Key-Account-Management: „Lieber früh auditieren als zu spät

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Wissen: Science Factory
Key-Account-Management:
„Lieber früh auditieren
als zu spät reparieren“
FACHINFO
Das Key-Account-Management gleicht einem Boot auf nächtlichem Fluss: Wer nicht oder wer zu langsam rudert, fällt zurück.
Es gilt, dieses Managementinstrument ständig zu hinterfragen.
Das Mittel hierzu ist ein Key-Account-Management-Audit.
Key-Account-Management (KAM) ist
mittlerweile einer der Kernbausteine des
Vertriebsmanagements. Gilt für das KAM
somit der Spruch: Was lange währt, wird
endlich gut? Mitnichten: Das Key-AccountManagement ist für die meisten Unternehmen nach wie vor ein wunder Punkt.
Und zwar sowohl aus externen als auch
aus internen Gründen:
• Extern lauert der Einkauf des Kunden.
Unter dem Druck, die Einkaufskosten zu
senken, haben die strategischen Einkäufer auf der Kundenseite in den Krisenjahren seit 2001 nicht geschlafen. Der
länderübergreifende Informationsaustausch über Preise und Qualitäten wurde verbessert, weitere Budgets wurden
zentralisiert. Der Spielraum, um Preise
profitabilitätsfördernd zu spreizen, wird
für die Anbieter immer kleiner. KAM
wird zum „Koordinationswettlauf“ zwischen Einkauf und Vertrieb: Es gewinnt
derjenige, der den besseren Überblick
über das gemeinsam abgewickelte internationale Geschäft hat.
• Intern lauert die organisationale Trägheit. Vor drei bis vier Jahren stand das
Key-Account-Management in vielen
Unternehmen als Lieblingsprojekt von
Vorstand und Geschäftsleitung im hellen
Rampenlicht. Jetzt ist es ins Halbdunkel
© Foto Getty Images
• Key-Account-Management-Excellence
• Audit
• Problembereiche des Key-AccountManagement
• Excellence-Profil
• Kundenprofitabilität
Wenn das Key-Account-Management in
die Jahre kommt, treten Erosionsprobleme auf. Es wird nicht mehr so
engagiert gelebt wie zu Beginn. Ein
Audit kann helfen, Fehler frühzeitig zu
erkennen und zu beheben, bevor sie
Schäden anrichten.
absatzwirtschaft 12/2004
Key-Account-Management
KAM-Excellence-Profil
eines Automobilzulieferers
absatzwirtschaft
Strategische
Weichenstellung
100 %
Beziehungspflege
Anzeige
1/3 hoch
rechts
Organisation
und Steuerung
100 %
100 %
100 %
Leistungsmanagement
des laufenden Geschäfts übergegangen.
Es besteht die Gefahr, dass offene interne Baustellen dabei mitgeschleift und
nicht sauber zu Ende geführt werden –
wie kundenbezogene Profitabilitätsrechnungen. Oder noch virulenter: einzelkundenbezogene, potenzialgestützte
Geschäftsplanung. Hinzu kommt, dass
viele Teilprozesse im Key-AccountManagement, die zu Beginn noch engagiert und diszipliniert betrieben wurden,
mit der Zeit versanden. Dies gilt zum Beispiel häufig für die Ressourcen- und
Maßnahmenpriorisierung.
DER KEY-ACCOUNTMANAGEMENTEXCELLENCE-ANSATZ
Viele Unternehmen stehen vor einer der
folgenden Herausforderungen oder gar
vor beiden gleichzeitig: Erstens muss das
Key-Account-Management konsequent
fertig „gebaut“ und umgesetzt werden. Die
vorhandenen Insellösungen sind zu vernetzen, denn der Gesamtansatz kann
immer nur so gut sein wie das schwächste Glied in der Kette – das heißt das am
unprofessionellsten gemanagte KeyAccount-Management-Handlungsfeld.
Zweitens ist sicherzustellen, dass bereits
eingeführte Elemente des Key-AccountManagement nicht erodieren.
