Klinische Onkologie / Strahlenbehandlung

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Onkologie / Strahlenbehandlung
Mammakarzinom
Dieses Jahr werden in Deutschland wieder etwa 50.000 Frauen an Brustkrebs erkranken, etwa ein Fünftel davon wird
daran sterben. Das Verhältnis hat sich in den letzten Jahrzehnten zwar umgekehrt, es ist aber immer noch eine ungeheuerliche Zahl, die das öffentliche Bewusstsein stark auf den gesundheitlichen und gesundheitspolitischen Komplex
Brustkrebs fokussiert hat. Etwa jede neunte bis elfte Frau, je nachdem, wie man die Statistiken liest, wird an Brustkrebs
erkranken.
Gleichzeitig liefert die Brustkrebstherapie und -vorsorge leider immer noch ausreichend Munition für die Politik, da vier
von fünf Operationen an der Brust (diagnostische Operationen) eigentlich unnötig wären; so lässt sich gut behaupten, es
wäre im deutschen gesundheitspolitischen Topf eigentlich genug Geld vorhanden, das nur falsch verteilt würde.
Bei einem Tumor kleiner als 1cm überleben die nächsten 10 Jahre 77% der Frauen. Ist er größer als 5cm, sind es nur
17%.
Karzinogenese:
- normale Brustdrüse
- erhöhte Zellteilungsrate (Hyperplasie, atypische H.)
- Carcinoma in situ (hier sollte man es idealerweise diagnostizieren, aber sehr schwer, vor allem bei jungen Frauen >
hoher Östrogenspiegel > dichtes Brustgewebe > nicht unterscheidbar)
- invasives Karzinom
- Fernmetastasen
Tumorbiologie und multimodale Therapie:
Der Primärtumor wächst in der Regel sehr langsam, etwa 15 Jahre, bis er über den „klinischen Horizont“ ist, d.h. bis man
ihn klinisch feststellen kann. Gleichzeitig kann er schon Metastasen absetzen, wenn er das Stadium I überschritten hat,
d.h. kein Cis mehr ist, sondern ein invasiv wachsender Tumor, ab da kann er Metastasen absetzen. Das Knochenmark
saugt wie ein Schwamm diese Mikrometastasen auf.
Der Primärtumor muss durch Operation im Gesunden entfernt werden; vorher kann er durch Gabe von Neoadjuvantien
schon „geschrumpft“ werden, wodurch etwa ein Drittel der Patientinnen mehr brusterhaltend operiert werden kann. Bei
postmenopausalen Frauen sind etwa 80% der Tumoren Östrogenrezeptor-positiv und können durch eine Anti-ÖstrogenTherapie stark eingeschmolzen werden.
Nach der Operation wird normalerweise eine adjuvante Chemotherapie gegeben, wodurch man in Kombination mit der
neoadjuvanten Chemotherapie versucht, die Metastasen in den Griff zu kriegen und davon abzuhalten, klinisch manifest
zu werden oder am besten ganz „auszurotten“.
Zusammenfassend:
Lokale Therapie (OP / Strahlentherapie) + lymphogene Therapie (Axilla) + hämatogene Therapie (systemisch)
Innerhalb von weniger als 50 Jahren vollzog die Onkologie den Paradigmenwechsel in der Mammakarzinomtherapie
von der radikalen Mastektomie mit Entfernung des Brustmuskels über die reduziert radikale Operation, die die Brustwand erhält bis hin zur brusterhaltenden Therapie (BET), die heute in den meisten Fällen (in Tübingen 300 von 410 im
Jahr 2003) eingesetzt wird. Dadurch verschlechtert sich die Prognose der Frauen überhaupt nicht, da das Hauptrisiko
(bei sauberer OP) von den bereits abgesetzten Metastasen ausging. Die 10-Jahres-Überlebensrate bei BET liegt heute
bei über 70%.
Die operative Therapie wurde gesenkt, die präoperative und adjuvante Therapie wurde immer wichtiger, damit aber
natürlich auch immer teurer...
Um brusterhaltend operieren zu können, benötigt man eine sehr genaue Eingrenzung des Tumors, erreichbar etwa durch
einige Stanzbiopsien, die auch unter mammographischer oder sonographischer Kontrolle durchgeführt werden können,
aber auch nur nach Tastbefund.
