Was ist Medizincontrolling? Die Einführung eines neuen Krankenhausabrechnungssystems in den deutschen Krankenhäusern im Jahre 2003, dem sogenannten DRG-System, hat zu einer Vielzahl von Veränderungen in der Krankenhauslandschaft gesorgt. Eine davon ist die Entstehung des Medizincontrollings und die Entwicklung des jungen Berufsbildes des Medizincontrollers. Aber was sind eigentlich die Aufgaben im Medizincontrolling? Um dies zu verstehen, sind zunächst einige grundlegende Informationen notwendig. Das DRG-System Bis zum Jahr 2003 wurden die Krankenhausfälle nur nach der Anzahl der Behandlungstage der stationären Behandlung abgerechnet, gleich um welche Erkrankung es sich handelte. Daher war nur die Verweildauer des Patienten entscheidend für die Höhe der Krankenhausrechnung. Bundesregierung, Krankenkassen und Krankenhäuser waren sich einig, dass dies unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit der falsche Anreiz darstellte. So wurde dann im Jahre 2003 das DRG-System eingeführt. Hierbei handelt es sich um ein Fallpauschalensystem, bei welchem jeder Patient individuell seiner entsprechenden Erkrankung und seinem Schweregrad abgerechnet wird. Somit müssen für jeden Patienten die Haupterkrankung für den jeweiligen Aufenthalt sowie alle Nebenerkrankungen, welche die Behandlung erschweren, erfasst und entsprechenden Kodes zugeordnet werden. Sind alle Diagnosen und Prozeduren erfasst, wird über eine spezielle Software aus insgesamt 1.200 DRGs die zutreffende DRG für den einzelnen Behandlungsfall ermittelt, welche letztendlich den Erlös der Behandlung bestimmt. Die Kodierung und deren Bedeutung Aus oben beschriebenem Ablauf der Abrechnung von Krankenhausfällen wird deutlich, dass es seit Einführung des DRG-Systems es zwar zu einer deutlich gerechteren Erlösermittlung und -verteilung kommt, aber die Abrechnung doch erheblich komplexer geworden ist. Eine vollständige und korrekte Kodierung von Diagnosen und Prozeduren ist eine unabdingbare Voraussetzung einer sachgerechten Vergütung. Ein optimierter Ablauf der Kodierung (Kodierworkflow) ist ein zentraler Bestandteil eines erfolgreichen Medizincontrollings. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Eine fehlerhafte, nicht vollständige Kodierung kann zu erhebliche Erlösverluste für das Krankenhaus führen. Umgekehrt kann eine nicht korrekte, überzogene Kodierung aber auch zu einer zu hohen Abrechnung führen. Die Krankenkassen haben die Pflicht die Krankenhausabrechnung zu überprüfen. Hierzu setzen die Krankenkassen den MDK ein, welcher nach entsprechendem Prüfauftrag die Abrechnungen überprüft. Diese Prüfungen zu begleiten und die Position des Krankenhauses zu vertreten ist eine der vorangingen Aufgaben des Medizincontrollings. 1 Das Berichtswesen Die DRG-Einführung änderte nicht nur das Abrechnungssystem. Mit der Erfassung der Diagnosen und Prozeduren für jeden einzelnen Krankenhausfall und der sich daraus ergebenden DRG wurde eine bisher nicht dagewesene Transparenz geschaffen. Regelmäßige DRG-Berichte ermöglichen Aussagen über Entwicklungen bis auf Abteilungsebene. Die Erstellung und vor allem die Interpretation solcher Berichte und Beantwortung spezieller Fragestellungen der Geschäftsführung mittels eines validen Datenpools ist eine der wichtigsten Aufgaben des Medizincontrollings. Die Rolle des Medizincontrollings in den deutschen Krankenhäusern Wie oben schon erwähnt, sind im Medizincontrolling Fachleute gefragt, welche sich sowohl in der medizinischen Terminologie wie auch in der Betriebswirtschaft zuhause fühlen. Aufgaben des operativen Medizincontrollings Der operative Teil bildet die Grundlage des Medizincontrollings. Nur durch einen optimierten Kodierworkflow, einer hoher Kodier- und Dokumentationsqualität sowie ein sicherer Umgang mit Krankenkassen und MDK können die Erlöse gesichert werden. Neuerungen des DRG-Systems, des