Teil I

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Informatik A
Prof. Dr. Norbert Fuhr
[email protected]
auf Basis des Skripts von
Prof. Dr. Wolfram Luther und der Folien von Peter
Fankhauser
1
Teil I
Logik
2
Geschichte
• R. Descartes (17. Jhdt): klassische Euklidische Geometrie mit algebraischen Methoden
• G.W. Leibnitz (17. Jhdt): lingua characteristica, calculus rationator
• Gottlob Frege (1879): Begriffsschrift Prädikatenlogik erster Stufe
• Skolem (1920): Beweisverfahren
• D. Hilbert, W. Ackermann (1928): Entscheidbarkeitsproblem
• Herbrand (1930): Entscheidbarkeit für korrekten mathematischen
Satz
• Alan Turing, Alonzo Church (1936): Unentscheidbarkeit PL1
• Robinson (1954): automatisches Beweisverfahren (Resolutionsprinzip)
• Kowalski, Colmerauer (1972): Prolog
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Teil I.1
Aussagenlogik
4
Aussagenlogik
Grundlagen
• Aussage (atomare Formel):
Satz der entweder wahr oder falsch ist
abgekürzt mit Großbuchstaben (A, B, ...)
• Beispiel: Heute ist Sonntag
• Interpretation: Zuordnung eines Wahrheitswertes (w oder f )
• Operation: Verknüpfung von Aussagen
• Beispiel: Heute ist Sonntag und es ist kalt.
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Verknüpfungen
• Negation: einstellige Operation: ¬A oder A
w f
¬ f w
• Konjunktion: zweistellige Operation: A ∧ B
∧ w f
w w f
f f f
• Disjunktion: zweistellige Operation: A ∨ B
∨ w f
w w w
f w f
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Formeln
Rekursive Konstruktion:
Literal
L ::= A
|
¬A
Formel F ::= L
Aussage
Negierte Aussage
Literal
Negation
|
¬F
|
F ∧ F Konjunktion
|
F ∨ F Disjunktion
|
(F )
Klammerung
Beispiel
A . . . Heute ist Montag.
B . . . Heute ist Feiertag.
C . . . Heute ist Vorlesung.
¬(A ∧ ¬B) ∨ C
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Weitere Verküpfungen
• Subjunktion: A → B ≡ ¬A ∨ B
→ w f
w w f
f w w
• Bijunktion: A ←→ B ≡ (A ∧ B) ∨ (¬A ∧ ¬B)
←→ w f
w
w f
f
f w
• Antivalenz (xor): A ⊕ B ≡ (A ∧ ¬B) ∨ (¬A ∧ B)
⊕ w f
w f w
f w f
8
Klauseln
Klausel
K
::= L
| K ∨K
Literal
Disjunktion
Klausel
Konjunktive Form KF ::= (K)
| (K) ∧ KF Konjunktion von Klauseln
Konjunktion
Disjunktive Form
D
::= L
| D∧D
DF ::= (D)
| (D) ∨ DF
Literal
Konjunktion
Konjunktion
Disjunktion von
Konjunktionen
Beispiele:
¬A ∨ B ∨ C . . . KF und DF
(¬A ∨ B ∨ C) ∧ (¬B ∨ ¬C) . . . KF
(¬A ∧ ¬B) ∨ (¬A ∧ ¬C) ∨ (B ∧ ¬C) ∨ (¬B ∧ C) . . . DF
9
Beweisverfahren
Begriffe
• Modell: Interpretation unter der eine Formel F wahr ist.
• Unerfüllbare Formel: Formel F , für die es kein Modell gibt.
• Tautologie: Formel F , für die jede Interpretationen ein Modell ist.
