Institut für Mathematik Prof. Dr. Helge Glöckner Alexander Schmeding WS 10/11 12.10.2009 1. Übungsblatt zur Vorlesung Funktionalanalysis“ ” Gruppenübung Aufgabe G1 (Topologien und Hausdorffeigenschaft) (a) Sei (H, O) ein topologischer Raum und S ⊆ H eine Teilmenge versehen mit der induzierten Topologie. Zeigen Sie: Ist H ein Hausdorffraum, so ist auch S mit der induzierten Topologie hausdorffsch. (b) Betrachten Sie eine nichtleere Menge M . Wir versehen M mit der indiskreten Topologie O := {∅, M }. Machen Sie sich klar, dass O eine Topologie ist und überprüfen Sie, welche Eigenschaften M haben muss, so dass O (nicht) hausdorffsch ist. (c) Betrachten Sie die natürlichen Zahlen N, versehen mit der koendlichen Topologie, O := {S ⊆ N | N \ S ist endlich} ∪ {∅}. Zeigen Sie, dass O eine nicht hausdorffsche Topologie auf N ist. Lösung: (a) Seien x 6= y aus S. Da S ⊆ H und H hausdorffsch ist, existieren offene Umgebungen Ux , Uy von x, bzw. y in H, so dass Ux ∩ Uy = ∅. Die Mengen Vx := Ux ∩ S und Vy := Uy ∩S sind dann offene Umgebungen von x bzw. y in der induzierten Topologie auf S und nach Voraussetzung gilt Vx ∩ Vy = ∅. Da x und y beliebig gewählt waren, ist S mit der induzierten Topologie somit hausdorffsch. (b) O ist eine Topologie, da ∅, M ∈ O, sowie beliebige Vereinigungen und endliche Schnitte wieder die leere Menge bzw. M selbst sind. Klar ist, dass M hausdorffsch ist, wenn M nur ein Element enthält (dann ist nichts zu zeigen). Sei nun M eine Menge mit mehr als zwei Elementen und x, y ∈ M , mit x 6= y. Da x, y 6∈ ∅ und M die einzige weitere offene Menge ist, für diese aber x, y ∈ M gilt, ist klar, dass O nicht hausdorffsch sein kann. (c) O enthält offensichtlich ∅Tund N. Sei nun {Ui }i∈I eine Familie von Mengen aus O. S Dann ist N \ i∈I Ui = i∈I N \ Ui ⊆ N \ Ui , ∀i ∈ I, nach den de Morganschen Regeln. Da aber jedes Ui zu O gehört, ist N \ US i endlich und somit ist auch N \ S U entweder endlich oder leer. Somit gilt i∈I i i∈I Ui ∈ O. Analog zeigen die Tn de Morganschen Regeln, dass i=1 Ui wieder in O liegen. Insgesamt ist O eine Topologie auf N. Seien nun n 6= m ∈ N und wir nehmen an, es gebe zwei offene Mengen Un und Um mit n ∈ Un und m ∈ Um so dass Un ∩ Um = ∅ gilt. Nach Annahme gilt Un ⊆ N \ Um und Un ist nicht leer, da n ∈ Un . Andererseits ist aber 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis Um ∈ O und somit ist N \ Um eine endliche Menge. Dies wiederspricht aber Un ∈ O, da sonst Un ∪ N \ Un = N endlich wäre. Insgesamt kann es also für n 6= m ∈ N keine offenen Mengen aus O mit den gewünschten Eigenschaften geben. O ist also nicht hausdorffsch. Aufgabe G2 (metrische Räume und Produkttopologien) (a) Betrachten Sie R2 ∼ = R × R mit der Produkttopologie P die von R induziert wird. Zeigen Sie, dass P mit der üblichen Topologie T auf R2 , welche durch die Maximumsnorm d∞ : R2 → [0, ∞[, d∞ ((x1 , x2 ), (y1 , y2 )) := maxi=1,2 {|xi − yi |} induziert wird zusammen fällt. (b) Seien nun (X1 , d1 ), (X2 , d2 ) zwei beliebige metrische Räume. Machen Sie sich klar, dass auch für das Produkt X1 × X2 die Abbildungen M ((x1 , x2 ), (y1 , y2 )) := maxi=1,2 {di (xi , yi )} und S((x1 , x2 ), (y1 , y2 )) := d1 (x1 , y1 )+d2 (x2 , y2 ) Metriken sind. Zeigen Sie, dass auch in diesem Fall, die von M und S induzierten Topologien M und S mit der Produkttopologie P auf X1 × X2 zusammenfällt. Lösung: (a) Sei U ∈ P offen. Wir müssen zeigen, dass dann auch U ∈ T gilt. Nach Definition der Produkttopologie können wir ohne Einschränkung annehmen, dass U bereits von der Form V1 × V2 für zwei geeignete offene Mengen Vi ⊆ R, i = 1, 2 ist. Sei nun (x1 , x2 ) ∈ U = V1 × V2 beliebig. Dann existieren εi > 0, i = 1, 2, so dass xi ∈ BεRi (xi ) ⊆ Vi , i = 1, 2. Setze nun ε := min{ε1 , ε2 }, dann ist nach Konstruktion (x1 , x2 ) ∈ Bεdmax ((x1 , x2 )) ⊆ V1 × V2 und Bεd∞ ((x1 , x2 )) ist offen bezüglich der Maximumsmetrik. Da (x1 , x2 ) beliebig gewählt waren, folgt nun U ist offen bzgl. der Maximumsmetrik und wir erhalten P ⊆ T . Sei nun umgekehrt V ∈ T eine offene Menge und (x1 , x2 ) ∈ V . Dann existiert ein ε > 0, so dass Bεd∞ (x1 , x2 ) ⊆ V . Insbesondere ist nach Definition Bεd∞ (x1 , x2 ) = BεR (x1 ) × BεR (x2 ) und somit ist diese Menge offen bezüglich der Topologie P. Da (x1 , x2 ) beliebig gewählt war, gilt also auch V ∈ P und somit P = T . (b) Der Beweis, das M und P zusammenfallen verläuft analog zu Aufgabenteil a). Es bleibt also noch zu zeigen, dass S und P zusammenfallen. Sei dazu U ∈ S, also existiert für (x1 , x2 ) ∈ U eine offene Umgebung der Form BεS ((x1 , x2 )) ⊆ U , somit gilt für (y1 , y2 ) ∈ BεS ((x1 , x2 )) die Ungleichung d1 (x1 , y1 ) + d2 (x2 , y2 ) < ε. Betrachte nun die offenen Umgebungen B dεi (xi ) von xi in Xi , i = 1, 2. Dann gilt 2 für (z1 , z2 ) ∈ B := B dε1 (x1 ) × B dε2 (x2 ) ∈ P die Ungleichung d1 (x1 , z1 ) + d2 (x2 , z2 ) < 2 2 2 2ε = ε und somit ist B ⊆ U . Dies zeigt, dass U eine offene Menge bezüglich der Topologie P ist, also S ⊆ P gelten muss. Umgekehrt sei V ∈ P, für jeden Punkt (x1 , x2 ) ∈ V , finden wir offene Kugeln Bεdi (xi ), so dass deren Produkt wieder in V enthalten ist. Betrachte nun W := BεS ((x1 , x2 )), für (y1 , y2 ) ∈ W gilt somit d1 (x1 , y1 ) + d2 (x2 , y2 ) < ε und insbesondere muss somit di (xi , yi ) < ε gelten. Damit ist W ⊆ Bεd1 (x1 ) × Bεd2 (x2 ) ⊆ V und V ist eine Umgebung von (x1 , x2 ) bzgl. S. Da (x1 , x2 ) beliebig gewählt waren ist, V offen bezüglich der Topologie S und es folgt P = S. 2 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis Aufgabe G3 (Normierte Räume und topologische Vektorräume) Zeigen Sie: Jeder normierte Raum (X, k·k) ist ein topologischer Vektorraum. Lösung: Wie man in der Analysis lernt, sind Topologien, welche von Normen induziert werden hausdorffsch. Es bleibt also noch die Stetigkeit der Addition α : X × X → X, (x, y) 7→ x + y und der Skalarmultiplikation µ : K × X → X, (λ, x) 7→ λx zu zeigen. Sei dazu U ⊆ X eine offene Menge und x ∈ U , sowie (y, z) ∈ α−1 (x). Es exik·k stiert ein ε > 0 und eine offene Kugel Bε (x) ⊆ U und wir setzen δ := 2ε . Betrachte k·k k·k die offene Umgebung V(y,z) := Bδ (y) × Bδ (z) von (y, z). Für (a, b) ∈ V(y,z) erhalten wir nun kx − α(a, b)k = kα((y, z)) − a − bk ≤ ky − ak + kz − bk ≤ 2δ = , also gilt k·k α(V(y,z) ) ⊆ Bε (x) ⊆ U und somit V(y,z) ⊆ α−1 (U ). Da (y, z) ∈ α−1 (U ) und U beliebig gewählt waren, ist α−1 (U ) offen und somit α stetig. Wir zeigen nun, dass auch µ stetig ist. Sei dazu wieder U ⊆ X offen und x ∈ U , sowie k·k ε > 0 mit Bε (x) wie oben und µ(λ, y) = x gewählt. Eine schnelle Rechnung zeigt nun kx − νzk = kλy − νy + νy − νzk ≤ |λ − ν|kyk + |ν|ky − zk. Um dies klein genug zu bekomk·k |·| men, können wir z.B. ν ∈ Aλ := B 1 ε (λ) und z ∈ By := B 1 ε (y) wählen. Nun ist kyk+1 2 |λ|+1 2 Aλ ×By eine offene Umgebung von (λ, y) und nach Konstruktion gilt Aλ ×By ⊆ µ−1 (U ). Somit ist µ−1 (U ) offen und µ stetig Alternativ wäre es auch möglich gewesen wie in der Analysis mit der Konvergenz von Folgen zu argumentieren. Dieser Beweis für die Stetigkeit ist sehr viel einfacher und übersichtlicher und verläuft genauso wie in der Analysis gewohnt, da es sich um normierte Räume handelt. Aufgabe G4 (Quotiententopologien) Seien X, Y topologische Räume. Eine stetige, surjektive Abbildung q : X → Y heißt Quotientenabbildung, wenn für U ⊆ Y gilt: U offen in Y ⇔ q −1 (U ) ist offen in X Die Topologie O := {U ⊆ Y | q −1 (U ) offen in X} nennt man Quotiententopologie auf Y . Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heißt offene Abbildung, falls für jede offene Menge U ⊆ X auch f (U ) in Y offen ist. Zeigen Sie: Jede surjektive, stetige und offene Abbildung ist eine Quotientenabbildung. Lösung: Sei q offen und U ⊆ Y eine offene Teilmenge. Dann ist q −1 (U ) offen, da q stetig ist. Sei umgekehrt U ⊆ Y gegeben, so dass q −1 (U ) offen in X ist. Da q surjektiv ist erhalten wir q(q −1 (U )) = U ist offen als Bild einer offenen Teilmenge von X. Also ist q eine Quotientenabbildung. 3 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis Hausübung Aufgabe H1 (Hausdorffeigenschaft) Sei X ein topologischer Raum. Zeigen Sie, dass folgende Eigenschaften äquivalent sind: (a) X ist hausdorffsch. (b) Die Diagonale ∆ := {(x, y) ∈ X × X | x = y} ist abgeschlossen in X × X bzgl. der Produkttopologie. Lösung: Ist X hausdorffsch und (x, y) 6∈ ∆, dann existieren Umgebungen Ux von x und Vy von y mit Ux ∩ Vy = ∅. Also ist Ux × Vy eine zu ∆ disjunktwe Umgebung von (x, y), somit ist das Komplement von ∆ offen und ∆ abgeschlossen. Sei nun umgekehrt ∆ abgeschlossen und x 6= y, also (x, y) 6∈ ∆, so gibt es eine offene Umgebung U × V von (x, y) mit (U × V ) ∩ ∆ = ∅. Dann aber sind U und V disjunkte Umgebungen von x bzw. y. Aufgabe H2 (Abgeschlossene Mengen) Sei (X, O) ein topologischer Raum. Wir nennen eine Menge A abgeschlossen, wenn X \ A ∈ O gilt, A also das Komplement einer offenen Menge ist. Zeigen Sie: (a) ∅, X sind abgeschlossen. (b) beliebige Durchschnitte von abgeschlossenen Mengen sind abgeschlossen. (c) endliche Vereinigungen von abgeschlossenen Mengen sind abgeschlossen. Finden Sie ein Beispiel für eine unendliche Familie von abgeschlossenen Mengen, deren Vereinigung nicht abgeschlossen ist. Beschreiben Sie die abgeschlossenen Mengen aus (N, O), wobei O die koendliche Topologie aus Aufgabe G1 c) bezeichne. Lösung: (a) X \ ∅ = X, X \ X = ∅ sind offen nach Definition der Topologie, also sind ∅, X auch offen als Komplement offener Mengen. (b) Sei (Ai )i∈I eine Familie T abgeschlossener Mengen in X. Dann ist nach den De S Morganschen Regeln X \ i∈I Ai = i∈I X \ Ai und da die Ai abgeschlossen sind, ist jedes Komplement X \ Ai offen. Nach Definition einer Topologie sind beliebige T Vereinigungen von offenen Mengen wieder offen, also ist das Komplement von i∈I Ai offen und somit sind beliebige Durchschnitte von abgeschlossenen Mengen wieder abgeschlossen. (c) Sei A1 , A2 , . . . AnS, n ∈ N eine T endliche Familie von abgeschlossenen Mengen in X. Nun ist X \ ni=1 Ai = ni=1 X \ Ai und da die Ai abgeschlossen sind, ist ihr Komplement offen und