Vorlesung 2

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Gliederung
I.
Motivation
II. Wissenschaftliche Argumentation
i.
Direkter Beweis
ii.
Indirekter Beweis
iii. Beweis durch vollständige Induktion
Wissenschaftliches Arbeiten – Quantitative Methoden, WS 2008 /2009
Dipl. Kfm. Hans-Peter Ziegler
Seite 35
II. Wissenschaftliche Argumentation
• Ein Beweis ist die gültige Herleitung der Richtigkeit oder auch Unrichtigkeit einer
Aussage aus einer Menge von Axiomen, die als wahr vorausgesetzt werden, und
anderen Aussagen, die bereits bewiesen sind.
• Bei einem direkten Beweis wird die Behauptung durch Anwendung von bereits
bewiesenen Aussagen und durch logische Folgerungen bewiesen.
• Bei einem indirekten Beweis (Widerspruchsbeweis) zeigt man, dass ein
Widerspruch entstünde, wenn die zu beweisende Behauptung falsch wäre.
Dazu nimmt man an, dass die Behauptung falsch ist und wendet die gleichen
Methoden wie beim direkten Beweis an.
Wenn daraus ein Widerspruch entsteht, dann kann die Behauptung nicht falsch
sein, also muss sie richtig sein.
• Bei einem Beweis mittels vollständiger Induktion wird zuerst gezeigt, dass die
Aussage für einen Ausgangswert gilt, und danach, dass sie auch für jeden
Nachfolger n+1 (bzw. Vorgänger n-1) gilt, wenn sie für n gültig ist.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Direkter Beweis
Beispiele zum direkten Beweis:
z.Z.: Das Quadrat einer geraden natürlichen Zahl
Es sei
wobei
ist gerade.
eine gerade natürliche Zahl. Dann lässt sich
eine natürliche Zahl oder Null ist.
darstellen als
,
Da die Zahl 4 gerade ist, ist auch jedes vielfache von 4 gerade.
Daraus folgt direkt, dass
gerade ist.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Direkter Beweis
Beispiele zum direkten Beweis:
Die Funktion
besitzt im Intervall [0,2] mindestens eine Nullstelle.
1. Möglichkeit:
2. Möglichkeit:
ist ein Polynom und damit eine stetige Funktion.
Da
folgt aus dem Zwischenwertsatz,
dass auf dem Intervall [0,2] mindestens eine Nullstelle existieren
muss.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Indirekter Beweis
Beispiele zum indirekten Beweis:
Zu beweisen sei die Aussage
, also
.
Annahme: Die Negation dieser Aussage sei wahr:
Es gelte
.
Wenn
eine rationale Zahl ist, lässt sie sich als Bruch darstellen:
, mit
teilerfremd, gekürzt.
ist durch 2 teilbar.
ist durch 2 teilbar.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Indirekter Beweis
Beispiele zum indirekten Beweis:
ist durch 4 teilbar.
ist also ebenfalls gerade.
Dies ist offensichtlich ein Widerspruch zu oben, da
und
teilerfremd sein sollen.
Somit ist die Annahme falsch.
Die Negation der Annahme muss folglich richtig sein:
ist wahr.
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ja
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Indirekter Beweis
Beispiele zum indirekten Beweis:
Gegeben seien 2 Güter
und
. Diese können von einem Haushalt in unterschiedlichen Mengen erworben werden. Bestimmte Mengenkombinationen der
beiden Güter bekommen von dem Haushalt den gleichen Nutzen zugemessen. Hat
eine Mengenkombination von dem einen Gut mehr und von dem anderen nicht
weniger, so hat diese Mengenkombination garantiert einen höheren Nutzen.
Die Mengenkombinationen gleichen Nutzens lassen sich auf einer Indifferenzkurve
abbilden.
Behauptung: Wenn mehrere Indifferenzkurven existieren, dann gibt es keine
Schnittpunkte verschiedener Kurven.
„Es existieren mehrere Indifferenzkurven.“
„Es gibt keine Schnittpunkte verschiedener Kurven,“
Zu Beweisen ist also:
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Indirekter Beweis
Annahme: Es gilt die Negation der obigen Aussage, also
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Seite 42
II. Wissenschaftliche Argumentation: Indirekter Beweis
und
sind die Nutzen der beiden Indifferenzkurven.
Im Punkt schneiden sich beide Kurven. Damit gilt die Aussage:
„Der Nutzen der beiden Kurven ist gleich.“
In den beiden Punkten
und steht zwar die gleiche Menge
zur Verfügung,
allerdings ist im Punkt die verfügbare Menge an
höher, wodurch
oder einfacher
gilt.
Daraus folgt die Aussage:
„Der Nutzen der beiden Kurven ist verschieden.“
Es muss also
gelten, was offensichtlich einen Widerspruch darstellt.
Damit ist die Annahme falsch und die Negation der Annahme muss richtig sein:
ist wahr.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Vollständige Induktion
Beispiele zur vollständigen Induktion:
Behauptung:
Induktionsanfang: Für
ist die Behauptung erfüllt:
Induktionsannahme:
Induktionsschluss:
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Vollständige Induktion
Beispiele zur vollständigen Induktion:
In der Graphentheorie wird häufig die Behauptung ausgenutzt, dass ein kreisfreier,
zusammenhängender Graph immer genau eine Kante weniger als Knoten besitzt.
Induktionsanfang:
Knoten
Ein zusammenhängender, kreisfreier Graph mit nur einem Knoten besitzt
trivialer weise keine Kante.
Induktionsannahme: Alle kreisfreien, zusammenhängenden Graphen mit
Knoten besitzen
Kanten.
Induktionsschluss: Ein kreisfreier, zusammenhängender Graph mit
Knoten
besitzt Kanten.
Entnimmt man diesem Graphen einen Knoten, so zerfällt der Graph in
Teilgraphen, die alle zusammenhängend und kreisfrei sind.
Für alle diese Teilgraphen gilt durch die Induktionsannahme:
Teilgraph besitzt
Knoten und
Kanten.
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Vollständige Induktion
Beispiele zur vollständigen Induktion:
Der ursprüngliche Graph bestand aus all diesen Knoten und Kanten, plus
zusätzlich einem Knoten mit je einer Kante zu allen Teilgraphen.
Anzahl Knoten
Anzahl der Kanten
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II. Wissenschaftliche Argumentation: Vollständige Induktion
Beispiele zur vollständigen Induktion:
Behauptung: Sind
natürliche Zahlen und
.
, dann ist
Diese Aussage ist offensichtlich falsch, aber wo ist der Fehler bei folgendem Beweis?
Induktionsanfang:
Induktionsannahme:
Induktionsschluss: Zu zeigen ist, dass
Hierfür gibt
es keinen
Induktionsanfang!
(folgt aus Annahme)
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