HTWD, FB Informatik/Mathematik Prof. Dr. M. Voigt Arbeitsblatt 7 SS 2006 Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung 1. Zufälliger Versuch: Versuch, dessen Ergebnis im Bereich gewisser Möglichkeiten ungewiß ist 2. Elementarereignis: mögliches Ergebnis eines zufälligen Versuches 3. Stichprobenraum: Menge aller Elementarereignisse eines zufälligen Versuches Bezeichnung: Ω 4. Ereignis: Aussage A über den Ausgang eines zufälligen Versuches • Jedes Elementarereignis ω ∈ Ω ist ein Ereignis. • Man nennt ω ∈ Ω ein günstiges Elementarereignis für A, falls gilt: endet der zufällige Versuch mit Ereignis ω, so ist die Aussage A wahr, also das Ereignis A ist eingetreten. • Wir identifizieren A mit der Menge der für A günstigen Elementarereignisse, d.h. A ⊆ Ω • Ist A = Ω, so ist jedes Elementarereignis günstig für A. A heißt dann sicheres Ereignis. • Ist A = ∅ (leere Menge), so ist kein Elementarereignis günstig für A. A heißt dann unmögliches Ereignis. 5. klassische Wahrscheinlichkeit von A Voraussetzung: Ω ist endlich und alle Elementarereignisse sind gleichwahrscheinlich. |A| P (A) = |Ω| = Anzahl der für A günstigen Elementarereignisse Anzahl aller Elementarereignisse HTWD, FB Informatik/Mathematik Prof. Dr. M. Voigt Arbeitsblatt 8 SS 2006 Elementare Kombinatorik Anzahl der Möglichkeiten k Elemente aus n Objekten auszuwählen (0 ≤ k ≤ n) 1. mit Berücksichtigung der Reihenfolge, mit Wiederholung 2. mit Berücksichtigung der Reihenfolge, ohne Wiederholung 3. ohne Berücksichtigung der Reihenfolge, ohne Wiederholung 4. ohne Berücksichtigung der Reihenfolge, mit Wiederholung nk n! (n−k)! ¡n¢ k ¢ ¡n+k−1 k Erläuterungen: 1. Jedes Element kann mehrfach gewählt werden. (1, 2) und (2, 1) sind verschiedene Wahlmöglichkeiten 2. Jedes Element kommt höchstens einmal vor. (1, 2) und (2, 1) sind verschiedene Wahlmöglichkeiten 3. Jedes Element kommt höchstens einmal vor. (1, 2) und (2, 1) werden als gleich angesehen 4. Jedes Element kann mehrfach vorkommen. (1, 2) und (2, 1) werden als gleich angesehen Beispiele 1. Anzahl der (höchstens) 5-stelligen Zahlen im Dezimalsystem (führende Nullen sind erlaubt) Ergebnis: 105 = 10 · 10 · 10 · 10 · 10 = 100 000 2. Anzahl der Möglichkeiten für die Plätze 1-3 bei einem Wettbewerb mit n Personen n! Ergebnis: (n−3)! = n · (n − 1) · (n − 2) 3. Anzahl der¡ Tippmöglichkeiten für “6 aus 49“ ¢ 49 49·48·47·46·45·44 49! Ergebnis: 6 = 43!·6! = 1·2·3·4·5·6 4. Anzahl der Möglichkeiten eine Menge von k Artikeln im Versandhaus zu bestellen, welches genau n Produkte anbietet (wird ein Produkt 3 mal bestellt, zählt das als 3 Artikel) Ergebnis: s. oben HTWD, FB Informatik/Mathematik Prof. Dr. M. Voigt Arbeitsblatt 9 SS 2006 Axiomatische Definition der Wahrscheinlichkeit Kolmogorov, ca 1930 Ereignisfeld, σ-Algebra Sei Ω 6= ∅ und sei A eine Menge von Teilmengen von Ω. Man nennt A ein Ereignisfeld oder eine σ-Algebra über Ω, falls folgende Bedingungen erfüllt sind: (E1) Ω∈A (E2) A∈A⇒A∈A (E3) A1 , A2 , . . . ∈ A ⇒ (A1 ∪ A2 ∪ . . . ∈ A) ∧ (A1 ∩ A2 ∩ . . . ∈ A) Wahrscheinlichkeitsmaß Es sei A ein Ereignisfeld über Ω. Eine Abbildung P : A → R heißt Wahrscheinlichkeitsmaß auf A, falls folgende Bedingungen erfüllt sind: (A1) 0 ≤ P (A) ≤ 1 ∀A ∈ A (A2) P (Ω) = 1 (A3) Sind A1 , A2 , . . . ∈ A paarweise unvereinbare Ereignisse, d.h. gilt: Ai ∩ Aj = ∅ für i 6= j, so ist P (A1 ∪ A2 ∪ . . .) = P (A1 ) + P (A2 ) + . . . (Ω, A, P ) heißt dann Wahrscheinlichkeitsraum mit Stichprobenraum Ω und Ereignisfeld A. Die Elemente A ∈ A heißen die Ereignisse und P (A) die Wahrscheinlichkeit von A. (A1) − (A3) heißen die Axiome der Wahrscheinlichkeit. Die klassische Wahrscheinlichkeit ist ein spezielles Wahrscheinlichkeitsmaß. Rechenregeln (R1) A ∩ B = ∅ ⇒ P (A ∪ B) = P (A) + P (B) (R2) P (A) = 1 − P (A) (R3) P (∅) = 0 (R4) P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B) (R5) A ⊆ B ⇒ P (A) ≤ P (B) HTWD, FB Informatik/Mathematik Prof. Dr. M. Voigt Arbeitsblatt 10 SS 2006 bedingte Wahrscheinlichkeit, unabhängige Ereignisse A/B bedeutet: Ereignis A unter der Bedingung, daß das Ereignis B eingetreten ist. P (A/B) := P (A ∩ B) P (B) heißt bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A unter der Bedingung B, wobei P (B) 6= 0 sein muß. Beispiel: Würfeln mit einem idealen Würfel: Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} -) A: die Augenzahl ist 2: A = {2} -) B: die Augenzahl ist gerade: B = {2, 4, 6} -) P (A) = 1/6, P (B) = 3/6 = 1/2, P (A ∩ B) = P ({2}) = 1/6 1/6 P (A∩B) 1 -) P (A/B) = P (B) = 1/2 = 3 A1 , . . . , An heißt vollständiges Ereignissystem über Ω, falls A1 , . . . , An paarweise unvereinbare Ereignisse aus A sind (d.h. Ai ∩ Aj = ∅ für i 6= j) und falls gilt A1 ∪ . . . ∪ An = Ω. Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit: Ist A1 , . . . , An ein vollständiges Ereignissystem über Ω, so gilt für alle B ∈ A P (B) = P (B/A1 ) · P (A1 ) + . . . + P (B/An ) · P (An ) Unabhängigkeit A ist unabhängig von B, falls P (A/B) = P (A) ist. (a) A ist unabhängig von B ⇔ P (A ∩ B) = P (A) · P (B) (b) A ist unabhängig von B ⇔ B ist unabhängig von A. Die Ereignisse A1 , . . . , An heißen total unabhängig, falls jedes Ereignis Ai unabhängig von allen möglichen Produkten ist, welche sich aus den restlichen Ereignissen bilden lassen. A1 , . . . , An total unabhängig ⇒ P (A1 ∩ . . . ∩ An ) = P (A1 ) · . . . · P (An )