Einführung in die Mikrobielle Ökologie Heribert Cypionka Nevskia ramosa, gefärbt mit Toluidinblau (links) oder im UV-Licht nach Anfärbung mit einer Artspezifischen RNASonde 1 www.pmbio/icbm.de Einführung, Ökologie, Größe © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Termine • VL Di 10 – 12, W15-1-146 (ICBM) • Keine VL am 8.6. (wg. Dienstreise) • Vorletzter Dienstag Wiederholung: 29.6. • Letzter Dienstag Klausur: 6.7. © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 1 Themen • Was ist Mikrobielle Ökologie? • Zellzahl und Artenvielfalt • Methoden (Biomasse, Artzusammensetzung, Aktivität, Mikroskopie) • Biogeochemische Kreisläufe: C, N, S, P • Wechselwirkungen (untereinander, mit Tieren, Pflanzen, Viren) • Wichtige Standorte (Gewässer, 'extreme St.', Hydrothermalquellen, Verdauungssysteme, Kläranlage, Tiefe Biosphäre ...) © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Empfohlene Bücher - Brock. Biology of Microorganisms, Prentice Hall - Cypionka H., Grundlagen der Mikrobiologie - Wolfgang Fritsche Umwelt-Mikrobiologie. Grundlagen und Anwendungen. Gustav Fischer - Fuchs, Schlegel: Allgemeine Mikrobiologie, Thieme 2007 - L.A. Meyer-Reil, M. Köster (1993) Mikrobiologie des Meeresbodens. Fischer - K. Alef (1991) Methodenhandbuch Bodenmikrobiologie. Ecomed - B. Dexter Dyer (2003) A Field Guide to Bacteria, ~25 € - Odum E.P.: Ökologie, Thieme 1999 - Steinbüchel, Oppermann-Sanio: Mikrobiologisches Praktikum, Springer 2003 © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 2 Kapitel 1 17 18 19 www.grundlagen-der-mikrobiologie.de © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de www.grundlagen-der-mikrobiologie.de Fragen (+ Antworten), Abbildungen, Glossar… Dritte Aufl. aus der Uni OL heraus frei zum Download bei Springer, vierte Aufl. demnächst auch? (gedruckt, aber nicht ausgeliefert…) © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 3 Legitimes Ziel: Prüfungsfragen beantworten können → www.grundlagen-der-mikrobiologie.de © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de www. mikrobiologischer-garten.de 4 Was ist ÖKOLOGIE? ♦ "Ökologie ist die Wissenschaft, die sich mit den Wechselbeziehungen befasst, die die Verbreitung und das Vorkommen der Organismen bestimmen." (Krebs 1985, Lampert & Sommer 1994) ♦ "Die Ökologie untersucht die Wechselbeziehungen zw. Organismen und Umwelt auf den Ebenen des Individuums (Autökologie), der Population (Demökologie) und der Lebensgemeinschaft oder Biozönose (Synökologie)." (DTV-Atlas zur Biologie 1992) ♦ "Ökologie ist die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt" (Ernst Haeckel 1869) ♦ "Ökologie als Studium von Struktur und Funktion der Natur", "Umweltbiologie" (Odum 1983) ↑ im Deutschen für anthropogene Problemfälle in der Umwelt Merke: Die Bewertung der Definitionen steht hier nicht © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Ökologie als Theater Lampert & Sommer 1994 (modifiziert nach Hutchinson 1965) _____________________________________________________ Analyse der Bühne, der Schauspieler oder des Stücks Standortkunde Physiologie Ökologie Taxonomie Genetik ____________________________________________________ Wo bleiben Spielplan, Budget, die Geschichte des Theaters? → Biogeochemie © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 5 Weshalb Mikrobielle Ökologie? ♦ Biogeochemische Kreisläufe (C, N, S, Metalle) laufen nur unter Mitwirkung der Prokaryoten ♦ Eukaryotenzellen leben nur unter Mitwirkung der Prokaryoten (als Endo(cyto)symbionten) ♦ Die meisten Stoffwechseltypen