A R T X E E A WA S A D V E N T I ST E N G L A U B E N „Man lebt nur zweimal!“ E E s ist erstaunlich: Nichts ist so gewiss wie der Tod – und doch gibt es nichts, das wir Menschen so nachhaltig ignorieren, so geschickt verdrängen und mit allen denkbaren Mitteln bekämpfen. Obwohl wir um die Unerbittlichkeit von Sterben und Tod wissen, setzen wir alles daran, diesen unausweichlichen Prozess so lange wie möglich hinauszuzögern, eines Tages vielleicht sogar ganz zu überwinden. Angefangen von unzähligen Cremes und Tinkturen über Wellness-Center und Schönheitsoperationen bis hin zu genetischen Eingriffen und Kloning – alles soll den Traum der ewigen Jugend solange wie möglich am Leben erhalten, bevor er wie eine Seifenblase zerplatzt oder allmählich in die dunkle Nacht des Todes übergeht. Was unseren Vorfahren nicht gelang – nämlich den „Jungbrunnen“ zu finden, der den natürlichen Alterungsprozess umkehrt und unsere Endlichkeit überwindet –, das sollen jetzt Wissenschaft und Technik ermöglichen. Wer weiß, ob nicht steter Fortschritt und unbändiger Forschergeist auch diese letzte Grenze eines Tages durchbrechen werden? Manche lassen sich ja bereits einfrieren und warten auf den Tag ihrer „Auferstehung“! Was veranlasst uns Menschen, der Vergänglichkeit des Lebens so hartnäckig zu trotzen, anstatt nüchtern und gelassen der Realität ins Auge zu sehen? Woher kommt die Sehnsucht nach ewigem, unvergänglichem Leben und einer leibhaftigen Auferstehung vom Tod? blühendes Leben jäh beendet oder ein erfülltes und produktives Dasein unwiderruflich zum Stillstand gebracht, empfinden wir das oft als unfair und sinnlos. Wofür leben wir eigentlich, wenn am Ende doch alles vergeht und sich in Nichts auflöst? Kein Wunder, dass wir dem Tod solange wie möglich zu entkommen, seine Macht irgendwie zu bändigen versuchen. Eine arabische Legende erzählt von einem Kaufmann, der seinen Diener auf den Marktplatz von Damaskus schickte. Kreidebleich kehrte er von dort zurück. „Jemand hat mich in der Menge angerempelt, und als ich mich umdrehte, sah ich dem Tod ins Auge. Er machte eine drohende Handbewegung. Bitte, Herr, leih’ mir dein Pferd, damit ich nach Samarra fliehen und mich verstecken kann!“ Einige Stunden später ging der Kaufmann selber auf den Markt, wo er ebenfalls dem Tod begegnete. „Warum hast du meinen Diener erschreckt?“ fragte er. „Ich habe ihn nicht bedroht“, antwortete der Tod. „Ich war nur überrascht, ihn in Damaskus zu treffen. Ich habe nämlich heute Abend eine Verabredung mit ihm in Samarra!“ Kein Mensch kann dem Tod entrinnen, ihm dauerhaft „von der Schippe springen“. Der Tod folgt dem Leben so sicher wie die Nacht dem Tag. Deshalb kommt alles darauf an, das Leben so zu führen, dass es in der Rückschau nicht als verfehlt erscheint, sein Wert durch den Tod nicht nachträglich zunichte gemacht wird. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“, betete Mose (Ps 90,12). Doch – was kann der Tod uns Lebende lehren? Wie beeinflusst unsere Sicht vom Sterben unser Leben hier und jetzt? 25 RENDEZ-VOUS MIT DEM TOD FREUND ODER FEIND? „Der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt, weil er schönt, weil er irrt und weil er kämpft, weil er hofft und weil er lebt“ – so beschreibt Herbert Grönemeyer unsere widerspruchsvolle Situation in seinem Lied „Mensch“. Es scheint, dass in uns ein unstillbares Verlangen nach Leben steckt, das eng mit der Frage nach dem Sinn verbunden ist. Wird ein Manche Religionen versuchen, den ängstigenden und bedrohlichen Charakter des Todes dadurch abzumildern, dass sie ihn als Durchgangsstation zu einem neuen, besseren Leben verstehen. Als Sokrates den Giftbecher leerte, tat er es in der Überzeugung, damit in eine andere, rein