12/2004 absatzwirtschaft
Quelle: Homburg/Jensen/Fürst
Die Grafik zeigt auf einer aggregierten Ebene die Audit-Ergebnisse
eines Automobilzulieferers. Das
Unternehmen wurde bei der Beziehungspflege niedrig bewertet, weil
der wichtigste Kunde zu diesem
Zeitpunkt einen zentralen Ansprechpartner im Einkauf benannt
hatte, dem im Unternehmen drei (!)
Ansprechpartner gegenüberstanden. Hier gab es erhebliche Probleme mit dem „One Voice“-Prinzip.
Für beide Herausforderungen ist ein systematischer Ansatz als „Bebauungsplan“
für den Ausbau des KAM und als AuditCheckliste für die Überwachung des KeyAccount-Management nötig. Zu diesem
Zweck hat das Institut für Marktorientierte Unternehmensführung der Universität Mannheim den Key-Account-Management-Excellence-Ansatz entwickelt.
Dieser in unterschiedlichsten Branchen
anwendbare Ansatz basiert auf einer
Bestandsaufnahme sämtlicher Erfolgsfaktorenstudien zum KAM, einer internationalen Erfolgsfaktorenstudie bei 385
Unternehmen und Erfahrungen aus zahlreichen Beratungsprojekten bei Unternehmen verschiedenster Branchen.
Für viele Unternehmen stellen sich die
Einzelelemente im Key-Account-Manage53
MARKETING
Wissen: Science Factory
Checkliste: 56 Fragen zu Ihrem Key-Account-Management
Dimension Abschnitt
Leitfrage
Strategische
Weichenstellung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Wer sind die wichtigsten Nachfrager
im Markt?
Welche wichtigen Nachfrager wollen
wir als Kunden, welche nicht?
Wie stark setzen wir strategisch auf
die Key-Accounts?
Organisation und
Steuerung
Wie viele Ressourcen investieren wir
in die einzelnen Key-Accounts?
Wie weit spannen wir das KAM?
8.
9.
10.
11.
Wie besetzen wir das KAM-Gerüst im 12.
Vertrieb?
13.
Wie binden wir die lokalen
Ressourcen an das KAM-Gerüst?
Wie managen wir die internen
Schnittstellen im KAM?
Wie steuern wir das KAM?
Leistungsmanagement
Was tut der Key-Account?
Was ist für den Key-Account
wichtig?
Wo stehen wir bei dem Key-Account
im Vergleich zum Wettbewerb?
Welchen Wert generieren wir mit unseren Leistungen für den Key-Account?
Wie bringen wir den Key-Account dazu, den von uns generierten Wert zu
bezahlen?
Beziehungspflege
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
Wo wollen wir bei dem Key-Account
zukünftig stehen?
In welche Leistungen investieren wir
zukünftig unsere Ressourcen?
39.
40.
41.
42.
Wie laufen Entscheidungen im
Buying-Center?
43.
44.
45.
Was ist für die einzelnen Schlüsselentscheider wichtig?
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
Wo stehen wir bei den einzelnen
Schlüsselentscheidern?
Welchen persönlichen Nutzen
generieren wir für die einzelnen
Schlüsselentscheider?
Wie organisieren wir die Kommunikation mit den Entscheidern?
In welche Personen investieren wir
zukünftig unsere Ressourcen?
53.
54.
55.
56.
Mit wem verdienen wir derzeit unser Geld?
Mit wem könnten wir potenziell unser Geld verdienen?
Mit wem sollten wir auf Grund seiner Referenzwirkung oder seines Know-hows zusammenarbeiten?
Bei wem haben wir einen strategischen Leistungsnachteil?
Bei wem können wir mittelfristig kein auskömmliches Preis- und Kostenniveau erreichen?
Sollten wir uns auf Key-Accounts konzentrieren?
Wie stark wollen wir die Bearbeitung der Key-Accounts von der Bearbeitung der Small Accounts
abheben?
Wie viele Ressourcen investieren wir in welcher Region?
Wie viele Ressourcen investieren wir pro Region in jeden Key-Account?
Spannen wir unser KAM über Business-Units hinweg?
Welche geografische Spannweite benötigen wir im KAM?
Arbeiten wir mit Vollzeit- oder mit Teilzeit-Key-Account-Managern?
Wie gewichten wir vertriebliche gegenüber koordinierenden Aufgaben der Key-AccountManager?
Nach welchen Kriterien besetzen wir Key-Account-Manager-Positionen?
