Ramsey Theorie - TUM - Zentrum Mathematik

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Kapitel IV
Ramsey Theorie
In der Mathematik versucht man oft, Objekte mit einer besonders ausgeprägten
Struktur zu konstruieren, oder man bemüht sich nachzuweisen, dass diese Struktur durch eine andere Eigenschaft impliziert wird. In diesem Kapitel untersuchen
wir ein Phänomen, das von diesem Muster abweicht: wenn ein Objekt genügend
groß ist, dann muss es wohl-strukturierte Teilobjekte enthalten. Dieses Leitmotiv der Ramsey1 Theorie lässt sich gut mit den Worten von Theodore Motzkin
zusammenfassen: complete disorder is impossible.
15
Der Satz von Ramsey
Ein Beispiel für die eben genannte Philosophie ist das sogenannte Schubfachprinzip, das sofort einsichtig ist. In der endlichen Version besagt es:
Satz 15.1 (Schubfachprinzip). Es seien N und M zwei endliche Mengen der Kardinalität n = |N | beziehungsweise m = |M |, und es sei f : N → M eine beliebige
n
⌉ und ein Element
Funktion. Dann existiert eine Menge S ⊂ N mit |S| ≥ ⌈ m
c0 ∈ M , so dass die Funktion f alle Elemente von S auf c0 abbildet.
Man kann sich das Schubfachprinzip wie folgt veranschaulichen: Wenn wir
n Tauben in einem Taubenschlag mit m Löchern verteilen, dann müssen in ein
⌉ hocken – irgendwo müssen sie ja hin. (Im Englischen
nem Loch mindestens ⌈ m
wird das Schubfachprinzip übrigens pigeonhole principle genannt.) Die unendliche
Variante des Schubfachprinzips lässt sich noch eleganter formulieren: Wenn die
Elemente einer unendlichen Menge mit einer endlichen Anzahl von Farben gefärbt
werden, dann existert eine unendliche einfarbige Teilmenge – also eine Teilmenge,
deren Elemente alle die gleiche Farbe erhalten.
1 Frank Plumpton Ramsey (1903-1930) Cambridge. Leistete trotz seines kurzen Lebens wegweisende Beiträge in der Logik, Philosophie und Ökonomie, und entwickelte das nach ihm benannte Resultat (Satz 15.2) eigentlich nur als Hilfslemma.
84
Kapitel IV. Ramsey Theorie
Beispiel. Wir zeigen die folgende Aussage mit Hilfe des Schubfachprinzips:
Es seien m, k ∈ N und eine Folge a1 , . . . , amk , amk+1 von paarweise
verschiedenen reellen Zahlen gegeben. Dann enthält diese Folge eine
monoton aufsteigende Teilfolge der Länge m + 1 oder eine monoton
fallende Folge der Länge k + 1.
Für den Beweis bezeichnen definieren wir eine Funktion f : [mk + 1] → [mk + 1]
dadurch, dass f (i) die maximale Länge einer aufsteigenden Teilfolge, die mit ai
beginnt, sein soll. Wenn es ein i ∈ [mk + 1] mit f (i) > m gibt, sind wir bereits
fertig, weil wir eine monoton aufsteigende Folge mit mindestens m + 1 Gliedern
gefunden haben. Andernfalls haben wir eine Funktion f : [mk + 1] → [m], und
aus dem Schubfachprinzip folgt dann, dass es ein c0 ∈ [m] und k + 1 Indizes
i1 < · · · < ik+1 in [mk + 1] geben muss, so dass f (ij ) = c0 für alle j ∈ [k + 1] gilt.
Wir behaupten nun, dass dann ai1 > · · · > aik+1 gilt und wir damit eine
monoton fallende Folge mit mindestens k + 1 Gliedern gefunden haben. Nehmen
wir für einen Widerspruchsbeweis an, dass aij < aij ′ für j < j ′ ∈ [k + 1] gilt.
Dann existiert wegen f (ij ′ ) = c0 eine aufsteigende Folge der Länge c0 , die in aij ′
beginnt. Wegen aij < aij ′ können wir diese aber auch schon in aij beginnen lassen,
damit hätte sie eine Länge von c0 + 1 und das würde der Tatsache, dass f (ij ) = c0
ist, widersprechen.
Innerhalb der Ramsey Theorie hat es sich eingebürgert, die Funktion f aus
Satz 15.1 als Färbung zu bezeichnen und die Menge S dann konsequenterweise
einfarbig zu nennen. Damit ist aber nichts weiter als eine Partition der betreffenden
Menge in eine (endliche oder unendliche) Anzahl von (Farb-)Klassen gemeint. In
keinem Fall sind damit Färbungen gemeint, die per se bestimmte Eigenschaften
haben müssen, wie beispielsweise die Graphenfärbungen in Abschnitt 13, bei denen
benachbarte Knoten unterschiedliche Farben brauchen.
Das Schubfachprinzip ist deswegen so einfach, weil hier die gleichen Objekte,
nämlich die Elemente der Menge N , sowohl gefärbt wie auch zu Teilmengen zusammengefasst werden sollen. Die Situation wird ungleich interessanter, wenn wir
zwar nach wie vor nun 2-, 3-, oder r-Mengen aus N färben und nach einfarbigen
Teilmengen der Menge N suchen. Als Einstieg färben wir daher nun Paare und
stellen uns diese als die Kantenmenge eines (vollständigen) Graphen vor.
Definition. Sei k ∈ N. Die Ramseyzahl R(k) bezeichnet die kleinste natürliche Zahl
n mit der Eigenschaft, dass jede Färbung der Kanten des vollständigen Graphen
Kn mit zwei Farben einen einfarbigen Kk erzwingt.
Um mit dieser Definition vertraut zu werden, betrachten wir zunächst den
Fall k = 3 und behaupten, dass R(3) = 6 ist. Um einzusehen, dass R(3) > 5 gilt,
genügt ein Blick auf Abbildung 15.1, weil sie eine 2-Kantenfärbung des K5 ohne
einen einfarbigen K3 zeigt.
85
15. Der Satz von Ramsey
Abbildung 15.1: Eine 2-Färbung der Kanten des K5 ohne einfarbiges Dreieck.
Um uns andererseits davon zu überzeugen, dass R(3) ≤ 6, müssen wir zeigen, dass jede 2-Kantenfärbung des K6 einen einfarbigen K3 erzwingt. Sei also
eine beliebige 2-Färbung der Kanten des K6 gegeben. Wir betrachten einen beliebigen Knoten x. Wegen des Schubfachprinzips muss x zu mindestens drei der fünf
verbleibenden Knoten mittels Kanten der gleichen Farbe verbunden sein. Sagen
wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit, dass dies die Knoten u, v, w seien und
die Kanten alle drei die Farbe rot haben. Jetzt sind wir aber fertig, denn
– entweder ist mindestens eine der Kanten {u, v}, {v, w} oder {w, u} auch rot,
dann schließt sich mit Hilfe der roten Kanten zu x ein roter K3 ,
– oder alle Kanten {u, v}, {v, w} oder {w, u} haben die andere Farbe, sagen wir
blau, dann haben wir einen blauen K3 gefunden.
Insgesamt haben wir also gezeigt, dass 5 < R(3) ≤ 6 gilt, und somit folgt, dass
R(3) = 6.
Nach dieser Aufwärmübung stellt sich die Frage, warum eine solche kleinste
natürliche Zahl n wie in der obigen Definition überhaupt existieren muss. Könnte
es nicht sein, dass beispielsweise für k = 17 für jedes noch so große n ∈ N eine
2-Kantenfärbung des Kn existiert, die keinen einfarbigen K17 enthält?
Der folgende Satz zeigt, dass das nicht sein kann, und gibt zugleich Schranken
für R(k) an.
Satz 15.2. Für k ∈ N mit k ≥ 3 gilt:
2k/2 < R(k) ≤ 22k−2 .
