2015-1 Biologie – erhöhtes Anforderungsniveau

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Biologie – erhöhtes Anforderungsniveau (Thüringen): Abiturprüfung 2015
Aufgabe 1: Immunbiologie, Ökologie, Neurobiologie, Stoffwechsel, Genetik
Teil A
BE
Jedes Jahr neu stellt sich im Frühling die Frage, ob nach Schneeschmelze, starken Regenfällen, Überschwemmungen, jahreszeitlich ungewöhnlichen Temperaturen usw. mit
einer Insektenplage zu rechnen ist.
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Bei einem Insektenstich werden häufig juckreizfördernde, proteinhaltige blutgerinnungshemmende Substanzen und z. T. auch Krankheitserreger injiziert.
1.1 Durch reflexartiges Kratzen an der Einstichstelle werden Schmerzrezeptorzellen
der betroffenen Person angeregt, einen Stoff auszuschütten, der Juckrezeptorzellen
vorübergehend blockiert.
Experten empfehlen bei Mückenstichen z. B.:
a) Nicht kratzen!
b) Schnell kühlen!
c) Kurzer Hitzeschock an der Einstichstelle! (Es gibt speziell dafür entwickelte
elektrische Geräte, die kurzzeitig den Hautbezirk auf rund 50 °C erhitzen.)
Begründen Sie die einzelnen Empfehlungen aus biologischer Sicht.
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1.2 Die Raupen des Eichenprozessionsspinners, Thaumatopoea processionea, ein
Nachtfalter, besitzen feine Brennhaare, die leicht abbrechen und durch Wind verbreitet werden können. Manche Menschen reagieren auf diese Brennhaare allergisch.
Erläutern Sie die Vorgänge bei dieser Fehlfunktion der Immunabwehr.
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1.3 Ein Borkenkäfer, der Buchdrucker, Ips typographus, frisst Gänge zwischen Rinde
und Holz von Bäumen und legt dort Brutkammern an. Um wirtschaftlichen Schäden vorzubeugen, werden häufig Insektizide eingesetzt.
Äußern Sie eine begründete Vermutung über die langfristige Entwicklung des
Ökosystems nach erfolgtem Insektizideinsatz.
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2
Insekten und Spinnentiere können mit unterschiedlichen chemischen Stoffen bekämpft werden.
2.1 Das Pestizid Permethrin wird über die Körperoberfläche aufgenommen und nimmt
Einfluss auf die Natrium-Ionen-Kanäle der Nervenzellen.
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Messergebnisse an
einem Neuron
Erklären Sie die Wirkung von Permethrin auf ein Insekt.
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2.2 Floh- und Zeckenmittel für Hunde, die den Wirkstoff Permethrin enthalten, können
für Katzen lebensgefährlich sein, da sie das Pestizid wegen eines fehlenden Enzyms nicht abbauen können.
Erklären Sie die Funktion von Enzymen im Organismus.
Beschreiben Sie den Ablauf einer enzymatischen Reaktion.
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2.3 In einem Labor, in dem Wechselwirkungen von Pestiziden mit Enzymen untersucht werden, wurden zwei Reagenzgläser versehentlich nicht beschriftet. Eines
der Reagenzgläser enthält eine Suspension einer anorganischen Substanz in Wasser und das andere Reagenzglas ein Gemisch aus Wasser und einem nicht eindeutig bekannten Enzym, wobei sich der Inhalt beider Reagenzgläser optisch kaum
unterscheidet.
Beschreiben Sie das Vorgehen für eine Nachweisreaktion, mit der man experimentell ermitteln kann, in welchem der beiden Reagenzgläser sich das Enzym befindet.
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2.4 Das Cytochrom c ist ein Enzym der Atmungskette in der inneren Membran der
Mitochondrien.
Erläutern Sie die Bedeutung der Kompartimentierung zur ATP-Bildung in der
Atmungskette.
