Die Gattung Lepidiolamprologus Hans-Joachim Herrm:rnn Eigentlich müßte der Gattungsname Lepidolamprologus \aüen, denn der Name nimmt Bezug auf die große Anzahl Schuppen (lepidos : beschuppt un d lamprologus : glänzend), die diese Buntbarsche auf den Körpelseiten tragen. zrxzeitwerden sechs Arten in dieser Gattung geführt, die alle mindestens 60, meist kleine Schuppen in einer Längsreihe besitzen. weitere Merkmale sind der sehr langgestreckte, oval-zylindrische Körper und das endständige bis leicht oberständige, gut bezahnte Maul, das auf die räuberische Lebensweise dieser cichliden hinweist. Zudem gehören alle Gattungsmitglieder mehr oder weniger zu den Höhlenbrütern des Tanganjikasees, und das wiederum bedeutet, daß sie oft über felsig-steinigem Grund angetroffen werden. Buntbarsche der Gattung Lepidiolamprologas sind robuste Pfleglinge. und das muß beim Beckenbesatz beachtet werden. So sollten nicht zu kleine Fische in das Aquarium gesetzt werden; ich denke hierbei zum Beispiel an die kleiner bleibenden schneckencichliden des Tanganjikasees. Auch ist es ratsam, nicht gerade Aufwuchsfresser der Gattungen Petrochromis und rrophews mit diesen fleischfressenden Fischen zu pflegen. Man könnte es dann keinem dieser Buntbarsche recht machen, denn so gezielt kann der Aquarianer gar nicht füttem, und es hat sich sicher herumgesprochen, daß Aufwuchsfresser ballastreiche Kost benötigen und ein Räuber eher ballastarm ernährt werden sollte. Fischfiletstückchen, My si s, große Salinenkrebse, Mückenlarven, und auch das ist möglich, geschabtes Rinderherz sind kräftige Futterbrocken. Diese Nahrung wird, im Gegensatz zum anfangs sehr gewöhnungsbedürftigen Trockenfutter, gierig von den Lepidiolamprologus genommen. Es gibt eine Reihe weiterer cichliden des Tanganjikasees, wie Cyphotilapiaft ontosa, Altolamprologus calyus nnd compressiceps sowie einige größer werdende Neolamprologus, die ähnliche pflegebedürfnisse haben, so daß ein mit ,,Räubern" besetztes Becken, vorausgesetzt, es ist groß genug, nicht schon vom Besatz her monoton sein muß. Die Aquarieneinrichtung sollte <Iurch Steinaufbauten gut gegliedert sein, und es ist darauf zu achten, daß Unterstände und Höhlen vorhanden sind. Das Wasser muß leicht alkalisch und mittelhart bis hart sein. Temperaturen zwischen 22 tnd2l Grad Celsius werden gut vertragen. Die Beckengröße kann je nach Lepidiolamprologus-Art differieren; so reicht für tep idiolamprologus attenlntus schon ein Aquarium von einem Meter Kantenlänge, und LepidiolamprologtLs profundicola würde ich erst in einem Aquarium von mindestens 600 Liter Inhalt pflegen. Diese große Bandbreite ergibt sich aus den unterschiedlichen Größen der Arten und der abweichenden Aggressivität. Lepidiolamprologus attenuatus (Steindachner, 1909) gehörtmit 12 bis 14 Zentimeter Lange nt den klelner bleibenden Afien. so schmucklos, wie der Artname uns verheißen will, ist der Fisch keinesfalls. Besonders auffallend sind die blau irisierenden DCC-Inl"o 24 i l1 1993: l- l3 Schuppenreihen auf den Körperseiten und die dunklen Fleckenzeichnungen. Neben der im Bild vorgestellten Variante sind aus dem Süden des Sees Tiere zu uns gelangt, die einen gelben Körpergrundton aufweisen. LepidiolamprologLLs attenuatus ist nicht ganz so stark an die steinigen Küstenabschnitte des Tanganjikasees gebunden, und a1s Schnorchler oder Taucher kann man ihn häufig über sandig-steinigem Substrat beobachten. Ein Problem für die Aqualianer scheint nach wie vor die Artbestimmung zu sein. Früher wurde l. attenuatus durch falsche Literatur- oder Bildbeschreibungen (zum Beispiel Brichard) gelegentlich mit Lepidiolatnprologus cunningtorti verwechselt. Waiter verwechselte die Art kürzlich mit Lepidiolamprologus pleuromaculatws (DCG-Info 23 [11]: 229 - 233). Walter