Grundkurs Logik

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Grundkurs Logik - 6. Einheit
18. Januar 2013
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Bis jetzt haben wir uns (bis auf unseren historischen Ausflug in die
Syllogistik) hauptsächlich mit aussagenlogischen Argumenten
beschäftigt.
Dabei haben wir nicht auf die innere Struktur von “atomaren
Aussagen” geachtet. D.h. wir haben bei der Definition der
Gültigkeit von Argumenten nur auf deren aussagenlogische
Struktur Bezug genommen, i.e. auf die aussagenlogischen
Junktoren.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Wenn wir das Argument
(P1 ) Jeder Philosoph mag Heidegger
(P2 ) Jeder Philosoph, der Heidegger mag, mag auch Aristoteles
(C ) Also mag jeder Philosoph Aristoteles
aussagenlogisch formalisieren wollen, bleibt uns zunächst nur
folgende Möglichkeit:
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
(P1 ) p
(P2 ) q
(C ) r
Der Grund dafür liegt im Umstand, dass keiner dieser Sätze eine
aussagenlogische Struktur hat - keiner der Sätze ist eine Negation,
Konjunktion, Konditional oder Disjunktion. Wir müssen bei der
aussagenlogischen Formalisierung also für jeden Satz einen eigenen
Satzbuchstaben verwenden.
Selbst ohne Wahrheitstafel sieht man aber sofort, dass sich das
Argument in dieser Formalisierung als ungültig herausstellt.
Dennoch ist intuitiv klar, dass das Argument sich als gültig
herausstellen sollte.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Wir müssen uns also überlegen, wie wir zu einer Notation kommen,
die “Zugriff” auf die innere Struktur dieser Sätze hat und die
quantifikatorische Ausdrücke wie “alle”, “jeder”, “keiner” etc.
miteinbezieht.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Die Grundidee bei der Entwicklung der (formalen) Sprache PL der
Prädikatenlogik erster Stufe ist, dass man
1
Prädikate und Relationen durch Prädikats- und
Relationsbuchstaben repräsentiert
2
konkrete Objekte durch Individuenkonstanten
3
und ausserdem Individuenvariablen und Quantoren - den
Allquantor ∀ und den Existenzquantor ∃ - einführt.
Das Zusammenspiel der Quantoren mit den aussagenlogischen
Junktoren erlaubt einem dann, sehr komplexe Sätze der
Umgangssprache zu repräsentieren.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Als Beispiel sehen wir uns (P1 ) von oben an:
(P1 ) Alle Philosophen mögen Heidegger.
Etwas umständlich gesprochen, können wir diesen Satz so
paraphrasieren:
(P1 ’) Für alle Dinge x gilt: Wenn x ein Philosoph ist, dann mag x
Heidegger.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Um zu einer vollständigen prädikatenlogischen Formalisierung zu
gelangen, benutzt man nun
1
Prädikats- und Relationsbuchstaben für die beteiligten
Prädikate/Relationen - “Px” für das Prädikat “x ist ein
Philosoph” und “Mxy ” für die Relation “x mag y ”
2
die Individuenkonstante h für den Namen “Heidegger”
3
und verwendet den Allquantor “∀x” für den
umgangssprachlichen quantifikatorischen Ausdruck “für alle x
gilt:” und kommt zu:
(P1 ”) ∀x(Px → Mxh)
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Für die zweite Prämisse (P2 ) würde man wie folgt vorgehen:
(P2 ) Jeder Philosoph, der Heidegger mag, mag auch Aristoteles.
(P2 ’) Für jedes x gilt: wenn x ein Philosoph ist und x Heidegger
mag, dann mag x auch Aristoteles.
(P2 ”) ∀x((Px ∧ Mxh) → Mxa)
wobei “a” für “Aristoteles” steht.
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Die Konklusion (C ) würde man wie folgt formalisieren:
(C ) Jeder Philosoph mag Aristoteles.
(C ’) Für all x gilt: wenn x ein Philosoph ist, dann mag x
Aristoteles.
(C ”) ∀x(Px → Mxa)
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Prädikatenlogik erster Stufe - Motivation
Vollständig formalisiert sieht unser Argument also so aus:
(P1 ”) ∀x(Px → Mxh)
(P2 ”) ∀x((Px ∧ Mxh) → Mxa)
(C ”) ∀x(Px → Mxa)
Das Argument wird sich - so verstanden - als gültig erweisen;
sowohl semantisch (bzgl. eines noch zu definierenden semantischen
Folgerungsbegriffs) als auch syntaktisch (in einer Erweiterung des
Kalküls des natürlichen Schließens).
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Der Gebrauch von Quantoren und Individuenvariablen kann in
bestimmten Bereichen vermieden werden - auch bei Sätzen, die
(“scheinbare”) quantifikatorische Ausdrücke enthalten; d.h. viele
Aussagen können tatsächlich auf die Aussagenlogik zurückgeführt
werden.
Sehen wir uns dazu noch einmal das Beispiel von früher an:
Wenn wir davon ausgehen, dass sich die quantifikatorischen
Ausdrücke “alle” in (P1 ), (P2 ) und (C ) nur auf Menschen
beziehen, so können wir diese Aussagen auch durch Sätze unserer
aussagenlogischen Sprache repräsentieren.
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Es sei Mensch1 , Mensch2 , Mensch3 , ...Menschn eine Liste aller
Menschen (wir nehmen an, dass es davon nur endlich viele gibt);
Weiters stehe
1
pi für “Menschi ist ein Philosoph”
2
hi für “Menschi mag Heidegger”
3
ai für “Menschi mag Aristoteles”
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Wir könnten dann (P1 ) aussagenlogisch als Konjunktion aller
Konditionale der Form “Wenn Menschi ein Philosoph ist, dann
mag er Heidegger.” formalisieren, i.e.
