der technischen und der gesellschaftlichen Veränderungen. Auf Basis dieser konstituierenden Merkmale lassen sich nun Ansatzpunkte für die Umsetzung identifizieren. Ausgangspunkte der Überlegungen können dabei die Gruppe der gewünschten Nutzer und die Themen sein, die diese Gruppe interessieren oder die der Anbieter zum Mittelpunkt seiner Community machen möchte. Als Anbieter bestimmter Produkte und Dienstleistungen gilt es, die potentiellen Nutzer zu analysieren, um ihnen ein ihren Bedürfnissen entsprechendes Informations- und Betätigungsfeld zu liefern. Dieses Feld sollte natürlich gleichzeitig den Interessen des Anbieters nutzen. Andererseits kann man als neutraler CommunityBetreiber eine Plattform für Anbieter und Nutzer kreieren, deren Themen nicht a priori durch die Interessen des Anbieters bestimmt sind. Nachdem die potentiellen Nutzer und deren Interessen bestimmt sind, muß ein geeigneter Mix entsprechender Internetdienste gefunden werden. Hierbei gilt es, wie in der Grafik 2 gezeigt, die Triade zwischen Nutzern, Inhalten und Diensten so auszubalancieren, daß die konstituierenden Merkmale möglichst optimal umgesetzt werden können. Grafik 2: Triade zur Realisierung Virtueller Gemeinschaften Nutzer Konstituierende Merkmale Virtueller Gemeinschaften Inhalte InternetDienste Quelle: Dirk Zupancic Eine Virtuelle Gemeinschaft, die von Technikfreaks besucht wird und die sich mit Themen der Zukunft und neuen Technologien beschäftigt, kann u.a. durch eine animierte 3-D-Welt realisiert werden, in der sich die Besucher in Form sogenannter Avatare bewegen. Ein Beispiel für eine solche Community ist Cybertown (http://www.cybertown.com). Handelt es sich bei Zielgruppe hingegen eher um Geschäftsleute oder Manager, ist das anspruchsvolle Informationsangebot und die Bedeutung aktueller Themen sicherlich von größerer Bedeutung als das Layout. Eine schlichte aber interessante Community für Marketer aus dem Business-toBusiness-Bereich ist The Industrial Marketing Practitioner (http://www.practitioner.com). Hier finden sich viele Informationen zu aktuellen Themen, Newsletter und Diskussionsforen an denen sich Interessenten per Email beteiligen können. Möglichkeiten zum Aufbau persönlicher Beziehungen in Virtuellen Gemeinschaften Unter ‚persönlichen Beziehungen‘ soll das subjektiv wahrgenommene Verhältnis von Personen verstanden werden, zwischen denen eine Interaktion stattfindet. Welche Internet-Dienste bzw. welche realisierten Applikationen unterstützen nun den Aufbau persönlicher Beziehungen und wie müssen sie gestaltet sein? Grundsätzlich sind alle Applikationen geeignet, die eine synchrone oder asynchrone Kommunikation und damit Interaktion der Mitglieder ermöglichen. Zu den asynchronen Applikationen gehören z.B. Email, Mailinglists, Newsletter. Sender und Empfänger müssen hier nicht zwingend zeitgleich online sein. Dies ist jedoch bei den synchronen Kommunikationsmöglichkeiten beispielsweise über Chatforen und 3-D-Welten erforderlich. Da die Applikationen als solches nichts Neues sind, liegt die große Herausforderung, wie oben bereits erwähnt, in der Gestaltung der Instrumente im Hinblick auf die Mitgliederprofile und die Themen. Die Virtuelle Community Playground (http://www.playground.de), eine Gemeinschaft, die von der Verlagsgruppe Milchstraße betrieben wird, unterstützt beispielsweise die Phantasie ihrer Teilnehmer durch besondere Features, die sich die Teilnehmer am Chat aussuchen können. So stehen verschiedene Comicgesichter und Lieblingsfarben zur Auswahl und man kann sich einen Nickname zuweisen lassen. Andere Anbieter bieten zusätzliche Profile durch Eingabemöglichkeiten von Interessen, Hobbys u.a. Auf diese Weise läßt sich eine virtuelle Gestalt entwerfen, die der Realität nahe kommen kann, aber nicht muß. Für eine Community mit den Schwerpunkten Flirt und Freizeit sicherlich eine interessante Angebotsform, um die Mitglieder beim Aufbau