geistige Welt einzutreten, 5/2005 AdventEcho 15 ADVENTECHO EXTRA die ihn Gott und dem wahren Sein näher bringen würde. Beeinflusst von der griechischen Philosophie glauben viele Christen auch heute, dass der Mensch sofort nach seinem Tod in den „Himmel“ kommt (oder aber in der „Hölle“ landet). Andere halten es mehr mit den asiatischen Religionen, die eine sog. „Seelenwanderung“ (Reinkarnation) lehren. Im Buddhismus hofft man, diesen ewigen Kreislauf im sog. „Nirwana“ zu beenden. Wieder andere versuchen, direkten Kontakt mit Verstorbenen aufzuDie Bibel sieht im Tod weder einen natürlichen Teil des Lebens noch einen willkomnehmen, um auf okkulmenen Freund, sondern vielmehr eine lebensfeindliche und zerstörende Macht. ten Wegen die Mauer zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt zu DIE OHNMACHT DER TODESMACHT durchbrechen (Spiritismus). All diesen Vorstellungen gemeinsam ist der Glaube an die Unzerstörbarkeit Wendet sich der Mensch von Gott ab, so erlangt er bzw. Unsterblichkeit der menschlichen „Seele“, die nicht die ersehnte Freiheit, sondern gerät in die Abnach dem physischen Tod vom Körper getrennt für imhängigkeit und Knechtschaft der Sünde. Insofern ist mer weiterexistiert (siehe Kasten „Die drei bekannder Tod der rechtmäßige Lohn, der allen zusteht, die testen Denkmodelle über das Leben nach dem Tod“). der Sünde dienen (Rö 6,23). Die Trennung von seinem Schöpfer führt das Geschöpf unweigerlich er Lohn der Sünde ist der Tod. Gott aber, der allein unin den Tod, da es ohne Gott kein Leben gibt. Die sterblich ist, schenkt seinen Erlösten ewiges Leben. Bis zu Bibel sieht im Tod also jenem Tag sind alle verstorbenen Menschen in einem Zustand nicht einen natürlichen ohne Bewusstsein. Wenn Christus, der unser Leben ist, wiederTeil des Lebens, einen dikommt, werden die auferweckten und lebenden Gerechten rekten Weg zu Gott oder einen willkommenen verherrlicht und entrückt, um ihrem Herrn zu begegnen. Das Freund, sondern vielist die erste Auferstehung. Die zweite Auferstehung aber, die mehr eine lebensfeindliAuferstehung der Ungerechten, geschieht tausend Jahre späche und zerstörende Macht, die aufgrund der ter. („Glaubensüberzeugungen der Siebenten-Tags-AdventisGottesferne des Menten“, Nr. 25) schen existiert und uns in die völlige und dauerIm Gegensatz zu diesen verbreiteten Vorstellungen hafte Gottverlassenheit führt. Wer das erkennt, ruft mit versteht die Bibel den Tod als das unerbittliche, vollPaulus aus: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlöständige Ende des Lebens, das als Folge der Sünde die sen von diesem todverfallenen Leibe?“ (Rö 7,24) Der ganze Menschheit erfasst. Dennoch ist mit dem Tod Tod ist somit unser Todfeind! nicht alles aus, denn es wird einmal eine von Gott beUmso erstaunlicher und überwältigender ist die wirkte Auferstehung geben, genau genommen sogar frohe Botschaft, die die ersten Christen verkündigten zwei zeitlich getrennte Auferstehungen. Diese bibliund die in der Gestalt des Neuen Testaments zum sche Auffassung vom Tod und dem Leben danach Glaubensfundament der Christenheit geworden ist. lässt sich wie im Kasten formuliert zusammenfassen. Die Auferstehung Jesu begründet und bestärkt die D 16 AdventEcho 5/2005 i Ergänzendes Material (Wie ist Lukas 23,43 in diesem Zusammenhang zu verstehen? Was soll man von „Nah-TodErlebnissen“ halten?) steht im Internet zum Herunterladen zur Verfügung: www.adventecho.de (Mai-Ausgabe). WA S A D V E N T I ST E N G L A U B E N Die drei bekanntesten Denkmodelle über das Leben nach dem Tod REINKARNATION UNSTERBLICHKEIT AUFERSTEHUNG Diese Lehre beruht auf der Beobachtung der Natur mit ihrem ständigen Kreislauf von Werden und Vergehen. Diese Lehre