HAZ, vom 12 04 2005 Die Tiere in unserer Heimat VON RENATE SANDER UND HEIKO LOSSIE Die meisten Menschen verziehen beim Anblick von Kröten, Fröschen und Molchen das Gesicht. Ein wenig ist das nachvollziehbar, denn echte Schönheiten sind diese glitschigen Tiere erst auf den zweiten Blick. Dabei sind es interessante Wesen: Es gibt Männchen unter ihnen, die verfärben sich blau, um ihrer Angebeteten zu gefallen. Anderen wächst in der Paarungszeit ein Kamm. Wie- Eine Serie Ihrer Heimatzeitung, Folge 1 MOORFROSCH KREUZKRÖTE Blaues Kleid zur Paarungszeit Pionier unter Artgenossen Länge: 5 bis 8 Zentimeter Der Moorfrosch ist selten geworden. Der Grund: Es gibt heute nur noch wenige Feuchtgrünländer, Erlenbrüche und Niedrigmoore. Im Westen der Region rund um das Steinhuder Meer und das Leinetal fühlt sich der Moorfrosch noch wohl. Im Osten und Norden gehen die Bestände nach wie vor zurück, in Langenhagen gilt das Tier seit 15 Jahren als ausgestorben. Außerhalb der Paarungszeit sind Männchen und Weibchen unauffällig braun. Wenn die Tiere sich im Wasser paaren, färben sich die Männchen jedoch oft intensiv blau. Um für Nachwuchs zu sorgen, klammert sich das Männchen unter den Achseln des Weibchens fest. Daraufhin legt das Weibchen ein oder zwei Laichballen ab. Viele bedrohte Vögel, wie Störche, Uhus und Schleiereulen, ernähren sich unter anderem vom Moorfrosch. Länge: 4 bis 8 Zentimeter Auffallend bei den Kreuzkröten sind die rötlich gefärbten Warzen und der gelbe Längsstreifen auf dem braungrünen Rücken. Die Tiere leben gern an kleinen Gewässern, die durch Überschwemmungen entstehen. An dieses Leben hat sich das kleine Tier hervorragend angepasst: Es braucht keine Pflanzen für den Laich und die Larven halten es auch aus, wenn das Wasser einmal etwas wärmer wird. Weil sie nicht auf die immer gleichen Gewässer angewiesen ist, wird die Kreuzkröte oft als Pionier bezeichnet. Das heißt, sie besiedelt als erste unter ihren Artgenossen ein neues Gewässer. Ganz Kröten-untypisch kann sie sich dabei schnell wie eine Maus fortbewegen. Droht der Kreuzkröte Gefahr, bläht sie sich auf, hebt das Hinterteil an und sondert ein weißes Sekret ab. Heute: Kröten, Frösche und der Teichmolch derum andere geben sich wenig Mühe – sie lassen sich sogar von ihrer Zukünftigen auf dem Rücken tragen. Sie würden gern mehr über diese Amphibien erfahren? Dann lesen Sie einfach weiter. Vor Ihnen liegt die erste von 50 Folgen unserer Serie „Der Natur auf der Spur“, mit der wir Ihnen jede Woche die Geheimnisse der heimischen Flora und Fauna näher bringen wollen. Auf dieser Seite erfahren Sie, was Kröten, Frösche und Molche charakterisiert und wie sie sich entwickelt haben. TEICHFROSCH ERDKRÖTE KNOBLAUCHKRÖTE Konzert mit bis zu 45 Dezibel Faule Männer – starke Frauen Larve größer als fertiges Tier Länge: 9 bis 15 Zentimeter Der Teichfrosch ist zwar ein echter Frosch, er bildet aber keine eigene Art. Er ist ein Mischling aus Seefrosch und kleinem Wasserfrosch. Um sich fortpflanzen zu können, paart er sich entweder mit einem See- oder mit einem Wasserfrosch, mit denen er deshalb in Froschgemeinschaften lebt. Er ist an der Oberseite grün bis braun und hat oft schwarze Flecken. Während der Balz sind die Männchen gelb bis hellgrün gefärbt. Sie haben an beiden Kopfseiten so genannte Schallblasen, die sich wie Luftballons aufpumpen, wenn ein Weibchen mit lautem Ruf angelockt werden soll. Kommt es zur Paarung, legt das Wasserfrosch- oder Seefroschweibchen bis zu 10 000 Eier im Wasser ab. Teichfrösche leben in fast allen stehenden Gewässertypen unserer Landschaft. Sie sind gute Wanderer und besiedeln oft neu entstandene Gewässer. Wer Teichfrösche im Gartenteich hat, kann die Naturidylle nur schwer überhören. Bis zu 45 Dezibel kann ein Froschkonzert erreichen. Oft wird es laut, wenn sich die Frösche heftige Revierkämpfe liefern. Länge: 8 bis 13 cm Zugegeben – besonders schön ist die Erdkröte nicht. Sie hat eine bräunlichwarzige Haut und einen