Medizinisches Versorgungszentrum der UMG Bereich Humangenetik Heinrich-Düker-Weg 12 37073 Göttingen Informationsblatt: Schwerhörigkeit, sensorineurinal (DFNB1) Stand: 29.06.2015 Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit kommt mit einer Inzidenz von ca. 1:1000 in der europäisichen Bevölkerung vor. 4% der Mitteleuropäer entwickeln vor dem 45. Lebensjahr eine Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit und bei ca. 15-20% tritt im Laufe des Lebens eine Hörminderung auf. Es ist davon auszugehen, dass ca. 50% der Fälle von Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit auf exogene Ursachen (z.B. pränatale Rötelninfektion, Sauerstoffmangel unter der Geburt, Menigoenzephalitis, Mittelohrentzündungen, Traumata) zurückzuführen sind. Mit derselben Häufigkeit von 50% tritt die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit als genetisch bedingte Erkrankung erstmals auf, kommt innerhalb einer Geschwisterschaft mehrfach vor oder wird in einer Familie über mehrere Generationen vererbt. Bei 70-75% der Kinder oder Erwachsenen mit einer Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit findet man keine weiteren Fehlbildungen oder Krankheiten, bei 25-30% tritt die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit im Rahmen von komplexen Krankheitsbildern (Syndromen) auf. Die überwiegende Mehrheit von 70-80% der nicht syndromalen Formen der Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit wird autosomal rezessiv vererbt. 10-20% folgen einem autosomal dominanten und 2-3% einem X-chromosomalen Erbgang. Alle Formen dieser Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit können einseitig oder beidseitig angeboren sein oder erst im Laufe des Lebens auftreten. Die angeborenen beidseitigen Schwerhörigkeiten/Gehörlosigkeiten sind meist schwerwiegend und werden autosomal rezessiv vererbt, während die später auftretenden Hörminderungen meist weniger schwerwiegend, aber progredient sind und autosomal dominant vererbt werden. Das Wiederholungsrisiko für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit bei Geschwistern bzw. Kindern Betroffener kann je nach dem zugrundeliegenden Erbgang 25% bzw. 50% betragen. Die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit ist sehr heterogen. Mutationen in mindestens 100 Genen werden für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit verantwortlich gemacht. Bisher wurden ca. 25 dieser Gene chromosomal lokalisiert. 1997 wurde ein entscheidender Fortschritt bei der Suche nach für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit wichtigen Genen erzielt. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler konnte im Gen GJB2 (Connexin 26) auf Chromosom 13q11-q12 Mutationen bei gehörlosen Patienten nachweisen. Diese Mutationen sind nach derzeitigen Kenntnissen für ca. 70% der nicht syndromalen sensoneurinalen Schwerhörig-/Gehörlosigkeit verantwortlich. Mit Hilfe einer einfachen molekulargenetischen Untersuchung können Patienten mit Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit auf Mutationen im GJB2-Gen untersucht werden. Aufgrund der Literaturdaten kann man davon ausgehen, dass in 50% der untersuchten Patienten Mutationen im GJB2-Gen nachgewiesen werden. Bei Nachweis der Mutation bei einen Patient können diagnostische und prädiktive Testungen in der Familie angeboten werden und somit verlässliche Aussagen zum Wiederholungsrisiko für Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit bei Kindern oder Verwandten gemacht werden. Besonders im Hinblick auf die Sprachentwicklung ist es wichtig, die Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit möglichst früh (im Säuglingsalter) zu erkennen und zu behandeln. Schon pränatal oder postnatal besteht die Möglichkeit des Mutationsnachweises, so dass eine optimale Therapie bei den Betroffenen eingeleitet werden kann. Diagnostik Wir bieten eine Sequenzierung der gesamten codierenden Sequenz Exon-Übergänge des GJB2-Gens an. sowie angrenzender Intron- Seite 1 von 2 Version: 1.0-0615 Die Humangenetik des MVZ der UMG ist im Bereich der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik in den Untersuchungsgebieten Molekulare Humangenetik und Zytogenetik akkreditiert nach DIN EN ISO 15189:2014 Medizinisches Versorgungszentrum der UMG Bereich Humangenetik Heinrich-Düker-Weg 12 37073 Göttingen Informationsblatt: Schwerhörigkeit, sensorineurinal (DFNB1) Stand: 29.06.2015 Aufgrund der bekannten digenischen Vererbung untersuchen wir in einer weiteren Analyse mittels quantitativer Real-Time PCR (qRT-PCR) auf Chromosom 13q12 den für DFNB1 beschriebenen Deletionslocus im GJB6-Gen (Connexin 30). Material Für die Untersuchung werden 10 - 20 ml EDTA-Blut, bei Kindern mindestens 2 ml, benötigt. Der Versand kann auf dem normalen Postweg erfolgen. Kontakt Prof. Dr. Ibrahim Adham Tel.: 0551 / 39-7522 E-Mail: [email protected] Seite 2 von 2 Version: 1.0-0615 Die Humangenetik des MVZ der UMG ist im Bereich der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik in den Untersuchungsgebieten Molekulare Humangenetik und Zytogenetik akkreditiert nach DIN EN ISO 15189:2014