Das Märchen vom Burnout im Sport

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Münchner Merkur Nr. 282 | Mittwoch, 7. Dezember 2011
MEDIZINKOLUMNE
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Mehr als die Hälfte aller
Deutschen leidet an Magenund
Darm-Beschwerden.
Diese Verdauungsstörungen
treten in vielen verschiedenen
Formen auf. Wir kennen sie
leider alle: Blähungen, Sodbrennen, Völlegefühl, Durchfall und Verstopfung.
Ausnahmslos alles, was wir
essen, wird in einem komplizierten Verdauungsprozess
verarbeitet. Dieser dauert
meist einen Tag, manchmal
zwei Tage. Sechs Stunden
verweilt die Speise im Magen.
Dabei gelangen Kohlenhydrate schneller in den Dünndarm, Fett und Eiweiße langsamer. Je kalorienreicher das
Essen ist, desto schwerer liegt
es im Magen, das heißt, desto
langsamer schreitet die Verdauung voran.
Wie kommt es zu den verschiedenen Verdauungsstörungen? Unser Darm ist vielleicht das sensibelste Organ
unseres Körpers. Er ist von
mehr als 100 Millionen Nervenzellen umhüllt. Wenn
man also das Falsche isst und
trinkt, reagiert der Darm so-
GASTKOLUMNE
Leben
fort. Das tut er aber auch bei
seelischen Konflikten und
Störungen, weil es ja zwischen Gehirn und Darm eine
direkte Informations-Verbindung gibt. Darum kann Ärger
zu Durchfall, Frustration zu
Verstopfung führen.
Verdauungsstörungen beeinflussen sofort unseren ganzen Körper, nicht nur wegen
der engen Verbindung zwischen Gehirn und Darm, sondern auch deswegen, weil ein
großer Teil unseres Immunsystems über den Darm gesteuert wird. Es geht also um
mehr, als nur um Verdauungsstörungen.
Eine häufige Störung ist die
Verstopfung, auch Obstipation genannt. Ein Tabuthema,
über das nicht gesprochen
wird. Auch nicht mit dem
Arzt! In den meisten Fällen ist
eine solche Darmträgheit
harmlos. Am häufigsten handelt es sich um eine situative
Obstipation, ausgelöst etwa
durch Stress, Bewegungsmangel oder ballaststoffarme
und veränderte Ernährung.
Auf Reisen kennen das wahr-
Hauptsache gesund
Dr. Barbara Richartz
Das Ende eines Tabus
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Barbara Richartz,
Chefärztin in der Privatklinik Jägerwinkel in
Bad Wiessee, erklärt, wann man bei Verstopfung
zum Arzt gehen sollte.
scheinlich die meisten.
Im Alter nimmt das Problem zu und ist dann oft nicht
mehr harmlos. Ursächlich
sind dann oft auch die vielen
Medikamente, zum Beispiel
gegen Bluthochdruck, gegen
Schmerzen oder gegen Depressionen (Psychopharmaka). Sie alle verschlechtern
die im Alter ohnehin bestehende Darmträgheit. Ein
Hinweis, ob die Verdauungsstörungen medikamentös be-
dingt sind, kann zum Beispiel
Mundtrockenheit sein.
Wie kann man nun Abhilfe
schaffen? Gehen Sie alle Medikamente einzeln mit ihrem
Hausarzt durch, ob sie eine
Obstipation
verursachen
können, ob sie sinnvoll sind
und die Dosierung stimmt.
Wichtig ist darüber hinaus eine Blutuntersuchung, um
auszuschließen, ob Störungen des Mineralhaushaltes
(besonders des Natriums)
oder der Schilddrüsenfunktion vorliegt. Weiterhin ist eine
Ernährungsberatung sinnvoll:
Welche Nahrungsmittel sind
verdauungsfördernd, welche
sind verdauungshemmend?
Nimmt man genügend Flüssigkeit zu sich? Mindestens
1,5 Liter sollten es pro Tag
sein. Auch ein Stuhltraining
kann wichtig sein. Denn oft
wird im Alltag der Stuhlgang
unterdrückt, etwa aus Zeitnot, was längerfristig zu chronischer Verstopfung führt.
Nicht zuletzt ist es wichtig,
sich ausreichend zu bewegen,
um die Darmtätigkeit anzuregen.
Eine akut auftretende Verstopfung sowie Symptome
wie Blut im Stuhl oder Gewichtsverlust müssen rasch
ärztlich abgeklärt werden!