geht in oben zitiertem Artikel auf einen Bericht von K. Arendt ein (Arendt, K. [ 992]: Waffenstarrende Eleganz - Neolamprologus pleuromaculanrs. DCG-lnfo 23 [9] : 175 - 181 . ). Der zuletzt genannte Artikel zeigt eindeutig Neolamprologr,ts pleuromacwlatus, einen zwar langgestreckten Fisch. der aber etwas gedrungen wirkt. Typisch ist auch der kräftige Kopf mit der nicht allzu gestreckten Schnauze. Die Schwanzflosse ist leicht ger-undet, und auf den Körperseiten sind silbrig-weiße Glanzpunkte zu sehen. Nun ist es an Hand von Fotos nicht immer sehr einfach, eine genaue Artbestimmung vorzunehmen, besonders dann, wenn sich zwei Arten farblich und von den Körperproportionen her stark ähneln. Dennoch denke ich. daß Walter nicht über N. pleuromaculatas, sondern iber L. attenuaras berichtete und. außer aufder Abbildung von Gutekunst, auch jenen Fisch zeigte. Die Farbaufnahmen zeigen einen sehr gestreckten Buntbarsch mit relativ spitzem Kopf. Die Caudale wirkt eher ,,stumpf', und auf den Körperseiten sind die typischen hellblauen Glanzpunkte zu sehen. Auch sind die schaf abgegrenzten schwarzen Körperflecke des Weibchens und die durchgehenden schwarzweißen Schwanzflossensaumzeichnungen Merkmale von Lepidiolamprologus attenuatus . Y erglerche mit lebenden Tieren, verschiedenen mir vorliegenden Dias und Abbildungen in etlichen Büchern lassen mich an eine Verwechslung glauben. Beide Arten könnte man an sich sehr gut unterscheiden, und zwar durch die unterschiedliche Zahl der Schuppen in einer Längsreihe . Neolamprologus pleuromaculatus besitzt 47 bis 60 Schuppen in einer Reihe, während L. attenuatus 66 bis 73 Schuppen aufweisen kann. Meine Lepidiolamprologus attenuatus benutzen übrigens auch eine leere NeothaumaSchnecke a1s Laichsubstrat; nur, und jetzt kommt der kleine Unterschied, das Weibchen legt die Eier außen an das Schneckengehäuse, und erst kurz vor dem Schlupf der Larven zupft das Weibchen die Eier ab und bringt sie am Schneckeneingang unter. Oben: Männchen und Weibchen von L. attenuatus bewachen ein Gelege Unten: Geschlüpfte L. -attenuatus-Larven in einer Schneckenschale Fotos: Herrmann DCG-Info 21(1) 1993:1 13 @ @ r.o-t fo 24 (t) 19e3: r-r3 Während das Weibchen das Gelege und die Jungtiere betreut, bewacht das Männchen die nähere umgebung des Laichplatzes. Im natürlichen Biotop plazieren die Tiere ihre Gelege oft zwischen zwei Steine, und einige Eier haften sogar recht ungeschützt am Substrat, wie wir es von den Offenbrütern kennen. Lepidiolamprologus cunningtonl (Boulenger, 1906) kann bis 29 Zentimeter lang werden; meist werden Tiere um 15 Zentimeter Länge angeboten. Das Aquarium sollte also geräumig sein, und die Beckenmitinsassen sollten sorgfältig ausgesucht werden. Die Art 1ebt, wie auch die anderen Gattungsmitglieder, in der Natur einzelgängerisch oder paarweise, und das hat für die Haltung im Aquarium natür1ich Konsequenzen. Es ist oft nicht mög1ich, über längere Zeit mehrere Männchen miteinander zu vergesellschaften. Hat sich erst einmal ein Männchen (oder auch ein Weibchen) einen Partner zur Fortpflanzung ausgesucht, dann ist es besser, überzählige Artgenossen aus dem Aquarium zu entfernen. Die Art besitzt eine graubraune Körpergrundfarbe, wobei einzelne Schuppenreihen silbrig irisieren. In den unpaarigen Flossen, besonders in der Schwanzflosse, können blaue Farbtöne auftreten. wie die beiden zuvor behandelten Arten, ist attch Lepidiolamprolo gus elongatus (Botlenger, 1898) im Tanganjikasee weit verbreitet. Diese Art gehört zu den häufig vorkommenden Buntbarschen des Fels- und Geröllitorals und neigt nicht dazu, wie so viele andere Cichliden des Sees, Farbvarianten auszubilden. Als ,,Fischfänger" kann man sich einen Eindruck verschaffen, wie räuberisch und gefräßig diese Buntbarscharl ist. Für