endliche Vereinigungen von S offenen Mengen sind offen nach der Definition einer Topologie. Also ist auch X \ ni=1 Ai offen und dies zeigt, dass endliche Vereinigungen abgeschlossener Mengen wieder abgeschlossen sind. Wie wir aus der Analysis wissen, sind abgeschlossene Intervalle bezüglich der üblichen Topologie auf R abgeschlossene Teilmengen. Betrachte die Familie aus abgeschlossenen Intervallen ([ n1 , 1 − n1 ])n∈N . Da n1 eine Nullfolge ist, erhalten wir 4 1. Übung S Vorlesung Funktionalanalysis 1 n∈N [ n , 1] =]0, 1[. Wie man ebenfalls in der Analysis zeigt, ist diese Menge aber nicht abgeschlossen sondern sogar offen. Nach Definition der koendlichen Topologie sind die offenen Teilmengen gerade die Mengen, deren Komplement endlich ist oder welche die leere Menge sind. Somit müssen die abgeschlossenen Teilmengen bzgl. O in N gerade die endlichen Teilmengen von N, die leere Menge und N selbst sein. Aufgabe H3 (Quotientenabbildungen) (a) Sind qi : Xi → Yi , i = 1, 2 offene Abbildungen. Zeigen Sie, dass dann auch die Abbildung q1 × q2 : X1 × X2 → Y1 × Y2 , (x1 , x2 ) 7→ (q1 (x1 ), q2 (x2 )) eine offene Abbildung ist. Insbesondere ist q1 × q2 eine Quotientenabbildung, wenn qi , i = 1, 2 stetig, surjektiv und offen sind. (b) Sei f : X → Y eine stetige, surjektive und abgeschlossene Abbildung (d.h. für jede abgeschlossene Teilmenge A ⊆ X ist auch f (A) in Y abgeschlossen) zwischen topologischen Räumen. Zeigen Sie, dass dann f eine Quotientenabbildung ist. (c) Sei q : X → Y eine Quotientenabbildung und f : Y → Z eine weitere Abbildung zwischen topologischen Räumen. Zeigen Sie, dass f genau dann stetig ist, wenn f ◦ q stetig ist. Lösung: (a) Da jede offene Menge der Produkttopologie eine Vereinigung von offenen Mengen der Form U1 × U2 mit Ui ⊆ Xi , i = 1, 2 offen ist, reicht es auf Mengen dieser Form zu überprüfen, ob q1 × q2 eine offene Abbildung ist. Sei dazu U1 × U2 offen, dann ist q1 × q2 (U1 × U2 ) = {(q1 (x1 ), q2 (x2 ) | x1 ∈ U1 , x2 ∈ U2 } = q1 (U1 ) × q2 (U2 ). Da die qi offen sind, ist qi (Ui ) offen und somit auch q1 (U1 ) × q2 (U2 ) in der Produkttopologie auf Y1 × Y2 . Insgesamt ist q1 × q2 offen. Nach Aufgabe G4 ist dann auch q1 × q2 eine Quotientenabbildung, wenn qi offen, stetig und surjektiv ist, da diese Eigenschaften nach dem bereits gezeigten ebenfalls auch für q1 × q2 gelten. (b) Da q surjektiv ist, können wir einfach zu Komplementen von offenen Mengen, den abgeschlossenen Mengen, übergehen und den Beweis aus Aufgabe G4 übernehmen, indem wir einfach offene durch abgeschlossene Mengen ersetzen. Analog sieht man also A ⊆ Y ist abgeschlossen genau dann, wenn q −1 (A) in X abgeschlossen ist. Da U genau dann offen ist, wenn Y \ U abgeschlossen und dies genau dann der Fall ist, wenn q −1 (Y \ U ) = X \ q −1 (U ) abgeschlossen ist, folgt dass eine Menge U genau dann offen ist, wenn q −1 (U ) offen ist. Also ist q eine Quotientenabbildung. (c) Sei f stetig, da Quotientenabbidlungen stetig sind und Kompositionen von stetigen Funktionen stetig sind ist dann auch f ◦ q stetig. Sei nun umgekehrt f ◦ q stetig und U ⊆ Y offen. Wir müssen zeigen, dass dann auch f −1 (U ) stetig ist. Nach Definition einer Quotientenabbildung ist f −1 (U ) aber genau dann stetig wenn q −1 (f −1 (U )) = (f ◦ q]−1 (U ) offen ist. Da f ◦ q stetig ist, ist auch (f ◦ q)−1 (U ) offen und f somit stetig. 5