(P1 ”’) (p1 → h1 ) ∧ (p2 → h2 ) ∧ ... ∧ (pn → hn )
Ähnlich auch für (P2 ) und (C ):
(P2 ”’) ((p1 ∧ h1 ) → a1 ) ∧ ((p2 ∧ h2 ) → a2 ) ∧ ... ∧ ((pn ∧ hn ) → an )
(C ”’) (p1 → a1 ) ∧ (p2 → a2 ) ∧ ... ∧ (pn → an )
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Tatsächlich lässt sich dann sehr einfach zeigen, dass der Schluss
von P1 und P2 auf C korrekt ist.
(Man überlege sich als Übung, wie ein Beweis von (C ”’) aus
(P1 ”’) und (P2 ”’) z.B. im Kalkül des natürlichen Schließens
aussehen würde - etwa für den Fall n = 2 (d.h. unter der
Voraussetzung, dass es nur 2 Menschen gibt).)
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Ähnliches gilt für das (ungültige) Argument:
(P1 ) Es gibt Musiker, die Qotsa mögen.
(P2 ) Es gibt Musiker, die Qotsa nicht mögen.
(C ) Also gibt es Musiker, die Qotsa sowohl mögen als auch nicht
mögen.
dessen prädikatenlogische Formalisierung so aussehen würde:
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
(P1 ’) ∃x(Mx ∧ Lxq)
(P2 ’) ∃x(Mx ∧ ¬Lxq)
(C ’) ∃x(Mx ∧ Lxq ∧ ¬Lxq)
wobei Mx für “x ist Musiker”; Lxy für “x mag y ” und q für
“Qotsa” resp. stehen.
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Gehen wir wieder davon aus, das sich die quantifikatorischen
Ausdrücke “es gibt” nur auf Menschen beziehen und
Mensch1 , Mensch2 , ...Menschn wieder eine Liste aller Menschen sei;
Weiters stehe
1
mi für “Menschi ist ein Musiker”
2
qi für “Menschi mag Qotsa”
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Wir können dann - analog zu oben - alle im Argument beteiligten
Sätze aussagenlogisch durch endliche Disjunktionen repräsentieren:
(P1 ”) (m1 ∧ q1 ) ∨ (m2 ∧ q2 ) ∨ ... ∨ (mn ∧ qn )
(P1 ”) (m1 ∧ ¬q1 ) ∨ (m2 ∧ ¬q2 ) ∨ ... ∨ (mn ∧ ¬qn )
(C ”) (m1 ∧ q1 ∧ ¬q1 ) ∨ (m2 ∧ q2 ∧ ¬q2 ) ∨ ... ∨ (mn ∧ qn ∧ ¬qn )
Eine geeignete Wahrheitstabelle wird dann zeigen, dass dieses
Argument nicht gültig ist. (Übung: man mache sich diesen
Umstand wieder für einen einfachen Fall klar - etwa für n = 2.)
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Kurz: Solange der Individuenbereich, über den wir sprechen wollen
(z.b. die Menge aller Menschen), endlich ist, können wir uns die
Einführung von Quantoren und Individuenvariablen sparen (auch
wenn die Formalisierung extrem umständlich sein kann).
Sowohl universelle als auch existenzielle Generalisierungen können
als endliche Konjunktionen bzw. Disjunktionen aufgefasst werden.
Probleme ergeben sich allerdings immer dort, wo wir über
unendliche Individuenbereiche generalisieren wollen!
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Exkurs - endliche Individuenbereiche
Man betrachte etwa folgende Beispiele aus der Mathematik:
(1) Jede gerade Zahl größer als 2 ist die Summe von zwei
Primzahlen.
(2) Es gibt stetige Funktion, die nicht differenzierbar sind.
Da es unendlich viele natürliche Zahlen und stetige Funktionen
gibt, haben wir keine Möglichkeit, Sätze dieser Art (analog zu
oben) als endliche Konjunktionen (oder Disjunktionen)
darzustellen.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Exkurs - endliche Individuenbereiche
Um Beispiele für Sätze zu finden, in denen die quantifikatorischen
Ausdrücke nicht eliminierbar sind, braucht man den Bereich der
Umgangssprache nicht verlassen:
(3) Jeder Satz der deutschen Sprache setzt sich aus Wörtern der
deutschen Sprache zusammen.
(4) Irgendetwas, das der Papst sagt, ist wahr.
Auch hier kann man die Quantoren nicht zugunsten von endlichen
Konjunktionen oder Disjunktionen eliminieren.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Exkurs - endliche Individuenbereiche
D.h. allerspätestens dort, wo man beginnt über unendliche
Gesamtheiten zu sprechen, wird die Einführung von
Quantoren unvermeidlich.
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Die Sprache PL
So viel zu den Präliminarien - wir wollen auch für die
Quantorenlogik eine künstliche Sprache - die Sprache PL entwicklen.
Wieder werden wir genau angeben, wie die Syntax/Grammatik und
die Semantik dieser Sprache aussehen.
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Die Syntax von PL
Das Alphabet von PL setzt sich aus folgenden items zusammen:
1
Logische Konstanten:
Aussagenlogische Junktoren: ¬, ∧, →, ∨
Den Allquantor ∀, den Existenzquantor ∃ sowie unendlich
viele Individuenvariablen: x, y , z, x1 , ...
2
Nichtlogische Konstanten:
Individuenkonstanten: a, b, c, a1 , ...
Relationsbuchstaben jeder Stelligkeit
Buchstaben für einstellige Relationen: P, Q, R, S, P1 ...
Buchstaben für zweistellige Relationen: P 2 , Q 2 , R 2 , S 2 , P12 , ...
Buchstaben für dreistellige Relationen: P 3 , Q 3 , R 3 , S 3 , P13 , ...
