Teil 1.ppp

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Chronikalischer Überblick über die Geschichte des Kreises Calw
Von Kreisarchivar Gregor Swierczyna
Alt- und Mittelsteinzeit (bis 5. Jahrtausend v. Chr.)
Über dass erste Auftreten von Menschengruppen im Kreisgebiet kann man nur spekulieren, doch es gibt einige Indizien, die für
eine erste „Besiedlung“ des Gebietes in dieser Zeit sprechen. Aus dieser Periode, die etwa vom 8. Jahrhundert bis ins 5.
Jahrhundert v. Chr. reicht, stammen die ältesten menschlichen Hinterlassenschaften des Kreisgebietes. So kann man mehrere
Siedlungsstellen nachweisen und zwar:
Mohnhardter Berg bei Walddorf,
Rudersberg bei Calw,
Mindersbacher Höhe östlich von Mindersbach,
Kengelberg westlich von Wildberg,
Höchste Erhebung der Eck, nordwestlich von Sulz.
Jungsteinzeit (um 4500 v. Chr. bis 1800 v. Chr.)
Während des 5. vorchristlichen Jahrtausends vollzieht sich der Übergang vom jägerschen Wildbeutertum zu den sesshaftbäuerlichen Kulturen der Jungsteinzeit (Neolithikum). In unserem Raum vollzieht sich dieser Wandel ohne erkennbare
Vorstufen, so dass mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Einwanderung von neuen Menschengruppen gerechnet werden kann.
Der Mensch dieser Epoche lebt als Ackerbauer und Viehzüchter in dorfartigen Siedlungen. Durch erste technische Fortschritte
verbessert sich die Ernährungsgrundlage, was zu einem beträchtlichen Bevölkerungsanstieg, der sich an der deutlichen
Vermehrung der Fundstellen abläsen lässt, führt.
Im Kreis Calw sind etwa 25 jungsteinzeitliche Fundstellen zutage gekommen, teils Siedlungsfunde, teils aber auch nur
Einzelfunde.
Die älteste Siedlung dieser Zeit ist nördlich von Vollmaringen, auf einer kleinen Lößfläche bei der Londorfer Kapelle, zu finden.
Bei Calw, Egenhausen, Gültlingen, Holzbronn, Ottenbronn und Sulz a. E. weisen aufgesammelte Silexgeräte auf weitere
Siedlungsstellen hin. Man kann aber davon ausgehen, dass diese Plätze erst im 3 Jahrtausend v. Chr. aufgesucht wurden, da
sie in wenig ertragreichen Muschelkalkgebieten liegen und daher erst später aufgesucht sein dürften.
Einzelne Funde, meistens so genannte Beile, finden sich bei Altensteig, Bad Liebenzell, Egenhausen, Emmingen, Gültlingen,
Igelsloch, Liebelsberg, Mindersbach, Monakam, Nagold, Ottenbronn, Rotfelden und Sulz a. E.
Hier fällt es auf, dass viele Beile dort zutage kommen, wo Rohstoffe zu finden sind, die zur Herstellung von Geräten und
Werkzeugen gebraucht wurden.
Bronzezeit (1800 v. Chr. bis 1200 v. Chr.)
Im Kreis Calw wurden bislang keine bronzezeitlichen Siedlungsplätze gefunden, was nicht nur auf die Veränderung der
Siedlungsstruktur schließen lässt, sondern auch auf einen starken Rückgang der Bevölkerung deutet.
Urnenfelderzeit (1200 v. Chr. bis um 750 v. Chr.)
Eine deutliche Vermehrung der Fundstellen im südwestdeutschen Raum ist in dieser Zeit feststellbar. So gibt es auch im Kreis
Calw zwei Fundstellen und zwar östlich von Gültlingen und auf dem Schlossberg über Nagold.
Hallstattzeit (750 v. Chr. bis 450 v. Chr.)
In dieser Zeit kommt es zu einer starken Vermehrung der Fundstellen in Südwestdeutschland was in erster Linie auf eine relativ
dichte Besiedlung des Landes schließen lässt.