Wie entwickeln wir Key-Account-Manager?
Welchen Zugriff geben wir den Key-Account-Managern auf lokale Vertriebsressourcen?
Welchen Zugriff geben wir den Key-Account-Managern auf Ressourcen außerhalb des Vertriebs?
Wie handhaben wir den Informationsaustausch in und zwischen den KAM-Teams?
Wo siedeln wir die KAM-Teams räumlich an?
Wie gestalten wir das Anreizsystem im KAM?
Wie schweißen wir die KAM-Teams emotional zusammen?
Wie steuern wir die KAM-Systeme?
Wie steuern wir die einzelnen Kundenbeziehungen?
Wie steuern wir einzelne Projekte bei den Key-Accounts?
Welche sind die wichtigsten Produkte des Key-Accounts?
Wer sind die wichtigsten Kunden des Key-Accounts?
Welche sind die wichtigsten (Produktions-)Standorte des Key-Accounts?
Welche sind die wichtigsten Beschaffungsgüter und Prozesse des Key-Accounts?
Wie erfolgreich ist der Key-Account in finanzieller Hinsicht?
Wie positioniert sich der Key-Account in seinem Markt?
Welchen Stellenwert hat unsere Art von Leistungen im Beschaffungsportfolio des Key-Accounts?
Welche alternativen Anbieter hat der Key-Account?
Wie hoch ist der Lieferanteil der Wettbewerber?
Mit welchen Leistungen differenzieren wir uns vom Wettbewerb?
Welchen monetären Wert schaffen unsere Leistungen für den Key-Account?
Wie lösen wir den Fokus der Verhandlungen vom reinen Einkaufspreis?
Wie verringern wir die Diskrepanz zwischen dem objektiven und dem vom Key-Account wahrgenommenen Wert unserer Leistungen?
Welche Gegenleistungen erbringt der Key-Account für welche unserer Leistungen und
Konditionen?
Welche sind unsere markterfolgsbezogenen und wirtschaftlichen Ziele für den Key-Account?
Welche sind unsere potenzialbezogenen Ziele für den Key-Account?
Welche Aktivitäten für den Key-Account verfolgen wir mit welchem Ressourceneinsatz?
Welche unserer Leistungen können wir zurückschrauben, ohne nennenswert Umsatz
einzubüßen?
Welche formalen Beschaffungskriterien gibt es?
Wie sieht die formale Hierarchie und Budgethoheit im Buying-Center aus?
Wie sieht die informelle Entscheiderstruktur aus? Wie ist das Verhältnis der Buying-CenterMitglieder zueinander?
Sind die Schlüsselentscheider eher für technische oder für kaufmännische Argumente offen?
Was ist der Karrierehintergrund der Schlüsselentscheider?
Sind die Schlüsselentscheider nur für geschäftliche oder auch für private Themen offen?
Wie wird unsere geschäftliche Leistungsstärke im Vergleich zum Wettbewerb wahrgenommen?
Wie gut ist unsere persönliche Beziehung zu den Schlüsselentscheidern?
Welchen emotionalen Nutzen bieten wir den einzelnen Schlüsselentscheidern?
Wie helfen wir den einzelnen Schlüsselentscheidern, in ihrem eigenen Unternehmen gut
auszusehen?
Wer von uns ist für wen zuständig?
Wer von uns spricht über was?
Wie halten wir alle Mitglieder des Buying-Centers auf dem erforderlichen Informationsstand?
Wie oft wollen wir mit wem in Kontakt treten?
Quelle: Prof. Dr. Christian Homburg/Dr. Ove Jensen/Andreas Fürst
54
absatzwirtschaft 12/2004
Key-Account-Management
absatzwirtschaft
Einsatz der Checkliste für ein KAM-Audit
Regelmäßige Kurz-Audits, ein- bis zweimal im Jahr durchgeführt, sind wirksamer als erschöpfende Audits, die nur alle drei Jahre durchgeführt werden. Der Schlüssel zu einem effizienten Audit liegt im pyramidenförmigen Aufbau der
Checklisten. Es ist nicht notwendig, zunächst 1 000 Detailfragen zu studieren, bevor das erste Ergebnis vorliegt. Stattdessen werden die vier KAM-Dimensionen auf der zweiten Stufe in nur 22 Unterfragen heruntergebrochen. Diese werden dann auf der nächsten Stufe in immer noch überschaubare 56 Leitfragen zergliedert. Jedes Unternehmen sollte
sie systematisch beantworten.