...
3
Klammern: (, )
Die Individuenvariablen zusammen mit den Individuenkonstanten
nennen wir auch Individuenterme.
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Die Syntax von PL
Die (rekursive) Definition der wohlgeformten Formeln von PL (der
WFFs) ist ganz analog zur Definition der WFFs für die Sprache
der Aussagenlogik AL, nur mit zusätzlichen Klauseln
für die atomaren Formeln (die ja in AL als “unzerlegbar”
galten)
und die Formeln, die Quantoren enthalten
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Die Syntax von PL
Definition
(Wohlgeformte Formeln ( WFFs) von PL)
1
2
Ist X ein n-stelliger Relationsbuchstabe und t1 , ...tn sind
Individuenterme, so ist Xt1 ...tn eine (atomare) WFF
Sind α und β WFFs, so auch
1
2
3
4
3
Ist ξ eine Individuenvariable und α eine wohlgeformte Formel,
so auch
1
2
4
¬α
(α ∧ β)
(α ∨ β)
(α → β)
∀ξα
∃ξα
Nichts ist eine wohlgeformte Formel, wenn nicht entstanden
durch endlich ofte Anwendung der Klauseln 1 - 3.
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Die Syntax von PL
Z.B. sind
Px
∀xQ 2 xb
oder
∃x∀y (S 5 xayxb → Px)
wohlgeformte Formeln von PL.
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Die Syntax von PL
P 2 xya
∃yQ 4 xya
und
∀xPx ∨ α
dagegen nicht.
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Die Syntax von PL
Bemerkungen:
Man beachte, dass es sich bei dieser Definition wieder um eine
rekursive Defintion handelt
Ausserdem erinnere man sich and den Gebrauch der
griechischen Buchstaben als metasprachliche Variablen, die
nötig sind um über unsere Objektsprache zu sprechen ähnliches gilt für die Buchstaben X und die ti ’s in der
Definition.
Um einigermaßen übersichtlich zu bleiben, werden wir bei der
Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen die Indizes
bei den Relationsbuchstaben oft weglassen, wenn die
Stelligkeit aus dem Kontext klar ist.
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Die Syntax von PL
Bemerkungen:
Individuenkonstanten erfüllen in unserer formalen Sprache PL
die Funktion von Namen der Umgangssprache - also etwa
“Jim Raynor” oder “π” oder “Qotsa”.
einstellige Relationsbuchstaben können dazu benutzt werden,
Prädikate - also z.B. “x ist ein(e) Philosoph(in)” oder “x ist
sterblich” - in PL zu repräsentieren
zweistellige Relationsbuchstaben können dazu benutzt werden,
zweistellige Relationen - also “x mag y ” oder “x ist kleiner als
y ” - darzustellen
dreistellige Relationsbuchstaben können dazu benutzt werden,
dreistellige Relationen - etwa “x liegt zwischen y und z” oder
“x legt y auf z” - darzustellen
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Um Sätze der Umgangssprache in unsere künstliche Sprache PL zu
übersetzen, ist es günstig,
1
sich zunächst eine Liste aller beteiligten Prädikate, Relationen
und Namen zu machen um sich
2
in einem nächsten Schritt die logische Struktur des zu
formalisierenden Satzes klarzumachen
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
(1) Joshua spielt Schlagzeug und mag Bree Joanna
Wir erstellen zunächst eine Liste der “nichtlogischen Konstanten”
und wählen entsprechende Buchstaben aus PL, die diesen
entsprechen sollen:
Für den Namen “Joshua” wählen wir die Individuenkonstante
“a”
Für den Namen “Bree Joanna” wählen wir die
Individuenkonstante “b“
Für das einstellige Prädikat “x spielt Schlagzeug” wählen wir
den Relationsbuchstaben “S”
Für die zweistellige Relation “x mag y” wählen wir den
zweistelligen Relationsbuchstaben “R”
und kommen so auf
(1’) (Sa ∧ Rab)
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Kommen auch quantifikatorische Ausdrücke vor, empfiehlt es sich
oft den zu formalisierenden Satz zunächst “semi-formal”
anzuschreiben um sich dessen logische Struktur klarzumachen:
(2) Peter mag Fridolin oder keiner mag ihn.
Peter... a
Fridolin... b
x mag y ... Rxy
(2’) Peter mag Fridolin oder es gibt kein x, sodass x mag Fridolin.
(2”) (Rab ∨ ¬∃xRxb)
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Sich die logische Struktur eines Satzes klarzumachen ist vor allem
dann wichtig, wenn ein Satz mehrere (d.h. “verschachtelte”)
Quantoren enthält, wie der Satz
(3) Keiner mag jeden
x mag y ... Rxy
(3’) Es gibt kein x, sodass für alle y gilt: x mag y
(3”) ¬∃x∀yRxy
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Man vergleiche (3) mit
(4) Nicht jeder mag irgendwen.
x mag y ... Rxy
(4’) Nicht für alle x gibt es ein y , sodass gilt: x mag y .
(4”) ¬∀x∃yRxy
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Bei verschachtelten Quantoren ist es besonders wichtig auf die
Reihenfolge der Quantoren zu achten!
Es stehe “Rxy ” wieder für “x mag y ”; Man vergleiche etwa den
PL-Satz
(5) ∀x∃yRxy
mit
(6) ∃y ∀xRxy
Während der erste Satz sagt, dass jeder jemanden mag, sagt der
zweite, dass jemand von allen gemocht wird.
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Andererseits sind die Sätze
(5’) ∀y ∃xRyx
und
(6’) ∃x∀yRyx
äquivalent zu (5) und (6) resp. Hier wurden nur die Variablen
vertauscht - was keinen Einfluss auf den Gehalt des Satzes hat.
(Sowas nennt man auch gebundene Umbenennung.)