Aber auch, wer an chronischer Verstopfung leidet, sollte sich untersuchen lassen.
Die leichtfertige Einnahme
von Abführmitteln, auch
wenn sie in den Apotheken
frei erhältlich sind, ist dabei
medizinisch bedenklich und
endet oft in einem Teufelskreis von Verstopfung, Abführmittel und noch stärkerer
Verstopfung. Aber egal was
sie einnehmen, ob es Macrogol, Lactulose, Leinsamen
oder Flohsamen ist: Brechen
Sie das Tabu und sprechen
Sie mit ihrem Arzt!
Die Herzsprechstunde mit einer
Auswahl
der
Kolumnen von
Dr. Richartz und
vielen persönlichen Tipps der
Expertin gibt es
für 16,99 Euro im Buchhandel, ISBN 978-3-466-34560-1.
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Das Märchen vom Burnout im Sport
Der erste bekannte Fall
war der Skispringer Sven
Hannawald. Seither
scheinen immer mehr
Profisportler unter Burnout zu leiden. Doch
stimmt das? Dr. Ludwig
Geiger bezweifelt es. Er
ist Facharzt für Sportmedizin, hat in Psychiatrie
promoviert und betreut
Sportler bei Olympia.
VON DR. LUDWIG GEIGER*
„Sollte die Diskussion um das
Burnout-Syndrom mit der
gleichen unkritischen Vehemenz wie bisher fortgeführt
werden – wir werden es in der
engeren Auswahl zum Unwort des Jahres wiederfinden.
Der Begriff Burnout steht
dabei für ein relativ neues
Krankheitsbild. Dieses besteht aus Symptomen allgemeiner körperlicher, emotionaler und intellektueller Erschöpfung. Im Leistungskatalog der Krankenkassen ist es
nicht einmal aufgeführt. Doch
soll die Krankheit nun gehäuft
im Leistungssport zu finden
sein. In Zukunft soll sie sogar
20 bis 25 Prozent der arbeitenden Bevölkerung treffen. Ein
Gewerkschaftsführer nannte
Burnout eine gigantische Bedrohung am Arbeitsplatz.
Aufgeschreckt von tragischen Einzelfällen und offensichtlich schlecht informiert,
springt man hier auf einen
Zug auf, der in die falsche
Richtung fährt. Gerade deshalb muss man das Problem
ernst, sehr ernst nehmen –
auch zum Schutz der betroffenen Menschen.
So ist es unwahr, dass im
Leistungssport ein erhöhtes
Burnout-Risiko besteht. Genau das Gegenteil ist der Fall!
Sport – auch Extremsport –
trainiert gerade den Umgang
Opfer von Burnout? Der Triathlet Jan Frodeno (o. li.) machte seinen Burnout im Jahr 2010 bekannt. Bereits 2004 beendete Skispinger Sven Hannawald (o. re.) deswegen seine Karriere. Auch bei Fußballer Jan Simak (u. li.) soll Burnout der Grund gewesen
sein. Torwart Markus Miller (u. re.) begab sich im September wegen „mentaler Erschöpfung“ in Therapie. DPA (2)/DDP/REUTERS/FKN
mit Stress, Niederlagen und
Fehlleistungen. Man erlernt
so Strategien, um erhöhte Belastungen besser zu kompensieren. Wir haben selbst wissenschaftliche Untersuchungen bei Risikosportarten wie
Skifliegen,
Extremklettern,
Bobfahren durchgeführt (Geiger/Teschemacher).
Dabei
konnten wir zwar überhöhte
Spiegel von Stresshormonen
bereits in Ruhe feststellen.
Doch nie ein Versagenssyndrom im Sinne eines Burnout,
das bei bestimmten Sportarten auftritt. Ich habe selbst
mehr als 20 Jahre Hochleistungssportler betreut, bei weit
über 100 Weltcups, zwölf
Weltmeisterschaften und vier
Olympiaden. Insgesamt habe
Dr. Ludwig Geiger
ist Sportmediziner und
betreut Leistungssportler
ich hierbei nur zwei Fälle beobachtet, bei denen mir die
Diagnose Burnout angebracht
erscheint. Alle weiteren Versagenssyndrome waren Folgen anderer Krankheiten. Betroffene litten etwa nach Pfeifferschem Drüsenfieber an ei-
nem Fatique-Syndrom, einer
chronischen
Erschöpfung.