persönlicher Beziehungen zu unterstützen. Weitere interessante Anregungen gibt es auf der Heimathomepage der Milka Lila Kuh (http://www.milka.de). Hier lassen sich standardisierte Grußkarten an Freunde und Community-Mitglieder versenden oder man kann sich über die Site an gewisse Termine, z.B. Geburtstage erinnern lassen. Hierbei handelt es ich um relativ innovative Ideen, die relativ einfach, nämlich emailbasiert, realisiert werden. Ob diese Ansätze geeignet sind, persönliche Beziehungen aufzubauen, muß wohl jeder Nutzer individuell für sich entscheiden. Tatsache ist jedoch, daß die Technik der Kreativität der Community-Designer viele verschiedene Möglichkeiten offen läßt. Sicherlich ließe sich die Liste möglicher Ideen und Anregungen zur Realisierung des Gedankens persönlicher Beziehungen fortsetzen. Der interessierte Leser sei zum Selbststudium auf die Links in der Tabelle 2 am Ende dieses Textes verwiesen. Verknüpfung von virtueller und realer Welt Wie bereits erläutert, stehen im Mittelpunkt der Virtuellen Gemeinschaften die persönlichen Beziehungen. Howard Rheingold beschreibt die Aktivitäten in der Virtuellen Gemeinschaft wie folgt: ”In cyberspace, we chat and argue, engage in intellectual intercourse, perform acts of commerce, exchange knowledge, share emotional support, make plans, brainstorm, gossip, feud, fall in love, find friends and lose them, play games and metagames, flirt, create a little high art and lots of idle talk. We do everything we do when people get together, but we do it with words on computer screens leaving our bodies behind.” (Rheingold 1993) Erste Ergebnisse einer Studie zum Thema ”Die Sozialwelt des Internets” an der Universität Mainz zeigen jedoch, daß es häufig nicht beim Online-Kontakt bleibt. Online-Beziehungen werden danach in vielen Fällen ‚realweltlich‘ abgestützt. Insbesondere in den Chat-Gruppen entstehen aus online-Kontakten oft offline Beziehungen. (Siehe Heintz/Müller 98: Die Sozialwelt des Internet). Eine konsequente Weiterentwicklung des Gedankens der persönlichen Beziehungen besteht in der Option die Verknüpfung zur Realität herzustellen. So veranstaltet Kraft-Jakobs-Suchard z.B. im Rahmen seiner Milka-Community Treffen für die Mitglieder (http://www.milka.de). Ähnliche Aktionen werden auch von anderen Betreibern durchgeführt. Chancen und Risiken Die Nutzung Virtueller Gemeinschaften für kommerzielle Zwecke birgt verschiedene Chancen, aber auch Risiken (s. Tabelle 1). Grundsätzlich stehen Chancen und Risiken Virtueller Gemeinschaften in engem Zusammenhang zu denen des Internets im allgemeinen. Dennoch gibt es spezifische Aspekte, die gerade bei Virtuellen Gemeinschaften eine besondere Bedeutung haben. Eine Beurteilung oder gar monetäre Quantifizierung dieser Faktoren ist natürlich relativ und kann nur im Verhältnis zu Alternativen vorgenommen werden. Geht man z.B. davon aus, daß die Community als Vertriebskanal genutzt wird, so bietet sich eine Beurteilung im Vergleich zu verschiedenen Formen des stationären Handels an. Tabelle 1: Chancen und Risiken Virtueller Gemeinschaften Chancen • geringe Akquisitionskosten • verstärkte Kaufneigung der Kunden • Kundenbindung • Aggregation von Kaufkraft • erhöhte Zielgenauigkeit • kundenorientierte Produktentwicklung • geringe Bauinvestition • große geographische Reichweite • ausgeschalteter Zwischenhandel • geringe Transaktionskosten • Verknüpfung mit der realen Welt Quelle: Dirk Zupancic Risiken • neue Herausforderungen für das Management • neue Marktprinzipien, aber ungenaue Ursache-Wirkungsverläufe • Erfolgsfaktor Geschwindigkeit • Kundenmacht • kritische Masse • Ertragsdruck • Kostendruck • mangelnde Controllingmöglichkeiten Zuerst einmal ist die Kunden- bzw. Mitgliederakquisition relativ kostengünstig. Die Eintragung der URL in Suchmaschinen, das Integrieren von Links auf anderen Homepages, eigene Aktivitäten von Mitarbeitern des Community-Betreibers