Vorlesung zur Einführung in die Psychologie Protokoll Dozent: Hr. Prof. Dr. Frey Raum: HG E 004 28. Oktober 2008 1. Technische Fragen Anregungen bezüglich möglicher Fragestellungen zur Grundlagenorientierungsprüfung (GOP) für Bachelorstudenten sowie parallel stattfindender Prüfung für Nebenfach- oder Diplomstudenten können gerne per E-Mail an Frau Draschil ([email protected]) gerichtet werden. Die Prüfung zum Ende des Semesters entspricht für Bachelorstudenten 50% des Umfangs der GOP und wird ausschließlich Multiple Choice fragen beinhalten (Nachtrag vom 5. November). Diplomstudenten wie auch Studenten mit NF Psychologie können die Einführung zur Psychologie als Proseminar besuchen und werden eine Prüfung mit ca. 60-90 Minuten Zeitumfang absolvieren. Dozent wie auch Studenten informieren sich über die konkrete Praxis der Punktverteilung für Multiple Choice Fragen. Die Vorgehensweise wird in zukünftigen Vorlesungen erläutert. Relevante Kapitel aus der Vorlesungsliteratur können im Kopierladen am Department Psychologie in der Giselastraße erworben werden. 2. Offene Fragen der Studenten Im Anschluss an die technischen Fragen wurde ein kurzes Resümee der letzten Vorlesung gezogen. Hr. Prof. Frey schildert seine grundsätzliche Vorgehensweise zur Behandlung der offenen Fragen der Studenten. Nach der konkreten Fragestellung folgt eine knappe Beantwortung durch den Dozenten mit der Möglichkeit für anschließendes Feedback aus dem Plenum. Im Folgenden werden weitere offene Fragen behandelt: 2.1 „Wie entstehen Weltanschauungen?“ Weltanschauungen entstehen durch Lernen in verschiedenster Form. In diesem Kontext wird erwähnt, dass klassische Lernprinzipien zu 80% auf Lerntheorien basieren. Es folgt eine Differenzierung der unterschiedlichen Theorien: - Belohnungslernen | Instrumentelles Lernen Aneignungsprozesse durch Belohnung des Verhaltens einer Person mit bestimmter Sichtweise (Sehe ich den Nutzen der Handlung?) Löschung (Extinktion) eines Verhaltens durch Bestrafung dieses Verhaltens Erklärung am Exempel der Demokratie und Todesstrafe - Klassisches Lernen | Assoziationslernen Konditionierung eines Stimulus nach Pawlow (Am Beispiel der Konditionierung des Hundes mit einer Glocke zur Aktivierung des Speichelflusses) Die Bedeutung dieser Theorie für die Werbung zum konditionierten Übertrag eines Gefühls oder Atmosphäre auf ein Produkt. Diese Theorie hat allgemein eine hohe Relevanz für den Prozess des Lernens - Modellernen | Vorbilder Erklärt am Beispiel des Verhältnisses zwischen Lehrling und Meister. In diesem Zusammenhang wird auch der Einfluss von Weltbildern eines Vorbilds auf das eigene genannt. - Lernen aus Leidensdruck oder Einsicht Erklärt am Beispiel des Rauchers, der sein Rauchverhalten aufgrund einer resultierenden Krankheitsdiagnose ändert. Als weiteres, aktuelles Exempel das Agieren in der Wirtschaft im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise. - Kognitives Lernen | Argumentatives Lernen Für diese Theorie wird der Terminus der „Psychologik“ erwähnt. Sie steht als argumentative Kette plus Wissen basierend auf den eigenen Kompetenzen und wird an der Metapher der Struktur des Baumes detaillierter erklärt. So steht die stabile Persönlichkeit als Basis, sozusagen stellvertretend als Wurzel, der Stamm selbst als eigener Standpunkt und die Baumkrone als Differenzierung der Aussagen. - Lernen