Unterhalb der 56 Leitfragen, die branchenübergreifend angelegt sind, liegt ein Katalog von mehreren Hundert Detailkriterien, die branchenspezifisch adaptiert sind. Eine erste Selbstbewertung lässt sich jedoch schon mit den 56 Leitfragen erarbeiten. Es empfiehlt sich, im Sinne eines „top-down“-Vorgehens hiermit zu beginnen, anstatt gleich in die
Details zu gehen.
Für die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils hat es sich bewährt, den Status bezüglich der Leitfragen auf einer
Skala von 0 bis 100 Prozent zu bewerten. Eine hohe Bewertung sollte dann vergeben werden, wenn eine Aktivität systematisch (also nicht einmalig oder nicht zufällig) betrieben wird. Durch Gewichtung der einzelnen Fragen können die
Ergebnisse dann entlang der pyramidenförmigen Struktur des Key-Account-Management-Excellence-Ansatzes zu Gesamtbewertungen verdichtet werden. Eine Rader-Chart-Visualisierung macht Senken im Excellence-Profil intuitiv sichtbar.
ment als ein verwirrender, schwer zu
strukturierender Komplex dar. Deshalb
zerlegt der KAM-Excellence-Ansatz die
Herausforderungen in vier handhabbare
Managementdimensionen:
• „Strategische Weichenstellung“, zum
Beispiel Selektion von Key-Accounts,
Festlegung des Ressourceneinsatzes in
Bezug auf einzelne Key-Accounts;
• „Organisation & Steuerung“ wie Ein-
bindung des KAM in die Aufbau- und
Ablauforganisation des Unternehmens;
• „Leistungsmanagement“, beispielsweise Gestaltung der Produkte und Services für Key-Accounts;
• „Beziehungspflege“ wie Entwicklung
eines Verständnisses für die Entscheidungs- und Machtkonstellation bei
Key-Accounts, Beeinflussung einzelner
Schlüsselentscheider bei Key-Accounts.
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1/3 quer
Die ersten beiden Dimensionen beziehen
sich auf die Aufstellung der Key-Account-Management-Systeme. Sie betreffen also die Geschäfts- und die Vertriebsleitung. Die letzten beiden Dimensionen
bewegen sich auf der Ebene einzelner KeyAccount-Beziehungen, das bedeutet der
laufenden Erschließung einzelner Key-Accounts. Sie behandeln somit die Themen
einzelner Key-Account-Manager.
MARKETING
Wissen: Science Factory
TYPISCHE PROBLEMBEREICHE:
Die Erfahrungen mit Key-AccountManagement-Audits haben gezeigt, dass
es eine Reihe von Problembereichen gibt:
WER SIND DIE WICHTIGSTEN
NACHFRAGER IM MARKT?
Letztlich ist die Kundenbeziehungsprofitabilität der entscheidende Grad-
tenrechnungssysteme oftmals perfekt
ausrechnen, welcher Gewinn bei jedem
Produkt unterm Strich übrig bleibt. Wie
viel Gewinn man jedoch mit jedem Kunden nach Abzug aller kundenspezifischen
Kosten macht, ist für viele Unternehmen
noch immer nicht transparent.
Während die Kundenbeziehungsprofitabilität bei bestehenden Kunden ein trag-
Dies wird von zu wenigen Unternehmen
systematisch betrieben. So befinden sich
Anbieter, die Kennzahlen wie die Gesamtnachfrage von Kunden für die eigenen
Produktkategorien in drei bis fünf Jahren und den eigenen Anteil an der gegenwärtigen Gesamtnachfrage („Share-ofWallet“) von Kunden ermitteln, noch in
der Minderheit.
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1/2 quer
messer für den Erfolg des KAM. Jeder Anbieter sollte wissen, mit welchen Kunden
er derzeit Geld verdient. Diese scheinbar
einfache Forderung bereitet einer Vielzahl
von Unternehmen nach wie vor ernsthafte
Schwierigkeiten. Zwar können ihre Kos56
fähiges Erfolgsmaß für das Key-AccountManagement darstellt, reicht sie alleine
nicht aus, um die Wichtigkeit eines Zielkunden einzustufen. Da sie nur in die Vergangenheit blickt, muss sie um zukunftsgerichtete Überlegungen ergänzt werden.