auf anderen Sites oder auch in Newsgroups sind Beispiele für potentielle Akquisitionsaktivitäten, die keine hohen Ausgaben erfordern. Die Themenspezifität des Informationsangebotes spricht direkt eine bestimmte Zielgruppe an. Durch das hohe Involvement der Mitglieder erhöht sich ihre Kaufneigung und durch die Loyalität gegenüber der Gemeinschaft entsteht eine enge Kundenbindung. Durch ein erweitertes Angebot rund um ein Themengebiet, kann die Kaufkraft aggregiert wirksam werden. Die Integration der Kunden in die Community kann außerdem dazu genutzt werden, sie an der Entwicklung von Produkten zu beteiligen. Mitglieder sind erst in zweiter Linie Kunden - in erster Linie sind sie Beteiligte. Geringe Bauinvestitionen, große geographische Reichweite, ausgeschalteter Zwischenhandel und geringe Transaktionskosten sind Vorteile, die für den E-Commerce allgemein gelten. Die große Chance, die sich aus der Verbindung realer und virtueller Welt ergibt wurde bereist oben erläutert. Die neuen Paradigmen, die kommerziellen Virtuellen Gemeinschaften zugrunde liegen, sind nicht eindeutig identifizierbar. Man kann lediglich durch Analogieschlüsse versuchen, Ursache-Wirkungsverläufe zu erkennen und auf die Virtuellen Gemeinschaften zu übertragen. Die so entstehende Unsicherheit stellt das Management vor neue Herausforderungen. Ein wesentliches Kriterium ist die Geschwindigkeit, mit der es gelingt, eine Virtuelle Gemeinschaft zu errichten, sie auszubauen und zu verbessern. Dabei ist der Markteintrittszeitpunkt entscheidend, da nur der erste Anbieter eine gute Chance besitzt, sich zu etablieren. Nachfolger werden aufgrund des genannten Involvements Schwiergkeiten haben, zufriedene Mitglieder anderer Communities abzuwerben. Ihre Chancen liegen daher ausschließlich in einem, aus Kundensicht, unzureichenden Angebot der Wettbewerber im Vergleich zu ihrem eigenen Angebot. Dabei steht der Aufbau eines entsprechenden Angebotes immer unter Kosten- und Ertragsdruck, da die Kosten der Investition nur durch entsprechende Erträge beim Erreichen einer kritischen Masse gedeckt werden können. Es entsteht ein Zirkel: Viele Kunden ziehen weitere Mitglieder an, welche die Ertragsentwicklung positiv beeinflussen; eine Ausgangslage mit wenigen Kunden erfordert ein höheres Investment etc. Die Erlösquellen Virtueller Gemeinschaften können dabei sehr unterschiedlicher Natur sein. Neben Mitglieds-, Benutzungsund Teilnahmegebühren sind Werbung, Provisionen, Sponsoring und der Handel mit Userprofilen möglich. Alle diese Alternativen, die auch in unterschiedlichen Kombinationen zum Einsatz kommen können, haben spezifische Vor- und Nachteile, die jeweils im Anwendungsfall zu bewerten sind. Hagel/Armstrong stützen ihre Theorien zur Entwicklung Virtueller Gemeinschaften auf ein Phänomen, das sie als ”Gesetz zunehmender Erträge” bezeichnen. Zur Erklärung entwickeln sie einen bzw. mehrere dynamische Zirkel, die in der folgenden Abbildung dargestellt sind: Grafik 3: Dynamik zunehmender Erträge in der Virtuellen Gemeinschaft Mitglieder werben, Mitgliederzahl Ausgaben fördernsteigern Kaufangebote Anbieter akquirieren Attraktivität des Inhalts Mitglieder erzeugen eigene Inhalte Zunehmende Erträge in der Virtuellen Gemeinschaft Gezielte Werbung Mitgliederund profile Kaufangebote Interaktion zwischen Mitglieder- Mitgliedern loyalität fördern Information über Mitglieder Aufbau der Mitgliederloyalität sammeln Quelle: In Anlehnung an Hagel/Armstrong 97: Net Gain. Maßgeblich für die Erträge der Virtuellen Gemeinschaft sind demnach die Kaufangebote, die Attraktivität des Inhalts, die Mitgliederloyalität und die Mitgliederprofile. Die Erfolgsfaktoren hängen ihrerseits wiederum von diversen Wirkungsmechanismen ab, die sich z.B. wie folgt interpretieren lassen: Die Attraktivität des Inhalts hängt maßgeblich von der Gestaltung durch die Mitglieder selbst ab. Je mehr Mitglieder der Gemeinschaft