Tierhaltung

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Tierhaltung
Tierhaltung
Spaltenlieger treten vermehrt in überbelegten Ställen und bei falsch bemessenen Boxen auf
Liegen Ihre Tiere vermehrt nur mit der vorderen Körperhälfte in der Liegebox, sollten Sie Ihre Boxenmaße korrigieren
Die Liegebox ist zu kurz und der Bugriegel behindert das Tier noch zusätzlich. Dadurch ist der Bewegungsablauf beim Aufstehen gestört
Es scheint, als ob die Kühe lange „überlegen” müssten, bevor sie sich zu
legen wagen. Hier müssen Sie handeln
Liegen die Kühe so in ihren Boxen, wissen Sie sicher, dass die Abmessungen nicht mehr stimmen
Liegen mehr Kühe mit einem oder zwei Beinen im Gang, müssen Sie
eine Änderung vornehmen
Teil 2:
Liegeboxengestaltung
J. Bergmann,
W. Heuwieser, Berlin
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Kuh Leistung nur durch optima
Optimale
m ersten Teil dieses Beitrages haben wir gezeigt, dass es für die
Leistungsfähigkeit Ihrer Herde
wichtig ist, verhaltensbiologische Eigenheiten der Rinder zu erkennen
und stallbaulich zu berücksichtigen.
Der zweite Teil stellt die Gestaltung
der Liegeboxen für Ihre Tiere
in den Vordergrund. Sie werden erkennen, dass es eine
gute Investition ist, den Liegebereich Ihrer Kühe komfortabel zu gestalten.
I
Trockensubstanzaufnahme,
Milchleistung und
Lahmheiten
Der Laktationsbeginn bedeutet
für die Kuh, dass sie gar nicht so
viel fressen kann, wie sie aufgrund ihrer Milchleistung eigent-
lich müsste. Es resultiert eine Zeit von drei
bis vier Wochen, bei der ihr Pansen zwar
im Idealfall prall gefüllt ist, der Gesamtorganismus aber quasi „hungert”. Die klassische Energiemangelsituation.
Normaler Bewegungsablauf einer aufstehenden Kuh
Die Energiemangelsituation führt Sie als
Betriebsleiter in einen bekannten Konflikt:
Auf der einen Seite den Energiemangel
durch leichtverdauliche Kohlenhydrate
auszugleichen und auf der anderen Seite
den Rohfasergehalt der Ration wiederkäuergerecht zu halten. Dies ist eine Gratwanderung. Eine energiereiche und rohfaserarme Ration kann zu einer unerkannten, schleichenden Pansenazidose führen. Wichtige Hinweise für eine schleichende Pansenazidose sind vermehrtes Auftreten von Lahmheiten durch
Klauenrehe, zeitweiliges Auftreten von Durchfall und gehäuft auftretende, wund gelegene Stellen
an den Tieren. Klauenrehe kann
auch durch verlängerte Stehzeiten bei schlecht gestalteten Liegeboxen als sogenannte Belastungsrehe auftreten. Das Krankheitsgeschehen der Klauenrehe
wird durch den Austritt von Blutflüssigkeit aus den Gefäßen in der
Tierhaltung
Klaue eingeleitet. Dieser Vorgang wird bei
langem Stehen beschleunigt. Der Zustand
gipfelt im Krankheitsbild der Belastungsrehe mit ganzer oder teilweiser Ablösung des
Sohlenhornes. Sohlengeschwüre als Auswirkung überschießenden Hornwachstumes sind ebenso zu beobachten wie
Drucknekrosen der Lederhaut. Wie wichtig
gute Liegeboxen für die Verhinderung der
Klauenrehe sind, wurde in einer Untersuchung in England gezeigt, in der zwei Haltungsgruppen miteinander verglichen wurden. In der einen Gruppe wurden die Liegeboxen intensiv eingestreut, während in
der anderen Gruppe die Boxen nur wenig
mit Stroh beschickt wurden. In der Gruppe
mit den schlecht gepolsterten Liegeboxen
war die Stehzeit der Tiere viermal so lang
wie in der Gruppe mit gut gepolsterten Boxen. Der Zeitraum bis zum Niederlegen
nach der Futteraufnahme war doppelt so
lang und der Anteil der stehenden Tiere
über den Beobachtungszeitraum doppelt
so hoch. Das Auftreten von Klauenrehe
konnte durch die Verbesserung der Boxeneinstreu erheblich gesenkt werden.
Gemütlich liegen,
viel fressen, viel leisten
Bei liegenden Tieren fließt bis zu 30 %
mehr Blut durch das Euter als bei stehen-
Tierhaltung
So sieht die erzwungene Anpassung der Kühe
an mangelhaften Boxenkomfort aus. Liegebeulen und Stehen der Hintergliedmaße vor der Box
den Tieren. Das hat erheblichen Einfluss
auf die Menge der produzierten Milch und
zeigt deutlich die Bedeutung der optimalen
Gestaltung des Liegebereiches. Im Idealfall, wie auf der Weide, ist die Kuh nach keiner Seite hin eingeengt. Im Stall muss
durch die Boxen die Verletzungsgefahr der
Tiere verringert werden. Es gehört zu den
Grundbedürfnissen der Kuh, sich beim
Niederlegen nicht zu verletzen und beim
Spaltenlieger signalisieren, dass etwas mit den Liegeboxen nicht stimmt
Aufstehen nicht gestört zu werden. Trifft
beides nicht zu, werden die Liegeboxen
zögerlicher aufgesucht und die Kühe stehen länger. Das oft beobachtete „Spaltenliegen” vor allem der Erstkalbinnen wird
häufig so erklärt, dass die Tiere von Vollspalten kommen und deshalb die Boxen
„noch nicht gewöhnt seien”. Genauso kann
relativ häufig beobachtet werden, dass ein
Teil der Kühe nur mit der vorderen Körperhälfte in der Liegebox liegt. Auch das wird
häufig damit erklärt, dass für die Tiere die
Boxen noch „neu und ungewohnt” seien.