Beweis. Der Beweis der unteren Schranke stammt von Erdős2 [15]. Wir werden
ihn später in Abschnitt 19 kennen lernen, wenn wir uns mit probabilistischen
Methoden befassen.
2 Paul Erdős (1913-1996). Ungarischer Mathematiker, der wie kaum ein anderer die Diskrete
Mathematik des 20. Jahrhunderts prägte, und zwar nicht nur durch seine Resultate, sondern vor
allen Dingen durch seine zahlreichen wegweisenden Vermutungen. Erdős reiste sein ganzes Leben
lang ohne Unterlass, um Kollegen zu besuchen und mit ihnen zu arbeiten, und erzielte auf diese
Weise nahezu 1500 Publikationen mit über 500 verschiedenen Koautoren.
86
Kapitel IV. Ramsey Theorie
Die obere Schranke geht auf eine gemeinsame Arbeit von Erdős und Szekeres3 [19] zurück. Für ihren Beweis müssen wir zeigen, dass für n ≥ 22k−2 jede
rot-blau Färbung der Kanten des Kn einen einfarbigen Kk enthält. Es sei also
eine beliebige rot-blau Färbung gegeben.
Wir definieren wie folgt eine Folge von Knoten v0 , . . . , v2k−2 und Teilmengen [n] ⊃ V0 ⊃ · · · ⊃ V2k−2 mit vi ∈ Vi für alle i ∈ [0, 2k − 2]. Setze V0 := [n]
und wähle v0 ∈ V0 beliebig. Angenommen, v0 , . . . , vi und V0 , . . . , Vi seien bereits
gewählt. Einige der Knoten in Vi sind durch rote Kanten mit vi verbunden, die anderen durch blaue Kanten. Wir bezeichnen die größere dieser beiden Teilmengen
von Vi mit Vi+1 und wählen einen beliebigen Knoten vi+1 ∈ Vi+1 , siehe Abbildung 15.2. Also gilt, dass |Vi+1 | ≥ ⌈(|Vi | − 1)/2⌉ = ⌊|Vi |/2⌋, und wegen n ≥ 22k−2
können wir diese Folge (mindestens) bis i = 2k − 2 fortsetzen. Wenn vi durch rote
Kanten mit den Knoten in Vi+1 verbunden ist, nennen wir vi einen roten Knoten,
andernfalls einen blauen Knoten. Mindestens ⌈(2k − 1)/2⌉ = k der Knoten in der
Folge v0 , . . . , v2k−2 müssen (laut Schubfachprinzip) die gleiche Farbe haben. Da
alle Kanten, die zwischen ihnen verlaufen, ebenfalls die gleiche Farbe haben, haben
wir einen einfarbigen Kk gefunden.
v1
v2
v0
Abbildung 15.2: Konstruktion der Folge v0 , v1 , . . . , v2k−2
Die iterierte Anwendung des Schubfachprinzips in dem obigen Beweis, mit
deren Hilfe man die einfarbige Clique herausfiltert, ist typisch für viele Beweise in
der Ramsey Theorie, und wir werden sie in diesem Kapitel noch öfter wiedersehen.
Die obere Schranke aus Satz 15.2 garantiert insbesondere, dass die Ramseyzahl R(k) wohldefiniert ist. Tatsächlich kennt man die exakten Werte R(k) nur für
wenige natürliche Zahlen k – man weiß, dass R(3) = 6 und R(4) = 18 gilt, aber
schon für k = 5 sind lediglich die Schranken 43 ≤ R(5) ≤ 49 bekannt. Man beachte, dass hier auch ein einfaches Durchprobieren mit dem Computer nicht möglich
43
ist, weil man ja 2( 2 ) verschiedene 2-Kantenfärbungen des K43 testen müsste.
Wir betrachten nun die nahe liegende Verallgemeinerung der Ramseyzahl
R(k), bei der nicht nur Paare mit zwei Farben, sondern ℓ-Mengen mit r verschiedenen Farben gefärbt werden. Der Parameter k beschreibt wieder die Größe der
3 George Szekeres (1911-2005) Budapest, Shanghai, Adelaide, Sydney. Szekeres studierte Chemie, um die Lederwarenfabrik der Familie fortzuführen, publizierte aber gleichzeitig in mathematischen Zeitschriften und trat 1948 eine Mathematik-Professur in Australien an. Szekeres leistete
u.a. Beiträge zur Graphentheorie und zur Allgemeinen Relativitätstheorie.
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15. Der Satz von Ramsey
gewünschten einfarbigen Substruktur. Ramsey bewies den folgenden Satz im Jahre 1930 [49] eigentlich nur als Hilfsmittel in einer Arbeit über ein Problem aus der
formalen Logik.
Satz 15.3 (Ramsey). Für beliebige natürliche Zahlen k, ℓ und r existiert eine kleinste natürliche Zahl R(k, ℓ, r), so dass für jede Menge N mit |N | ≥ R(k, ℓ, r) und
jede Färbung
N
→ [r]
f:
ℓ
eine Menge K ∈ N
k und eine Farbe r0 ∈ [r] mit der Eigenschaft
K
f (L) = r0
∀L ∈
ℓ
existiert.
Zum Vergleich: Der Fall ℓ = r = 2 beschreibt wieder das Szenario aus
Satz 15.2, hier gilt also R(3, 2, 2) = R(3) = 6 und R(k, 2, 2) ≤ 22k−2 . Es ist wichtig, zu verstehen, inwiefern der Satz von Ramsey mehr als das Schubfachprinzip
aussagt: er liefert für jede Färbung der ℓ-Teilmengen aus der Menge N nicht nur
eine Familie von ℓ-Teilmengen der gleichen Farbe, sondern eine Menge K ⊂ N ,
deren ℓ-Teilmengen alle die gleiche Farbe haben. Wir haben also eine wichtige
zusätzliche Information darüber, wie die gleichfarbigen ℓ-Teilmengen zueinander
positioniert sind.
Der Satz von Ramsey ist ein mächtiger Satz, weil er durch seinen allgemeinen
Rahmen in vielen Situationen anwendbar ist – so zum Beispiel in den Beweisen
der noch folgenden Sätze 16.1 und 17.1.
Beweis von Satz 15.3. Wir beweisen den Satz durch Induktion über ℓ. Für den
Induktionsanfang ℓ = 1 folgt die Aussage aus Satz 15.1, dem Schubfachprinzip:
Hier gilt R(k, 1, r) = (k − 1)r + 1.
Für den Induktionsschritt seien jetzt die natürlichen Zahlen k, ℓ, r vorgegeben. Unsere Aufgabe ist es, darauf mit der Zahl R(k, ℓ, r) zu antworten. Nach
Induktionsannahme gilt die Aussage für k, ℓ − 1, r und wir setzen
t := R(k, ℓ − 1, r).
(15.1)
Wir wollen nun eine Folge von reellen Zahlen uℓ−2 ≥ uℓ−1 ≥ · · · ≥ ut betrachten,
die durch die Rekursion
i+1
ui+1 := (ui − 1)r−(ℓ−1)
(15.2)
und den Startwert uℓ−2 := n−(ℓ−2) definiert ist, wobei wir n ∈ N so groß wählen,
dass für die letzte Zahl ut dieser Folge noch ut ≥ 1 gewährleistet ist.
Die Wahl dieser Zahlen mag zum jetzigen Zeitpunkt noch wenig einleuchtend sein, wird sich aber später als sinnvoll erweisen. Dennoch kann man beim
Anblick der Folge uℓ−2 ≥ uℓ−1 ≥ · · · ≥ ut vielleicht schon Folgendes erahnen: wir
88
Kapitel IV. Ramsey Theorie
werden mit einer Zahl n ≈ uℓ−2 beginnen, dann ungefähr t-mal das Schubfachi+1
prinzip anwenden, und zwar in der i-ten Iteration mit r(ℓ−1) Farben, und wollen
am Ende nicht mit leeren Händen dastehen. Dieses Verfahren ähnelt also dem
Vorgehen im Beweis von Satz 15.2, als wir mit n ≥ 22k−2 starteten und dann das
Schubfachprinzip (2k − 2)-mal mit jeweils 2 Farben angewendet haben.