den Fang von Aquarienfischen benutzt man am Tanganjikasee in der Regel ein monofiles Stellnetz, das unter Wasser kaum zu sehen ist. Dabei gelangen auch kleinere Fische in das Netz, die sich mit den Kiemen oder den Flossen verfangen. Die zappelnden Fische finden, bevor sie der Fänger entfemen kann, jedesmal reges Interesse bei den Fischfressern unter den Cichliden, den halbwüchsigen Nilbarschen und den Stachelaalen. Wer fast immer an solchen Fangplätzen anzutreffen ist und reiche Beute macht, ist der langgestreckte - der Artname weist darauf hin - , mtt etwaz} Zentimeter Länge ausgewachsene Lepidiolamprolo gus elongatus. Die Tiere, die, wie das Foto zeigt, recht ansprechend gefärbt sind, können im Aquarium eine starke Aggressivität zeigen, so daß es ratsam ist, ein möglichst großes Becken zu wählen. Findet sich ein Paar, so ist es, wie auch bei den anderen Arten dieser Gattung, kein Problem, die Fische zur Nachzucht zu bringen. Problematisch wird es nur mit dem Unterbringen der oft hundertköpfigen Jungfischschar, denn die Eltern bewachen ihre Nachkommen mit sehr viel ,,Hingabe". Lepidiolamprologuskendalli (Pol1&Stewart,1977),dieBeschreibungfandanHand von zwei Tieren statt, lttd Lepidiolamprologus nkambae (Staeck, 1978), hier konnte der Beschreiber nur auf ein Tier zurückgreifen, sind morphologisch kaum voneinander zu unterscheiden. Lediglich der Umstand, daß bei der ztietzt genannten Art keine Schuppen auf den Wangen vorhanden sind und daß sich die Körperhöhe im Verhältnis zur Standard- und Kopflänge minimal unterscheidet, führte zu der Aufstellung zweier eigenständiger Arten. Sowohl Lepidiolamprologus kendalli als atch Lepidiolamprolo- DCG-Info 24 (t) 1993:1-13@ Ausgervachsenes Männ- chen von L. attenuatus Auf ein leeres NeothaumaGehäuse heftet das L. attenuatus-Weibchen die Eier Schneckenschale mit den geschlüpften Larven von L. attenuatus @ ,.o-rnfo 24 (1) 1993: r-r3 glts tlktLmb(Le wurden bislang nur im südlichen Teil des Tanganjikasees angetroffen. Beide Arten leben ausnahmslos irr Felslitolal und bevorzugen Tiefen ab drei Meter, wobei a. kendalli bei der sambischer.r Insel Mutondwe bis hinab in 40 Meter Wasser- tiele nachgewiesen wurde. Im Aquarium verhalten sich die Tiere, eine entsprechende Beckeneinrichtung vorausgesetzt. sehr zur'ückgezogen und höhlenorientiert. Es sollte nicht verschwiegen werden, daß diese farblich attraktiven und dadurch bei den Aquarianern begehrten Cichliden durch ihre inneraltlichen Aggressionen bei der Pflege einige Probleme bereiren. Eine paarweise Haltung ist anzuraten. Nur, und hier beginnen die Schwierigkeiten. mtissen die Tiere erst einmal miteinandel halmonieren und die Ceschlechter unterschieden werden ! Da alle Gattungsmitglieder. bis auf gelingfügige Abweichungen. monomorph sind, das heißt, Männchen und Weibchen unterscheiden sich kauin oder gar nicht, können nur die Genitalpapille oder die unterschiedliche Größe gleichaltriger Tiere Aufschluß geben. Die Legeröhre des erwachsenen Weibchens ist im Durchmesser größer und wirkt etwas nach außen gewölbt, während die Öfinung del Genitalpapille des Männchens im direkten Vergleich sichtbar kleiner ist. Für eine solche Überprüfung. riie nicht irnmer einfach .ist, rnuß der Aquarianer schon eine gewisse Erfahrung besitzen. Meist wird diese Methode beirn Kauf von adulten Wildfanstieren ansewendet. Bei Tieren DCG-Info 21(t) 1993:1-13 @ Links: Portrait von Lepidiolamprologus elongatus Oben: Kein Zweifel - ein junges Neolamprologus-pleuromaculatus-Männchen Unten: Ist nicht so auffzillig gefleckt und gestreift: L. cunningtoni @ ,.o-rnrb 21(t) tee3: t-13 Lepidiolamprologus cunningtoni 17 Zentrrne- ter lang und noch nicht ausgewachsen: L. elongatus Die hundertköpflge Jungfischschar wird von beiden L.