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Besuch in Stutthof
In Kooperation mit Paper Press Studienreisen lud der Landesverband der Berliner
SPD vom 19. bis 23. Oktober 2009 zu seiner jährlichen Gedenkstättenfahrt ein. In
diesem Jahr führte die Fahrt nach Danzig und in das ehemalige Konzentrationslager
Stutthof. 48 Interessentinnen und Interessenten, darunter Mitglieder und NichtMitglieder der SPD, nahmen an der Gedenkstättenfahrt teil.
Foto: Uwe Januszewski als Vertreter des Paper Press e.V. (links) und Marc Schulte,
stellvertretender Landesvorsitzender der SPD Berlin, legten in Stutthof einen Kranz
zum Gedenken an die Opfer nieder.
Stutthof liegt 37 Kilometer östlich von Danzig. Das KZ wurde mit dem deutschen
Angriff auf Polen ab dem 1. September 1939 zunächst als Zivilgefangenenlager
errichtet. Am 1. Oktober 1941 wurde der Status des Lagers geändert, als
Sonderlager Stutthof unterstand es fortan der Danziger Gestapo. Am 29. Januar
1942 erhielt Stutthof als Konzentrationslager der Stufe I den Status, den es bis
Kriegsende behalten sollte.
Die Entstehung des Konzentrationslagers Stutthof war Teil der
Nationalsozialistischen Bewegung in der Freien Stadt Danzig. 1936 wurden
Karteikarten von unerwünschten Polen angefertigt, die voraussichtlich verhaftet
werden sollten. Am 3. Juli 1939 wurde eine SS-Einheit namens „Wachsturmbann
Eimann“ gebildet, deren Aufgabe es unter anderem war, für Internierungslager die
entsprechenden Orte zu finden und sie vorzubereiten. Mitte August 1939 wurde der
Platz für das spätere Konzentrationslager jenseits der Weichsel noch vor der
Frischen Nehrung ausgewählt. Der SS-Trupp begann mit einer Gruppe von etwa 500
Danziger Gefängnisinsassen die geräumte Altenheimanlage in ein Lager zu
verwandeln. Sie errichteten Baracken und zäunten das Gelände ein. Wegen seiner
frühen Einrichtung gilt Stutthof als das erste Konzentrationslager außerhalb der
deutschen Grenzen vom 31. August 1939.
Zunächst diente es der Internierung polnischer Intellektueller wie Lehrer,
Abgeordnete, Akademiker aus Danzig. Direkt nach dem Beginn des Polenfeldzuges
begannen in der Stadt massenhafte Verhaftungen. Aus den 1.500 Verhafteten des
ersten Kriegstages wurden ca. 150 bis 200 Personen ausgesucht, die am 2.
September 1939 aus dem Lager Victoria-Schule nach Stutthof gebracht wurden.
Tags darauf wurden die eigentlichen Arbeiten an den Gebäuden des Lagers
begonnen. Die Bauarbeiten führten die Häftlinge durch. Von den mehreren hundert
Danziger Juden, die etwa bis Mitte September 1939 hier eingesperrt wurden, starben
die meisten binnen weniger Wochen.
Aus einem kleinen Lager mit 12 ha Fläche, bestimmt für ca. 3.500 Häftlinge, wurde
nach 1939 ein Lager mit 120 ha Fläche für 57.000 Häftlinge (im Jahre 1944; z. B. mit
21 Häftlingsbaracken im Neuen Lager). Anfang 1943 wurde direkt neben dem alten
Lager das neue Konzentrationslager, mit einem Elektrozaun gesichert, errichtet. Es
sollte 25.000 Häftlinge fassen und wurde baulich nie ganz fertig.
Das Lager hatte insgesamt 39 Außenlager. Die größten Außenlager waren in Thorn
(Toruń) und Elbing (Elbląg) mit je ungefähr 5.000 jüdischen Frauen als Gefangenen.
Im Frühjahr 1944 wurde eine Gaskammer gebaut, die der Entlausung von
Bekleidung diente, später aber kurzzeitig auch zum Vergasen von Menschen genutzt
wurde. Die Vergasungen in der Stutthofer Gaskammer wurden jedoch bald
eingestellt, wobei ein ausgelöster Brand oder die sich verbreitende Kenntnis und
befürchtete Widerstandshandlungen der Opfer eine Rolle gespielt haben könnten.
Später wurden einige Häftlinge in einem abgedichteten Eisenbahnwaggon der ins
Lager führenden Kleinbahn vergast. Die Gesamtzahl der durch Zyklon B
umgebrachten Personen blieb jedoch in diesem Lager vergleichsweise gering und
wird auf höchstens 1.150 Opfer geschätzt.