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Auf der anderen Seite sagen die Sätze
(7) ∀x∃yRyx
und
(8) ∃y ∀xRyx
wieder etwas von (5) und (6) verschiedenes. (7) und (8) entstehen
aus (5) und (6) resp. jeweils durch Ersetzen von Rxy durch Ryx.
Dies entspricht in etwa dem Übergang vom Aktiv “x mag y ” zum
Passiv “x wird von y gemocht”.
(7) sagt also, dass jeder von jemandem gemocht wird und (8)
dass jemand alle mag.
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
(9) Es gibt eine Stadt, die zwischen Wien und Maribor liegt.
1
x ist eine Stadt ... Sx
2
x liegt zwischen y und z ... Rxyz
3
Wien ... a
4
Maribor ... b
(9’) Es gibt ein x, sodass gilt: x ist eine Stadt und x liegt zwischen
Wien und Maribor.
(9”) ∃x(Sx ∧ Rxab)
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
(10) Jede Stadt liegt zwischen irgend zwei anderen Städten
1
x ist eine Stadt ... Sx
2
x liegt zwischen y und z ... Rxyz
(10’) Für alle x gilt: wenn x eine Stadt ist, dann gibt es Städte y
und z, sodass x zwischen y und z liegt.
(10”) ∀x(Sx → ∃y ∃z(Sy ∧ Sz ∧ Rxyz))
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Ein Tipp für Formalisierungen:
Der Allquantor kommt oft gepaart mit dem Konditional vor!
Der Existenzquantor kommt oft gepaart mit der Konjunktion
vor!
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Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Sätze der Art
(A) Alle φ’s sind ψ’s
werden in der Regel so formalisiert:
(A’) ∀x(φ(x) → ψ(x))
und Sätze der Form
(I) Einige φ’s sind ψ’s
so:
(I’) ∃x(φ(x) ∧ ψ(x))
wobei φ und ψ auch komplexe Prädikate (d.h. Prädikate, die eine
eigene quantifikatorische, oder sonstige Struktur haben) sein
Grundkurs Logik - 6. Einheit
können!
Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Wenn etwa Rxy wieder für “x mag y ” steht, dann lässt sich
(11) Jeder, der irgendwen mag, mag Anton.
so formalisieren:
(11’) ∀x(∃yRxy → |{z}
Rxa )
| {z }
φ(x)
ψ(x)
φ(x) steht hier also für das komplexe Prädikat “jemanden zu
mögen” und ψ(x) für das Prädikat “Anton zu mögen”.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Ähnlich gelagert ist der folgende Fall hier bzgl. des
Existenzquantors:
(12) Einige, die alle mögen, mögen sich selbst.
der so formalisiert wird:
(12’) ∃x(∀yRxy ∧ |{z}
Rxx )
| {z }
φ(x)
ψ(x)
Hier steht φ(x) für die komplexe Eigenschaft “jeden zu mögen”
und ψ(x) für die Eigenschaft “sich selbst zu mögen”.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Formalisierung von umgangssprachlichen Sätzen
Analog werden Sätze der Form
(O) Nicht alle φ’s sind ψ’s
in der Regel so formalisiert:
(O’) ¬∀x(φ(x) → ψ(x))
und Sätze der Form
(E) Keine φ’s sind ψ’s
so:
(E’) ¬∃x(φ(x) ∧ ψ(x))
wobei φ und ψ wieder komplexe Prädikate sein können!
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Prädikatenlogik erster Stufe - das logische Quadrat
Mit Hilfe der Quantoren können wir also auch sehr einfach die
Grundformen der aristotelischen Syllogistik repräsentieren:
(a)
Alle F sind G
∀x(Fx → Gx)
(e)
Kein F ist G
¬∃x(Fx ∧ Gx)
(i)
Einige F sind G
∃x(Fx ∧ Gx)
(o)
Einige F nicht nicht G ∃x(Fx ∧ ¬Gx)
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Prädikatenlogik erster Stufe - das logische Quadrat
Hier noch einmal in moderner Notation:
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Prädikatenlogik erster Stufe - das logische Quadrat
Man beachte auch die Äquivalenzen
(a)
∀x(Sx → Px)
¬∃x(Sx ∧ ¬Px)
(e)
¬∃x(Sx ∧ Px)
∀x(Sx → ¬Px)
(i)
∃x(Sx ∧ Px)
¬∀x(Sx → ¬Px)
(o)
∃x(Sx ∧ ¬Px)
¬∀x(Sx → Px)
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Prädikatenlogik erster Stufe - das logische Quadrat
Alle syllogistischen Grundformen sind also in PL repräsentierbar!
Wir werden auch sehen, dass sich alle gültigen Syllogismen als
PL-gültig - sowohl semantisch als auch syntaktisch (bzgl.
geeigneter Kalküle) herausstellen werden - zumindest unter
geeigneten Bedingungen.
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Semantik von PL
Soweit zur Syntax von PL - wir kommen nun zur Semantik von PL:
Wieder wollen wir jedem Satz unserer künstlichen Sprache einen
Wahrheitswert zuordnen, je nachem wie die “Welt” aussieht.
In der Aussagenlogik konnten wir so eine “mögliche Welt”
beschreiben, indem wir jedem atomaren Satzbuchstaben einen
Wahrheitswert zugeordnet haben. Danach konnten wir rekursiv
definieren, wie die Wahrheitswerte von den komplexeren Sätzen
von den Wahrheitswerten ihrer weniger komplexen Bestandteile
abhängen.
In der Sprache PL unterscheiden wir aber auch noch semantisch
signifikante Teile innerhalb einer atomaren Formel (Prädikate,
Relationen, Namen,...).
