Vertikalwinkelmessung

Werbung
Vertikalwinkelmessung Dieser Aufsatz ergänzt das Video „Vertikalwinkelmessung“ auf YouTube: http://youtu.be/lebgyLGTRjU Vertikalwinkelmessung wird ein Verfahren der terrestrischen Navigation genannt. Hierbei wird mit dem Sextanten der Winkel zwischen der Spitze und dem Fuß eines Objektes gemessen, das in der Seekarte verzeichnet ist (z.B. einem Leuchtturm). Wenn die Objekthöhe bekannt ist, dann kann auf diese Weise die Entfernung zu dem Objekt errechnet werden. Die Formel lautet: Objekthöhe (m) . 13
Abstand (sm) = n (‘)
7
Hier soll nun die Formel hergeleitet werden. In einem rechtwinkeligen Dreieck gibt es einen Zusammenhang, den wir auch bei der Vertikalwinkelmessung nutzen: Man bekommt den Tangens eines Winkels, wenn die Gegenkathete des Winkels durch die Ankathete geteilt wird. Katheten werden die zwei kürzeren Seiten des Dreiecks genannt. Im Falle der Abstandsmessung ergibt sich die Abb.1, die zur folgenden Formel führt: Objekthöhe Abstand = tan (n)
Abb.1 In der Mathematik und der Physik wird der Winkel oft im Bogenmaß angegeben. Auf dem Taschenrechner gibt es dafür die Taste rad (für Radiant). 360° entsprechen dabei 2π. Das kommt einfach daher, das ein Zeiger, der sich einmal um 360° gedreht hat, dabei an der Zeigerspitze den Weg 2π mal der Zeigerlänge zurückgelegt hat. Das ist die Formel für den Kreisumfang. Der Winkel wird im Bogenmaß also als Teil des Kreisumfangs angegeben (Abb.2). © Klaus Schönke 2014
Abb.2 Das hat verschiedene Vorteile. Unter anderem kann der Tangens eines Winkels jetzt als eine Reihe dargestellt werden, eine sogenannte Maclaurin Reihe: 1 3 + 2 n5 + ... n
tan(n) = n + 3 15 Wenn du einen kleinen Winkel eingibst, z.B. 1° was im Bogenmaß ungefähr 0,0175 sind, dann ergibt sich etwas Interessantes: tan (0,0175) = 0,0175 + 0,00000178 + 0,000000000218 + ... Du kannst sehen, dass bereits der zweite Summand in der Reihe so klein ist, dass er so gut wie keine Bedeutung mehr für das Ergebnis hat. Für alle weiteren Summanden gilt das erst recht. Also gilt tan (0,0175) ≈ 0,0175 Dieser interessante Effekt, dass der Tangens eines Winkels gleich dem Winkel selbst ist, gilt für alle Winkel kleiner als ca. 5°, solange wir den Winkel im Bogenmaß angeben. Je kleiner der Winkel, desto genauer trifft das zu. In der Physik wird das daher auch als Kleinwinkelnäherung bezeichnet. Bei der Vertikalwinkelmessung haben wir es immer mit kleinen Winkeln zu tun, da wir ja normalerweise einige Meilen entfernt vom Leuchtturm auf dem Meer sind. Die Winkel betragen dann üblicherweise nur noch einige Bogenminuten, also sechzigstel Grade. Damit vereinfacht sich unsere Formel für den Abstand: Objekthöhe Objekthöhe ≈ Abstand = n tan (n)
© Klaus Schönke 2014
Einzig um die Einheiten müssen wir uns noch sorgen. Wenn wir die Objekthöhe in Metern eingeben, dann bekommen wir auch den Abstand in Metern. Wir möchten ihn aber in Seemeilen. Außerdem zeigt kein Sextant der Welt den Winkel im Bogenmaß an, sondern in Grad und Minuten. Wir müssen also noch von Bogenminuten ins Bogenmaß (Radient) umrechnen und von Seemeilen in Meter, damit wir die Formel mit für uns normalen Einheiten verwenden können: 1 sm = 1852 m 2π 1’ = (21.600’ ergeben einen Vollkreis: 360° x 60’) 21.600 Mit diesen Umrechnungsfaktoren erhalten wir dann unsere bekannte Formel für die Abstandsmessung: Objekthöhe (m) . 21.600
Objekthöhe (m) . 13 Abstand (sm) = ≈ . 7 n (‘)
n (’) 2π 1852
Zum Schluss noch eine Anmerkung: Auch wenn die Herleitung der Abstandsformel ein wenig kompliziert ist, so ist die Formel an sich doch recht einfach. Wer mit dem Sextanten umgehen kann, der kann mit der Formel schnell den Abstand zu einem Leuchtturm bestimmen. Die Herleitung der Formel ist dafür vollkommen irrelevant. Also, viel Spaß beim Navigieren! Klaus Schönke [email protected] © Klaus Schönke 2014
Herunterladen