30 DER TIERARZT November/Dezember 2008 Zur Situation der Gamsblindheit im Bezirk Bludenz Von Amtstierarzt Dr. Markus Netzer S poradisch treten in verschiedenen Jagdgebieten des Bezirkes immer wieder Fälle von Gamsblindheit auf. So auch in diesem Jahr, wobei jetzt das Gebiet des südwestlichen Montafons besonders betroffen ist. Der Veterinärabteilung bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz wurden heuer bis zum 31. Oktober insgesamt 16 Gämsen und 1 Steinbock zur Begutachtung vorgelegt, welche aufgrund der typischen Symptome von Gamsblindheit als sogenannte Hegeabschüsse erlegt worden sind. Was ist die Gamsblindheit Die Gamsblindheit, im Fachausdruck „Infektiöse Keratokonjunktivitis“ genannt, ist eine häufige Augenerkrankung bei Nutz- und Wildtieren. Die Erreger – Mycoplasma conjunctivae – sind kleinste Mikroorganismen, die sich wie andere Bakterien selbständig durch Zellteilung vermehren. Sie lassen sich im Labor aber nur schwer züchten. Durch eine moderne genetische Methode (PCR) können Mykoplasmen heute schnell und sicher nachgewiesen werden. Dazu werden Tupferproben von der Oberfläche der Augen und aus dem Lidwinkel entnommen. bindehäute (Konjunktivitis), die von starkem Tränenfluss begleitet ist. Durch Mischinfektionen mit anderen Bakterien entwickelt sich bald ein eitrig seröses Sekret, welches im Lidwinkel und später als breite Sekretstraße über den Wangen sichtbar wird. Meist sind beide Augen betroffen, jedoch oft in unterschiedlichem Krankheitsstadium. Bei den Nutztieren sind besonders Schafe und Ziegen und bei den Wildtieren das Gams-, Stein- und Muffelwild betroffen. Schafe gelten als Erregerreservoir, da diese Tiere oft nur milde Symptome zeigen und selten ernsthaft erkranken. Trotzdem können sie über längere Zeit den Erreger in sich tragen und durch Kontakt, meistens aber über Vektoren (Fliegen), andere Tiere infizieren. In weiterer Folge wird die Hornhaut des Auges angegriffen. Dies macht sich in einer stark ausgeprägten milchigen Trübung (Keratitis) bemerkbar. In schweren Fällen kommt es sogar zu einem geschwürigen Zerfall im Zentrum der Hornhaut mit einer Zapfenbildung und anschließendem Durchbruch nach außen. Krankheitsbild Nach einer Ansteckung kommt es beim befallenen Tier zu einer Entzündung der Lid- Während die Entzündung und Trübung der Hornhaut durchaus noch abheilen kann, ist bei Durchbruch und Austritt der Augenflüssigkeit mit einem Verlust des Auges zu rechnen. Durch die weiße Trübung der Hornhaut erblinden die befallenen Tiere zumindest vorübergehend. Haustiere können dann dunkel aufgestallt und allenfalls behandelt werden. Bei den Wildtieren erfolgt in diesem Stadium eine Absonderung vom Rudel und Verweilen am selben Standort über mehrere Tage. Nach dem Verlust des Rudels bewegen sich diese Tiere oft orientierungslos im Kreis und tasten sich mit den Läufen vor. In steilem und felsigem Gelände kommt es häufig zu Abstürzen und Todesfällen. Aber auch in weniger gefährlichem Gebiet können blinde Tiere mangels Futter und Wasser rasch abkommen. Im Rudel können auch augenscheinlich symptomlose Träger die Infektion in sich tragen und zur Ansteckungsquelle für andere (gesunde) Tiere werden. Nach Spontanheilung bzw. überstandener Krankheit entwickelt sich oft eine Immunität für mehrere Jahre. Vorkommen von Gamsblindheit im Bezirk Bludenz in den letzten 15 Jahren Wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich, hat sich das Seuchengeschehen in sporadisch auftretenden Seuchenzügen dargestellt. Zusammengefasst sind die aufgrund von Gamsblindheit vorgelegten Hegeabschüsse. Nicht berücksichtigt sind dabei verendete oder durch Absturz zu Tode gekommene Tiere. Hegeabschuss einer Gamsgeiß mit Gamsblindheit. Nach unseren Aufzeichnungen sind in der Vergangenheit die ersten