Biologische Sanierung von Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) – Grundlagen und Methoden Thomas G. Reichenauer Das Projekt BIOSAN Titel: Biostimulation und bepflanzte Bodenfilter zum Abbau von Mineralölkohlenwasserstoffen in Boden und Grundwasser Projektlaufzeit: Jänner 2012 – März 2015 Ausgangssituation: Wenige gut dokumentierte Anwendung von aerober mikrobieller Sanierung an österreichischen Standorten Ziele Erkenntnisse zur Verbesserung des Einsatzes von Bioventing im Feldeinsatz 1. Pilotanlage zum Einsatz von bepflanzten Bodenfiltern zum Abbau von MKW im Grundwasser Projektförderung BMLFUW, Fördermanagement KPC; ÖBB Reichenauer, 2 Inhalt Einleitung: Mikroorganismen und MKW Enzymatische Prozesse (Bio)verfügbarkeit und Schadstoffverteilung Nachweis der Wirksamkeit im Feld Herausforderungen Reichenauer, 3 Begriffsbestimmungen Energiequelle Phototrophe Organismen: Chemotrophe Organismen: Kohlenstoffquelle Autotrophe Organismen: Heterotrophe Organismen: nutzen Lichtenergie nutzen chemische Stoffe als Energiequelle nutzen CO2 nutzen chemische Stoffe Quelle: http://www.hausromana.at/schule/schule_neu/auftrag/bu3_boden.htm Reichenauer, 4 Mineralölkohlenwasserstoffe (Erdölprodukte) Organischer Ursprung (hauptsächlich Mikroalgen) MKW sind sehr ähnlich den KW die von Pflanzen in den Boden gelangen Stoffgemisch aus mehreren hundert Substanzen Aliphatische Kohlenwasserstoffe (gesättigt, ungesättigt, unverzweigt, verzweigt) Zyklische Aliphaten Aromaten CH3 CH3 H3C CH3 n-Heptan CH3 H3C 2-Methylhexan CH3 H3C Cykloheptan Toluol Ethylbenzol Hepten Reichenauer, 5 Pristan: Ein Marker für den Abbaugrad von Diesel CH3 H3C n-Heptadekan CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 H3C Pristan 2,6,10,14-Tetramethylpentadekan 𝐴𝑙𝑡𝑒𝑟 = −8,4 𝑛𝐶17 + 19,8 𝑃𝑟𝑖𝑠𝑡𝑎𝑛 Genauigkeit ±2 Jahre Maximalalter: 20 Jahre > 1,8 = frischer Schaden < 0,5 = alter Schaden Christensen & Larsen (1993) Reichenauer, 6 Milieubedingungen für einen mikrobiellen Abbau Nährstoffangebot: Makronährstoffe: Stickstoff (N), Phosphor (P), Kalium (K) Mikronährstoffe: Schwefel (S), Magnesium (Mg), etc. Elektronenakzeptoren Feuchtigkeit Temperatur pH Wert Schadstoffeigenschaften Bioverfügbarkeit, Toxizität Molekülgröße Molekülstruktur Wasserlöslichkeit (Kow) Reichenauer, 7 Mikrobieller Schadstoffabbau = enzymatischer Abbau Enzym = Katalysator (d.h. vermindert Aktivierungsenergie einer Reaktion) Enzyme habe Temperaturoptimum (häufig 20 – 30 Grad Celsius) Katabolische (= abbauende) Enzyme werden induziert Substratspezifisch Naturstoffe sind leicht abbaubar Xenobiotica (naturfremde Stoffe) sind schwer/nicht abbaubar Reichenauer, 8 Enzymatischer Schadstoffabbau Substratspezifität (Reaktives Zentrum) Energie + Biomasse CO2 + H2O: Mineralisierung Unvollständiger Abbau: Transformation Kovalente Bindung an Huminstoffe: Bindung Umsetzung durch weitere Enzyme Humifizierung Reaktion Reichenauer, 9 Oxidativer Alkanabbau Aktivierung und ß-Oxidation O2 CH3 H3C H2O AlkanMonooxigenase 2 NADH 2 NAD + CH2OH H3C Alkan Aldehyd Alkohol NADH + H+ COH H3C NADP+ NADH + H+ H2O NADP+ O O O2 ß-Oxidation H3C C SCoA H3C SCoA COOH H3C Fettsäure Acetyl-CoA (C 2) H2O FAD+ NAD+ Stoffwechsel ß-Oxidation Coenzym A = HSCoA (C 2) Reichenauer, 10 Wie kommt der Schadstoff zum Enzym? (Bio)verfübarkeit „(Bio)availibility“ Zellmembran Schadstoff Cytoplasma induziertes Enzym bioverfügbarer Schadstoff = gelöster Schadstoff Wasser = Transportmittel und Grundlage für Stoffwechsel Reichenauer, 11 Bioverfügbarkeit der Schadstoffe „Bioaccessability“ und „Bioavailability“ adsorbierter Schadstoff organisches Bodenpartikel Mikroorg. In Schadstofflösung mineralisches Bodenpartikel Mikroorg. auf Schadstoffphase Grobpore (>10µm) eingeschlossener Schadstoff Mittelporen (10 – 0,2µm) Feinporen (< 0,2µm) Reichenauer, 12 Methoden der aeroben mikrobiellen Abbaus ex situ Boden • Mietensanierung Grundwasser • Bioreaktoren • bepflanzte Bodenfilter („Phytoremediation“) in situ Boden • Phytoremediation (Rhizodegradation) • Bioventing (Biostimulation, Bioaugmentation) • Natürlicher Abbau (NA) Grundwasser • Biosparging • Sauerstofffreisetzende Substanzen • Natürlicher Abbau (NA) Reichenauer, 13 Wirkungsnachweis des MKW-Abbaus bei ex-situ Maßnahmen (z.B. bepflanzte Bodenfilter) Zulauf Ablauf Abbau Sorption Verluste Konz. A Wirkung Konz. B Reichenauer, 14 Modell der Schadstoffverteilung Reichenauer, 15 Modell der Schadstoffverteilung 12 Punkte 13 Punkte Reichenauer, 16 Modell der Schadstoffverteilung 35 Punkte 51 Punkte Reichenauer, 17 Anzahl der Proben zum statistisch signifikanten Nachweis eines Schadstoffabbaus n (Anzahl der zu ziehenden Proben) n = Anzahl der notwendigen Proben Stabw = Standardabweichung des Anfangswertes MW 0 = Mittelwert des Anfangswertes MW x = Mittelwert zum Zeitpunkt x (= erwarteter Wert) zα = z-Wert zu Fehler 1. Ordnung (Sanierungserfolg wird nicht erkannt) zß = z-Wert zu Fehler 2. Ordnung (Sanierungserfolg wird fälschlich angenommen) 𝑆𝑡𝑎𝑏𝑤 2 𝑧𝛼 + 𝑧𝛽 𝑛= 𝑀𝑊0 − 𝑀𝑊𝑥 2 2 Zulassen einer höheren Fehlerwahrscheinlichkeit MW0-MWx (Differenz aus Anfangs- und Endkonzentration) nach Leeson & Hinchee, 1995 Reichenauer, 18 Mikrobieller Abbau (ungesättigten Zone) Schadstoffe (CH) CO2 + + O2 (Luft) + Nährstoffe (N, P, K) Mineralisierung H2O + Biomasse (C, O, N, P, K) Reichenauer, 19 Kohlendioxidmessung zum Nachweis von mikrobiellem Schadstoffabbau in der ungesättigten Bodenzone Messung Biomasse Transformation/Humifizierung Schadstoff Mineralisierung org. Subst. Bodenatmung Lösung in Wasser CO2 Chem. Bindung Reichenauer, 20 Sauerstoffmessungen zum Wirkungsnachweis von mikrobiellem Schadstoffabbau in der ungesättigten Bodenzone Messung Kurzschluss Kurzschluss Einbringung Konvektion und Diffusion Konvektion Diffusion Chem. Zehrung O2 (Luft) Abbau Schadstoff Bodenatmung O2 CO2 Reichenauer, 21 Herausforderungen bei der mikrobiellen In-Situ-Sanierung Anregungen zur Diskussion Gleichmäßige Stoffeinbringung (Sauerstoff, Nährstoffe, Wasser) (indirektes) Monitoring des Schadstoffabbaus Abschätzung der Erreichung des/der Sanierungszielwerte/s Feststellung des Sanierungserfolges: Fehlerwahrscheinlichkeit/Signifikanz Definition des Sanierungsziels absolut/relativ Änderung der Toxizität Metabolite/Humifizierung Reichenauer, 22 Links und Publikationen www.altlastenmanagement.at Sanierungsreport zur Sicherung „Teerag-Asdag Simmering – Dichtwand-Filterfenster System Kombinierte In-situ Sanierung eines KW-Schadens am Hauptbahnhof Wien Altlastenerkundung mit Komponentenspezifischer Stabilisotopenanalytik (CSIA) In-situ Sanierungs-Quickscan Erkundungs-Quickscan Reichenauer, 23