WIE VIELE RESSOURCEN
INVESTIEREN WIR IN
EINZELNE KEY-ACCOUNTS?
In vielen Unternehmen wird zu selten systematisch hinterfragt, ob der Einsatz der
eigenen Ressourcen der Verteilung des
absatzwirtschaft 12/2004
Key-Account-Management
Profitpotenzials über einzelne Key-Accounts und Regionen hinweg entspricht.
Die „Geburt“ des Key-Account-Management läuft oftmals so ab, dass irgendwann einmal Key-Accounts definiert
werden und anschließend in der Vertriebsorganisation nach Verantwortlichen
für ihre Betreuung gesucht wird. Die
Verantwortung erhält meistens der natio-
gleich große Key-Accounts oft unterschiedlich, werden aber stets mit dem gleichem Ressourceneinsatz betreut. In der
Konsequenz verschleißt nicht selten der
eine Teil der Vertriebsorganisation seine
Ressourcen in gesättigten Märkten, während der andere Teil aus Überlastung
selbst leichte Verkaufschancen und Wachstumsmöglichkeiten liegen lassen muss.
erfüllen. Insbesondere die folgenden
Managementherausforderungen existieren noch bei den Key-Account-Management-Steuerungssystemen:
• Kundenbeziehungs-Profitabilitätsrechnungen: Sie sind der Schlüssel zu
einem profitablen Key-Account-Management, denn ohne Profitabilitätsinformationen gleicht Key-Account-Manage-
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1/2 quer
nale oder regionale Vertriebsleiter. Infolge
dieses historischen Zufalls müssen einige Regionalleiter mehr Key-Accounts
entwickeln als andere, ohne hierfür aber
mehr Ressourcen zur Verfügung zu haben. Zudem entwickeln sich ehemals
12/2004 absatzwirtschaft
WIE STEUERN WIR DAS KAM?
In etlichen Unternehmen ist das KAM bisher wenig mehr als eine leere Hülle. Eine
der größten Herausforderungen besteht
deshalb darin, die auf dem Papier stehenden KAM-Strukturen mit Leben zu
ment einem Blindflug. Auch heutzutage
noch bringt viele Unternehmen die Frage in Verlegenheit, ob man mit einem
Key-Account nach Abzug aller kundenspezifischen Kosten überhaupt Geld
verdient.
57
MARKETING
Wissen: Science Factory
AUTOREN
Prof. Dr. Christian
Homburg
ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre und Marketing I an der Universität Mannheim, wissenschaftlicher Direktor des Instituts
für Marktorientierte Unternehmensführung (IMU) an der Universität Mannheim und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Unternehmensberatung Prof. Homburg & Partner.
Dr. Ove Jensen
ist Habilitand am
Lehrstuhl für Marketing I der Universität
Mannheim. Davor
war er mehrere Jahre
in der Marketing- und
Vertriebsberatung tätig, zuletzt als Geschäftsführer der
Mannheimer Unternehmensberatung
Prof. Homburg & Partner.
Andreas Fürst
ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing I
der Universität Mannheim und Projektleiter bei Prof. Homburg & Partner.
•
Entwicklungspläne für Key-Accounts:
Kundenspezifische „Mini-Strategien“
fehlen ebenfalls vielfach. Zu selten werden aus kundenspezifischen Zielen wie
Steigerung von Beziehungsprofitabilität,
Cross-Selling oder Share-of-Customer
systematische Kontaktpflege- und Leistungsaktivitäten abgeleitet.
WELCHEN WERT GENERIEREN
WIR MIT UNSEREN LEISTUNGEN
FÜR DEN KEY-ACCOUNT?
Eine zunehmende Anzahl an Anbietern
ist sich darüber im Klaren, dass über das
„nackte Produkt“ häufig keine Differenzierung vom Wettbewerb möglich ist.