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2.5 Das Enzym Cytochrom c ist ein Protein aus 104 Aminosäuren. Der Vergleich der
Sequenzen verschiedener Organismen ergibt folgendes Ergebnis:
Vergleich von
Mensch-Pferd
Mensch-Rhesusaffe
Zahl der abweichenden
Aminosäuren
12
1
Mensch-Huhn
13
Mensch-Pilz
44
Erklären Sie, dass dieses Enzym bei allen genannten Lebewesen funktionstüchtig
ist.
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Lösung
Teil A
r 1.1 Die Begründung der Empfehlungen kann man auch aus Aussagen in beiden Vortexten
der Aufgabe ableiten. Hier werden bestimmte Proteine und Bakterien für die Symptome
r
verantwortlich gemacht.
r
a) Auch wenn es schwer fällt: nicht kratzen. Durch die damit verbundene Erweiterung
der Einstichstelle können weitere Bakterien eindringen, die ihrerseits Entzündungen
hervorrufen. In einer ersten Immunreaktion geben Mastzellen entzündungsfördernde
Stoffe wie Histamine ab, die zu Schwellung, Rötung, Erwärmung und zu einer Verstärkung des Juckreizes führen. Außerdem werden durch das Jucken die juckreizfördernden und blutgerinnungshemmenden Substanzen weiter im Gewebe verteilt und
die entzündeten Stellen werden größer. Da die Juckrezeptorzellen nur vorrübergehend durch die Hemmstoffe der Schmerzrezeptorzellen blockiert werden, wird ohnehin nach einer kurzen „juckfreien“ Zeit der Reflex zum Kratzen wieder ausgelöst.
b) Eine schnelle Kühlung bewirkt eine Senkung der Temperatur im betreffenden Gewebe. Die ablaufenden biochemischen Reaktionen werden durch die Abkühlung in ihrer
Geschwindigkeit verringert. Dabei gilt die Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel (RGT- oder Van’t-Hoff-Regel), nach der die Reaktionsgeschwindigkeit bei einer
Temperaturerniedrigung um 10 °C um das Zwei- bis Dreifache abnimmt. Es wird zum
Beispiel der Einstrom von Natriumionen in den postsynaptischen Bereich der Juckreiz
ableitenden Neuronen deutlich verringert. Daraus folgt, dass auch im nachfolgenden
Neuron eine niedrigere Frequenz an Aktionspotenzialen ausgelöst und der Juckreiz
reduziert wird. Außerdem werden durch niedrige Temperaturen Gewebeschwellungen
verringert und die Populationsentwicklung von Bakterien gehemmt.
c) Bei einer kurzzeitigen und gezielten Erwärmung auf etwa 50 °C denaturieren Proteine. Dabei brechen die Peptidbindungen zwischen den Aminosäuren auf und können
sich nur ungeordnet wieder verbinden. Es entstehen funktionsunfähige Eiweißkonglomerate. Die denaturierten Struktur- und Funktionsproteine findet man außer im
Hautgewebe (was schnell regeneriert) in den Bakterien, die teilweise abgetötet werden. Wichtigster Angriffspunkt des thermischen Schocks sind aber die Proteine, die
das Insekt beim Stechen injiziert hat. Damit entfällt die Wirkung auf die Juckreiz ableitenden Neuronen, da das denaturierte Protein mit entsprechenden neuronalen Rezeptoren nicht mehr kompatibel ist. Die Blutgerinnungshemmung wird durch die Denaturierung ebenfalls geringer und die geöffneten Kapillargefäße der Haut werden
durch den natürlichen Gerinnungsprozess geschlossen.
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Blutgerinnungshemmende Enzyme erleichtern die Nahrungsaufnahme von stechendsaugenden Parasiten. Die mit dem Insektenspeichel abgegebenen Proteine werden normalerweise mit dem Blut wieder aufgesaugt, sodass es logisch wäre, die Mücke erst ihre
Tätigkeit auf der Haut zu Ende führen zu lassen und sie nicht vorher zu erschlagen. Da
das kaum zu ertragen ist, muss man mit den Folgen leben.
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