Wir behaupten nun, dass für das so gewählte n gilt, dass R(k, ℓ, r) ≤ n. Dazu
müssen
wir zeigen: Wenn N eine Menge der Kardinalität mindestens n und f :
N
→
[r]
eine beliebige Färbung ist, dann können wir eine Menge K ∈ Nk finden,
ℓ
so dass alle ℓ-Teilmengen von K durch f auf die gleiche Farbe abgebildet werden.
Mit dieser Aussage hätten wir dann die Existenz der Zahl R(k, ℓ, r) nachgewiesen
(und mehr müssen wir ja auch gar nicht zeigen).
Es seien also die Menge N und die Färbung f : Nℓ → [r] gegeben. Auf
der Suche nach unserer Menge K werden wir als erstes Zwischenziel eine Menge
{a1 , . . . , at } ⊂ N auswählen (in der wir dann später die Menge K finden), die die
folgende Eigenschaft hat: Für beliebige Indizes j1 < · · · < jℓ−1 < s < s′ aus [t]
gilt, dass
f ({aj1 , . . . , ajℓ−1 , as })
=
f ({aj1 , . . . , ajℓ−1 , as′ }).
(15.3)
Mit anderen Worten: Die durch f an die ℓ-Teilmenge aus {a1 , . . . , at } vergebene
Farbe ist unabhängig von dem Element ai mit dem größten Index. Diese Unempfindlichkeit wird es uns erlauben, aus f eine Färbung der (ℓ − 1)-Mengen zu
definieren und dann die Induktionsvoraussetzung anzuwenden.
Um das Zwischenziel zu erreichen, wählen wir zunächst die ersten Elemente
a1 , . . . , aℓ−2 beliebig aus der Menge N und definieren die Teilmenge Sℓ−2 := N \
{a1 , . . . , aℓ−2 }. Anschließend konstruieren wir wie folgt die Mengen Sℓ−2 ⊃ Sℓ−1 ⊃
Sℓ ⊃ · · · ⊃ St und die Elemente aℓ−1 , . . . , at ∈ N . Gehen wir davon aus, dass wir
bereits die Mengen Sℓ−2 , . . . , Si und die Elemente a1 , . . . , ai bis zu dem Index
i ∈ [ℓ − 2, t] definiert haben. Wir wählen dann ai+1 aus Si beliebig. Um Si+1
zu definieren, betrachten wir die Menge {a1, . . . , ai+1 } und ihre Teilmengen der
i+1
Kardinalität ℓ − 1. Davon gibt es genau ℓ−1
viele und wir bezeichnen sie mit
T1 , . . . , T( i+1 ) .
ℓ−1
i+1
Jetzt weisen wir jedem x ∈ Si \ {ai+1 } einen sogenannten Farbvektor xf ∈ [r](ℓ−1)
zu, der aus den Farben aller ℓ-Mengen aus {a1 , . . . , ai+1 , x} besteht, die x enthalten:
xf := f (T1 ∪ {x}), . . . , f (T( i+1) ∪ {x}) .
ℓ−1
Wir nennen zwei Zahlen x, y aus Si \ {ai+1 } äquivalent, wenn xf = yf . Dadurch definieren wir eine Äquivalenzrelation und bezeichnen mit Si+1 eine größte
der so entstehenden Äquivalenzklassen, siehe Abbildung 15.3.
89
15. Der Satz von Ramsey
T1
...
a1
Si+1
a2
ai
ai+1
x
Si
y
T2
Abbildung 15.3: Konstruktion von Si+1
Was wissen wir über das so definierte Element ai+1 ∈ N und die Menge
Si+1 ? Offensichtlich gilt, dass ai+1 ∈ Si und Si+1 ⊂ Si \ {ai+1 } ist, aber vor allen
Dingen, dass für je zwei x, y ∈ Si+1 gilt, dass
{a1 , . . . , ai+1 }
.
xf = yf und damit f (T ∪ {x}) = f (T ∪ {y}) für alle T ∈
ℓ−1
i+1
Wie groß ist Si+1 ? Da es höchstens r(ℓ−1) verschiedene Farbvektoren gibt, kann
es auch nur höchstens so viele Äquivalenzklassen geben, also muss Si+1 (als eine
i+1
größte von ihnen) dank des Schubfachprinzips mindestens (|Si | − 1)/r(ℓ−1) Elemente enthalten.
Da wir n zu Beginn groß genug gewählt haben, folgt aus der Rekursion in
(15.2), dass wir die Folgen a1 , . . . , ai und Sℓ−2 , . . . , Si bis i = t fortsetzen können
und am Ende immer noch St 6= ∅ haben.
Wir wollen nun überprüfen, dass wir damit unser in (15.3) formuliertes Zwischenziel erreicht haben: Zu gegebenen Indizes j1 < · · · < jℓ−1 < s < s′ sei
i := jℓ−1 − 1, woraus sich i + 1 = jℓ−1 ≤ s − 1 < s′ − 1 ergibt. Somit folgt
{aj1 , . . . , ajℓ−1 } ⊂ {a1 , . . . , ai+1 } sowie as ∈ Ss−1 ⊂ Si+1 und as′ ∈ Ss′ −1 ⊂ Si+1 .
Nach Konstruktion ist dann wegen (as )f = (as′ )f
f ({aj1 , . . . , ajℓ−1 , as }) = f ({aj1 , . . . , ajℓ−1 , as′ }),
wie in (15.3) gefordert.
Dank des erreichten Zwischenziels können wir jetzt mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung innerhalb der Menge {a1 , . . . , at } die gesuchte Menge K iden
,...,at }
tifizieren. Dazu definieren wir eine Färbung fˆ : {a1ℓ−1
→ [r] wie folgt. Für
1 ≤ j1 < · · · < jℓ−1 ≤ t setzen wir
fˆ({aj1 , . . . , ajℓ−1 }) := f ({aj1 , . . . , ajℓ−1 , as }),
wobei wir ein beliebiges s mit jℓ−1 + 1 ≤ s ≤ t wählen. Nach (15.3) spielt die Wahl
von as dabei keine Rolle. (Falls jℓ−1 = t und deswegen kein Platz mehr für s sein
90
Kapitel IV. Ramsey Theorie
sollte, wählen wir eine beliebige Farbe aus [r].) Dank Induktion und der Wahl von
t}
und eine Farbe r̂0 ∈ [r], so
t in (15.1) existiert nun eine Menge K̂ ∈ {a1 ,...,a
k
dass
K̂
ˆ
∀L̂ ∈
f (L̂) = r̂0
.
ℓ−1
Wenn wir nun K := K̂ und r0 := r̂0 setzen, sind wir schon
am Ziel unserer Träume:
Für jede beliebige Menge L = {aj1 , . . . , ajℓ−1 , ajℓ } ∈ Kℓ mit j1 < · · · < jℓ−1 < jℓ
gilt jetzt, dass
f (L) = fˆ({aj1 , . . . , ajℓ−1 }) = r̂0 = r0 ,
was zu beweisen war.
Wir fassen noch einmal die wesentlichen Schritte unseres Beweises zusammen.
Die Grundidee besteht natürlich in der vollständigen
Induktion über ℓ. Um sie zu
ermöglichen, müssen wir aus der Färbung f : Nℓ → [r] eine Färbung der (ℓ − 1)Mengen ableiten. Das bedeutet, dass wir f gegenüber einem der ℓ Argumente
unsensibel machen – das ist genau das, was wir in unserem Zwischenziel (15.3)
beschrieben haben. Und dieses Zwischenziel wiederum erreichen wir durch das
Schubfachprinzip, angewendet auf die Farbvektoren xf .