`F
Beweis über Wahrheitstafeln
• Durchrechnen für alle Interpretationen
Axiomatische Verfahren
• Umformen bis zum Wahrheitswert w oder auf konjunktive Form
mit mindestens einer Aussage P ∨ ¬P in jeder Klausel
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Wahrheitstafel
Zu zeigen: ` ((P → Q) ∧ P ) → Q
P
f
f
w
w
Q P → Q (P → Q) ∧ P ((P → Q) ∧ P ) → Q
f
w
f
w
w
w
f
w
f
f
f
w
w
w
w
w
11
Syntaktische Umformung
Äquivalent sind die folgenden Formeln:
((P → Q) ∧ P ) → Q
¬ ((¬P ∨ Q) ∧ P ) ∨ Q
((P ∧ ¬Q) ∨ ¬P ) ∨ Q
((P ∨ ¬P ) ∧ (¬Q ∨ ¬P )) ∨ Q
(w ∧ (¬P ∨ ¬Q)) ∨ Q
(¬P ∨ ¬Q) ∨ Q
¬P ∨ w
w
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Überführung in konjunktive Form
((P → Q) ∧ P ) → Q
¬ ((¬P ∨ Q) ∧ P ) ∨ Q
((P ∧ ¬Q) ∨ ¬P ) ∨ Q
((P ∨ ¬P ) ∧ (¬Q ∨ ¬P )) ∨ Q
((P ∨ ¬P ∨ Q) ∧ (¬Q ∨ Q ∨ ¬P ))
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Äquivalenzregeln
Zwei Formeln F, G sind äquivalent; F ≡ G, wenn gilt: ` F ←→ G
(F ∧ F )
(F ∧ G )
(F ∨ G )
((F ∧ G) ∧ H )
((F ∨ G) ∨ H )
(F ∧ (F ∨ G))
(F ∧ (G ∨ H ))
(F ∨ (G ∧ H ))
¬¬F
¬ (F ∨ G )
¬ (F ∧ G )
F →G
F ∧G
F ∧G
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
≡
F, (F ∨ F ) ≡ F
Idempotenz
(G ∧ F ) ,
Kommutativität
(G ∨ F )
(F ∧ (G ∧ H )) ,
Assoziativität
(F ∨ (G ∨ H ))
F, (F ∨ (F ∧ G)) ≡ F
Absorption
((F ∧ G) ∨ (F ∧ H )) ,
Distributivität
((F ∨ G) ∧ (F ∨ H ))
F
Doppelnegation
(¬F ∧ ¬G) ,
de Morgansche Regeln
(¬F ∨ ¬G)
¬F ∨ G
bedingte Eliminierung
F, F ∨ G ≡ G,
falls F unerfüllbar
G, F ∨ G ≡ F,
falls F Tautologie
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Logisches Schließen
• Für S eine Menge von Formeln F1, . . . , Fk und F eine Formel, ist
F eine logische Konsequenz von S, in Zeichen S ` F , wenn jede
Interpretation von S, die ein Modell von S ist, auch ein Modell
von F ist.
• Regeln:
F
F
F ∧G
F ∧G
(F → G) ∧ (G → H)
G ∧ (G → F )
¬F ∧ (G → F )
`
`
`
`
`
`
`
F ∨G
G→F
F
G↔F
F →H
Transitivität
F
Modus Ponens (Schlussregel)
¬G
Modus Tollens
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Beispiel: Transitivität
A:
B:
B1 :
B2 :
(a ist eine gerade Zahl und b ist eine gerade Zahl)
(a + b ist eine gerade Zahl)
(a = 2n und b = 2m, n, m ganze Zahlen)
(a + b = 2k, k ganze Zahl)
A
A → B1
B1 → B 2
B2 → B
B
a und b sind gerade Zahlen
Dann gibt es Zahlen n, m mit a = 2n und b = 2m
Aus a = 2n und b = 2m folgt a + b = 2(n + m) = 2k
Aus a + b = 2k folgt a + b ist eine gerade Zahl
Mit der Transitivität gilt B
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Axiomensysteme
• Theorie: Menge von Axiomen + Menge von Formeln
• Korrektheit: Jede Formel F , die aus einer Theorie T mit Hilfe von
Axiomen AS abgeleitet wird (T `AS ) ist eine logische Konsequenz
aus T (T ` F ).
• Vollständigkeit: Jede Formel F , die eine logische Konsequenz aus
T ist, ist auch tatschlich mit Hilfe von AS ableitbar.
• Konsistenz: Es ist nicht sowohl F als auch ¬F ableitbar.
• Unabhängigkeit: Kein Axiom ist die logische Konsequenz anderer
Axiome.
• Entscheidbarkeit: Für alle Formeln gilt T `AS F oder T `AS ¬F .
• Aussagenlogik ist entscheidbar und besitzt konsistente, vollständige und unabhängige Axiomensysteme.