Im Kreis Calw sind bis dahin etwa 30 Fundstellen bekannt. Zwei Siedlungsschwerpunkte sind für das heutige Kreisgebiet
feststellbar: zum einem der Raum um Nagold und zum anderen das Gebiet nördlich und nordöstlich von Calw.
Bei Calw handelt es sich um den Rudersberg, bei dem die ersten Ausgrabungen eine Holz-Erde-Mauer und Keramikfunde der
mittleren Hallstattkultur zutage förderten.
Der zweite wichtige Siedlungsschwerpunkt dieser Zeit liegt im Nagolder Raum. Westlich von Nagold liegt auf dem Schlossberg
eine weitere Höhensiedlung, deren Ausdehnung jedoch noch nicht bekannt ist. Am Westfuß des Galgenberges, auf einer
Terrasse über dem Fluss, liegt ein weiterer kleiner Siedlungsplatz.
Andere Siedlungsfunde lassen sich östlich von Gültlingen, im Buchenbachtal, sowie auf einer Terrasse im Winkel zwischen
Agenbach und Fischbach, südlich des Ortes, ausmachen.
Im Umgebungsbereich von Nagold sowie auf den Muschelkalkhöhen nordöstlich von Calw befinden sich besonders beachtliche
Denkmale der Hallstattkultur in Form von Grabhügeln.
Hügel bzw. Hügelgruppen, die nicht mit letzter Sicherheit der Hallstattkultur zugeordnet werden können, liegen bei Althengstett,
Gechingen, Haiterbach, Hochdorf, Mindersbach, Nagold, Neugengstett, Oberschwandorf, Ottenbronn, Rötenbach, Simmozheim,
Stammheim, Sulz a. E., Unterhaugstett und Vollmaringen.
In die späthallstattzeitliche Epoche fallen ebenfalls zwei Siedlungs- bzw. Hügelstellen von Stammheim und Gültlingen.
Herausragender Fund aus dieser Zeit ist sicherlich der Kraut- oder Heidebühl, ein großer Grabhügel mit einem Durchmesser von
50 m und einer Höhe von 4,5 m, der bei Nagold anzutreffen ist. Hierbei handelt es sich um einen frühkeltischen Fürstengrabhügel, der im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Höhensiedlung auf dem Schlossberg gesehen werden kann und auf
ein frühkeltisches Zentrum am Rand des Oberen Gäus hinweisen könnte.
Latènezeit (450 v. Chr. bis um 80 n. Chr.)
Im Kreis Calw ist ein leichter Rückgang der Fundstellen zu verzeichnen, obwohl sich die Besiedlung unseres Landes gegenüber
der Hallstattzeit nicht verändert hat. Die Siedlungsfunde am Schlossberg bei Nagold sowie mehrere Grabfunde in Nagold selbst
und bei Iselshausen sowie Emmingen scheinen auf ein Fortbestehen der frühkeltischen Kultur in diesem Raum hinzuweisen.
Weitere Gräber kamen bei Gechingen zutage.
Doch im Verlauf der Frühlatènezeit scheint die Besiedlung auf den Höhensiedlungen abzubrechen, so auch auf dem Schlossberg.
Auch die Grabhügelsitte wird aufgegeben und macht den Flachgräbern Platz. So kommen in der Kanalstraße am nordwestlichen
Stadtrand von Nagold sowie auf dem Westabhang des Schlossbergs frühlatènezeitliche Bronzefunde zutage. Bei Gechingen
werden im 19. Jahrhundert zwei Gräber entdeckt. Im Nagoldtal bei Emmingen werden Fundstellen entdeckt, die auf ein
frühlatènezeitlichen Grab hinweisen.
Ein Rückgang der Besiedlung scheint sich in der Spätlatènezeit (1. Jhd. V. Chr.) abzuzeichnen, da im Kreis Calw lediglich nur
zwei Fundstellen, bei Haiterbach sowie am Osthang des Nagoldtales südlich von Wildberg, bekannt sind.
Römerzeit (nach 80 n. Chr. bis um 260 n. Chr.)
Das Gebiet des heutigen Kreises Calw wurde um 80 n. Chr. dem römischen Imperium eingegliedert, als römische Truppen unter
Kaiser Domitian von der Donau auf die Alb vorverlegt wurden und deswegen am Neckar eine Kastellreihe, der sog. Neckarlimes,
errichtet wurde. Nach dieser Einbeziehung erfolgte die Erschließung sowie Besiedlung des Raumes zwischen Schwarzwald und
Neckar.