Andere litten an Magersucht
oder den Folgen von Fehlund Übertraining. Auch bei
den oft zitieren drei Fällen im
Fußball handelt es sich in
zweien, nämlich bei Sebastian
Deisler und Robert Enke, um
depressive Erkrankungen. Bei
Trainer Ralf Rangnick war es
ein Rücktritt aus persönlichen
Gründen, den man nicht mit
dem Modewort Burnout belegen sollte.
Hört endlich auf, den Sport
als „Burnout-Verursacher“ zu
diskreditieren! Wir brauchen
ihn als Vorbildfunktion für
unsere Kinder. Dafür haben
wir viele Jahre gekämpft.
Natürlich können die Be-
dingungen am Arbeitsplatz in
Einzelfällen zu Überforderung führen, vor allem wenn
Mobbing und zahllose Überstunden hinzukommen. Doch
erreicht dies keineswegs die
behaupteten Dimensionen.
Hier werden die zweifellos zunehmenden psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen in
den einen Topf „Burnout“ geworfen.
Immer wieder wird zudem
die Globalisierung als Ursache für die Zunahme psychischer Störungen aufgeführt. Doch sollte man diese
lieber als Herausforderung sehen, denn als Überforderung.
Im Einzelfall sind es viel eher
Schwierigkeiten im psychoso-
zialen Umfeld und Belastungen in der Freizeit die zu psychischen Problemen führen.
Zudem sollte man das Regenerationsverhalten der Betroffenen analysieren.
Viele Menschen suchen in
ihrer Freizeit sogar Aktivitäten, die Stress mit sich bringen, etwa Base-Jumping, Bungee-Springen
und
Gleitschirmfliegen. Die Zahl der
Hochseilgärten und Klettersteige nimmt ständig zu.
Anstatt das Gespenst der
Überforderung an die Wand
zu malen, sollten Gewerkschaften und Politik überdenken, welche Einstellung zur
Arbeit sie propagieren. Denn
eine positive Einstellung entwickelt man nur zum Teil am
Arbeitsplatz selbst. Im wesentlichen wird sie in der
kindlichen und schulischen
Entwicklung vermittelt.
Und hier sehe ich auch die
wirklichen Stressprobleme:
Die Scheidungsrate nimmt zu.
Die Kinder wachsen in einer
konfliktreichen Familiensituation auf. Hinzu kommt die
unaufhörliche mediale Berieselung. Mit keinem vernünftigen Argument lässt sich zudem die Schulstunden- und
Stofffülle
vertreten.
Der
Raum, sich über musische Fächer, Sport, soziale Kontakte
und Schlaf geistig und körperlich
zu
regenerieren,
schrumpft. Aggressionen und
Stress finden kein Ventil.
Hier sollten Politik und Medien ansetzen, nicht an der
Tragik von Einzelfällen, denen ein behutsamerer Umgang zusteht.“
* Der Autor ist Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, leitet das Institut für Sport- und
Präventivmedizin in Kolbermoor.
Er ist Arzt beim Deutschen Skiverband und Vertragsarzt am Olympiastützpunkt. Er war selbst Extrembergsteiger und gewann im
Jahr 2000 das Golf Medical Open.
Schwarze Löcher, so groß wie zehn Milliarden Sonnen
London/Berkeley – Astronomen haben die größten
Schwarzen Löcher im Weltall
aufgespürt, die je beobachtet
worden sind. Die überraschend großen Himmelsobjekte haben je rund zehn Milliarden Mal so viel Masse wie
unsere Sonne, wie das Team
um Nicholas McConnell von
der Universität von Kalifornien in Berkeley berichtet. Die
beiden Masse-Monster sitzen
im Zentrum zweier Galaxien
unserer kosmischen Nachbarschaft, schreiben die Forscher
im Fachjournal „Nature“.
Sogenannte supermassive
Schwarze Löcher werden im
Zentrum aller großen Galaxien vermutet. Auch unsere
eigene Milchstraße beherbergt ein solches Schwarzes
Loch. Es hat „nur“ etwa vier
Millionen Sonnenmassen –
etwa 2500 Mal weniger als die
jetzt entdeckten Objekte.