PL-Modelle sind also komplizierter als AL-Modelle
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Die Grundidee ist die, dass wir eine Interpretation (ein Modell,
eine “mögliche Welt”) bestimmen, indem wir
1
2
eine domain angeben (ein universe of discourse, Redebereich,
Individuenbereich), auf den sich unsere Quantoren beziehen
(“alle” heißt dann immer “alle Dinge in der domain”)
jeder nicht-logischen Konstanten eine Interpretation bzgl.
dieser domain zuordnen, d.h.
jeder Individuenkonstanten ein bestimmtes Objekt aus der
domain
jedem einstelligen Relationsbuchstaben eine Menge von
Objekten der domain
jeder zweistelligen Relation einer Menge von geordneten
Paaren von Objekten der domain
...
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Angenommen wir wollen den PL-Satz ∀x(Px → Rxa) (Dieser
PL-Satz könnte etwa für den umgangssprachlichen Satz “Jeder
Philosoph mag Aristoteles ” stehen) interpretieren:
Dazu haben wir
1
eine domain, d.h. (irgendeine!) Menge D von
(irgendwelchen!) Objekten und
2
Interpretationen für die nichtlogischen Konstanten P, R
und a bzgl. dieser domain D anzugeben
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Wir wählen etwa D := {Aristoteles, Platon, George Clooney}
Weiters bestimmen wir, dass
1
der Name a in unserem Modell für Aristoteles stehen soll,
2
P für die Menge {Aristoteles, Platon} und
3
R für die Menge von Paaren
{hAristoteles, Aristotelesi , hPlaton, Aristotelesi}
(D.h. Aristoteles steht - in diesem Modell - in der R-Beziehung zu
sich selbst und Platon steht in der R-Beziehung zu Aristoteles.
Achtung: In diesem Modell steht Aristoteles nicht in der
R-Beziehung zu Platon - dazu müsste auch das geordnete Paar
hAristoteles, Platoni in der Interpretation von R sein!)
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Graphisch kann man sich das so veranschaulichen:
Dies ist also eine Interpretation (ein Modell), in dem der Satz
∀x(Px → Rxa) wahr ist, weil - in diesem Modell - tatsächlich jedes
P in der R-Beziehung zu Aristoteles steht (dies wird durch die
Pfeile angedeutet).
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Eine andere Interpretation bekommen wir durch folgende
Festlegungen:
Wir wählen für unsere domain wieder
D := {Aristoteles, Platon, George Clooney}
Weiters bestimmen wir, dass
1
der Name a in unserem Modell wieder für Aristoteles stehen
soll,
2
P für die Menge {Aristoteles, Platon} und
3
R für die Menge von Paaren
{hGeorge Clooney, Aristotelesi , hPlaton, Aristotelesi}
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL
Graphisch kann man sich das wieder so veranschaulichen:
In dieser Interpretation ist der Satz ∀x(Px → Rxa) also falsch, weil
nicht jedes P zu Aristoteles in der R-Beziehung steht. (Aristoteles
selbst steht ja in diesem Modell nicht in der R-Beziehung zu sich
selbst!)
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - weitere Beispiele
Hier noch ein Beispiel für eine Interpretation des PL-Satzes
∀x(Px ∨ Qx) ∨ Qa:
1
Die domain sei gegeben durch die Menge {1, 2, 3, 4}
2
Die Interpretation von P sei gegeben durch die Menge
{1, 2, 3}
3
Die Interpretation von Q durch {3, 4} und
4
Der Name a stehe für die Zahl 1.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - weitere Beispiele
Graphisch sieht das so aus:
Wie man sieht, ist ∀x(Px ∨ Qx) ∨ Qa in diesem Modell wahr (weil
schon das erste Disjunkt ∀x(Px ∨ Qx) wahr ist - jedes Ding in der
domain ist mindestens eines von beiden: P oder Q!).
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - weitere Beispiele
Andererseits ist ∀x(Px ∨ Qx) ∨ Qa in diesem Modell falsch:
weil hier die domain D nicht mehr nur aus den Zahlen 1, 2, 3, 4
besteht, sondern noch ein weiteres Element - nämlich die 5 dazugekommen ist.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - weitere Beispiele
Wir sehen uns die Sätze ∀x∃yRxy und ∀x∃yRyx in der
Interpretation an, die gegeben ist durch die Festlegung, dass
1
die domain D := {Anna, Bert, Caro, Dom} und die
Interpretation von R durch
2
{hAnna, Berti , hBert, Caroi , hCaro, Domi , hDom, Berti}
gegeben ist.
(R könnte - zum Beispiel - für die Relation “x mag y ” stehen; in
dieser “möglichen Welt” würde also Anna Bert mögen, Bert Caro,
usw.)
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - weitere Beispiele
Hier die zugehörige Graphik:
Wie man sieht ist ∀x∃yRxy in diesem Modell wahr (denn in
diesem Modell steht jeder zu irgendjemandem in der R-Beziehung),
während ∀x∃yRyx falsch ist (weil es in diesem Modell jemanden
gibt, zu dem keiner in der R-Beziehung steht - nämlich Anna!).
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - formal
Formal gilt also:
Definition
Ein Modell (eine Interpretation) M ist ein geordnetes Paar (D, I ),
bestehend aus
1
2
der domain D, die (irgendeine) nichtleere Menge ist und
einer Funktion I (der Interpretationsfunktion), die jeder
nicht-logischen Konstanten eine Bedeutung bzgl. D zuordnet,
d.h.
1
2
3
4
jeder Individuenkonstanten a ein Objekt I (a) aus der domain D
jedem einstelligen Relationsbuchstaben P eine Teilmenge von
D, d.h. I (P) ⊆ D
jedem 2-stelligen Relationsbuchstaben R eine Teilmenge von
D × D (der Menge aller geordneten Paare von Elementen von
D), i.e. I (R) ⊆ D × D
...