Wichtige Bürgen dieser Besieldung und zivilisatorischen Erschließung sind die zahlreichen römischen Gutshöfe, deren Hauptaufgabe in der Versorgung des Militärs und der Bevölkerung bestand. Im Kreisgebiet lassen sich solche Hofstellen bei Althengstett,
Gültlingen, Hochdorf, Holzbronn, Nagold, Oberhaugstett, Ostelsheim, Pfrondorf, Simmozheim, Stammheim sowie Vollmaringen
nachweisen.
Weitere Gutshöfe lassen sich durch die Flurbezeichnung „Mauren“ bei Ebhausen, Emmingen, Haiterbach, Mindersbach und
Schönbronn annehmen, ebenso durch die Flurnamen „Weiler“ und „Kalkofen“ bei Sulz a. E.
Zu den bedeutenderen Funden dieser Epoche zählen das am Westrand von Stammheim, an einem Hang über dem Schittenbach,
freigelegte Hauptgebäude eines Gutshofes sowie die Remigiuskirche von Nagold, die im Süden der Stadt liegend, auf den Resten
eines römischen Gutshofes errichtet wurde.
Entdeckungen von einzelnen Reliefen bzw. Statuen wurden für Stammheim, Möttlingen, Holzbronn sowie Pfrondorf nachgewiesen.
Alamannen- und Merowingerzeit (260 n. Chr. bis 700 n. Chr.)
Die archäologischen Quellen zur frühen alamannischen Geschichte für unseren Raum sind aus dieser Zeit recht spärlich
vorhanden, so dass auf dem Gebiet des Kreises Calw bis jetzt keine Funde aus diesem Zeitabschnitt bekannt sind. Man kann
jedoch davon ausgehen, dass sich die Alamannen der römischen Infrastruktur bedient haben. Erst im 5. und dann vor allem im
6. und 7. Jahrhundert n. Chr. sind viele Quellen überliefert. Wichtige Zeugnisse der frühmittelalterlichen Besiedlungsgeschichte
sind die zahlreichen Friedhöfe, die so genannten Reihenfriedhöfe. Die frühmittelalterliche Besiedlung des Kreises bleibt auf den
Gebieten des Muschelkalks, die Bundsandsteinflächen werden nach wie vor ausgespart. Wichtige Fundstellen bzw. Orte mit
Reihengräberfriedhöfen lassen sich nachweisen in: Althengstett, Ebhausen, Emmingen, Gechingen, Gültlingen, Gündringen,
Hochdorf, Iselshausen, Möttlingen, Nagold, Oberschwandorf, Ostelsheim, Pfrondorf, Stammheim, Sulz a. E. und Vollmaringen.
Bei Gechingen, Ostelsheim und Ebhausen wurden zwei, bei Nagold vier Friedhöfe nachgewiesen, so dass die Vermutung nahe
liegt, dass die heutigen Ortschaften in vielen Fällen aus mehreren kleineren Ansiedlungen zusammengewachsen sind.
Wahrscheinlich der wichtigste Siedlungsschwerpunkt im heutigen Kreisgebiet war der Raum um Nagold. Hier konnten zahlreiche
Fundstellen nachgewiesen werden.
Literatur:
Archäologischer Wanderweg Nagold-Jettingen, Neuenbürg 2003
F. Damminger, Eine neu entdeckte frühmittelalterliche Siedlungsstelle in Nagold, Kreis Calw. In: Archäologische Ausgrabungen
in Baden-Württemberg 2002, Stuttgart 2003
F. Damminger, G. Wieland, Ausgrabungen auf dem Rudersberg, Stadt Calw. In: Archäologische Ausgrabungen in BadenWürttemberg 2002, Stuttgart 2003
A. Patzelt, G. Wieland, Der Krautbühl von Nagold. Mit Geophysik auf den Spuren der Kelten und Alamannen un Nagold, Nagold
2003
H. Riem, Vor- und Frühgeschichte. In: Der Kreis Calw, Stuttgart, Aalen, 1987
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