Fälle beim Gamswild jeweils im Silvrettagebiet aufgetreten und der Seuchenzug hat sich dann über den Arlberg und das November/Dezember 2008 DER TIERARZT 31 wo ein Zugang zu Futter und Wasser nicht mehr gewährleistet ist. Solche Abschüsse sind aus Gründen des Tierschutzes notwendig. Ganz allgemein ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass bei korrekter Hege eines Wildbestandes kranke Tiere immer vor den gesunden erlegt werden sollen. Auftreten der Gamsblindheit (Hegeabschüsse) im Bezirk Bludenz in den Jahren 1993 bis 2008. Lechquellengebiet bis ins Große Walsertal fortgesetzt. Vereinzelt sind auch beim Steinwild Erkrankungen beobachtet und einzelne Notabschüsse getätigt worden. Bei einem 11jährigen Steinbock aus der Silvrettaregion konnte im Herbst dieses Jahres nach Entnahme von Tupferproben die Infektion mit Mycoplasma conjunctivae an der Universität Bern bestätigt werden. Nach Beobachtungen bei der großen Steinwildkolonie FormarinRadona zeigt das Steinwild anscheinend eine etwas höhere Resistenz gegenüber dem Erreger mit einem milderen Krankheitsverlauf, sodass Notabschüsse bislang nur selten notwendig waren. Maßnahmen beim Auftreten von Gamsblindheit Mittlerweile ist bekannt, dass bei vielen erkrankten Gämsen und Steinböcken eine spontane Heilung erfolgen kann, selbst dann, wenn sie (vorübergehend) erblinden. Es ist auch nicht möglich, eine Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf abzugeben. Deshalb ist es nicht sinnvoll, alle Tiere mit Sym- ptomen von Gamsblindheit sofort zu erlegen. Vielmehr ist bei Auftreten von Krankheitserscheinungen ein verstärktes Maß an Beobachtung durch die Jagdschutzorgane im Revier geboten, wobei ein infiziertes Rudel nicht unnötig gestört werden soll. Ein Abschuss ist jedoch erforderlich, wenn die Erblindung bereits eine irreversible Form (Auslaufen des Auges) angenommen hat. Weiters ist es gerechtfertigt, erkrankte Tiere zu erlegen, die schon stark geschwächt oder durch Abstürze verletzt sind oder sich in einer Situation befinden, Da landwirtschaftliche Nutztiere, insbesondere Schafe, als Erregerreservoir in Frage kommen, ist es angezeigt, direkte Kontakte mit dem Wild wenn möglich zu erschweren. Salzlecken für Nutz- und Wildtiere sollten so angelegt sein, dass sie nicht gemeinsam und zur selben Zeit angenommen werden. Gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen Landwirtschaft und Jägerschaft erscheinen in diesem Zusammenhang nicht zielführend, zumal in der Problematik der Übertragung und Bekämpfung der Gamsblindheit die Forschung noch nicht am Ziel angelangt ist. Die genauen Ursachen für das sporadische Auftreten von Gamsblindheit in bestimmten Regionen sind derzeit noch weitgehend unbekannt. GEBURTSTAGE – WIR GRATULIEREN ZUR VOLLENDUNG DES...... 65. Lebensjahres: Hubert Eisenkeil, Italien Hans Vogler, Mittelberg Willi Schmid, CH - Gipf-Oberfrick Helmut Klammer, Sulz Ernst Sutter, Au Oskar Meusburger, Schnepfau 70. Lebensjahres: Hubert Zeller, D - Steinheim Elisabeth Zauser, Schoppernau Rudolf Vögel, Bregenz 75. Lebensjahres: Pius Hämmerle, Tschagguns Harald Haller, Mellau Hubert Rüscher, Schnepfau Franz Ludescher, Röthis Herbert Häfele, Altach Karl Gabriel, Nüziders 80. Lebensjahres: Alois Eberle, Bezau Graf Widerich von Waldersdorff, D - Stuttgart Fritz Neher, Vandans DDr. Herbert Batliner, FL - Vaduz 81. Lebensjahres: Armin Geiger, Dornbirn Prof. Dr. med. Franz Rhomberg, CH - Zürich Linus Silvestri, CH - Lüchingen 84. Lebensjahres: Treubert Schedler, Brand Dr. Heinz Kugler, Rankweil 82. Lebensjahres: Hannes Kaufmann, Bludenz 86. Lebensjahres: DI Werner Rein, Altach 83. Lebensjahres: Gertrude Züllig, CH - Arbon Ing. Walter Zumtobel, Dornbirn 85. Lebensjahres: Kurt Heingärtner, Bludenz 88. Lebensjahres: Ferdinand Kinz, Lochau