in Gruppen Es gilt die Überzeugung, dass Lernen in Gruppen produktiv stattfinden kann. Feedback geben zu können, Kritik, Kontrolle oder Spiegelung stehen als wichtige Faktoren für Lernen in Gruppen. Als Rückführung zur Ausgangsfrage wird die Relevanz der Lerntheorien für Weltanschauungen angesprochen. So werden Weltanschauungen von Kant, Lessing, Popper oder Schweizer als Beispiele angeführt. Die eigene Weltanschauung ist geprägt und begrenzt durch den „Blick durch die eigene Brille“. Hierbei wird die Gleichung zur Person und Umwelt angesprochen: E, V = f P, U (Erleben, Verhalten gleich der Funktion von Person und Umwelt) Feedback: Ein Plädoyer an die Kulturgerechtigkeit und den Kampf für eine Weltanschauung. Angemerkt wird auch der Egozentrismus des Individuums sowie der biologischen wie auch kulturellen Prägung. 2.2 „Wie entsteht Phantasie, Kreativität, entstehen kreative Menschen?“ Es zeigt sich, dass Entwicklung von Neuem aus Multidisziplinärem und vorhandenen Mosaiksteinchen resultiert. Die Kreativität beginnt im Kopf - Die Freiheit denken zu können. Dies wird ausgeführt am Beispiel der Phantasiereise von Kunden in Unternehmen. Es wird ihnen die Möglichkeit gegeben, Eigenschaften eines neuen, fiktiven Produkts zu nennen oder zu entwickeln - in einer wertfreien Atmosphäre. - Was macht kreative Menschen aus? Die relevanten Forschungsergebnisse kommen zu großen Teilen aus der Forschung zu Erfindern. Prägende Eigenschaften kreativer Menschen sind Intelligenz, Unkonventionalität, differenzierte Kreativität in verschiedenen Bereichen wie Musik, Kunst, Sprache und weiteren Bereichen. - Die Big 5 - Persönlichkeit auf fünf Dimensionen 1. Offenheit für neue Erfahrungen 2. Introversion | Extroversion 3. Emotionale Stabilität | Neurotizismus 4. Verträglichkeit 5. Gewissenhaftigkeit In diesem Ansatz wird eine Wichtigkeit auf eine geringe Wertigkeit der einzelnen Dimensionen untereinander gelegt. Was bedeuten diese Dimensionen für eine kreative, offene Forschung? Sie konstruieren die Basis zur Schaffung einer Kultur der Möglichkeiten, zu einer hierarchiefreien Kommunikation innerhalb einer Institution und somit auch keine mentalen Einschränkungen. Im Dialog zeigt sich, dass Kreativität kulturabhängig ist. „Keiner weiß so viel wie alle“ als prägnanter Satz für Kreativität in Gruppen bspw. durch Brainstorming. Kreativität ist lernbar. Feedback: Eine Anmerkung zu den verschiedenen Dimensionen von Kreativität. Auch wird nochmals angemerkt, dass die vorliegenden und besprochenen Ergebnisse der Forschung in ihrer Majorität aus dem Bereich der Erfinder und Forscher vorliegen. Hingewiesen wird auch auf individuelle kreative Persönlichkeiten. Zusammenfassend werden fördernde Prädiktoren der Kreativität genannt. Eine Umgebung die neutraler und grenzenloser ist, sowie die Stärkung der individuellen Persönlichkeiten kann einen positiven Effekt auf die Kreativität bewirken. Es wird folgende These aufgestellt: Es ist mehr Kreativität in einem Menschen vorhanden. Begründet wird dieses Potential durch das Festellen des Ist-Zustandes von eigenen Weltanschauungen und Einschränkungen durch Anpassungen. Der Begriff der Performanz wird in diesem Kontext als Durchhaltevermögen, ein „Dranbleiben“ definiert und zeigt, dass eine positive oder negative Umgebung das Zeigen von Potenzial beeinflusst. - Ist Kreativität kulturabhängig? Jein. Es