Außenpolitik und Geschichte Griechenlands zur Zeit des Kleisthenes Wiege der Demokratie – so wird auch heute noch die Stadt genannt, in der das System der Demokratia (Herrschaft des Volkes) entwickelt wurde, das die Grundlage für die meisten modernen Regierungssysteme bildet und das wohl nirgendwo und zu keiner anderen Zeit in so radikaler Form existierte wie im Athen der Jahrhundertwende vom 6. zum 5. Jahrhundert v. Chr.: Ein Wendepunkt in der Geschichte Griechenlands. Die Brüder Hippias und Hipparchos übernahmen nach dem Tod ihres Vaters Peisistratos die Herrschaft als Tyrannen in Athen. 514 v. Chr. wurde Hipparchos ermordet. Hippias übernahm, nach dem Mord an seinem Bruder, die politische Leitung der Tyrannis. Mit Hilfe Spartas gelang es Kleisthenes von Athen, der die Opposition unter seiner Führung zu vereinen wusste, das Regime des Hippias zu stürzen. Nach dem Sturz der Tyrannis des Hippias im Jahre 510 v. Chr. kam es in Athen zu heftigen Auseinandersetzungen über die politische Neugestaltung. Über das Leben des Kleisthenes ist wenig bekannt, dafür steht sein Werk, die Phylenreform, oft im Mittelpunkt der Forschung. In archaischer Zeit gehörte jeder Grieche einem Stamm (Phyle) an. Phylen wurden vom Adel geführt; nur durch Interessen des Adels organisiert. Kleisthenes teilte die Bevölkerung in zehn Phylen auf. Diese Phylen orientierten sich an den verschiedenen Regionen und Landschaften Athens. Das bedeutete, dass nicht nur die reichen Adeligen mitbestimmten, sondern dass die verschiedenen Regionen Griechenlands - die Küsten und das Binnenland - stärkere Macht erlangten. Jede der 10 Phylen stellte 50 Mitglieder, so dass im Ergebnis der Rat der 500 die wichtigen Entscheidungen traf. Herodot sieht in der Reform die Einrichtung der Demokratie. Nach Aristoteles war die Reform ein Mittel zur Trennung von den Personenverbänden. Manche Autoren sind der Meinung, Kleisthenes habe sich nur selber gegen den Adel behaupten wollen, andere Autoren halten sie für eine reine Heeresreform mit der Aufgabe, die verschiedenen Heeresabteilungen über zentrale Wege möglichst schnell zum Einsatz bringen zu können. 1 Ob Kleisthenes die Reform für sich oder für das Volk einführen wollte, wissen wir nicht. Fest steht, dass Kleisthenes das Volk mischte, in ihm die Isonomie [ísos: gleich, némein: verteilen] herstellte. Im Vordergrund erkennt man aber auch weitgehend militärische Motive, die natürlich Auswirkungen auf die innen- und außenpolitische Gesamtlage hatten. In Athen gab es kein Rekrutierungssystem für die Aushebung von Schwerbewaffneten und Reiter im Kriegsfall. Vor der Tyrannis der Peisistratiden besaßen die einzelnen Adelshäuser ihre eigene Aushebungspraxis. Sehr wahrscheinlich waren die Athener nach der Tyrannis ohne eine militärische Ordnung und deswegen nicht nur auf ausländische Hilfe angewiesen, sondern auch schutzlos. Folgende Gefahren bedrohten zu der Zeit die Polis: Kleomenes I. sann nach der Vertreibung auf Rache und sollte mit einem Aufgebot des Peloponnesischen Bundes zurückkehren, die Chalkidier von Osten her angreifen, der Boiotische Bund wollte Plataiai wieder eingliedern, und außerdem existierte das riesige, bedrohliche Perserreich im Osten. Athen befand sich in einer außenpolitisch und militärisch schwierigen Lage, während die Gegner des Kleisthenes nur darauf warteten, das geschwächte Athen wieder zu übernehmen. Die Gefahr der Restauration der Tyrannis war immer noch durch die Peisistratiden, ihre Anhänger und jede andere adlige Familie gegeben. Erneute Adelskämpfe hätten die Polis endgültig zerreißen und zerstören können. Somit hätten aber auch die Alkmeoniden ihren gerade gewonnen Einfluss wieder verloren. Wie wir sehen, stehen bei den angeführten Motiven militärische Gründe und der Adel mit seinen für die Polis gefährlichen Machtkämpfen im Mittelpunkt. Die Ziele waren deshalb die Schaffung einer Militärverfassung, welche die Masse der Schwer- und Leichtbewaffneten aus den drei Vermögensklassen erfassen, ausheben, aktivieren, sie entsprechend ihres Bewusstseins und Selbstverständnisses als Polisbürger einsetzen konnte und die Neutralisierung des Machtstrebens des Adels durch Einbeziehung desselben. Die Zeit der attischen Demokratie war aber nicht nur eine Zeit, in der alle Bürger wenigstens theoretisch die Politik direkt beeinflussen konnten. Sie war auch eine Zeit expansiver und selbstbewusster Außenpolitik. Bibliografie - Schäfer, Jürgen, Die Reformpolitik des Kleisthenes, München, GRIN Verlag, 2001. http://www.griechenland-geschichte.de/ Die attische Demokratie: Institutionen, politische Elite und Willensbildung in der attischen Demokratie - Lernhilfe - Geschichte - Klasse 9-13. 2