plumpen Körperbau. Doch ihre Augen leuchten goldfarben und haben die für alle echten Kröten charakteristischen waagerechten Pupillen. Erdkrötenmännchen können die Weibchen nicht mit lauten Rufen auf sich aufmerksam machen. Weil die Zahl der männlichen Tiere immer weit höher liegt als die der weiblichen, müssen sie sich stets gegen viele Konkurrenten durchsetzen. Es gilt, einen Platz auf dem Rücken einer Krötendame zu erobern, um sich von ihr zum Laichgewässer befördern zu lassen. Für die Weibchen kann dieses „Besteigen“ gefährlich werden, denn meist versuchen gleich mehrere Kavaliere, sie zu erklimmen. Zum Laichen zieht es Erdkröten jedes Jahr – immer zum gleichen Zeitpunkt – wieder zu dem Gewässer, in dem sie geboren wurden. Mehr als zwei Kilometer können sie kriechen, um an ihr Ziel zu kommen. Bis zu 8000 Eier, die wie an einer Schnur hängen, spannt das Krötenweibchen im Wasser zwischen Schilfstengeln. Länge: 5 bis 8 Zentimeter Die Knoblauchkröte ist keine „ganze“ Kröte: Sie hat eine glatte Haut mit nur wenig ausgebildeten kleinen Warzen und eine senkrechte Pupille. Fühlt die Knoblauchkröte sich bedroht, sondert sie ein Sekret ab, das nach Knoblauch riecht. Auch sonst ist sie sehr wehrhaft: Sie verteidigt sich mit Bissen, stößt hohe Schreie aus und bläht sich auf, um vor ihren Feinden eindrucksvoller zu wirken. Bei der Knoblauchkröte ist die Reihenfolge auf den Kopf gestellt: Die fertig entwickelten Tiere sind wesentlich kleiner als die Larven. Sie bringen es auf eine Länge von bis zu 22 Zentimeter. Weil das so ist, bezeichnen Amphibienforscher die Umwandlung von der Larve zum erwachsenen Tier auch als Schrumpfmetamorphose. Die Eier legt das Weibchen gemeinsam mit dem Männchen ab. Mit dem Krötenmännchen auf dem Rücken schwimmt das Weibchen durch das Wasser, auf der Suche nach Pflanzenstengeln, um die es die Laichschnüre spiralförmig aufwickeln kann. Knoblauchkröten sind gute Schädlingsbekämpfer. Denn sie fressen Kartoffelkäfer, Rüsselkäfer und Tausendfüßler. LAUBFROSCH Kletterkünstler rund um den Teich Länge: 3 bis 5 Zentimeter Der Laubfrosch kann als einziges der hier vorgestellten Tiere auf Hecken, Büsche und Bäume klettern. Dazu nutzt er seine saugnapfähnlichen Finger- und Zehenspitzen und ist mit ihnen sogar in der Lage, senkrechte Wände hochzusteigen. Seine glatte, glänzende Körperoberseite ist meist grün. Ein dunkler Flankenstreifen zieht sich von der Nase bis zur Hüfte. Die Bauchseite ist weiß-gelb bis grau und körnig. Männchen unterscheiden sich durch eine faltige und gelblich-braune Kehle, die bei den Weibchen hell und glatt ist. Der Laubfrosch ernährt sich von Fliegen, Mücken, Käfern, Raupen und Spinnen. Zu fürchten hat er Schlangen, Stelz- und Greifvögel. Als Lebensraum bevorzugt er naturbelassene Waldränder, feuchte Wiesen, Sümpfe und Röhricht. Zur Laichzeit im Mai sucht der Laubfrosch am liebsten pflanzenreiche Gewässer mit Ufergebüsch – beispielsweise Weiher, Teiche und Altwässer – auf. Die Weibchen legen dabei kleine, kugelige Laichballen mit 150 bis 300 Eiern ab. Laubfrösche können bis zu 22 Jahre alt werden, sie sind nachtaktiv und sonnen sich tagsüber gerne. AN DIESEN STELLEN WANDERN KRÖTEN Auf Dauer helfen nur neue Lebensräume Uwe Manzke (42) setzt sich seit mehr als 25 Jahren für den Amphibienschutz ein. Der Diplom-Biologe hat mit den Nabu-Ortsgruppen der Region Ende 2004 ein Artenhilfs - und Kleingewässerschutzprojekt ins Leben gerufen. Mit dem Motto „Ein König sucht sein Reich“ hat das Projekt den Laubfrosch zur Leit- und Zielart des Projektes gewählt. Warum hat sich Ihr Projekt dem Laubfrosch verschrieben? Layout: Sabine Erdbrink Der Laubfrosch war bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts sehr häufig. Aufgrund seiner hohen Lebensraumansprüche ist er sehr selten geworden. Laubfroschlebensräume sind sehr artenreich – Hilfsmaßnahmen für den Laubfrosch helfen daher auch anderen seltenen Tieren und Pflanzen. Was ist das größte Problem für die Amphibien in