Fachinformation - Perne: Unser Labor

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MEDIZINISCHES
Fachinformation
L ABOR
Dr.med.univ. et Dr.phil.chem.
Oktober 2015 (1)
Johann P erné
Masern
Personen die an Masern erkranken, leiden – selbst bei unkompliziertem Verlauf – an
unnötigen Beschwerden, da die Erkrankung einfach und sicher vermieden werden könnte:
durch die Impfung.
Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Es treten immer wieder schwerwiegende
Komplikationen auf.
Der Altersgipfel der Erkrankung liegt im Säuglingsalter (vor der aktiven Immunisierung und
fehlendem Herdenschutz) und im jugendlichen und jüngeren Erwachsenenalter.
Masern können grundsätzlich eliminiert werden denn sie erfüllen die folgenden Kriterien:
- Die Übertragung erfolgt ausschließlich Mensch zu Mensch (es gibt kein tierisches
Reservoir)
- Es gibt verlässliche Labormethoden zur Diagnosestellung
- Es existieren sichere effektive Impfstoffe
Erreger.
Masern sind eine hochansteckende virale Infektionskrankheit. Der Erreger ist ein
ausschließlich humanpathogenes RNA-Virus (Genus: Morbillivirus; Familie: Paramyxovirus)
Masernviren können genotypisiert werden: Die Einteilung erfolgt in acht Stämme (A bis H)
und 23 Genotypen.
Übertragung.
Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch durch eine Tröpfcheninfektion (sprechen,
husten, niesen) oder Kontakt mit infektiösen Sekreten (z.B. benutztes Taschentuch).
Der Kontagiositätsindex ist sehr hoch und liegt bei 98%. Das heißt, fast jeder (98%) NichtImmunisierte, der mit dem Virus in Kontakt kommt, wird infiziert. Eine einzelne kranke
Person kann 12-18 Personen in der nahen Umgebung anstecken (im Vergleich: Influenza: 14).
Die hohe Infektiosität erklärt sich auch daraus, dass das Virus zahlreiche Zellen infizieren
kann und daher leicht übertragbar ist.
Die helikale RNA des Virus ist in eine Lipidhülle mit Rezeptoren gepackt. Über diese erfolgt
die Infektion einer Vielzahl von Zellen.
Das Masern-Virus bindet an CD46 (ein regulatorisches Komplement-Protein) das auf allen
kernhaltigen Zellen vorhanden ist und SLAM/CD150 das vor allem auf Lymphozyten,
Thymozyten, Makrophagen und dendritischen Zellen exprimiert wird.
Das Virus interagiert über das Hämagglutinin in der Lipidhülle zunächst mit den CD150exprimierenden lymphatischen Zellen des Nasen-Rachen-Raums (activated immune cells) in
denen es sich vermehrt. Danach befällt es zahlreiche weitere Epithelzellen (Lunge, Darm,
Harnblase).
Masern
Medizinisches Labor
DDr. Johann Perné
Krassniggstraße 44,
A-9020 Klagenfurt a.W.
Tel.: +43 463 513 222
Fax: +43 463 513 222 15
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Email: [email protected]
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Inkubationszeit.
Die Inkubationszeit beträgt 8-12 Tage. Das typische Exanthem tritt etwa 14 Tage nach
Viruskontakt auf. Bereits 3-5 Tage vor Auftreten der Symptome besteht Infektiosität. Sie ist
zum Zeitpunkt des Symptombeginns am höchsten und hält bis zu 4 Tage nach Beginn des
Exanthems an.
Klinik.
Eine Maserninfektion beginnt meistens mit uncharakteristischen Symptomen (Schnupfen,
Husten, Fieber, Konjunktivitis, Enanthem des Gaumens). Gegen Ende des
Prodromalstadiums (zu Beginn des Exanthems) treten oft die pathognomonischen KoplikFlecken an der Wangeninnenseite auf.
Das charakteristische makulopapulöse Exanthem wird von hohem Fieber (bis 40°C)
begleitet.