ist das Ergebnis philosophischer sowie ethischer Überlegungen über das Wesen des Seins und das rechte Leben. Diese Lehre entsteht im (nach-) exilischen Judentum, prägt die Pharisäer, Jesus und die Schreiber des Neuen Testaments. Das „Rad der Wiedergeburt“ bedeutet Seelenwanderung, die nie endet (Hinduismus) bzw. zuletzt durchbrochen werden kann (Buddhismus). Die unsterbliche „Seele“ befindet sich im Haus (Kerker) des Körpers, aus dem sie beim Tod befreit und in einen höheren Bewusstseinszustand versetzt wird. Der Mensch ist ein beseelter Körper, der beim Tod aufhört zu existieren und erst bei der Auferstehung des Leibes zu neuem Leben erweckt wird. Botschaft: Sterben ist kein wirklicher Tod. Erlösung geschieht, wenn der Mensch selber das Gute und Richtige tut (Gesetz des „Karma“, d. h., der ewigen Vergeltung). Botschaft: Sterben ist kein wirklicher Tod, sondern die Befreiung der Seele von irdischen Fesseln und ihre Aufnahme in Gottes ewige Welt (Leib-Geist/Seele-Dualismus). Botschaft: Sterben ist wirklicher Tod, d. h. Aufhören des Lebens, das erst bei der Wiederkunft Jesu aus Gnade (nicht aus Verdienst) zu neuem Leben erweckt wird. Vertreter: ■ Hinduismus und Buddhismus ■ „New Age“ – Esoterik ■ Parapsychologie Vertreter: ■ griechische Philosophie ■ abendländische Theologie ■ Philosophen (Immanuel Kant) Vertreter: ■ Das Neue Testament ■ Karl Barth, Oscar Cullmann ■ Siebenten-Tags-Adventisten Hoffnung auf eine allgemeine Auferstehung der ToTod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist deine Macht?“ (1 Ko ten! In den Worten des Apostels Paulus: „Nun aber 15,54f.) Christus hat dem Tod für immer die Macht geist Christus vom Tod auferweckt worden, und als der nommen! (2 Ti 1,10) erste Auferweckte gibt er uns die Gewähr, dass auch die übrigen Toten auferweckt werden. Durch einen WIE EIN TRAUMLOSER SCHLAF Menschen kam der Tod. So kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung vom Tod.“ (1 Ko 15,20f.) Die christliche Hoffnung beruht also nicht auf dem Damit ist der Tod prinzipiell entmachtet, auch Glauben an eine unsterbliche Seele und ein natürliwenn er weiterhin alle Menschen erfasst. Schließlich ches Weiterleben nach dem Tod. Damit wird die bitist ja auch Jesus erst getere Wahrheit über den storben und dann auferTod nur verharmlost, ja, standen. Doch gerade in ihr Gegenteil verkehrt. darin zeigt sich die Ohn„Ihr werdet bestimmt macht der Todesmacht, nicht sterben!“, suggedass sie die Toten nicht riert die Schlange – Symmehr für immer in ihren bol für Satan – dem ersKlauen festhalten kann. ten Menschenpaar, dem So dürfen wir schon heuGott zuvor die tödlichen te in Erwartung unserer Folgen des Unglaubens Auferstehung ausrufen: vor Augen gestellt hat (1 „Der Tod ist vernichtet! Mo 2,17; 3,4). StattdesFriedrich von Bodelschwing, Jr. Der Sieg ist vollkommen! sen beschreibt die Bibel Wenn Christus jetzt und hier schon Herr unseres Lebens ist, dann kann uns kein Sterben von ihm trennen. 5/2005 AdventEcho 1/2004 17 ADVENTECHO EXTRA den Tod nüchtern und sachlich als das, was er tatsächlich ist: das Ende des eigenen Lebens, das Aufhören aller Wahrnehmungen und Empfindungen, die Rückkehr zum „Staub“, aus dem wir gemacht sind (Hi 14,10-14; Ps 6,6; 88,12f.; 115,17; Pred 3,19-21; 9,4-10). Und trotzdem ist der Tod nicht das absolute Ende des menschlichen Seins, gibt es doch eine Auferstehung am Ende der Weltzeit! Unser „(Lebens-)Geist“ kehrt zu Gott zurück, von dem wir ihn ursprünglich erhalten hatten (Pred 12,7; Lk 23,46). Bei der Auferstehung wird der göttliche Lebensfunke eine neue, unvergängliche Behausung finden (1 Ko 15,35ff.). Unsere Identität bleibt somit auch im Tod erhalten. „Der Geist, der Charakter des Menschen kehrt zu Gott zurück und wird dort bewahrt. Bei der Auferstehung wird jeder Mensch seinen eigenen Charakter haben, … dieselbe Individualität der Erscheinung.