16 Konvexe Polygone
In diesem Abschnitt wollen wir eine weitere Situation studieren, in der sich das
Leitmotiv Complete disorder is imposssible schön manifestiert. Hier betrachten
wir – statt Färbungen – eine beliebige Menge von Punkten in der Ebene. Wir
sagen, dass sich k Punkte in allgemeiner Lage befinden, wenn keine drei von ihnen
gemeinsam auf einer Gerade liegen. Sie bilden ein konvexes Polygon, wenn sie die
Eckpunkte eines k-Ecks sind und alle ihre Verbindungsstrecken ganz im Inneren
des k-Ecks verlaufen (siehe Abbildung 16.4). Der Satz von Erdős und Szekeres [19]
besagt, dass sich für jede vorgegebene natürliche Zahl k in einer hinreichend großen
Punktmenge immer eine solche Struktur finden lässt.
Abbildung 16.4: Links ein konvexes 4-Eck, in der Mitte ein nicht-konvexes 4-Eck,
rechts ein 5-Eck, das ein konvexes 4-Eck enthält.
91
16. Konvexe Polygone
Satz 16.1 (Erdős und Szekeres). Für jede natürliche Zahl k existiert eine kleinste natürliche Zahl ES(k), so dass jede Menge von mindestens ES(k) Punkten in
allgemeiner Lage in der Ebene k Punkte enthält, die ein konvexes Polygon bilden.
Wir geben zwei Beweise für diesen Satz. Der erste Beweis beruht auf dem
Satz von Ramsey und zeigt auf diese Weise, wie die unterschiedlichen Teile der
Ramsey Theorie miteinander verknüpft sind.
Erster Beweis. Es sei k ∈ N gegeben. Wir wenden den Satz von Ramsey (Satz 15.3
mit ℓ := 3 und r := 2) an, erhalten die Zahl R(k, 3, 2) und behaupten, dass
ES(k) ≤ R(k, 3, 2) gilt.
Um dies zu zeigen, seien n := R(k, 3, 2) und eine beliebige Menge N von n
Punkten in allgemeiner Lage gegeben. Wir führen zunächst die folgende Notation
ein. Für drei Punkte x, y, z ∈ N bezeichnen wir mit |xyz| die Anzahl der Punkte
aus N , die im Inneren des Dreiecks mit den Eckpunkten x, y, z liegen. Nun definieren wir wie folgt eine 2-Färbung f der Punkte-Tripel in N : Wenn |xyz| ungerade
ist, setzen wir f ({x, y, z}) := 1, andernfalls f ({x, y, z}) := 2.
Die Wahl von n und der Satz von Ramsey garantiert uns eine Menge K
von k Punkten, so dass alle Tripel in K durch f die gleiche Farbe erhalten. Wir
würden nun gerne zeigen, dass K ein konvexes Polygon bildet, und nehmen dazu
das Gegenteil an. Dann muss die konvexe Hülle H der k Punkte mindestens einen
Punkt w im Inneren enthalten, und nach einer Triangulierung von H finden wir
vier Punkte x, y, z, w in K, so dass w im Inneren des Dreiecks x, y, z liegt, siehe
Abbildung 16.5.
Da sich die Punkte von N in allgemeiner Lage befinden, gilt jetzt:
|xyz| = |xyw| + |yzw| + |xzw| + 1.
Alle vier in der obigen Gleichung auftretenden Tripel haben von f die gleiche Farbe bekommen, und entsprechend sind die vier Größen |xyz|,. . . ,|xzw| alle gerade
oder alle ungerade. Aber jeder der beiden Fälle führt, wegen der +1, zu einem
Widerspruch.
Durch die Verwendung des Satzes von Ramsey erhält man zwar einen eleganten Beweis, verliert aber ein wenig die geometrische Sicht auf die Dinge. Dieses
Manko wird in dem folgenden zweiten Beweis behoben. Er ähnelt dem Beispiel
mit der monotonen Teilfolge (siehe Seite 84) und liefert auch eine obere Schranke
für ES(k).
Zweiter Beweis. Wir beginnen mit einigen terminologischen Vereinbarungen. Wir
sagen, dass eine Folge {a1 , . . . , ak } von Punkten in allgemeiner Lage lexikographisch geordnet ist, wenn für jedes i ∈ [k − 1] entweder (ai )x < (ai+1 )x oder
(ai )x = (ai+1 )x und (ai )y < (ai+1 )y gilt. Offensichtlich lässt sich jede Punktmenge in einer lexikographischen Folge anordnen.
92
Kapitel IV. Ramsey Theorie
y
y
w
x
w
x
z
z
Abbildung 16.5: Wenn die konvexe Hülle von K einen Punkt w ∈ K im Inneren besitzt, dann existieren die Punkte x, y, z, w ∈ K, so dass w im Inneren des
Dreiecks x, y, z liegt.
Eine solche Punktfolge heißt konkav, wenn die Folge der Steigungen
(ai+1 )y − (ai )y
(ai+1 )x − (ai )x
für i ∈ [k − 1] monoton fällt, und konvex, wenn sie monoton wächst. Offensichtlich
bilden sowohl eine konkave wie auch eine konvexe Folge die Eckenmenge eines
konvexen Polygons, siehe Abbildung 16.6.
ai+1
(ai+1 )y − (ai )y
ai (ai+1 )x − (ai )x
Abbildung 16.6: links eine konvexe, rechts eine konkave Punktfolge
Wir definieren f (s, t) als die kleinste Zahl n, so dass jede Menge von n Punkten in allgemeiner Lage eine konkave Punktfolge der Größe s oder eine konvexe
Punktfolge der Größe t enthält. Diese Definition impliziert, dass ES(k) ≤ f (k, k)
gilt, und somit genügt es für den Beweis von Satz 16.1, eine obere Schranke für
die Funktion f (s, t) anzugeben.
Eine solche Schranke werden wir jetzt rekursiv herleiten. Zunächst ist klar,
dass f (3, k) = f (k, 3) = k für jedes k ≥ 3 gilt. Wir behaupten, dass darüber hinaus
f (s, t)
für s, t ≥ 4 gilt.
≤
f (s − 1, t) + f (s, t − 1) − 1
(16.4)
16. Konvexe Polygone
93
Um dies zu zeigen, sei N eine Folge von f (s − 1, t) + f (s, t − 1) − 1 lexikographisch geordnet Punkten. Wir müssen beweisen, dass N eine konkave Punktfolge
der Größe s oder eine konvexe Punktfolge der Größe t enthält.
Wir bezeichnen mit N ′ die ersten f (s − 1, t) Punkte von N (bezüglich der
lexikographischen Ordnung) und mit b1 , . . . , bℓ und ℓ = f (s, t − 1) − 1 die Punkte
in N \ N ′ , wiederum lexikographisch geordnet.
Aufgrund ihrer Größe muss N ′ eine konkave Teilfolge der Größe s − 1 oder
eine konvexe Teilfolge der Größe t enthalten; in letzterem Fall müssten wir nichts
mehr beweisen. Sei also C0 eine konkave Teilfolge der Größe s − 1 und c0 ∈ N ′ ihr
letzter Punkt.
Wir setzen N ′ := (N ′ \ {c0 }) ∪ {b1 }. Mit dem gleichen Argument wie vorher
können wir auch bei der modifizierten Folge N ′ davon ausgehen, dass sie eine
konkave Teilfolge C1 der Größe s − 1 enthält. Ihren letzten Punkt nennen wir c1
und bemerken, dass er verschieden von c0 sein muss (denn den hatten wir zuvor
aus N ′ entfernt).
Diese Prozedur wiederholen wir für i = 2, . . . , ℓ: ersetze ci−1 in N ′ durch bi ,
erhalte in der neuen Folge N ′ eine konkave Folge Ci der Größe s − 1 und nenne
ihren letzten Punkt ci .