Grundkurs Logik - 6. Einheit
Semantik von PL - formal
Um nun zu einer Definition des Begriffs der Wahrheit in einem
Modell für unsere Sprache PL zu gelangen (analog zum Begriff
der Wahrheit bzgl. einer Bewertungsfunktion für die
Aussagenlogik) benötigen wir aus bestimmten (teils technischen)
Gründen (auf die hier nicht näher eingegangen wird) noch folgende
Definition
Sei M ein beliebiges Modell und D die domain dieses Modells.
Dann ist eine M-Belegung eine Funktion s, die jeder
Individuenvariablen x, y , z... ein Objekt aus D zuordnet.
Weiters nennen wir eine Belegung s 0 eine x-Variante der Belegung
s, falls s 0 jeder Variablen die gleichen Werte aus D zuordnet wie s
- ausser (möglicherweise) für die Variable x; falls sich also s und s 0
höchstens bei den Werten für die Variable x unterscheiden.
Grundkurs Logik - 6. Einheit
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Ausserdem benötigen wir noch folgende
Definition
Falls M = (D, I ) eine Interpretation ist und s eine M-Belegung, so
ist die Erweiterung s̄ von s auf alle Individuenterme t (also
Variablen
plus Individuenkonstanten) definiert durch:
(
s(t) falls t eine Individuenvariable ist
s̄(t)
I (t) if t eine Individuenkonstante ist
Mithilfe dieser Definitionen können wir nun, wieder rekursiv, den
Begriff der Wahrheit einer Formel α in einem Modell M
definieren.
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Im folgenden schreiben wir kurz
(M, s) α
für
“α ist wahr im Modell M bzgl. der Belegung s” oder
“M erfüllt α bei der Belegung s”
(Achtung! Das Zeichen bezeichnet einerseits die Beziehung der
Wahrheit in einem Modell - also eine Relation zwischen einem Modell
und einem Satz; andererseits steht auch für die semantische
Folgerungsbeziehung, also einer Beziehung zwischen Sätzen und anderen
Sätzen!)
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Hier also die rekursive
Definition
1 Wenn X ein n-stelliges Relationssymbol ist und t , ...t
1
n
Individuenterme, so gilt: (M, s) Xt1 ...tn gdw.
hs̄(t1 ), ...x̄(tn )i ∈ I (X )
2 Wenn α, β wohlgeformte Formeln sind und ξ eine
Individuenvariable, so gilt:
1
2
3
4
3
4
(M, s) ¬α gdw. (M, s) 2 α
(M, s) (α ∧ β) gdw. (M, s) α und (M, s) β
(M, s) (α ∨ β) gdw. (M, s) β oder (M, s) β (oder
beides)
(M, s) (α → β) gdw. (M, s) 2 α oder (M, s) β (oder
beides)
(M, s) ∀ξα gdw. für alle ξ-Varianten s 0 gilt: (M, s 0 ) α
(M, s) ∃ξα gdw. es eine ξ-Variante s 0 gibt, so dass gilt:
(M, s 0 ) α
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Mithilfe dieser Defintionen können wir dann wieder den für die
Logik zentralen semantischen Folgerungsbegriff und andere
semantische Begriffe für PL definieren:
Definition
β folgt semantisch aus der Satzmenge Σ, kurz Σ β, falls für
alle Modelle M und alle Belegungen s gilt: Wenn für alle Formeln
α in Σ gilt, dass (M, s) α; dann auch (M, s) β
Kurz: β folgt semantisch aus den Prämissen Σ, falls es kein Modell
(keine Interpretation) gibt, in der alle Sätze in Σ wahr sind, aber β
falsch.
(Man beachte auch, dass die Belegung s hier keine Rolle spielt,
wenn die Sätze in Σ und β keine freien Variablen (i.e. Variablen,
die durch keinen Quantor gebunden werden) enthalten - wir
können in solchen Fällen die Belegungen s einfach ignorieren.)
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Ein weiterer wichtiger semantischer Begriff ist der der Erfüllbarkeit:
Definition
Eine Formelmenge Σ heisst erfüllbar, falls es ein Modell M und
eine Belegung s gibt, sodass für alle α in Σ gilt: (M, s) α
D.h. eine Formelmenge Σ ist erfüllbar wenn es mindestens ein
Modell gibt, in dem alle Formeln in Σ wahr sind.
Definition
Eine PL-Formel α heisst allgemeingültig, falls für alle Modelle M
und Belegungen s gilt: (M, s) α
Ein Satz ist also allgemeingültig wenn er in jedem Modell wahr ist
(was offenbar dem Begriff der aussagenlogischen Tautologie
entspricht).
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Semantik von PL - Beispiele
Angenommen wir wollen etwa testen ob aus
(1) Jeder mag jemanden.
d.h.
(1’) ∀x∃yRxy
semantisch folgt, dass
(2) Jeder wird von jemandem gemocht.
d.h.
(2’) ∀x∃yRyx
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Semantik von PL - Beispiele
Wir wollen also wissen ob ∀x∃yRxy ∀x∃yRyx:
Wir müssen dazu nachprüfen, ob in jedem Modell in dem (1) (bzw.
(1’)) wahr ist, auch (2) (bzw. (2’)) wahr ist. Das Modell von oben
zeigt aber, dass dies nicht der Fall ist:
D.h. es gilt: ∀x∃yRxy 2 ∀x∃yRyx
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Wir wollen zeigen, dass gilt: ∃x∀yRxy ∀x∃yRyx. Dazu überlegen
wir uns informell, wie ein Modell aussehen muss, in dem ∃x∀yRxy
wahr ist - und kommen auf so etwas:
Nach einer Sekunde Überlegen wird man sofort sehen, dass in
jedem solchen Modell auch ∀x∃yRyx wahr sein muss. (Wenn
jemand (etwa Cornelius) alle liebt, dann wird jeder von jemandem
geliebt (nämlich z.B. von Cornelius!).)