“ (Ellen G. White, MS 76, 1900) Die beste Beschreibung für diesen „Zwischenzustand“ zwischen dem irdischen und dem ewigen Leben ist der (traumlose) Schlaf; er wird in der Bibel gern als Synonym für den Tod verwendet (Hi 14,12; Dan 12,2; Mt 9,24par.; 27,52; 1 Ko 15,20; 1 Th 4,13; 5,10). Wenn man mich am Morgen fragt, wie ich in der Nacht geschlafen habe, antworte ich meist: „Keine Ahnung. Ich war völlig bewusstlos …“ So ist auch der Tod ein schlafähnlicher Zustand ohne jedes Bewusstsein, Erinnerungsvermögen und Zeitgefühl. „Lazarus schläft“, so beschreibt Jesus den Zustand seines toten Freundes, „aber ich gehe hin, ihn aufzuwecken.“ (Jo 11,11ff.) FROHES AUFSTEHEN – BÖSES ERWACHEN Welch ein Erlebnis für Lazarus, dem Tod entronnen zu sein, ein zweites Mal zu leben! Was für eine Erfahrung für seine FamiHier warten vier Menlie, Nachbarn und Freunschen bei -196 Grad darauf, dass sie eines Tages de, den toten Freund levon den Wissenschaftbend wieder zu sehen! lern zum Leben erweckt Doch der Glaube an die werden. (Mit freundAuferstehung der Erlösten licher Genehmigung der bei der Wiederkunft Jesu Alcor Life Extension Foundation.) sprengt jede menschliche Vorstellungskraft. Ebenso unvorstellbar ist der Gedanke an ein „ewiges“ Leben, das für immer frei ist von Leid und Vergänglichkeit. Doch genau das ist die Gute Nachricht, die allen Menschen gilt. Gott, „der allein Unsterblichkeit besitzt“ (1 Ti 6,16 GNB), der Schöpfer und 18 AdventEcho 5/2005 i Erhalter des Lebens, kann uns wieder neu schaffen, die Toten Buchempfehlungen aufwecken, die Lebenden verwandeln und alle mit einem unvergänglichen Körper ausstatten (1Ko 15,35ff.; 1Th 4,13ff.). Wer einmal Leben geschaffen hat, kann dies auch ein zweites Mal! Doch ganz so ungetrübt, wie wir es uns wünschten, ist die Wirklichkeit leider nicht. Für viele wird es nämlich ein böses Erwachen geben, wenn sie feststellen, dass sie nicht an der ersten „Auferstehung des Lebens“ teilhaben, sondern an der späteren zweiten „Auferstehung des Gerichts“ (Jo Oscar Cullmann, 5,28f.; Dan 12,2; Offb 20). Auch „Unsterblichkeit hier bedient die Bibel nicht prider Seele oder Aufmär unsere Wünsche, sondern erstehung der Toten? dient dem Wunsch Gottes, uns die Antwort des Neuen Realität vor Augen zu führen, daTestaments“, mit wir unser Leben entspreQuell-Verlag, chend einrichten. Nur wer schon Stuttgart. Vergriffen. hier und jetzt auf Gottes Seite Antiquarisch bei steht, wird dann (über)leben. Joamazon.de. hannes bringt es auf einen kurzen Nenner: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ (1 Jo 5,12) Ewiges Leben gibt es also nur in der vertrauensvollen persönlichen Verbindung zu Jesus Christus. Zwar lebt jeder Mensch zweimal – einmal vor und einmal nach seinem Tod –, doch nicht alle werden ewig leben. Alle menschlichen Anstrengungen zur Überwindung des Todes und seiner Mark Finley, Folgen ändern daran nichts. Das „Licht am Ende des „Leben nach dem Leben“ ist ein Tunnels?“, unverfügbares Geschenk. „Der Advent-Verlag, Lohn, den die Sünde zahlt, ist der Lüneburg, Tod. Gott aber schenkt uns unver80 Seiten, 3,00 €, dient, aus reiner Gnade, ewiges Best.-Nr. 1278. Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Rö 6,23) Einen anderen oder besseren Weg zum Leben und zu Gott gibt es nicht. Jeder von uns erhält die Chance auf einen Neuanfang, eine Wiedergeburt, ein zweites und unvergängliches Leben. Es beginnt in dem Augenblick, in dem wir Gott beim Wort nehmen, und endet – nie! Dr. Rolf J. Pöhler, Theologischer Referent im Norddeutschen Verband der Siebenten-Tags-Adventisten