Beobachtungen
extrem
weit entfernter aktiver Galaxien aus der Frühzeit des Universums legen nahe, dass es
Schwarze Löcher mit mehr als
zehn Milliarden Sonnenmassen geben muss. Aufspüren
Astronomen haben die bisher größten Schwarzen Löcher im
Weltall aufgespürt. Hier eine künstlerische Darstellung. dpa
ließen sich diese bislang jedoch nicht. Das schwerste bekannte Schwarze Loch besitzt
die Riesengalaxie M87 im
Sternbild Jungfrau. Es hat 6,3
Milliarden Sonnenmassen.
Mit verschiedenen Instrumenten, darunter dem KeckTeleskop auf Hawaii und dem
„Hubble“-Weltraumteleskop,
nahmen die Astronomen nun
die hellsten Galaxien in zwei
nahen Galaxienhaufen ins Visier: NGC 3842 im Sternbild
Löwe und NGC 4889 im
Sternbild Haar der Berenike
sind jeweils rund 300 Millio-
nen Lichtjahre von der Erde
entfernt.
Die Untersuchung der Rotationsgeschwindigkeit
der
Sterne in diesen Galaxien enthüllte die Masse der zentralen
Schwarzen Löcher, um die sie
kreisen. Das Schwarze Loch
im Zentrum von NGC 3842
besitzt demnach 9,7 Milliarden Sonnenmassen, jenes in
NGC 4889 ist vergleichbar
oder sogar größer. Die
Schwarzen Löcher sind damit
deutlich massereicher als die
Eigenschaften der beiden Galaxien erwarten ließen.
dpa
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DIE AKTUELLE
MEDIZIN
Allergiker sollten mit
Vorsicht naschen!
In der Küche duftet es
nach Zimt und Nelken,
auf dem Herd dampft heißer Glühwein: Solche leckeren Naschereien locken in der Vorweihnachtszeit an jeder Ecke.
Allergiker sollten gut überlegen, wo sie unbeschadet
zugreifen dürfen, etwa,
wer auf Nüsse und Mandeln allergisch ist. Die stecken in den meisten Plätzchen. Selbst Sorten, in die
keine Nüsse gehören, enthalten oft geringe Mengen
davon. Der Hinweis, dass
Gebäck Spuren von Nüssen enthalten könne, steht
leider auf vielen Packungen. Allergiker backen darum am besten selbst, sollten dabei aber auch Nugat
und Marzipan meiden: Sie
werden aus Nüssen und
Mandeln hergestellt. Gerade bei einer Nussallergie
können selbst geringe
Mengen gefährlich werden
und einen lebensgefährlichen Allergieschock auslösen.
Auf Zimt reagieren manche Pollenallergiker mit
einer Kreuzallergie.
DDP
Pollen und Gewürze
Vorsehen sollte sich auch,
wer gegen Baum- und Gräserpollen allergisch ist. Betroffenen bereiten oft auch
bestimmte Lebensmittel
Beschwerden. Denn darin
stecken manchmal Stoffe,
die in ihrer Struktur den
allergieauslösenden
Eiweißen der Pollen ähneln.
Der Körper reagiert dann
auch auf diese. Vor allem
von Patienten, die auf Birkenpollen reagieren, sind
solche Kreuzallergien bekannt. Dann kribbelt es
zum Beispiel auf der Zunge, wenn man in einen Apfel beißt. Im Hals und am
Gaumen juckt es. Kommen Schwellungen im Bereich des Rachens hinzu,
kann es gefährlich werden.
Eine solche Kreuzreaktion
ist auch oft schuld, wenn
jemand allergisch auf Gewürze reagiert. Auch hier
ist besonders gefährdet,
wer auf Birkenpollen oder
Beifuß allergisch ist. Der
reagiert manchmal auch
auf Gewürze wie Zimt,
Muskat, Nelken, Kardamom, Koriander und Anis.
Plätzchen backen Allergiker am besten selbst. DDP
Banane statt Eier
Wer auf Hühnereiweiß allergisch ist, muss nicht auf
Plätzchen verzichten: Auf
der Internetseite www.aktionsplan-allergie.de des
Verbraucherschutz-Ministeriums finden sich mehrere Rezepte, um die Eier im
Teig zu ersetzen. Statt eines Eis kann man demnach zum Beispiel eine
pürierte Banane verwenden oder eine Mischung
aus einem Esslöffel Pflanzenöl, die doppelte Menge
an Wasser und einem halben Teelöffel Backpulver
ersetzen. Es gibt aber auch
Eiersatz in Pulverform im
Reformhaus. Safran macht
die Plätzchen auch ohne
Ei schön gelb.
ANDREA EPPNER
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