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Die Überlegung von vorhin zeigt ausserdem, dass der Satz
∃x∀yRxy → ∀x∃yRyx
allgemeingültig sein muss.
(Ansonsten würde es ja ein Modell geben, in dem er falsch ist d.h. ein Modell wo das Antezedens wahr, aber das Konsequens
falsch wäre; das haben wir aber gerade ausgeschlossen!)
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Hier noch ein Beispiel für ein gültiges Argument (das einige
vielleicht als Syllogismus barbara wiedererkennen):
{∀x(Mx → Px), ∀x(Sx → Mx)} ∀x(Sx → Px)
Wir sehen, dass jedes Modell, in dem die Prämissen dieses
Arguments wahr sind, so aussehen muss:
Offensichtlich ist in jedem solchen Modell auch die Konklusion
∀x(Sx → Px) wahr.
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Andererseits zeigt folgendes Modell, dass der Syllogismus barbar i
nicht gültig ist, d.h.
{∀x(Mx → Px), ∀x(Sx → Mx)} 2 ∃x(Sx ∧ Px)
In diesem Modell sind beide Prämissen wahr, aber die Konklusion
ist falsch. Der Grund dafür liegt im Umstand, dass die erste
Prämisse - in diesem Modell - trivial wahr ist; einfach weil es keine
S’s gibt! D.h. a fortiori gibt es auch keine Dinge die beides sind S und P.
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Hier noch ein Beispiel zum Begriff der Erfüllbarkeit:
Es sei Σ die Satzmenge bestehend aus den PL-Sätzen
T := ∀x∀y ∀z((Rxy ∧ Ryz) → Rxz) ( transitiv)
S := ∀x∃yRxy ( serial)
A := ¬∃xRxx ( irreflexiv)
Frage: Ist die Menge Σ erfüllbar?
Anwort: Ja, aber...
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... nur in unendlichen Modellen (d.h. Modellen, deren
Individuenbereich (domain) unendlich ist)!
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Angenommen, unsere domain enthält nur ein Individuum, etwa a;
wegen der Bedingung S muss dieses Ding zu sich selbst in der
Relation R stehen:
Das verletzt aber die Bedingung A!
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Angenommen, unsere domain enthält nur zwei Individuen, etwa a
und b; wegen der Bedingung S muss jedes Ding zu irgendeinem
Ding in der Relatin R stehen. Das ist aber nicht möglich, ohne eine
der beiden anderen Bedingungen zu verletzten!
Steht etwa b zu sich selbst in der Relation R, dann ist
offensichtlich A verletzt:
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Andererseits kann b auch nicht zu a in der Relation R stehen ...
sonst würde b - wegen der Transitivitätsbedingung T - auch zu
sich selbst in der Beziehung R stehen!
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Ähnlich kann man für jedes Modell mit endlicher domain
argumentieren!
D.h. es gibt kein endliches Modell, in denen die Bedingungen T , S
und A gemeinsam erfüllt sind!
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Semantik von PL - Beispiele
Andererseits gibt es sehr einfache unendliche Modelle, in denen alle
drei Bedingungen erfüllt sind: etwa das Modell mit
domain D := N und
Interpretation von R, I (R) := <, d.e. Rxy ≈ x < y (d.h. die
strikte Kleiner-Relation bzgl. der natürlichen Zahlen)
Denn:
1
Wenn eine natürliche Zahl kleiner als eine zweite, und diese
kleiner als eine dritte ist, dann ist die erste kleiner als die dritte
2
Für jede natürliche Zahl gibt es eine grössere natürliche Zahl
3
Keine natürliche Zahl ist kleiner als sie selbst
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Wie wir gesehen haben, ist es sehr einfach, zu zeigen, dass ein
PL-Satz α nicht semantisch aus einer Menge von Prämissen Σ
folgt:
Dazu müssen wir einfach ein Modell/eine Interpretation angeben,
in dem die Prämissen alle wahr sind, aber die Konklusion α falsch.
Andererseits ist es oft nicht so einfach zu zeigen, dass eine
Konklusion α tatsächlich aus einer Menge von Prämissen Σ folgt,
denn dazu müsste man im Prinzip unendlich viele Interpretation
durchprobieren und checken, ob in jeder dieser Interpretationen, in
denen die Prämissen wahr sind auch die Konklusion wahr ist.
(Man beachte, dass im aussagenlogischen Fall - zumindest bei
endlich vielen Prämissen - immer nur endlich viele Interpretation zu
prüfen waren!)
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Für die Prädikatenlogik ist es deshalb umso wichtiger, einen
“vernünftigen” - d.h. korrekten und vollständigen syntaktischen Beweisbegriff zur Verfügung zu haben.
Anstatt “direkt” zu zeigen, dass ein Argument semantisch gültig
ist, kann man dann zeigen, dass es syntaktisch gültig ist, d.h., dass
die Konklusion aus den Prämissen ableitbar ist.
Die Korrektheit des Kalküls garantiert uns, dass das Argument
dann auch semantisch gültig ist, während uns die Vollständigkeit
des Kalküls garantiert, dass immer wenn ein Argument semantisch
gültig ist, dies auch durch eine Ableitung im Kalkül nachweisbar
ist.
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Wie für die Aussagenlogik gibt es auch für die Prädikatenlogik
unzählige verschiedene “vernünftige” Kalküle.
Einen solchen “vernünftigen” Kalkül bekommt man, indem man
den Kalkül des natürlichen Schliessens für die Aussagenlogik um
Einführungs- und Beseitigungsregeln für die Quantoren ∀ und ∃
erweitert.
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Hier zunächst eine zwei einfache Regeln - zunächst die Regel der
∀-Beseitigung:
...