Die Wächterlymphknoten werden so festgestellt: Im Umfeld des Tumors wird radioaktives Technetium und ein Blaufarbstoff gespritzt, dadurch kann man das Lymphabflussgebiet des Tumors anhand der Blaufärbung der Lymphknoten
oder mit der Sonde zur Messung der Radioaktivität intraoperativ feststellen. Diese herausgenommenen Wächterlymphknoten werden noch während der Operation im Schnellschnittverfahren auf Metastasen untersucht; sind sie tumorfrei,
wird die OP beendet, sind sie befallen, wird die Axilla wie früher radikal ausgeräumt. Meistens jedoch kann man sich
damit die radikale Ausräumung und der Frau Lymphödeme später ersparen.
Nur etwa 5% der behandelten Frauen werden unter Studienbedingungen behandelt (chemotherapeutisch). Das ist das
eigentliche Problem in Deutschland, da man nur lernen kann, wenn man möglichst viele der therapierten Patientinnen
unter Studienbedingungen behandelt werden. In Österreich etwa ist der Anteil sehr viel höher, und auch die Therapie ist
dort häufiger erfolgreich.
Prognose:
Die Prognose ist bei einem Tumor <3cm deutlich besser als bei einer koronaren Herzerkrankung NYHA III...
Sie ist außerdem abhängig von der Zahl der befallenen Lymphknoten, bei keinem befallenen Lymphknoten liegt die 10Jahres-Überlebensrate über 70%, bei über 20 befallenen Lymphknoten liegt sie nur etwa bei 20%.
Wichtig für die Prognose:
- Tumor- und Lymphknotenstadium
- Grading
- Hormonrezeptorstatus
- Alter (je jünger die Frau, umso schlechter die Prognose)
- Her-2/neu (kein Plan was das ist)
Risikoprofil:
Tumorgröße
Grading
Rezeptorstatus*
Alter
Niedrig-Risiko (alle Kriterien erfüllt)
<2cm
G1
R+
>35 Jahre
Höheres Risiko (1 Kriterium ausreichend)
>2cm
G2-3
R<35 Jahre
*Östrogen- und/oder Progesteronrezeptoren
Molekulare Porträtierungen von Mammakarzinomen:
In einigen Zentren wird bereits mit DNA Microarrays gearbeitet, die die Expression von Tausenden von Genen (in der
Forschung 20.000, in der Praxis 500-1.000) anzeigen, nach Farben kodiert. Man sieht ein Farbraster, bei dem wenig
exprimierte Gene grün, stark exprimierte rot erscheinen. Für jedes Genmuster hat man inzwischen schon ein relatives
Risiko für Metastasen, und damit verknüpft die Prognose, festlegen können. Danach kann man dann auch die Therapie
ausrichten.
Therapie des Mammakarzinoms:
Lokalisierte Erkrankung (Stadium I-III):
- ev. neoadjuvante (= präoperative) Chemotherapie, um brusterhaltend operieren zu können
- OP
- adjuvant (= postoperativ)
- Strahlentherapie
- Chemotherapie
- Hormontherapie
Metastatische Erkrankung (Stadium IV):
- Hormontherapie
- Chemotherapie
- palliative Strahlentherapie
- Antikörper, „small molecules“
Auch beim Stadium I-III muss man schon von Metastasen ausgehen, die nur noch nicht klinisch manifest sind, deswegen folgt heute praktisch immer eine adjuvante Therapie.
Adjuvante Therapie: (St. Gallen 2003)
Prinzipiell gilt: Alle R+ Patientinnen (rezeptorpositive) bekommen 5 Jahre lang TAM verabreicht, nach Abschluss einer
eventuell durchgeführten Chemotherapie. Das Tamoxifen wirkt antiöstrogen; man hat gezeigt, dass es über 5 Jahre
hinaus keinen Vorteil mehr zur Tumorbekämpfung führt, während die Nebenwirkungen überwiegen mit Stimulation des
Endometriums (Risiko von Endometriumtumoren), Hitzewallungen und erhöhtem Thromboserisiko.
Unter Tamoxifentherapie ist die Rezidivrate nach 5 Jahren ca. halbiert und nach 10 Jahren ca. um ein Drittel gesenkt.