-elon- gatus-Eltern betreut DCG-Info 2zl (1) 1993: 1 13 @ Lepidiolamprologus kendalli aus der Umgebung von Kalambo Lepidiolamprologus nkambae (Cameron Bay) ist nach wie vor ein beliebter Buntharsch Lepidiolamprologus profundicola wird gelegentlich geangelt @I DCG-Info 24 (l) 1993: 1-13 einer Nachzuchtgeneration wird rran den Größenvergleich bevorzugen. In der Regel wachsen die Männchen kräftiger heran, und ab einer Größe von sechs bis acht Zentimetern sind sie einige Millimeter länger als die Weibchen. Deshalb kann eine Jung- fischgruppe, die im Aquarium heranwächst, eine gute Ausgangsposition sein, um Paare zu finden. Werden diese Cichtiden aber geschlechtsreif, kommt es häufig dazu, daß einzelne Tiere so stark von den Artgenossen bedrängt werden, daß der Aquarianer schleunigst eingreifen muß, um keine Verluste zu haben. Auch neigen einige LepidioLamprologtts-Arten dazu, das Aquarium auf dem schnellsten Wege zu verlassen; eine vernünftige Vorkehrung für den ,,Trockensprung" ist in jedem Fall erforderlich! Lepidiolamprologtts profundicola (PolL,19,19), ein Buntbarsch der tieferen Wasserregionen, hat im Tanganjikasee ein großes Verbreitungsgebiet. Dennoch wird die Art nur sporadisch angeboten und selten gepflegt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist der Fang für die Exporteure wenig lukrativ, weil die Tiere meist aus Tiefen geholt werden müssen, die einen großen technischen Aufwand voraussetzen, wie den Einsatz von Tauchgerätund das Einhalten derDekompressionszeiten für die Fische. Zum anderen besteht bei den Aquarianern wegen des angeblich düsteren Aussehens und der beachtlichen Größe dieser räuberischen Art keine Nachfrage, und das hat wiederum zur Folge, daß mit dem Fisch,,kein Staat zu machen" ist. Mit etwa 30 Zentimeter Länge ist die Alt ausgewachsen. Auf beigebraunem Körpergrund zeigt sie mehr oder weniger dunkelbraune Flecke, die von silbrigweißen Glanzpunkten überlagert werden. Auch die unpaarigen Flossen sind mit einer großen Anzahl weißlicher Pünktchen übersät. Besonders bemerkenswert sind bei Lepidiolamprologus profundicola das mächtige, tiefgespaltene Maul und die kräftigen Zähne, die verdeutlichen, daß auch diese Arr nur mit kräftiger Nahrung artgerecht gefüttert werden kann. Wie bei allen I epidiolampro- logu.r-ArtenlassensichauchdieJungtierevonL.profundicola mitfrischgeschlüpften Arternia-Narplien und feinstem Teichfutter großziehen. Vielleicht trägt dieser Bericht dazu bei, daß künftig nicht nur I. kendalli tnd L. nkumbae gepflegt werden, sondern auch die eine oder andele weitere Art dieser schon fast vergessenen Gattung! Literatur Brjchard P (1978): HeLrmann H Konings, Poll. M A -J FishesofLakeTangan).ika (1987) (1988): Die Buntbarsche der Alten NeptuneCir), Welt T F H Tanganjikasee ReiLuar Hobbing Verlag. Essen Tanganjika Cichliden Lake Fish Movies & Verduiin Cichlids- Herren / ZevenhuizeLl (19561: Poissons Cichlidae Res scientif Explor h),drobiol Lac Tanganika Vol III. fasc 5 B ---&D Stewaft (1977): Lln nouveau Lamprologus du sud du Lac Tanganika (Zarnbia) Rev no.l: Schnrettkamp. 10 W (198-5): 10,17 - Zool aft 97 1056 Die Namen unserer Aquarienfische Laltdbuch, Hannover DCG-Info 24 (t) 1993:1 13 @ Staeck. W (197.+): Cichlideu Bund I ErgelbertPfriem \rerlag. Verbreitung Verhalten ArteD Band ll EDgelbert Pftierr Verlag, VerbreitrLLrg Verhalten Arter NupperLal -- - (t9'/11: Cichliden - Wupperral I r 918): Ein neuer Cichlide aus dern südlicheü Tanganjikasee Lanlprologus nkambac (Pisces Cichlidae) Re! Zool afr 9,1 (l): I I 1.1 n sp Oben Links: Kopfstudie von L. kendalli Oben rechts: Beeindruckend: Maul von L. profundicola Unten: Cichlide unbekannter Herkunft aus der kendalli/nkambae-Gruppe Seiten 12113: [m natürlichen Lebensraum fotografiert - L. elongatus @ ,ao rnro 24 (1) 1993: t-13 lt