Wir betrachten die auf diese Weise konstruierten Punkte c0 , . . . , cℓ und merken an, dass sie nicht notwendigerweise lexikographisch geordnet sind und auch
nicht aus der Menge {b1 , . . . , bℓ } kommen müssen. Wichtig für uns ist nur, dass
jeder der Punkte letzter Punkt einer konkaven Folge der Größe s − 1 ist.
Die Folge {c0 , . . . , cℓ } muss wegen ℓ + 1 = f (s, t − 1) eine konkave Punktfolge
der Größe s oder eine konvexe Punktfolge der Größe t − 1 enthalten. Da wir im
ersten Fall wieder fertig wären, können wir uns auf den zweiten beschränken und
bezeichnen die konvexe Folge der Größe t − 1 mit C und ihren lexikographisch
ersten und zweiten Punkt mit ci und cj .
Wir erinnern uns daran, dass ci der letzte Punkt der konkaven Punktfolge Ci
ist. Den vorletzten Punkt von Ci benennen wir mit d. Nun können wir entweder
die konkave Folge Ci oder die konvexe Folge C um einen Punkt erweitern: Wenn
die Steigung der Strecke dci größer als die Steigung der Strecke ci cj ist, dann
bildet Ci ∪ {cj } eine konkave Teilfolge von N der Größe s, siehe Abbildung 16.7
rechts. Andernfalls ist die Steigung der Strecke dci kleiner als die Steigung der
Strecke ci cj , und dann bildet {d} ∪ C eine konvexe Teilfolge von N der Größe t,
siehe Abbildung 16.7 links. In beiden Fällen haben wir die Rekursionsungleichung
(16.4) gezeigt und somit Satz 16.1 ein zweites Mal bewiesen.
Es ist nicht schwer, mit Hilfe der Rekursion (16.4) zu zeigen, dass ES(k) ≤
22k gilt (siehe Aufgabe IV.6). Andererseits gibt es direkte Konstruktionen, die
beweisen, dass ES(k) ≥ 2k−2 + 1 sein muss, und es wird vermutet, dass diese
untere Schranke bestmöglich ist.
94
Kapitel IV. Ramsey Theorie
d
c2
c1
c2
c1
c3
d
c0
c3
c0
Abbildung 16.7: Für i = 0, 1, 2, 3 bildet ci den letzten Punkt einer konkaven Folge
Ci . Die Folge c0 , c1 , c2 , c3 enthält die konvexe Teilfolge C = c0 , c3 , c2 . Links: {d}∪C
ist konvexe Punktfolge, rechts: C0 ∪ {c3 } ist konvexe Punktfolge.
17
Arithmetische Progressionen
Nach den einfarbigen Cliquen und den konvexen Polygonen in den beiden vorangegangenen Abschnitten wollen wir uns in diesem Abschnitt nun Objekten mit
einer besonderen arithmetischen Struktur zuwenden. Wir konzentrieren uns dabei
auf arithmetische Progressionen, also auf Folgen der Form
a, a + d, a + 2d, . . . , a + (k − 1)d
mit natürlichen Zahlen a, d und k. Unser Ziel ist es, die Existenz von arithmetischen Progressionen in verschiedenen Situationen nachzuweisen, und zwar
• in Farbklassen einer beliebigen Färbung der natürlichen Zahlen (Satz 17.2
von van der Waerden),
• in hinreichend dichten Teilmengen der natürlichen Zahlen (Satz 17.3 von
Szemerédi),
• und in den Primzahlen (Satz 17.4 von Green und Tao).
Als Vorbereitung auf den Satz von van der Waerden beginnen wir aber
zunächst mit dem folgenden Satz, den Schur4 im Jahre 1916 bewies [52]. Er befasst
sich mit dem folgenden Szenario: Wir färben die natürlichen Zahlen mit einer beliebigen, aber festen Anzahl von Farben, und suchen dann nach einer einfarbigen
Lösung einer bestimmten Gleichung.
Satz 17.1 (Schur). Für jede natürliche Zahl r existiert eine kleinste natürliche
Zahl S(r), so dass für jedes n ≥ S(r) und jede Färbung f : [n] → [r] drei (nicht
notwendigerweise verschiedene) Zahlen x, y, z ∈ [n] existieren, für die
x=y+z
und
f (x) = f (y) = f (z)
gelten.
4 Issai Schur (1875-1941). Bonn, Berlin. Schur setzte Frobenius Werk durch wichtige Beiträge
zur Gruppen– und Darstellungstheorie fort. Nach ihm ist u.a. die Schur-Zerlegung von Matrizen
benannt. Schur wurde 1935 als einer der letzten jüdischen Mathematik–Professoren in Berlin von
den Nationalsozialisten aus dem Amt vertrieben.
95
17. Arithmetische Progressionen
Beweis. Es sei r ∈ N vorgegeben. Wir wenden den Satz von Ramsey (Satz 15.3)
mit k := 3 und ℓ := 2 an, und behaupten, dass S(r) ≤ R(3, 2, r) gilt. Es sei also
n := R(3, 2, r) und eine beliebige Färbung f : [n] → [r] gegeben. Wir benutzen die
Färbung f , um unsererseits eine Färbung fˆ : [n]
2 → [r] zu definieren, indem wir
fˆ({i, j}) := f (|j − i|) setzen.
Die Wahl von n garantiert uns nun eine Farbe r0 ∈ [r] und eine Menge
K = {a, b, c} ⊂ [n], deren zweielementige Teilmengen unter fˆ alle die gleiche
Farbe r0 bekommen. Ohne Einschränkung nehmen wir an, dass a < b < c gilt und
definieren die Zahlen x, y, z ∈ [n] durch
y := b − a,
z := c − b,
x := c − a.
Somit gilt, dass y + z = (b − a) + (c − b) = c − a = x und daraus folgt
f (y)
=
f (z)
=
f (b − a) = fˆ({a, b}) = r0 ,
f (c − b) = fˆ({b, c}) = r0 ,
f (x)
=
f (c − a) = fˆ({a, c}) = r0 .
Ein wichtiges Thema der Ramsey Theorie ist die Frage, ob eine Aussage wie
die obige auch für andere Gleichungen als x = y + z gilt. Wir beschränken uns an
dieser Stelle auf zwei Beispiele dazu.
• Man kann zeigen, dass in der Tat eine analoge Aussage für die Gleichung
2x = y + z gilt, und zwar auch dann, wenn die triviale Lösung x = y = z
verboten wird. Wir werden dies in Kürze aus Satz 17.2 folgern.
• Für die Gleichung 3x = y + z gilt hingegen keine analoge Aussage. Um das
einzusehen, kann man für jedes noch so große n beispielsweise die folgende
Färbung f : [n] → [4] betrachten. Wir definieren f (m), indem wir zunächst
die eindeutigen Parameter i, p ∈ N0 und q ∈ [4] in der Darstellung m =
5i (5p + q) bestimmen und dann f (m) = q setzen. Wir überlassen es den
Lesenden zu zeigen, dass die Gleichung 3x = y + z unter dieser Färbung
keine einfarbige Lösung hat (siehe Aufgabe IV.8).
Wir gehen nun, wie zu Beginn dieses Abschnitts angekündigt, von einfarbigen
Lösungen von Gleichungen zu einfarbigen arithmetischen Progressionen über. Wir
sagen, dass eine Färbung f : [n] → [r] eine einfarbige arithmetische Progression
der Länge k ∈ N enthält, wenn es eine Farbe r0 und eine Folge der Form
a, a + d, a + 2d, . . . , a + (k − 1)d ⊂ [n]
mit a, d ∈ N gibt, so dass f (a + (i − 1)d) = r0 für alle i ∈ [k] gilt. Van der
Waerden5 [61] konnte zeigen, dass für hinreichend großes n jede Färbung der
Menge [n] eine einfarbige arithmetische Progression vorgegebener Länge enthält.