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Hilberts Axiomensystem der Aussagenlogik
• AS1: A ∨ A → A
• AS2: A → (A ∨ B )
• AS3: (A ∨ B ) → (B ∨ A)
• AS4: (A → B ) → ((C ∨ A) → (C ∨ B ))
• Definition: A → B ≡ ¬A ∨ B
• Modus Ponens: A ∧ (A → B) ` B
• Ersetzungsregel: F [A/G] in der Formel F ersetze einige (alle) Vorkommen der Aussagenvariablen A durch die Formel G
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Beispiel
Zeige: ` (F ∨ F ) ←→ F
Beweis:
(F ∨ F )
→
F
AS1.
F
→
(F ∨ G )
AS2,
F
→
(F ∨ F )
Ersetzungsregel ((F ∨ G)[G/F ]).
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Automatisches Beweisen
Resolution
• Modus Ponens:
P
P →B
B
• Verallgemeinerung: P → B ≡ ¬P ∨ B
P ∨ A 1 ∨ A2 ∨ . . . ∨ A n
¬P ∨ B1 ∨ B2 ∨ . . . ∨ Bm
A1 ∨ A2 ∨ . . . ∨ An ∨ B1 ∨ B2 ∨ . . . ∨ Bm Resolvente
• Um die Aussage A zu beweisen füge die Negation der Aussage ¬A
zu den Formeln der Theorie und versuche, durch Resolution die
leere Klausel herzuleiten.
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Beispiel
T = A ∨ B, A → ¬B, ¬A
Um B herzuleiten, fügen wir ¬B zur Theorie dazu, und formen A → ¬B
um.
Das ergibt:
T 0 = A ∨ B, ¬A ∨ ¬B, ¬A, ¬B
In Klauselform:
T 0 = (A, B), (¬A, ¬B), ¬A, ¬B
B ist ein Resolvent von (A, B) und ¬A. Der Resolvent von B und ¬B
ist die leere Menge, daher ist T 0 unerfüllbar, daher folgt aus T B.
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Teil I.2
Prädikatenlogik
22
Prädikatenlogik
Erweiterung der Aussagenlogik
• Konstante: a, b, c
• Variablen: x, y, z
• Funktionen: f (a1, . . . , ak )
• Prädikate: P (a1, . . . , ak )
• Quantoren: Allquantor (∀xF ), Existenzquantor (∃xF )
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Semantik
Interpretation:
Abbildung auf Domäne zur Zuordnung eines Wahrheitswertes
Beispiel
F : ∀xP (f (x, a), x).
• Domäne: natürliche Zahlen IN := {1, 2, 3, . . .}
• Konstante a ::= 1
• f (x, a) ::= x ∗ a
• P (x, y) ::= x = y
• Interpretation: Für alle natürlichen Zahlen x ∈ IN gilt x · 1 = x.
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Weitere Schlussregeln und Äquivalenzen
∀xF ` ∃xF für eine nichtleere Domäne
∀xF ∨ ∀xG ` ∀x(F ∨ G)
∃x(F ∧ G) ` ∃xF ∧ ∃xG
¬∀xF ≡ ∃x¬F
¬∃xF ≡ ∀x¬F
∀x∀yF ≡ ∀y∀xF
∃x∃yF ≡ ∃y∃xF
∀x(F ∧ G) ≡ ∀xF ∧ ∀xG
∃x(F ∨ G) ≡ ∃xF ∨ ∃xG
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Entscheidbarkeit von PL1
• Die Wahrheitstafelmethode ist nicht übertragbar
• Erfüllbarkeit und Allgemeingültigkeit ist nicht entscheidbar
• PL1 ist halbentscheidbar: Unerfüllbare Formeln werden nach endlicher Zeit erkannt.
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Beispiel: Peano-Axiome
1. P (1)
2. ∀x (P (x) → ∃y (P (y) ∧ Q(x, y))) .
3. ¬∃x(P (x) ∧ Q(x, 1)
4.
∀x1∀x2∀y1∀y2
(P (x1) ∧ P (x2) ∧ Q(x1, y1) ∧ Q(x2, y2)∧
¬(x1 = x2) → ¬(y1 = y2)).
5. ∀M (M (1) ∧ ∀x∀y (P (x) ∧ P (y) ∧ M (x) ∧ Q(x, y) → M (y)) → (M ≡ P )) .
Interpretation
• P (x) . . . x ist eine natürliche Zahl
• Q(x, y) . . . y = x + 1; y ist Nachfolger von x
• M . . . Prädikatenvariable (nicht möglich in PL1)
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