der Region? Der Verlust geeigneter Lebensräume, vor allem von Kleingewässern und Feuchtgrünländern sowie der Besatz vieler Laichgewässer mit Fischen. Auch ist die vorherrschende Strukturarmut und Vereinheitlichung unserer Landschaft zu nennen, Nicht zuletzt spielt die Zerschneidung vieler Lebensräume durch Straßen und Bebauung eine große Rolle. Was leisten die Schutzzäune? Die Frühjahrswanderungen der Amphibien zeigen eindrucksvoll die fortgeschrittene Zerschneidung vieler Lebensräume. Mit den Fangzäunen gelingt es vielen Naturschützern, die Amphibien vor dem Straßentod zu retten. Leider kann aufgrund des hohen Zeit- und Personalaufwandes die Wande- STICHWORT AMPHIBIEN Geburtsstunde vor 360 Millionen Jahren das Interview rung der Jungtiere im Sommer nicht berücksichtigt werden. Ideal wären daher neue Lebensräume als Dauerlösung. Kann man helfen, Amphibien im Gartenteich anzusiedeln? Am Rande der Ortschaften siedeln sich Amphibien oft von selber an. Die Gartenteiche dürfen keine Fische beherbergen. Eine aktive Ansiedlung ist verboten, da alle einheimischen Amphibien geschützt sind und nicht gefangen werden dürfen. Wer noch Fragen zum Thema hat, erfährt mehr im Internetauftritt des Nabu unter der Adresse: www.laubfrosch-hannover.de. Frösche, Kröten und Molche gehören zu den Amphibien. Das heißt sie leben sowohl im Wasser als auch an Land. Deutlichstes gemeinsames Merkmal ist die Haut der Tiere: Sie ist weder von Haaren noch von Hornschuppen bedeckt, sondern vollkommen nackt. Schleimdrüsen halten sie feucht, deshalb wirken die Tiere glitschig. Weil die Haut sehr dünn ist, kann sie die Tiere nicht vor Feuchtigkeitsverlust schützen, wenn es warm ist. Deshalb halten sich viele Arten nur an feuchten Orten auf oder sie werden erst bei Regen und in der Nacht aktiv. Die Eier von Amphibien haben keine feste Schale, sondern sind von einer gallertartigen Masse umgeben. Damit vor dem Austrocknen geschützt sind, legen die Tiere sie im Wasser ab. Die Amphibien sind heute der eindrucksvollste Beweis, dass alles Leben ursprünglich aus dem Wasser kam: Aus Fischen, die bereits statt Kiemen Lungen hatten und mit ihren Flossen an Land kurze Strecken kriechen konnten, entstanden vor etwa 360 Millionen Jahren die ersten Amphibien. Der größte Urmolch war sicher der Mastodonsau- Der Quastenflosser (hier ein Skelett) ist ein Vorfahr unserer Amphibien. rus, der bis zu sechs Meter lang wurde.Zur Wirbeltierklasse der Amphibien gliedert sich in drei Ordnungen: So genannte Blindwühlen, die in unseren Breitengraden nicht vorkommen, die Schwanzlurche, zu ihnen gehört der Teichmolch sowie die Froschlurche. Dieser Ordnung gehören die hier vorgestellten Frösche und Kröten an. Frösche und Kröten unterscheiden sich durch ihre Haut: Frösche haben eine glatte Haut. Kröten haben eine warzige Haut. Sie legen ihre Laich in Schnurform und nicht wie Frösche in Ballen ab. Außerdem sind sie vom Körperbau plumper als Frösche. TEICHMOLCH Rückenkamm zur Paarung Länge: 9,5 bis 11 Zentimeter Er ist der häufigste Vertreter aus der Familie der einheimischen Salamander und Molche. Die Männchen sind im Wasser grau mit dunklen Flecken auf dem Rücken, die Weibchen haben eine sandfarbene Haut. An Land wird die Haut der Teichmolche stumpf und wasserabweisend. Der kleine Teichmolch ist sehr anpassungsfähig und lebt gern an kleinen besonnten Gewässern mit großer Pflanzenvielfalt. Manchmal taucht er sogar am Rand von Hochmooren auf. Die Paarungszeit, die von März bis Mai stattfindet, verbringt der Teichmolch im Wasser. Hier ernährt er sich von Kleinkrebsen. Die männlichen Tiere haben während ihrer Wasserphase einen Rückenkamm, der gezackt, glattrandig oder gewellt sein kann. Außerdem wachsen ihnen Schwanzflossen und zwischen den Zehen Schwimmhäute. Mit der Balz gibt sich der Teichmolch viel Mühe: Er beschnüffelt seine Zukünftige, theatralisch schlägt er sich mit dem Schwanz gegen die Körperseiten und versucht, mit Duftstoffen, das Weibchen anzulocken.