Stattdessen wird verstärkt versucht, über
ergänzende Dienstleistungen zusätzlichen
Nutzen für Key-Accounts zu stiften. Die
58
Palette dieser nutzensteigernden Dienstleistungen ist äußerst breit und reicht von
„harten“ Value-Added-Services (wie Produktanpassungen) bis hin zu „weichen“
Value-Added-Services (beispielsweise
kaufmännischen Dienstleistungen).
Allerdings werden Value-Added-Services
häufig nicht proaktiv angeboten, sondern
erst auf Nachfrage oder gar auf Druck
von Key-Accounts. Die fehlende Proaktivität ist nicht damit zu verwechseln,
dass zu wenig getan wird. Im Gegenteil:
Gerade weil die Anbieter oft die Getriebenen sind, wird eher zu viel als zu
wenig getan.
Oft macht der Einstandspreis für ein
Produkt nur einen Bruchteil der Folgekosten aus. Da viele Value-Added-Services
gerade auf die Reduzierung dieser Folgekosten abzielen, verkaufen sich heutzutage noch viele Anbieter unter Wert,
wenn sie diese Value-Added-Services
kostenlos mit dem Kernprodukt abgeben.
WIE BRINGEN WIR DEN KEYACCOUNT DAZU, DEN VON
UNS GENERIERTEN WERT ZU
BEZAHLEN?
Die meisten Anbieter sind noch weit
vom paradiesischen Zustand einer vertrauensvollen Wertschöpfungspartnerschaft mit ihren Key-Accounts entfernt.
So werden viele europäische Industriegüterhersteller von ihren Key-Accounts
mit günstigen Vergleichsangeboten beispielsweise asiatischer Wettbewerber
unter erheblichen Preisdruck gesetzt. Die
Anbieter haben es bisher nicht geschafft,
den Fokus der Verhandlungen mit KeyAccounts vom reinen Einkaufspreis zu
lösen und stattdessen über das PreisLeistungs-Verhältnis zu argumentieren.
Zudem kämpfen viele Unternehmen
damit, die Diskrepanz zwischen dem
objektiven und dem von Key-Accounts
wahrgenommenen Wert von ValueAdded-Services zu verringern. Beispielsweise werden Schulungen und Beratungsdienstleistungen zwar gerne von
Key-Accounts in Anspruch genommen,
die Zahlungsbereitschaft hierfür liegt
jedoch häufig weit unter dem tatsächlichen Wert.
Essentials
•
Das KAM hat die Kinderschuhe abgelegt und ist als Managementinstrument in eine Reifephase eingetreten.
•
Einige Elemente des KAM werden
nicht mehr so engagiert gelebt wie
zu Beginn. Damit ändern sich auch
die Anforderungen an die Verantwortlichen für das Key-AccountManagement.
•
Ein systematisches Key-Account-Management-Audit ist unverzichtbar,
weil es eine Erosion dieses Managementinstruments verhindert.
POSITIVE AUDITERFAHRUNGEN NICHT
VERPUFFEN LASSEN
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Auch wenn wir uns hier auf die
typischen Problemfelder konzentriert
haben, sollte ein Audit nicht als „Selbstgeißelung“ verstanden werden. Mindestens ebenso wichtig ist es, die festgestellten Stärken in einen internen
Wissenstransfer einfließen zu lassen. Das
Problem vieler Vertriebsorganisationen
ist gerade im Global-Account-Management, dass lokal immer wieder interessante Vertriebsideen entwickelt, aber
nicht intern verbreitet werden. So gehen
Energien dabei verloren, „das Rad mehrfach zu erfinden“, anstatt gute Ideen
synergistisch weiter zu verbessern. Außerdem ist noch wenig über die informelle
Entscheidungsstruktur und die wechselseitigen Beziehungen im Buying-Center
des Key-Accounts bekannt.
Doch Vorsicht: Wir warnen davor, an
dieser Stelle einem „IT-Reflex“ nachzugeben und die internen Best Practices
in den Tiefen einer Datenbank zu versenken. Wie beim Audit gilt hier: Small
is beautiful. Die wirksamste Plattform
des Erfahrungsaustauschs sind die internen Marketing-Councils/-Committees/
-Boards, in denen die Marketingmanager vieler Unternehmen in regelmäßigen
Abständen geschäftsbereichsübergreifend
zusammenkommen.
absatzwirtschaft 12/2004
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