5 Bartel Leendert van der Waerden (1903-1996) Göttingen, Groningen, Leipzig, Amsterdam,
Zürich. Interessierte sich für eine Vielzahl von mathematischen Disziplinen wie Geometrie, Al-
96
Kapitel IV. Ramsey Theorie
Satz 17.2 (van der Waerden). Für beliebige natürliche Zahlen k und r existiert
eine kleinste natürliche Zahl W(k, r), so dass für jedes n ≥ W(k, r) jede Färbung
f : [n] → [r] eine einfarbige arithmetische Progression der Länge k enthält.
Mit Hilfe des Spezialfalls k = 3 (in Satz 17.2) können wir nun auch die erste
Bemerkung nach dem Beweis von Satz 17.1 beweisen: eine einfarbige arithmetische
Progression a, a + d, a + 2d liefert via x := a + d, y := a und z := a + 2d sofort
eine einfarbige Lösung der Gleichung 2x = y + z.
Wir werden den Satz von van der Waerden am Ende dieses Kapitels aus dem
Satz von Hales und Jewett ableiten, wollen aber zunächst den Betrachtungswinkel
etwas ändern. Alle Sätze der Ramsey Theorie, die wir bislang in den Abschnitten 15 und 17 kennengelernt haben, sind Partitionsresultate. Sie besagen, dass
wir, egal wie die Kanten des vollständigen Graphen oder die natürlichen Zahlen in
Farbklassen partitioniert sind, in einer der Klassen eine wohlgeordnete Struktur
(Clique oder arithmetische Progression) auftauchen muss. Wir wissen aber nicht,
in welcher. Es erscheint durchaus naheliegend, die gewünschte Struktur immer in
derjenigen Farbklasse zu vermuten, die den höchsten Anteil an den zu färbenden
Objekten besitzt. Im Allgemeinen ist das nicht richtig (siehe beispielsweise Aufgabe IV.3). Aber im Falle der einfarbigen arithmetischen Progressionen stimmt
es, wenngleich es deutlich schwieriger zu beweisen ist. 1975 bewies Szemerédi [58],
dass jede Teilmenge der natürlichen Zahlen, die mehr als einen festen ε-Anteil
enthält, bereits arithmetische Folgen beliebiger Länge enthalten muss.
Satz 17.3 (Szemerédi). Für jede natürliche Zahl k und jede reelle Zahl ε > 0
existiert eine kleinste natürliche Zahl n(k, ε), so dass jede Teilmenge A ⊂ [n] mit
|A| ≥ εn eine einfarbige arithmetische Progression der Länge k enthält.
Der Satz von Szemerédi ist ein sogenanntes Dichteresultat, weil er eine Aussage darüber macht, dass eine genügend hohe Dichte bereits reicht, um die gewünschte Substruktur zu erzwingen. (Weitere Beispiele für derartige Aussagen finden
sich unter anderem in Aufgabe IV.4 und Satz 19.2.) Offensichtlich impliziert der
Satz 17.3 den Satz 17.2, denn mindestens eine der r Farbklassen muss ja einen Anteil von ε := 1/r bekommen. Er ist aber nicht mächtig genug, um eine berühmte
alte Vermutung zu beweisen, derzufolge bereits die Menge der Primzahlen beliebig lange arithmetische Progressionen enthält. Dies gelang erst Green und Tao im
Jahr 2004 [26].
Satz 17.4 (Green und Tao). Für jede natürliche Zahl k enthält die Menge aller
Primzahlen eine arithmetische Progression der Länge k.
Auch wenn man den Satz von Green und Tao nicht aus dem Satz von Szemerédi ableiten kann, so hat der Beweis des ersten dennoch viel von der Philosophie des zweiten geerbt. Eine Darstellung dieser beiden Beweise würde den
gebra, Topologie und Zahlentheorie. Sein Lehrbuch Moderne Algebra war 1930 eine der ersten
Darstellungen, die die Algebra nicht mehr unter dem Gesichtspunkt von Rechentechniken sah,
sondern als Untersuchung abstrakter Strukturen etablierte.
97
17. Arithmetische Progressionen
Rahmen dieses Buchs (bei weitem) sprengen und wir müssen daher leider auf sie
verzichten. Statt dessen wollen wir zum Abschluss dieses Kapitels hier noch den
Satz von Hales und Jewett vorstellen und beweisen, und daraus insbesondere noch
den versprochenen Beweis von Satz 17.2 ableiten.
Der Satz von Hales und Jewett befasst sich mit der Existenz von einfarbigen
kombinatorischen Geraden, und hierfür müssen wir unsere bisherige Terminologie
noch etwas erweitern.
Definition. Es seien k, n ∈ N natürliche Zahlen. Unser Hauptinteresse wird sich
auf die Menge ([k] ∪ {∗})n richten. Sie enthält Tupel der Länge n, die aus den
Zahlen 1, . . . , k und dem zusätzlichen Element ∗ bestehen. Für τ ∈ ([k] ∪ {∗})n
und j ∈ [k] ∪ {∗} sei τ (j) das Tupel das man erhält, wenn man alle ∗ aus τ durch
j ersetzt. Offensichtlich ist wieder τ (j) ∈ ([k] ∪ {∗})n . Mit der Menge [k]n∗ :=
([k] ∪ {∗})n \ [k]n bezeichnen wir die Familie aller n-Tupel, die mindestens ein ∗
enthalten. Für τ ∈ [k]n∗ definiert man schließlich eine sogenannte kombinatorische
Gerade durch
Lτ := (τ (1), . . . , τ (k)) ⊂ [k]n .
Beispiel. Wir betrachten den Fall k = 4 und n = 2. Hier definiert τ := (3, ∗) ∈ [4]2∗
die kombinatorische Gerade
L(3,∗) = (τ (1), . . . , τ (4)) = ((3, 1), (3, 2), (3, 3), (3, 4)) ⊂ [4]2 .
Betrachtet man hingegen τ ′ := (∗, ∗) ∈ [4]2∗ , dann ergibt das die kombinatorische
Gerade
L(∗,∗) = (τ (1), . . . , τ (4)) = ((1, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4)) ⊂ [4]2 .
Diese Geraden kann man sich wie folgt vorstellen:
4
3
2
1
1
2
(3,4)
(3,3)
(3,2)
(3,1)
3
4
3
2
1
4
(4,4)
(3,3)
(2,2)
(1,1)
1
2
3
4
Satz 17.5 (Hales und Jewett). Für alle natürlichen Zahlen k, r existiert eine kleinste natürliche Zahl HJ(k, r), so dass für jedes n ≥ HJ(k, r) jede Färbung fHJ :
[k]n → [r] eine einfarbige kombinatorische Gerade enthält: es existiert ein τ ∈ [k]n∗ ,
so dass
fHJ (τ (1)) = · · · = fHJ (τ (k)).
Schauen wir uns noch einmal ein kleines Beispiel an, um diese Aussage zu
verstehen: Für k = 3 und n = 2 sieht man hier eine Färbung von [3]2 mit den
Farben × und o, die keine einfarbige kombinatorische Gerade enthält:
3
2
1
o
o
×
1
×
o
o
2
o
×
×
3
98
Kapitel IV. Ramsey Theorie
Diese Situation kennt man aus einem Tic Tac Toe Spiel. Während die hier dargestellte Situation einen unentschiedenen Spielverlauf repräsentiert, besagt der Satz
von Hales und Jewett: Zu jeder gegebenen Spielfeldgröße k und jeder Anzahl von
Spielern r existiert eine Dimension n, so dass jedes n-dimensionale Tic Tac Toe
Spiel auf jeden Fall nicht unentschieden ausgeht.
Bevor wir diesen Satz beweisen werden, zeigen wir, wie er den Satz von van
der Waerden impliziert.
Beweis von Satz 17.2. Es seien k, r ∈ N wie in Satz 17.2 vorgegeben. Wir setzen m := HJ(k, r) und n := k · m und behaupten, dass dann W(k, r) ≤ n gilt.
