Skript zur Vorlesung Mathematik 1 für Studierende der Bachelorstudiengänge Chemie und Biophysik Dr. Caroline Löbhard 13. Oktober 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Folgen und Konvergenz 1.1 Folgen reeller Zahlen . . . . . . . . . . 1.2 Grenzwert und Konvergenz einer Folge 1.3 Grenzwertsätze/Rechenregeln . . . . . 1.4 Punktfolgen im Rn (n ∈ N) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 6 9 10 3 1 Folgen und Konvergenz 1.1 Folgen reeller Zahlen Definition 1.1. Eine reelle Zahlenfolge ist eine Abbildung f : N → R die jeder natürlichen Zahl n ∈ N eine reelle Zahl an = f (n) zuordnet. Anstatt f schreibt man üblicherweise (an )n∈N . Beispiel 1.2. Definition 1.3. Ist (an )n∈N ⊂ R eine Folge und g : N → N eine Auswahlfunktion mit g(n + 1) > g(n), so ist (bn )n∈N = (ag(n) )n∈N eine Teilfolge von (an )n∈N . Beispiel 1.4. Definition 1.5. Eine Zahl a ∈ R heißt Häufungspunkt (HP) einer Folge (an )n∈N , wenn für ein beliebiges > 0 die Ungleichung |a − an | < für unendlich viele n ∈ N erfüllt ist. 5 1 Folgen und Konvergenz Beispiel 1.6. 1.2 Grenzwert und Konvergenz einer Folge Definition 1.7. wenn gilt: (i) Eine Zahl a ∈ R heißt Grenzwert (GW) einer Folge (an )n∈N ⊂ R ∀ > 0 ∃N ∈ N, so dass ∀n ∈ N mit n ≥ N : |a − an | < . n→∞ Man schreibt a = limn→∞ an oder an −→ a und sagt: Die Folge (an )n∈N konvergiert gegen a. (ii) Das Symbol ∞ (Unendlich) heißt uneigentlicher Grenzwert einer Folge (an )n∈N ⊂ R wenn gilt: ∀K ∈ R ∃NK ∈ N, so dass ∀n ∈ N mit n ≥ NK : an > K. n→∞ Man schreibt an −→ ∞ und sagt: Die Folge (an )n∈N divergiert bestimmt gegen Unendlich. (iii) Das Symbol −∞ heißt uneigentlicher Grenzwert einer Folge (an )n∈N ⊂ R wenn gilt: ∀K ∈ R ∃NK ∈ N, so dass ∀n ∈ N mit n ≥ NK : an < K. n→∞ Man schreibt an −→ −∞ und sagt: Die Folge (an )n∈N divergiert bestimmt gegen Minus Unendlich. 6 1.2 Grenzwert und Konvergenz einer Folge Beispiel 1.8. Satz 1.9. (i) Besitzt eine Folge keinen HP, so ist sie bestimmt divergent. (ii) Besitzt eine Folge genau einen HP, so ist dies ihr Grenzwert. (iii) Besitzt eine Folge mehrere HPe, so ist sie unbestimmt divergent, d.h. sie konvergiert nicht, und divergiert auch nicht bestimmt gegen ∞ oder −∞. Beispiel 1.10. Definition 1.11. Eine Folge (an )n∈N mit limn→∞ an = 0 heißt Nullfolge (NF). Satz 1.12. Es sei a ∈ R, (an )n∈N ⊂ R. Es gilt: lim an = a n→∞ ⇔ lim |a − an | = 0. n→∞ Beispiel 1.13. 7 1 Folgen und Konvergenz Satz 1.14. Es sei x ∈ R und (an )n∈N = (xn )n∈N . Es gilt: (xn )n∈N ist eine Nullfolge ⇐⇒ |x| < 1. Definition 1.15. Eine Folge (an )n∈N ⊂ R heißt beschränkt, wenn eine Zahl M ∈ R existiert, so dass für alle n ∈ N gilt: |an | < M. Beispiel 1.16. Satz 1.17. (i) (Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge besitzt mindestens einen Häufungspunkt. (ii) Jede beschränkte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge. (iii) Jede konvergente Folge ist beschränkt. Beispiel 1.18. 8 1.3 Grenzwertsätze/Rechenregeln 1.3 Grenzwertsätze/Rechenregeln Satz 1.19. Es sei limn→∞ an = a, limn→∞ bn = b, a, b ∈ R. Dann gilt: (i) limn→∞ (an ± bn ) = limn→∞ an ± limn→∞ bn , (ii) limn→∞ (an · bn ) = limn→∞ an · limn→∞ bn , (iii) Falls b 6= 0, ∀n ∈ N : bn 6= 0: limn→∞ an bn = limn→∞ an , limn→∞ bn (iv) Ist (cn )n∈N eine Teilfolge von (an )n∈N , so konvergiert (cn )n∈N auch gegen a. Ist limn→∞ an = a = ±∞ und limn→∞ bn = b ∈ R ∪ {±∞}, so gilt a, falls b 6= −a, (v) limn→∞ (an ± bn ) = ??, falls b = −a, a, falls b > 0, −a, falls b < 0, (vi) limn→∞ (an · bn ) = ??, falls b = 0, a, falls b > 0, b 6= ∞ an −a, falls b < 0, b 6= −∞ (vii) limn→∞ bn = ??, falls b = ±∞, (viii) Ist (cn )n∈N eine Teilfolge von (an )n∈N , so konvergiert (cn )n∈N auch gegen a. Beispiel 1.20. Definition 1.21. Eine Folge (an )n∈N ⊂ R heißt (i) monoton wachsend, falls ∀n ∈ N : (ii) monoton fallend, falls ∀n ∈ N : an+1 ≥ an , an+1 ≤ an . 9 1 Folgen und Konvergenz Beispiel 1.22. Satz 1.23. Jede monotone, beschränkte Folge konvergiert. n konvergiert. Der Grenzwert heißt EuSatz 1.24. Die Folge (an )n∈N = 1 + n1 n∈N ler’sche Zahl, n 1 e := lim 1 + . n→∞ n Satz 1.25 (Sandwich-Lemma). Es seien (an )n∈N , (bn )n∈N ⊂ R zwei Folgen mit dem selben Grenzwert g = limn→∞ an = limn→∞ bn . Außerdem sei (xn )n∈N ⊂ R eine Folge, so dass für ein N ∈ N gilt: ∀n ∈ N, n ≥ N : an ≤ xn ≤ bn . Dann folgt: lim xn = g. n→∞ Beispiel 1.26. 1.4 Punktfolgen im Rn (n ∈ N) In diesem Abschnitt repräsentiert n ∈ N die Raumdimension. Vektoren x im Raum Rn besitzen also n Komponenten. Definition 1.27. Eine Punktfolge im Rn ist eine Abbildung f : N → Rn . Man schreibt xk = f (k) ∈ Rn , (xk )k∈N ⊂ Rn . Beispiel 1.28. 10 1.4 Punktfolgen im Rn (n ∈ N) Definition 1.29. Ein Vektor x̄ ∈ Rn heißtGrenzwert einer Folge (xk )k∈N ⊂ Rn , wenn jede Komponente der Folge gegen die jeweilige Komponente von x̄ konvergiert, d.h., wenn ∀i ∈ {1, 2, . . . , n} : lim xk,i = x̄i . k→∞ Beispiel 1.30. 11