werden unterschiedliche Kulturkontexte der Kontinente und Länder angeführt. So zeigt sich, dass bspw. die europäische Aufklärung oder der Individualismus die Kreativität des Einzelnen prägt. Daran schließt sich die Frage, ob Kreativität von finanziellen Mitteln abhängig ist - Geld gleich Innovation? In finanziell gut gestellten Situation zeigt sich nicht gleich mehr Kreativität. Sie entsteht auch gerade durch geringe finanzielle Mittel. - Wann kann ein Mensch kreativ sein? Die Maslowsche Bedürfnispyramide Menschliche Bedürfnisse werden nach Maslow in einer Pyramide partitioniert. So gibt es existenzielle, grundlegende Bedürfnisse sowie Sicherheit, soziale Anerkennung, soziale Beziehungen, Wertschätzungen und Selbstverwirklichung „an der Spitze der Pyramide“. Als Essenz zeigt sich die Wichtigkeit der Grundbedürfnisse und dass Fehlverhalten durch fehlende Bedürfnisbefriedigung erklärbar sein kann. In diesem Kontext stellte sich die Frage, wie hoch das Ausmaß an Reglementierungen und Regeln in einer Gesellschaft sein muss/ ist. Ein Plus an Personen erfordert ein Plus an Regeln (so wie bspw. im Autoverkehr an Ampeln). 2.3 „Inwieweit beeinflusst das Lernen der Psychologie das private Leben des Lernenden?“ Zu Beginn ein kurzer Exkurs in die persönliche Entwicklung des Dozenten. Im Laufe des Studiums zeigten sich unterschiedliche Bedeutungen von Religion wie bei Marx als „Opium für´s Volk“ oder Freud in Zusammenhang von Religion und Angst und somit ein neuer Blickwinkel zur eigenen Religiösität. Das Lernen der Psychologie ist somit ein nützliches Werkzeug zur Änderung der eigenen Sichtweise. So kommt es möglicherweise zu einem höheren Maß an Verständnis und einer Gelassenheit. Die Zuständigkeit des Individuums - Der Wegweiser geht den Weg nicht! Es wird die hohe Bedeutung der Zivilcourage, einer Feinheit für Themen und die Fähigkeit kantig zu sein für den Beruf des Psychologen angesprochen. Auch ist es von Vorteil, dass Distanz gewonnen und die Chancen der Psychologie genutzt werden können. In persönlicher Hinsicht bedeutet dieses Plus an Sensibilisierung jedoch nicht gleich stabilere persönliche Beziehungen. Die Persistenz von Verhalten in Form der Diagnose, Erklärung und mehreren Lösungen zeigt sich als besondere Eigenschaft. Reife entsteht durch Reflexion (Selbst-, Team, Fremdreflexion als Chance). Feedback: Wie lassen sich Werte begründen, wie entstehen sie? Sie dienen als Fundament an Orientierung, als „Wurzeln dessen, was erlaubt ist. Es folgt ein Rückschluss auf die Bergpredigt. Werte fungieren als Basis des Zusammenlebens, als Spielfeld der Menschen (Beispiele des goldenen Mittelweges, der goldenen Regeln). Menschen geben sich gegenseitig Regeln. Hervorgehoben wird hier auch die Sanktionierung von abweichendem Verhalten durch zuständige Instanzen. Als Kritik an der Psychologie wird die Individuenzentriertheit angesprochen. Es folgt ein Appell an eine Fortentwicklung der Institutionspsychologie. - Die Sinnlosigkeit des Lebens? Den Sinn des Lebens zu finden. Basierend auf den Erkenntnissen der Forschung zeigt sich, dass Sinnlosigkeit oder eine Midlife Crisis als Ausgangspunkt oder Chance zur Sinnfindung dienen können (aber nicht gleich eine Voraussetzung sind!). Es stellt sich abschließend die Frage: Wo will ich hin? Was ist mein Sollzustand? München, den 28. Oktober 2008 Für das Protokoll, Marius Bauer