Wir müssen also zeigen, dass für jede Färbung fW : [n] → [r] eine arithmetische
Progression der Länge k in [n] existiert, die unter fW einfarbig ist.
Für (x1 , . . . , xm ) ∈ [k]m gilt, dass 1 ≤ x1 + · · · + xm ≤ km = n, und daher
können wir eine Färbung fHJ : [k]m → [r] durch fHJ (x1 , . . . , xm ) := fW (x1 + · · · +
xm ) definieren. Nach Wahl von m existiert dann eine einfarbige kombinatorische
Gerade unter fHJ , also ein τ ∈ [k]m
∗ , so dass
fHJ (τ (1)) = · · · = fHJ (τ (k)).
Wir betrachten die einzelnen Komponenten des Tupels τ (1) ∈ [k]m und setzen
a := τ (1)1 + · · · + τ (1)m . Wenn d die Anzahl der ∗ in τ bezeichnet, dann ist a + d =
τ (2)1 + · · · + τ (2)m und, für beliebiges j ∈ [k], a + (j − 1)d = τ (j)1 + · · · + τ (j)m .
Somit folgt, dass
fW (a + (j − 1)d) = fW (τ (j)1 + · · · + τ (j)m ) = fHJ (τ (j)1 , . . . , τ (j)m ) = fHJ (τ (j)).
Damit vererbt sich die Einfarbigkeit der kombinatorischen Gerade auf die Färbung
fW der Zahlen a + (j − 1)d, was zu zeigen war.
Zum Abschluss dieses Kapitels fehlt nun noch der Beweis von Satz 17.5.
Beweis von Satz 17.5. Der Beweis verläuft durch vollständige Induktion über k.
Für k = 1 ist nichts zu beweisen, da [1]n nur aus einem einzigen Tupel besteht.
Wir nehmen also an, dass wir die Existenz der Zahl HJ(k − 1, r) bereits bewiesen
haben und setzen
m := HJ(k − 1, r), n1 := r(k
m
)
, ni := r
k
m+
Pi−1
n
j=1 j
, n := n1 + · · · + nm .
Wir wollen noch einige vorbereitende Vereinbarungen treffen. Wir sagen, dass zwei
Tupel a, b ∈ [k]m benachbart sind, wenn es ein i ∈ [m] gibt, so dass aj = bj für
alle j ∈ [k] \ {i} und
ai = k − 1 und bi = k,
oder
ai = k und bi = k − 1
gilt. Wenn a und b benachbart sind, schreiben wir a ∼ b.
99
17. Arithmetische Progressionen
Wir betrachten σ ∈ ([k] ∪ {∗})m und eine Folge τ = τ1 . . . τm mit τi ∈ [k]n∗ i .
Man beachte: für i ∈ [m] ist τi ein ni -Tupel, aber σi ein 1-Tupel. Wir definieren
τ (σ) := τ1 (σ1 ) . . . τm (σm ) ∈ ([k] ∪ {∗})n .
Mit anderen Worten: τ (σ) besteht aus dem n-Tupel, das wir erhalten, wenn wir
erst alle ∗ in dem n1 -Tupel τ1 durch σ1 ∈ [k] ∪ {∗} ersetzen, gefolgt von dem
n2 -Tupel τ2 , in dem wir alle ∗ durch σ2 ∈ [k] ∪ {∗} ersetzt haben, und so weiter.
Offensichtlich gilt dann die folgende Assoziativität für σ ∈ [k]m
∗ und j ∈ [k]:
(τ (σ))(j) = (τ1 (σ1 ) . . . τm (σm ))(j) = τ1 (σ1 (j)) . . . τm (σm (j)) = τ (σ(j)).
(17.5)
Es sei nun eine beliebige Färbung fHJ : [k]n → [r] gegeben. Die folgende
Behauptung stellt den Motor für unseren Induktionsschritt dar: Es gibt eine Folge
τ = τ1 . . . τm mit τi ∈ [k]n∗ i , so dass
fHJ (τ (a)) = fHJ (τ (b))
für alle a, b ∈ [k]m mit a ∼ b.
(17.6)
Wenn also die Färbung fHJ durch die Brille“ von τ guckt, dann kann sie a und b
”
nicht unterscheiden (sofern a ∼ b ist), und das ist genau das, was wir für unseren
Induktionsschritt brauchen, wie wir gleich sehen werden. Bevor wir die Existenz
von τ und damit die Behauptung in (17.6) beweisen, zeigen wir, wie wir sie im
Beweis von Satz 17.5 einsetzen.
Wir definieren dazu eine neue Färbung f : [k − 1]m → [r] durch f (a) :=
fHJ (τ (a)). Nach Wahl von m gibt es eine einfarbige kombinatorische Gerade unter
f , das heißt, es existiert ein σ ∈ [k − 1]m
∗ , so dass
f (σ(1)) = · · · = f (σ(k − 1))
(17.7)
gilt.
Wir kombinieren nun dieses σ mit der Folge τ = τ1 . . . τm mit der in (17.6)
behaupteten Eigenschaft und betrachten
τ (σ) = τ1 (σ1 ) . . . τm (σm ) ∈ [k]m
∗ .
Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass die durch τ (σ) definierte kombinatorische Gerade
(17.5)
Lτ (σ) = ((τ (σ))(1), . . . , (τ (σ))(k)) = ((τ (σ(1)), . . . , (τ (σ(k)))
unter fHJ einfarbig ist.
Für die ersten k − 1 Punkte der Gerade ist das klar, denn für j, j ′ ∈ [k − 1]
gilt σ(j) ∈ [k − 1]m und σ(j ′ ) ∈ [k − 1]m und somit
(17.7)
fHJ (τ (σ(j))) = f (σ(j)) = f (σ(j ′ )) = fHJ (τ (σ(j ′ ))).
Um auch den letzten Punkt τ (σ(k)) zu erreichen, vergleichen wir die zwei m-Tupel
σ(k − 1) und σ(k). Wenn d die Anzahl von ∗ in σ bezeichnet, dann unterscheiden
100
Kapitel IV. Ramsey Theorie
sich die beiden Tupel in exakt d Komponenten. Für 0 ≤ i ≤ d definieren wir nun
das m-Tupel σ i ∈ [k]m dadurch, dass wir die vorderen i Vorkommen von ∗ durch
k und die hinteren d − i Vorkommen von ∗ durch k − 1 ersetzen. Dann folgt, dass
σ(k − 1) = σ 0 ∼ σ 1 ∼ . . . ∼ σ t = σ(k)
gilt, und dies wiederum impliziert durch d-fache Anwendung von (17.6), dass
fHJ (τ (σ(k − 1))) = fHJ (τ (σ 1 )) = . . . = fHJ (τ (σ t−1 )) = fHJ (τ (σ(k))).
Somit haben wir die Einfarbigkeit der kombinatorischen Gerade Lτ (σ) gezeigt.