Fallpauschalenkatalogs, der ICD- und OPS-Klassifikationssysteme sowie der Abrechnungsregeln und der Kodierrichtlinien müssen zielorientiert, durchgängig und zeitnah umgesetzt werden. Ein durchgängiges Berichtswesen ist für eine unterjährige Steuerung unerlässlich. Es müssen Daten für eine realistische Kalkulation im Rahmen des Wirtschaftsplanes, von Budgetplanungen und Entgeltverhandlungen zu Verfügung gestellt werden. Aufgaben im Einzelnen sind: • Ausbau des Medizincontrollings und deren Leitung mit Personalverantwortung und entwicklung sowie Personalakquise • Weiterentwicklung eines effizienten und zukunftsorientierten Kodierworkflows sowie des MDK-Managements • Vor- und Nachbereitung sowie Begleitung von MDK-Prüfungen • Führung von Rechtsstreitigkeiten in Abrechnungsangelegenheiten (Sozialgericht) • Kommunikation mit den Krankenkassen (Grundsatzfragen) • Einführung und Begleitung von Neuerungen der jährlichen DRG-Up-Dates sowie Kalkulation der Erlösauswirkungen • Einführung und Begleitung der Psych-DRG’s (Psychosomatik) • Vor- und Nachbereitung sowie Begleitung der Entgeltverhandlungen • DRG-Berichtswesen 2 - Aufgaben des strategischen Medizincontrollings Strategisches Medizincontrolling wird von strategischen Denken und Handeln bestimmt. Neue medizinische Modelle müssen erarbeitet und auf Umsetzbarkeit geprüft werden, Möglichkeiten von außerbudgetären Erlösen aufgezeigt und die Perspektiven einer sektorübergreifenden medizinischen Versorgung näher gebracht werden. Das richtige Zusammenspiel der verschiedenen Optionen bei der Gesamtentwicklung einer Strategie ist unerlässlich und eine wichtige Aufgabe des strategischen Medizincontrollings. Dabei ist auch die ärztliche Expertise gefragt, da das Handeln neben dem Verständnis betriebswirtschaftlicher Prozesse auch von ärztlich-ethischen Sachverstand gelenkt werden muss. Kenntnisse der regionalen Situation des Gesundheitsmarktes sind genauso Voraussetzung, wie Kenntnisse der allgemeinen Entwicklung im deutschen Gesundheitssystem. Aufgaben im Einzelnen sind: • Mitwirkung bei der Strategieentwicklung und -umsetzung für die Ausrichtung des Krankenhauses • Mitwirkung bei Restrukturierungskonzeptionen für Abteilungen bzw. für das Krankenhaus • Regelmäßige Aktualisierung von gesundheitspolitischen Grundlagen bzw. Bewertung der Änderungen für das Krankenhaus • Management von medizinisch-organisatorischen Projekten im Krankenhaus oder von krankenhausübergreifenden Projekten sowie die Begleitung von Führungskräften bei der Umsetzung von Projekten vor Ort im Sinne von Projektsupervision und –beratung • Weiterentwicklung der klinischen Schwerpunktbildung und des Produktportfolios sowie die Identifizierung und Erschließung neuer Geschäftsfelder/Ertragspotentiale und Kooperationen • Akquise von Kooperationspartner und Vertragsgestaltung Perspektiven Das Medizincontrolling hat sich auf dem deutschen Gesundheitsmarkt als Berufsbild fest etabliert. Einem jungen Berufsbild entsprechend unterliegt das Medizincontrolling einer erheblichen Dynamik. In allen Bereichen wird auf Jahre hinaus ein hoher Bedarf bestehen. Bisher wurden die Mitarbeiter fast ausnahmslos aus den medizinischen Bereichen über Fortbildungsmaßnahmen rekrutiert. Der Fachpersonalmangel im ärztlichen wie auch im pflegerischen Bereich zwingt zum Umdenken. Die traditionelle Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten hat aufgrund des für Krankenhäuser speziellen und sehr komplexen DRG-Systems mit seinen fachspezifischen Anforderungen ausgedient. Der Einstieg direkt in das Medizincontrolling über den Bachelorstudiengang, welcher neben allgemein betriebswirtschaftlichen Kenntnissen vor allem die krankenhausspezifischen Inhalte des DRG-Systems in Kombination mit medizinischen Grundkenntnissen vermittelt, eröffnet jungen Menschen alle Möglichkeiten im größten Arbeitsmarkt in Deutschland Fuß zu fassen. 3