Im Krematorium wurden 1942 zwei Öfen zur Verbrennung der Leichen gebaut,
allerdings wurden auch immer weiter Leichen offen im Freien verbrannt.
Gegen Ende 1944 nahmen die Häftlingszahlen sprunghaft zu, Transporte mit 20.000
bis 30.000 ungarischer Jüdinnen kamen an, immer mehr wurden über die Ostsee aus
Lagern evakuiert, die vom Vormarsch der Sowjetunion bedroht waren, vor allem aus
dem Baltikum aus Riga, Kaunas und Schaulen, auch aus Auschwitz kamen immer
wieder Transporte an. Ende 1944 waren mindestens 70 Prozent der Häftlinge Juden.
Am 25. Januar 1945 ordnete der Lagerkommandant die Evakuierung des Lagers an.
Etwa 11.600 Häftlinge mussten im ersten Evakuierungsabschnitt das Stammlager
Stutthof verlassen und begaben sich auf einen Todesmarsch in Richtung Westen.
Danach waren immer noch insgesamt 33.948 Menschen inhaftiert, 11.863 davon in
Stutthof und 22.085 in den Außenlagern.
Nach Berichten wurden Marschkolonnen von je 1.000 bis 1.500 Häftlingen gebildet,
die durch die kaschubische Schweiz Richtung Lauenburg marschierten. Zwischen
den Kolonnen lagen jeweils sieben Kilometer Abstand. Jede Kolonne wurde von ca.
vierzig Wachmännern beaufsichtigt. Zurückbleibende wurden von ihnen getötet. Fast
ohne Verpflegung dauerte der Marsch für die Überlebenden bei Schnee und
schneidender Kälte zehn Tage statt sieben Tage lang. Am 31. Januar wurden am
Strand bei Palmnicken rund 3.000 jüdische Häftlinge von der SS mit
Maschinengewehrfeuer in die Ostsee gehetzt oder erschossen, andere im Hof der
Bernsteinfabrik erschossen. Es sollen nur 15 Menschen dieses Massaker überlebt
haben.
Etwa 110.000 Menschen waren insgesamt in diesem Konzentrationslager inhaftiert,
wovon ungefähr 65.000 umkamen. Nach weiteren "Evakuierungen" marschierten am
9. Mai 1945 sowjetische Soldaten der 48. Armee der 3. Weißrussischen Front in das
Lager ein.
Die SS stellte Lagerpersonal und Wachmannschaften. 3.000 SS-Leute waren im
Laufe der fünf Jahre in Stutthof stationiert; dazu kam noch ukrainische Hilfspolizei.
Der Kern der Wachmannschaften stammte aus dem Danziger SS-Trupp, der im
Sommer 1939 das Lager errichtet hatte. Der damalige Stabsführer des
„Wachsturmbannes Eimann“, SS-Sturmbannführer Max Pauly, wurde am 1. April
1940 Lagerkommandant und blieb bis 1942. Er wurde nach dem II. Weltkrieg
zusammen mit dreizehn anderen Verantwortlichen für das Konzentrationslager
Neuengamme, seiner nächsten Kommandantenstelle, im Curiohaus-Prozess vor ein
britisches Kriegsgericht in Hamburg gestellt, zum Tode verurteilt und 1946 gehängt.
Paulys Nachfolger wurde am 1. September 1942 Paul Werner Hoppe. Hoppe wurde
1957 in Bochum zu neun Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord verurteilt.
Heute befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers eine
staatliche polnische Gedenkstätte. Das Museum wurde 1962 eingerichtet. Im Archiv
befinden sich dort erhalten gebliebene Dokumente, die Daten von etwa 110.000
ehemaligen Häftlingen enthalten. Das Gelände des alten und neuen Lagers kann
insgesamt besichtigt werden. In den Ausstellungen werden zusätzlich
Dokumentarfilme vorgeführt, die das Martyrium der Opfer zeigen:
Maria Chodakowska (Foto), vor einer Tafel in der Gedenkstätte, die über ihr Leben
informiert, begleitete die Gruppe nach Stutthof. Die 89jährige Zeitzeugin war in
Stutthof inhaftiert und musste 1945 an dem Todesmarsch teilnehmen, den sie
glücklicher Weise überlebte. Ihr Vater wurde in Stutthof von den Nazis ermordet. Die
Begegnung mit Frau Chodakowska war für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
Gedenkstättenfahrt ein besonders eindrucksvolles und ergreifendes Erlebnis.
An den weiteren Programmtagen besichtigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
die Stadt Danzig und besuchten dabei unter anderem das Solidarność-Museum
unweit der ehemaligen Lenin-Werft.
Fotos: Margrit Zauner (2) Lothar Duclos (1)
Text-Quelle KZ Stutthof: wikipedia
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