Typisch ist ein starkes Krankheitsgefühl der Patienten. Das makulopapulöse Exanthem ist
nicht immer eindeutig unterscheidbar (DD: Parvovirus B19: wenig Krankheitsgefühl)
Eine durchgemachte Maserninfektion hinterlässt eine lebenslange Immunität.
Allerdings hinterlässt sie eine vorübergehende (bis zu Monate anhaltende) Immunschwäche.
Aus diesem Grund ist die Rate an Komplikationen (mit Hospitalisierung) durch
opportunistische bakterielle Superinfektionen sehr hoch (10-30%: Otitis media, Bronchitis,
Pneumonie, Diarrhö).
Eine gefährliche Komplikation ist die postinfektiöse Masernenzephalitis: 1-2 Fälle pro 1000
Erkrankungen; davon enden bis zu 20% tödlich; in bis zu 30% der Überlebenden bleiben
Schäden wie Hörverlust oder geistige Retardierung).
Eine seltene aber tragische Spätfolge ist SSPE (subakut sklerosierende Panenzephalitis) bei
1:5000-10000 Erkrankungen, die 6-8 Jahre nach der Primärinfektion auftritt. Sie verläuft stets
tödlich.
Es handelt sich dabei um eine Slow Virus Erkrankung. Die vermutliche Ursache ist ein
defekter Masernreplikationszyklus: Es kommt zur Anreicherung von inkompletten
Viruspartikeln mit anschließendem Zelltod.
Diagnostisch wegweisend sind hohe Masernvirus-IgG in Serum und Liquor.
Wie schwächt Masern das Immunsystem?
Das Masern-Paradox: Bei einer Masern-Infektion kommt es einerseits zu einer massiven
Aktivierung des Immunsystems und einer starken masernvirusspezifischen Immunreaktion,
andererseits kommt es zu einer generalisierten Immunsupression mir höherer Suszeptibilität
für opportunistische Infektionen die Wochen bis Monate post infectionem anhält.
Masern repliziert nach der Infektion äußerst effizient in spezifischen Subsets lymphatischer
Zellen nämlich jenen welche CD150 an der Zelloberfläche exprimieren. Zu diesen gehören
auch langlebige spezifische memory-cells, die nach einer durchgemachten MasernvirusInfektion deutlich vermindert sind. Das heißt, Masern löscht „immunologisches Gedächtnis“.
Es dauert Jahre bis sich die Antigen-spezifischen Memory-Zellen wieder erholen.
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Das Virus infiziert und zerstört außerdem Epithelzellen des Respirationstrakts, was eine
weitere Erklärung für vermehrte bakterielle (Super-)Infektionen darstellt.
Vor der Infektion liegt eine große Anzahl nativer Immunzellen vor die im Verlauf der
Erkrankung zerstört werden. Zum Zeitpunkt des Auftretens des Exanthems liegt eine
Lymphopenie vor, welche sich aber aufgrund der starken Proliferation
masernvirusspezifischer Lymphozyten rasch wieder normalisiert.
Durch Interaktion des Virus über CD46 sowie CD150 auf zahlreichen immunologisch
wirksamen Zellen und die Beeinflussung der Zytokinproduktion modifiziert es die
Immunreaktion auf Ebene der B-Zellen, der T-Zellen uns Makrophagen/dendritischen Zellen.
Labordiagnostik
Direkter Nachweis
PCR
-
Geeignetes Untersuchungsmaterial: Serum, Harn, Zahntaschenflüssigkeit
(Probengewinnung innerhalb von sieben Tagen nach Exanthembeginn)
Positive Proben können im Anschluss sequenziert werden. Die Ermittlung des
Genotyp hat vor allem epidemiologische Bedeutung (Wildtyp vs. Impfvirus,
Zuordnung der Ausbrüche, Infektionswege)
Indirekter Nachweis
Antikörperbestimmung
- Virusspezifische IgM-Antikörper werden meistens (70%) zu Beginn des Exanthems
(Tag 12-14) nachweisbar. Davor ist die Erkrankung serologisch nicht feststellbar
(=serodiagnostisches Fenster). IgM-Antikörper sind durchschnittlich bis zu 6 Wochen
nachweisbar.