Der wichtigste Grund für ein derartiges Verhalten liegt jedoch in den falschen Abmessungen der Liegeboxen und in einem ungeeigneten Bodenbelag beziehungsweise
einer mangelhaften Einstreu. Die Maße
sollen dem Zuchtfortschritt angepasst werden. In Abhängigkeit vom Körpergewicht
werden die in Tabelle 1 angegebenen Werte empfohlen.
Prof. Richter von der Fachhochschule in
Nürtingen empfiehlt alternativ die „BoxberHochboxen:
0,922 x schräger Rumpflänge + 20 cm,
Kopfraum 40–50 cm
Tiefboxen:
0,922 x schräger Rumpflänge + 40 cm,
Kopfraum 50–60 cm.
(schräge Rumpflänge entspricht der Länge vom
Sitzbein bis zum Buggelenk)
Tab. 1: Abmessungen der Hochboxen in Abhängigkeit vom Körpergewicht
Tab. 2: Kriterien zur Beurteilung der Liegeboxenqualität
Gewicht in kg
Zählen Sie die geschwollenen Vorderfußwurzelgelenke und
Sprunggelenke der Tiere. Sind mehr als 10 % betroffen?
< 150
150 – 180
180 – 270
270 – 360
360 – 450
450 – 500
500 – 550
550 – 680
> 680
Breite in cm
Länge in cm
Höhe in cm
64
72
85
95
102
110
115
120
125
122
127
163
178
193
209
218
223
239
–
81
89
94
99
102
104
112
112
ger/Bockisch Formel” zur Ermittlung der optimalen Länge der Liegeboxen bis zur Bugbegrenzung:
Führen Sie sich immer wieder vor Augen, wie Kühe aufstehen.
Sie belasten zuerst das Vorderfußwurzelgelenk, um dann durch
Absenken von Kopf und Hals Schwung zu holen. Damit kann die
hintere Körperhälfte leichter erhoben werden. Dabei nähert sich die
Kehle des Tieres auf etwa 30 cm dem Boden. Alle Bugriegel und
sonstigen vorderen Begrenzungen der Box in einer Höhe von über
30 cm behindern das Tier beim Aufstehen. Die Verletzungsgefahr
steigt und die Akzeptanz der Box sinkt. In jedem Falle sollte die Boxengestaltung überprüft werden, wenn Sie beobachten, dass die
Kühe beim Aufstehen den Kopf in die gegenüberliegende Box oder
seitlich in die Nachbarbox absenken müssen. Wenn Sie sich selber darüber klar werden wollen, wie gut Ihr Boxenbelag ist, überprüfen Sie die Qualität Ihrer Liegeboxen durch Testfragen (Tab. 2).
War Ihre Antwort zu einer oder mehreren Fragen „Ja”, dann haben
Sie noch erhebliche Leistungsreserven in Ihrer Herde. Gemeinsam
mit Ihrem Tierarzt und/oder Berater sollten Sie Ihre Möglichkeiten
ausloten. Die Verbesserung des Liegekomforts Ihrer Kühe stellt
mitunter eine kostenrelevante Investition dar. Bei hohen Leistungen müssen Sie sich aber diesem Problem stellen und die Chancen nutzen. Viele Milchproduzenten und Berater in den USA haben
Kuh-Komfort mittlerweile als eine der wichtigsten Voraussetzungen
MP
für hohe Leistungen erkannt.
Ja
Nein
Ja
Nein
Ermitteln Sie den Anteil der liegenden Kühe, die auch
tatsächlich wiederkäuen. Sind es weniger als die Hälfte?
Ja
Nein
Müssen Sie regelmäßig vor dem Melken die Euter der Tiere
von grobem Schmutz befreien?
Ja
Nein
Zählen Sie die Kühe, die mit allen Beinen in der Box liegen
und die, die nur mit zwei oder drei Beinen in der Box liegen.
Ist das Verhältnis kleiner als 8 : 10 (80 %)?
Laufen einige Ihrer frischmelkenden Kühe wie „auf Eiern”?
Ja
Nein
Machen Sie den Knietest: Knien Sie sich in das hintere Drittel
einer Liegebox. Sind Ihre Knie nass und verschmutzt?
Ja
Nein
Beobachten Sie in Ihrer Herde Spaltenlieger?
Ja
Nein
Kontrollieren Sie Ihre MLP-Daten: Geben die Kühe in erster
und zweiter Laktation durchschnittlich mehr Milch als die
älteren Kühe?
Ja
Nein
Anschrift der Autoren:
Prof. Dr. Wolfgang Heuwieser, Dr. Josef Bergmann, Arbeitsgruppe Bestandsbetreuung und Qualitätsmanagement, Tierklinik für Fortpflanzung, FU Berlin, http://www.
bestandsbetreuung.de
Den Beitrag finden Sie in Milchpraxis 2/2000.
Das Heft können Sie anfordern beim:
Verlag Th. Mann,
Nordring 10,
45894 Gelsenkirchen,
Tel. 02 09/93 04-0,
Fax 02 09/93 04-185 oder per
E-Mail: [email protected]
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