gibt es nur unter den Prokaryoten (z.B. Lithotrophie, viele anaerobe Typen) ♦ Unter verschiedenen Extrembedingungen leben nur Prokaryoten ♦ In der Evolution und der Erdgeschichte gab es lange Zeit nur Prokaryoten ♦ Auch heute werden die meisten chemischen Reaktionen auf der Erde durch Mikroorganismen katalysiert ♦ Mikroorganismen erfüllen das 'Dogma der biologischen Unfehlbarkeit': Sie mineralisieren einen großen Teil der organischen Substanz © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Die Erde lebt... Farbstreifen-Sandwatt © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 6 Stromatolith 1.3 Ga Ga = Gigajahre oder Milliarden Jahre Achtung: Engl. Billion = Milliarden © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Das Forschungsschiff Meteor Mittelmeersedimente. Oben: Bakterienkolonie Links: Sedimente mit Sapropelschichten Tiefe Biosphäre: 3 m unter dem Meeresboden ist das Sediment ungefähr 200 000 Jahre alt © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 7 © H. Cypionka, Was ist besonders an der Mikrobiellen Ökologie? www.pmbio.icbm.de Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. ♦ Geringe Größe, Heterogenität, → spezielle Methoden ♦ Artbegriff bei Prokaryoten 'operationell' (→ Molekularbiologische Methoden) ♦ Hohe Aktivität, aber im Fließgleichgewicht (steady state) nicht leicht messbar (→ spez. Methoden...) ♦ Die meisten Prokaryoten können wir (noch) nicht kultivieren (→ spez. Methoden...) ♦ Auch und insbesonders 'extreme' Standorte sind von Mikroorganismen besiedelt Zum Thema 'Kultivierbarkeit' von Bakterien (und auch sonst!) - merke: Der Negativbefund hat keine Beweiskraft. © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 8 Größenverhältnisse © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Milliarden-Quiz ≈1080 Wieviele Atome enthält das Weltall? 107 bis 109 Wieviele Bakterien enthält ein Liter Meerwasser? Wieviele Bakterien gibt es im Meer (361 Mio km2, 4 km tief)? >1028 (im Sediment ≈1030) Wieviele Zellen hat ein Mensch (die meisten im Gehirn)? ≈1013 Wieviele Bakterien hat ein Mensch (die meisten im Darm)? ≈1014 Merke: 1 ml Wasser → 1 Mio. Bakterien © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 9 Was hat die geringe Größe von Mikroorganismen für Folgen? Größenverhältnisse © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 1m 107 m 1m 10-7 m Größenvergleich mit dem Menschen (eine Dimension!) © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 10 Welt der Mikroben: Größenvergleich mit der des Menschen (3D) © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Diffusion Ein in Wasser gelöstes Gasteilchen bewegt sich in 1 sec im Durchschnitt 100 µm von seinem Ursprungsort weg. Wieviel entspräche das auf die Größe des Menschen übertragen? 100 µm * 107 = 1 km © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 11 Oberflächen-Volumen-Verhältnis Kantenlänge 1 cm 1 mm 100 µm 10 µm 1 µm Fläche → → → → → 6 cm2 60 cm2 600 cm2 6000 cm2 6 m2 1 cm3 voller Bakterien hat eine Oberfläche von ≈10 m2 © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de Oberfläche und biologische Aktivität Die biologische Aktivität ist bestimmt durch Oberflächen (Membranen) Biovolumenverhältnis Bakterien (im M.) : Mensch? ≈10-4 Oberflächenverhältnis Bakterien (F = 4 r2 π) : Haut d. M.? >100 Die meisten chemischen Reaktionen auf der Erde werden durch Mikroorganismen katalysiert © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 12 Wer hätte Lust, einen Heuaufguss anzusetzen? © H. Cypionka, www.pmbio.icbm.de 13