Entwicklung und Spontanresorption einer posterioren subkapsulären Katarakt nach ICL-Implantation O. Fricke, T. Katz, M. T. Eddy, G. Richard, S. J. Linke Einleitung Im Folgenden präsentieren wir die Entwicklung und Spontanresorption einer ­posterioren subkapsulären Katarakt nach Implantation einer ICL (intraokularen Collamer-Linse). Ein 36-jähriger Patient mit hoch myopen, sonst gesunden Augen (manifeste Refraktion rechtes Auge: –10,0/–0,25 45°, linkes Auge –7,75/–0,75 5°) stellte sich mit dem Wunsch nach einem refraktiven Eingriff bei uns vor. Der korrigierte Fernvisus (im Folgenden nur noch als Visus bezeichnet) betrug auf beiden Augen 1,0. Aufgrund der hohen Myopie, dünner Hornhäute (Pachymetrie 482 µm rechts/480 µm links) und leichtem Verdacht auf subklinischen Keratokonus war die gewünschte LASIKBehandlung kontraindiziert. Stattdessen wurde an zwei konsekutiven Tagen an beiden Augen komplikationslos je eine ICL implantiert. Verwendet wurden die Modelle VICM 13,2 –10,0 dpt am rechten Auge und VICM 13,2 –8,5 dpt am linken Auge. Ergebnisse Derselbe Operateur (TK) implantierte komplikationslos beide ICLs unter Befolgung des Standardprotokolls. Dieses Protokoll beinhaltet: –Pupillenerweiterung mit Tropicamid-Augentropfen –örtliche Betäubung mit Xylocain Gel 2 % –intrakamerale Injektion von Lidocain-HCL 1 % und 2 % viskoelastischer Hyaluron­­säure –ICL-Implantation durch einen 3 mm breiten sklerokornealen Tunnel –eine Parezenthese (1 mm breit) als weiteren Zugang zur Vorderkammer Die ICL-Haptiken konnten ohne Berührung der vorderen Kapsel hinter der Iris platziert werden. Die Pupille wurde durch die intrakamerale Injektion von Acetylcholin verengt, und eine superiore Iridotomie wurde unter Verwendung eines Vitrektoms gesetzt. Postoperativ wurden Ofloxacin- und Dexamethason-Augentropfen viermal täglich und Diamox 250 mg alle sechs Stunden für die ersten 24 Stunden ordiniert. 79 Phake IOL ­ inen Tag nach der Operation des linken Auges und zwei Tage nach der Operation E des rechten Auges befanden sich beide ICLs mit einem Vaulting von +1 in der richtigen Lage. Der unkorrigierte Visus betrug 1,0 und 0,9 am rechten bzw. am linken Auge. Der intraokluläre Druck (IOD) war mit 24 mmHg und 26 mmHg dekompensiert, woraufhin Diamox 125 mg zweimal täglich verordnet wurde. Es zeigten sich bei der Untersuchung des vorderen Augenabschnittes beidseits klare brechende Medien. Aufgrund einer Sehverschlechterung am linken Auge stellte sich der Patient notfallmäßig am folgenden Tag wieder vor. Auf dem linken Auge betrug der unkorrigierte Visus dann nur 0,3, auf dem rechten Auge 1,0, bestkorrigiert auf dem linken Auge 0,5. Der IOD war mit 17 mmHg an beiden Augen kompensiert. Bei der Spaltlampenuntersuchung zeigten sich die ICLs in korrekter Position in beiden Augen. Über­ raschenderweise bestand am linken Auge eine sternförmige, rosettenartige Katarakt im posterioren Kortex bei klarem Linsenkern und vorderem Kortex der Linse. Aufgrund dieser visusbeeinträchtigenden Katarakt wurde ein Termin für die ICL- und Linsenentfernung sowie für die Implantation einer Hinterkammerlinse vereinbart. Fünf Tage später berichtete der Patient über eine spontane Verbesserung des Visus auf dem linken Auge. Unkorrigiert sah er jetzt 0,96. Die posteriore Trübung des hinteren Kortex war kaum noch nachweisbar, woraufhin die geplante Operation abgesagt wurde. Aufgrund eines IODs von 24/23 mmHg auf dem rechten bzw. linken Auge wurden mit Verdacht auf Steroidresponse die Dexamethason-Augentropfen mit Diclofenac-Augentropfen ersetzt, das Diamox 125 mg per os zweimal täglich wurde für eine weitere Woche verordnet. Zwei Wochen postoperativ betrug der unkorrigierte Visus bei komplett klaren Linsen 1,0 auf beiden Augen. Das Vaulting betrug +1 bis +2 und die Iridektomien waren in beiden Augen offen. Ab dem dritten postoperativen Monat war der IOD ohne Therapie an beiden Augen kompensiert. Eine pathologische Papillenexkavation lag nicht vor. Wir haben weder für die Entstehung noch für die Spontanresorption der Katarakt eine offensichtliche Erklärung. Eine mögliche Ursache könnte traumatischer Natur sein: Die Morphologie dieser Katarakt erinnert an die einer Kontusionskatarakt [1]. Weiterhin kann eine solche Katarakt spontan zurückgehen [2, 3]. Da der Chirurg die hintere Kapsel definitiv nicht berühren konnte, kann eine direkte Verletzung der Linse an der Rückseite im Rahmen der Operation ausgeschlossen werden. Weiterhin besteht kein Hinweis auf eine Berührung der vorderen Kapsel während oder nach der Operation, obwohl eine periphere Berührung der vorderen äquatorialen Kapsel hinter der Iris unterhalb der Iridektomiestellen nicht ausgeschlossen werden kann. Das chirurgische Verfahren, eine Störung des Kammerwasserstromes, der Anstieg des intraokularen Drucks oder die verwendeten Medikamente haben eventuell­ einzeln oder in Kombination durch metabolischen Stress die temporäre Linsen­ trübung initiiert. Jedoch stellt sich dann die Frage, warum diese Trübung nur auf einem Auge auftrat. 80 Fricke et al.: Entwicklung und Spontanresorption einer posterioren subkapsulären Katarakt nach ICL-Implantation Dies ist die erste beschriebene hintere rosettenartige Katarakt nach ICL-Implantation [4]. Eine solche Katarakt ist als mögliche Komplikation zu den bereits beschriebenen – vordere Katarakt und Glaukom [5] – hinzuzufügen. Aufgrund der spontanen Kataraktauflösung empfehlen wir, beim Auftreten einer posterioren ­Linsentrübung eine erneute chirurgische Intervention nicht zu überstürzen. Literatur 1. Viestenz A, Küchle M: Blunt ocular trauma. Part I: blunt anterior segment trauma. Ophthalmologe 2004; 101:1239–1257; quiz 57–58 2. Ajamian PC: Traumatic cataract. Optom Clin 1993;3:49–56 3. Rofagha S, Day S, Winn BJ et al.: Spontaneous resolution of a traumatic cataract caused by an intralenticular foreign body. J Cataract Refract Surg 2008;34:1033–1035 4. Katz T, Fricke OH, Richard G et al.: Spontaneously resolved posterior rosette cataract after sulcus-fixed phakic lens implantation. Acta Ophthalmol 2011 5. Kohnen T, Kook D, Morral M et al.: Phakic intraocular lenses: part 2: results and complications. J Cataract Refract Surg 2010;36:2168–2194 81