Wir müssen jetzt nur noch den Beweis der Behauptung in (17.6) nachholen
und dazu die gesuchten τi ∈ [k]n∗ i konstruieren. Wir nehmen an, dass für i ∈ [m]
die Tupel τi+1 , . . . , τm bereits gefunden sind und konstruieren jetzt τi . Für 0 ≤
t ≤ ni sei wt ∈ {k − 1, k}ni das Tupel, dessen vordere t Komponenten den Wert
k und dessen
Pi−1 hintere ni − t Komponenten den Wert k − 1 haben. Wir setzen
mi−1 := j=1 nj und definieren die Färbung ft : [k]mi−1 +m−i → [r] durch
ft (x1 , . . . , xmi−1 , yi+1 , . . . , ym ) := fHJ (x1 , . . . , xmi−1 , wt , τi+1 (yi+1 ), . . . , τm (ym ))
für jedes 0 ≤ t ≤ ni . Der Sinn dieser Definition wird gleich ersichtlich werden: wir
haben jetzt eine Familie von ni + 1 Abbildungen von [k]mi−1 +m−i nach [r]. Da es
aber nur
mi−1 +m−i
mi +m
)
) Def
r(k
≤ r(k
= ni
verschiedene Abbildungen zwischen diesen zwei Mengen geben kann, müssen aufgrund des Schubfachprinzips zwei identisch sein. Es gibt also zwei Zahlen 0 ≤ s <
t ≤ ni mit fs = ft . Das bedeutet nichts anderes als
fHJ (x1 , . . . , xmi−1 , wt , τi+1 (yi+1 ), . . . , τm (ym ))
=fHJ (x1 , . . . , xmi−1 , ws , τi+1 (yi+1 ), . . . , τm (ym ))
(17.8)
für alle xj , yj ′ ∈ [k]. Das ist für uns wichtig, denn es zeigt, dass fHJ im Segment
zwischen den Komponenten mi−1 +1 und mi−1 +ni in gewisser Weise zwischen k−1
und k nicht unterscheiden kann! Die Aufgabe des noch zu definierenden τi wird es
also sein, dies auszunutzen, um so für a ∼ b die Gleichung fHJ (τ (a)) = fHJ (τ (b))
zu gewährleisten.
Zu diesem Zwecke definieren wir das Tupel τi ∈ [k]n∗ i durch:
τi := (k, . . . , k ∗, . . . , ∗, k − 1, . . . , k − 1) .
| {z } | {z } |
{z
}
s
t−s
ni −t
Man beachte, dass dadurch insbesondere τi (k) = wt und τi (k − 1) = ws gilt.
Durch die obige Konstruktion können wir sukzessive alle τm , . . . , τ1 konstruieren und es verbleibt, die Behauptung (17.6) zu überprüfen. Seien dazu a, b ∈ [k]m
mit a ∼ b gegeben und i ∈ [m] so gewählt, dass
a = (a1 , . . . , ai−1 , k, ai+1 , . . . , am ) und b = (a1 , . . . , ai−1 , k − 1, ai+1 , . . . , am )
17. Arithmetische Progressionen
101
gilt. Es folgt, dass
fHJ (τ (a)) =
fHJ τ1 (a1 ), . . . , τi−1 (ai−1 ),
τi (k), τi+1 (ai+1 ), . . . , τm (am )
=
fHJ τ1 (a1 ), . . . , τi−1 (ai−1 ),
wt , τi+1 (ai+1 ), . . . , τm (am )
fHJ τ1 (a1 ), . . . , τi−1 (ai−1 ),
ws , τi+1 (ai+1 ), . . . , τm (am )
=
fHJ τ1 (a1 ), . . . , τi−1 (ai−1 ),
τi (k − 1), τi+1 (ai+1 ), . . . , τm (am )
=
fHJ (τ (b))
(17.8)
=
gilt, und das war zu beweisen.
Literaturhinweise
Eines der wenigen Bücher, das ganz auf Ramsey Theorie fokussiert ist, stammt
von Graham, Rothschild und Spencer [25]. Einschlägige Kapitel finden sich in dem
Lehrbuch von Jukna [30] und einen interessanten Einblick erhält man auch durch
den Sammelband [45], der 1990 von Nešetřil und Rödl herausgegeben wurde.
Der hier angegebene Beweis des Satzes von Hales und Jewett geht auf Shelah [53] zurück, unsere Darstellung lehnt sich an die Exposition von A. Nilli [46]
und Jukna [30] an.
Übungsaufgaben
IV.1. Man zeige mit Hilfe des Schubfachprinzips:
a) Jeder Graph mit mindestens zwei Knoten hat zwei Knoten mit gleichem Grad.
b) Wenn alle Knoten eines Graphens G auf n Knoten mindestens (n − 1)/2 Nachbarn haben, dann ist G zusammenhängend.
IV.2. Man zeige mit Hilfe des Schubfachprinzips: Jede Teilmenge S ⊂ [2n] der
Größe |S| > n enthält zwei Zahlen a und b, so dass a Teiler von b ist.
IV.3. a) Man finde für jedes n ∈ N eine 2-Färbung der Kanten des Kn , so dass
die Farbklasse mit den meisten Kanten keinen K3 enthält.
b) Man finde für jedes n ∈ N und jede reelle Zahl ε > 0 eine 2-Färbung der
Kanten
des Kn und eine Zahl k ∈ N, so dass eine Farbklasse mindestens (1−ε) n2 Kanten,
aber trotzdem keinen Kk enthält.
IV.4. Die vorangegangene Aufgabe hat gezeigt, dass in einer 2-Kantenfärbung des
Kn nicht unbedingt die Farbklasse mit den meisten Kanten eine Clique besitzen
muss. Dennoch gibt es auch für dieses Szenario ein Dichteresultat, nämlich den
Satz von Turán, der das Folgende besagt. Es sei G = (V, E) mit |V | = n und
n2
k ≥ 3. Wenn |E| > k−2
k−1 2 ist, dann enthält G eine k-Clique.
Man beweise diese Aussage durch Induktion über die Knotenanzahl. Im Induktionsschritt kann man annehmen, dass G eine Clique auf k − 1, aber keine
102
Kapitel IV. Ramsey Theorie
Clique auf k Knoten enthält (warum geht das?). Anschließend schätzt man die
Kantenanzahl von G ab, indem man die (k − 1)-Clique aus G entfernt und die
Induktionsannahme auf den Restgraphen anwendet.
IV.5. Man zeige, dass die Menge aller Primzahlen keine unendlich lange arithmetische Progression enthalten kann.
IV.6. Man folgere aus der Ungleichung (16.4), dass man in Satz 16.1 n0 (k) ≤ 22k
wählen kann.
IV.7. Wir wollen den Satz von Erdős-Szekeres ein weiteres Mal mit Hilfe des
Satzes von Ramsey beweisen. Dazu zwei Überlegungen:
1. Unter fünf Punkten in allgemeiner Lage existieren stets vier, die ein konvexes
Viereck aufspannen.
2. Ein Polygon ist genau dann konvex, wenn jede vierelementige Teilmenge der
Ecken ein konvexes Viereck aufspannt.
Man benutze diese beiden Aussagen und den Satz von Ramsey zusammen mit
einer geeigneten Färbung von Teilmengen der Punktmenge, um die Existenz eines
konvexen Polygons auf mindestens k Punkten zu zeigen.
IV.8. Der Satz von Schur besagt, dass für jedes r ∈ N ein n ∈ N existiert, so dass
für jede Färbung f : [n] → [r] drei Zahlen x, y, z ∈ [n] existieren mit x = y + z
und f (x) = f (y) = f (z).
Man zeige, dass die Aussage bereits für r = 4 falsch wird, wenn man 3x = y + z
anstelle von x + y = z fordert.
(Hinweis: Man beachte den Färbungsvorschlag auf Seite 95.)
IV.9. Eine Verallgemeinerung des Satzes von van der Waerden, in der die Anzahl
der Farben unbeschränkt ist, lautet:
Für jedes k existiert n0 , so dass für alle n ≥ n0 und jede Färbung
f : [n] → N gilt: In [n] existiert eine arithmetische Progression der
Länge k, deren Elemente alle die gleiche Farbe oder alle unterschiedliche Farben haben. Im zweiten Fall sprechen wir auch von einer bunten
arithmetischen Progression.
Warum lässt sich der Satz von Ramsey nicht in der gleichen Weise verallgemeinern?
Man konstruiere dazu eine Kantenfärbung des vollständigen Graphen, die weder
ein einfarbiges noch ein buntes Dreieck enthält.
IV.10. Die Variante des Satzes von van der Waerden aus Aufgabe IV.9 garantiert
eine einfarbige oder eine bunte k-AP. Man finde ein Beispiel dafür, dass eine
Färbung der natürlichen Zahlen mit einer unendlichen Anzahl von Farben keine
bunte k-AP erzwingt.
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