Eine IgM-Antwort kann bei (unzureichend) Geimpften und bei Masern-Reinfektion
ausfallen. Umgekehrt können IgM-Antikörper zum Beispiel bei einer EBV-Infektion
(polyklonale Stimulation von IgM-produzierenden Plasmazellen) positiv ausfallen.
- Eine Serokonversion und ein signifikanter Anstieg von IgG sind ebenfalls beweisend.
Mittels Aviditätstest ist nachweisbar wie rezent die Infektion stattgefunden hat.
(Messung der Bindungsstärke der IgG)
- Bei Verdacht auf eine Masern-Infektion und negativem Erstbefund wird die
Einsendung einer zweiten Probe empfohlen
Immunitätsnachweis (nach Impfung) „Impftiterbestimmung“
- Nach durchgemachter Infektion oder Impfung persistieren langlebige spezifische
Plasmazellen im Knochenmark. Die Höhe der messbaren spezifischen IgGAntikörper sagt nichts über die Dauer des Schutzes aus (es wird nur ein
„Schwellenwert“ überschritten)
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Abgeschwächte Infektionsverläufe („mitigierte Masern“ bzw. „Impfdurchbrüche“) können
bei Personen auftreten die keine vollständige Impfimmunität aufweisen oder aber
vorübergehend transfundierte bzw. mütterliche Antikörper besitzen. Die Infektion verläuft
abgeschwächt, eine Virämie ist nachweisbar allerdings ist sie gering. Dennoch ist mit einer
Ansteckungsfähigkeit zu rechnen. Spezifisches IgG gegen Masern ist nachweisbar. Die IgGAvidität ist hoch.
Epidemiologie
Die Durchimpfungsrate liegt in Österreich bei 80-90%. Für die Ausrottung der Erkrankung
müsste sie > 95% betragen. Ausbrüche mit Todesfällen kommen immer wieder vor.
Welche Personengruppen sind am häufigsten von Maserninfektionen betroffen
-
Anthroposophische Gemeinschaften
Impfskeptiker
Ethnische Minderheiten
Religiöse Gruppen
Personen mit Migrationshintergrund (Flüchtlinge)
Gefährdete Personen in Abhängigkeit vom Alter:
-
Säuglinge <1Jahr (fehlende Herdenimmunität)
Junge Erwachsene
Impfung.
Der Impfstoff ist eine Lebendvirusimpfung mit einem abgeschwächten Virusstamm.
(Verfügbar als Dreifachimpfung: Masern in Kombination mit Röteln und Mumps).
Die erste Teilimpfung soll laut österreichischem Impfplan ab dem 11. Lebensmonat
verabreicht werden. Die zweite Teilimpfung soll frühestens 4 Wochen nach der ersten
gegeben werden. Die zweite Impfung ist keine Auffrischungsimpfung sondern soll die
Immunisierungslücke schließen, da bei 3-5% der Personen nach der ersten Impfung keine
ausreichende Immunität ausgebildet wird.
Fehlende MMR-Impfungen können zu jedem Zeitpunkt nachgeholt werden.
Kontrolle des Impfpasses !!
Quellenangabe
www.bmg.gv.at Österreichischer Impfplan 2015
www.bmg.gv.at Nationaler Aktionsplan zur Elimination von Masern und Röteln
de Vries, RD, de Swart RL: Measles Immune Suppression: Functional Impariment or
Numbers Game, PLOS pathogens; Dec 2014, Vol. 10, Issue 12
4. Griffin DE et al; Measles virus-induced suppression of immune responses. Immunol Rev.
2010 July; 236: 176-189
5. www.ecdc.europa.eu/en/healthtopics/measles/Pages/index.aspx
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