∀xφ
...
φ(a/x)
∀-B
...
Hier steht φ(a/x), für die Formel, die man aus φ bekommt, indem
man alle Vorkommnisse der Variable x in φ durch a ersetzt. Die
Regel besagt also: Wenn etwas für alle Dinge gilt, dann gilt es für
jedes einzelne Ding a (was intuitiv recht einleuchtend sein sollte wenn jeder HIMYM mag, dann auch Max Mustermann).
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Ähnlich einfach ist die Regel der ∃-Einführung:
...
φ(a/x)
...
∃xφ
∃-E
...
Intuitiv klar: wenn ich von einem konkreten Ding a zeigen kann
dass φ von diesem Ding gilt, dann muss es irgendein Ding (i.e.
mindestens eines) mit der Eigenschaft φ ggeben. (Wenn Pete
gerne Drogen konsumiert, dann gibt es irgendjemandem, der gerne
Drogen konsumiert.)
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Etwas schwieriger ist die Regel der ∀-Einführung:
...
φ(a/x)
...
∀xφ
∀-E
...
Intuitiv sollte es die Regel gestatten, dass ich auf ∀xφ schliessen
darf, wenn ich von einem beliebig gewählten Ding a zeigen kann,
dass es die Eigenschaft φ hat. Um dieser “Beliebigkeits”-Forderung
Rechnung zu tragen, müssen wir aber bestimmte Einschränkungen
bzgl. des “Hilfsnamens” “a” treffen! (Sonst könnte man ja aus
dem Umstand, dass Heike gern Rosen mag schliessen, dass jeder
gerne Rosen mag!)
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Hier also die ∀-Einführungsregel inkl. der notwendigen
Einschränkungen:
...
φ(a/x)
...
∀xφ
∀-E
...
FALLS:
1
Der Name a in keiner Annahme vorkommt, von der ∀xφ
abhängt und
2
a im quantifizierten Satz ∀xφ nicht mehr vorkommt
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Hier ein Beispiel, das zeigt, dass
{∀x(Px → Qx), ∀x(Qx → Sx)} ` ∀x(Px → Sx):
1
∀x(Px → Qx)
P
2
∀x(Qx → Sx)
P
3
Pa
A
4
Pa → Qa
∀-B 1
5
Qa
→-B 3, 4
6
Qa → Sa
∀-B 2
7
Sa
→-B 5, 6
8
Pa → Sa
→-E 3 - 7
9
∀x(Px → Sx)
∀-E 8
(Man beachte, dass in der letzten Zeile beide Bedingungen bzgl. der
Beliebigkeit des “Hilfsnamens” a erfüllt sind!)
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Die ∃-Beseitigungsregel ist ebenfalls etwas schwieriger und lautet
wie folgt:
...
∃xφ
φ(a/x)
...
γ
γ
∃-B
...
Was die Regel erlauben sollte, ist folgendes:
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Wenn ich
1
zeigen kann dass es mindestens ein Ding mit der Eigenschaft
φ gibt und ich
2
zeigen kann, dass aus φ(a) (wobei a ein beliebig gewähltes φ
ist) irgendein Satz γ folgt
so kann ich (mit der ∃-Beseitigungsregel) zeigen, dass γ schon aus
der Existenzbehauptung alleine folgt – ausser der Tatsache, dass
dieses beliebig gewählte a ein φ ist, wurde ja nichts spezielles über
a vorausgesetzt.
Um auch hier diese “Beliebigkeits”-Eigenschaft von a
sicherzustellen, müssen wir wieder Einschränkungen machen; d.h.
wir geben wieder Bedingungen an, wann die Anwendung der
∃-Beseitigung erlaubt ist.
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Beispiel: Angenommen ich wüsste aus einer anonymen Umfrage, dass
irgendjemand im Hörsaal David Bowie mag; Ausserdem weiss ich
(zumindest nehmen wir das an), dass jeder der Bowie mag einen guten
Musikgeschmack hat. Dann kann ich daraus schliessen, dass
irgendjemand im Hörsaal einen guten Musikgeschmack hat. Um auf diese
Folgerung zu kommen, könnte ich so argumentieren:
Ich weiss, dass zumindest eine Person im Hörsaal Bowie mag.
Nehmen wir uns ein/e davon und nennen wir sie/ihn Jamie;
weil Jamie Bowie mag, hat er/sie auch einen guten
Musikgeschmack, weil jeder der Bowie mag einen guten
Musikgeschmack hat. Aber daraus folgt sofort, dass
irgendjemand im Hörsaal einen guten Musikgeschmack hat.
Das Beispiel zeigt, dass man aus einer Existenzaussage etwas schliessen
kann, ohne eine konkrete Person zu kennen, die Bowie mag. Der
“Hilfsname” Jamie hat in diesem Argument ausserdem exakt dieselbe
Funktion wie der Name “a” bei der Regel der ∃-Beseitigung.
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
...
∃xφ
φ(a/x)
...
γ
γ
∃-B
...
FALLS:
1
2
3
a in keiner Annahme vorkommt (ausser natürlich der
Annahme φ(a/x) aus der wir ja etwas folgern wollen)
a nicht in ∃xφ vorkommt und
a nicht in γ vorkommt
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Kalkül des natürlichen Schliessens für PL
Hier noch ein Beispiel, das zeigt, dass gilt: ∃x∀yRxy ` ∀y ∃xRxy :
1
∃x∀yRxy
P
2
∀yRay
A
3
Rab
∀-B 2
4
∃xRxb
∃-E 3
5
∃xRxb
∃-B 1 - 4
6
∀y ∃xRxy
∀-E 5
(Man mache sich klar, wieso in Zeile 5 alle Bedingungen bzgl. ∃-B
und in 6 alle Bedingungen bzgl. ∀-E erfüllt sind!)
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