angehören und je mehr Inhalte diese Mitglieder selbst generieren, desto attraktiver wird das Angebot. Daraus läßt sich das Ziel ableiten, die Mitgliederzahl zu erhöhen und die Mitglieder zu motivieren, eigene Inhalte zu generieren. Der Prozeß setzt sich nun selbstverstärkend fort und hat wiederum positive Effekte auf die anderen Erfolgsfaktoren. Ebenso leicht wie Hagel/Armstrong jedoch die positiven Effekte darzulegen verstehen, lassen sich auch negative Wirkungsspiralen aufstellen. Ein Beispiel: Die Möglichkeit, daß Mitglieder Inhalte selbst generieren und auch miteinander in Beziehung stehen, birgt die Gefahr, daß diese Situation ausgenutzt wird, um den Anbieter systematisch zu unterwandern. So kann das mutwillige Erzeugen negativer Inhalte schnell dazu führen, daß Mitglieder verprellt werden. Die Spiralen drehen sich in diesem Fall gegen den Community-Betreiber und seine Interessen. Perspektiven Die häufig anzutreffende Euphorie bezüglich der kommerziellen Potentiale Virtueller Gemeinschaften sollte mit Vorsicht betrachtet werden. Die aufgezeigten positiven UrsacheWirkungsverläufe lassen sich ohne Schwierigkeiten in Frage stellen bzw. sogar entgegengesetzt formulieren. Der Gedanke der Virtuellen Gemeinschaften ist nicht neu. Diverse Beispiele mit durchaus beeindruckenden Mitgliederbeständen und -steigerungsraten deuten auf Erfolgspotentiale hin. Die Forderung, mehr Interaktivität in die Web-Sites der Unternehmen zu integrieren, ertönt bei fast jedem Bericht über die Qualität des Online-Auftritts. Auch hier läßt sich ein Trend zur Integration einzelner Community-Elemente zur Erfüllung dieser Forderung erkennen. Insofern handelt es sich bei den Virtuellen Gemeinschaften um eine konsequente Weiterentwicklung der Technik, die natürlich auch zu neuen Chancen und Risiken führt. Die weitere Entwicklung darf daher mit Spannung verfolgt werden. Tabelle 2: Links zu Virtuellen Gemeinschaften und weiteren Informationen Titel Community Ware Cybertown Geocities Milka Playground nd The 2 International Conference on Virtual Communities The Palace The Industrial Marketing Practitioner Inhalt URL Anbieter von Tools zum Erstellen eigener Communities. 3-D-Welt mit diversen Chaträumen. Beispiel einer Community für die verschiedensten Mitgliederinteressen. Heimatcommunity der lila Kuh und ihrer Freunde Funcommunity der Verlagsgruppe Milchstrasse Programm und Organisation der 2. Internationalen Konferenz zum Thema Virtuelle Gemeinschaften; Pressemitteilungen, Unterlagen zur 1. Konferenz. Beispiel einer Phantasie-StadtCommunity. Marketing Community für den Businessto-Business Bereich. http://www.communityware.com/a sp/default.asp http://www.cybertown.com http://geocities.com http://milka.de http://playground.de http://www.infonortics.com/vc/ind ex.html http://thepalace.com http://www.pratitioner.com The Well Die wohl bekannteste Virtuelle Gemeinschaft. Virtuelle Gemeinschaf- Lotus-Workshop auf dem MTPten Symposium 1998 zu Virtuellen Gemeinschaften mit diversen Unterlagen und links zum Thema. Virtuelle Gemeinschaft Infosite mit vielen Links und OnlineHomepage Quellen. http://www.thewell.com http://wiinfo-1.wiwi.unimarburg.de/reiss/vc.nsf http://www.wwwmarketing.com/virtuelle_gemeinschaft/ Literatur zum Thema: Hagel III, John/Armstrong, Arthur: Net Gain – expanding markets through virtual coummunities, Harvard Business School Press, Boston/Massachusetts 1997. Heintz, Bettina/Müller, Christoph: Die Sozialwelt des Internet, 1998 (http://sozweber.unibe.ch/ii/virt_d.htm) Powers, Michael: How to Program a Virtal Community, Ziff David Press, Emeryville 1997. Rheingold, Howard: The Virtual Community, 1996 (http://www.rheingold.com/vc/book/). Tomczak, Torsten/Schögel, Marcus/Birkhofer, Ben: Online-Distribution als innovativer Absatzkanal, in: Bliemel/Fassot/Theobald: Electronic Commerce – Anwendungen und Perspektiven, Gabler Verlag, Wiesbaden 1999 (in Vorbereitung).