Postmenopausale Frauen mit TAM-Unverträglichkeit oder Kontraindikationen erhalten Anastrozol (Arimidex®)
Alle R- Patientinnen erhalten eine Chemotherapie. Standard: anthrazyklinhaltiges Regime, z.B. 6 Zyklen FEC.
Tamoxifen bindet an den Östrogenrezeptor und bewirkt eine deutliche kompetitive Hemmung von „Östrogen-Genen“
und eine Stimulation von Progesteronrezeptoren.
Aromatasehemmer sind Stoffe, die durch Hemmung der Aromatase die Östrogenbiosynthese blockieren und so als Antiöstrogene wirken.
Bei der adjuvanten Therapie mit CMF (Cyclophosphamid) beim nodal-positiven Mammakarzinom profitieren nur etwa
10% der Patientinnen; der Rest hätte die Therapie nicht nötig, da sie sowieso keine Rezidive entwickelt hätten, oder er
ist nicht sensitiv für die Therapie. Die Nebenwirkungen allerdings bekommen alle ab. Insofern muss man den Einsatz
dieser Zytostatika genau bedenken.
Nodal positiv:
- Rezeptor-positiv: Chemo, dann Tam
- Rezeptor-negativ: Chemo
Nodal negativ:
- Rezeptor-positiv:
- Prämenopausal: Tam oder nichts bei niedrigem Risiko, Chemo, dann Tam bei hohem Risiko
- Postmenopausal: Tam oder nichts bei niedrigem Risiko, Tam bei hohem Risiko
- Rezeptor-negativ: Chemo
Es ist in der Diskussion, den Patientinnen nach der 5-jährigen Tamoxifentherapie bei R+-Tumoren Aromatasehemmer
wie Letrozole zu geben. Es erhöht nach einer großen Studie zwar nicht die Überlebensrate, verringert aber die Inzidenz
des kontralateralen Mammakarzinoms um 46%.
Prinzipien der Therapie beim metastasierten Mammakarzinom:
Falls der Tumor R+ und Low risk-Situation:
- keine „ausgedehnte“ viszerale Metastasierung
- keine rasche Progression
- (cave: Her2-positive Tumoren)
- Hormontherapie
- bei Versagen: Chemotherapie
Bei Chemotherapie:
- objektive Remissionsraten
- CR-Raten (complete remission)
- Remissionsdauer
- mittleres Überleben
45-75%
5-15%
5-9 Monate
2-3 Jahre
- Monotherapie (falls kein hoher „Remissionsdruck“)
- Kombinationstherapie (bei hohem „Remissionsdruck“)
Rolle der Bisphosphonate bei Mammakarzinom:
Adjuvante Situation:
- derzeit keine gesicherte Indikation!
Metastasierte Situation:
- palliativ bei Knochenmetastasen (kein Überlebensvorteil)
Einsatz vor allem zusammen mit Aromatasehemmern.
Brustkrebs unter Hormonersatz:
- Etwa 50% der 50-60jährigen Frauen nehmen Hormone
- Umsatz ca. 1 Milliarde Euro in Deutschland
- Östrogene sind das meistverordnete Medikament
In einer großen Studie mit 3 Gruppen (Placebo, Östrogene, Östrogen + Progesteron) wurde der Zweig mit Östrogen +
Progesteron vorzeitig 2002 gestoppt, weil das Risiko von Mamma-Ca, KHK, Schlaganfall und Lungenembolie erheblich stieg. Auch der Zweig mit Östrogengabe wurde 2004 vorzeitig gestoppt.
Das Risiko für Brustkrebs steigt je nach Studie auf das 1,22-1,66fache (RR) für Östrogengabe und auf über das 2fache
für Östrogen- und Progesteronkombination.
Außerdem hat die Hormongabe noch weitere Nachteile: Die Tumoren zeigten fortgeschrittenere Stadien als bei Vergleichsgruppen und sie waren schlechter zu diagnostizieren, weil das Brustdrüsengewebe dichter unter Hormonen
dichter ist.
Zusätzlich ergibt sich ein deutlich höheres Risiko für Demenz, und, am wichtigsten, es konnte kein signifikanter Nutzen
aufgezeigt werden.
Man kann die Östrogentherapie also nicht mehr empfehlen und sollte sie nur noch verschreiben, wenn einzelne Frauen
unter starken Beschwerden leiden, und dann so kurz wie möglich.
Malignes Melanom
Krankheiten der Haut:
(Langfristig bedrohlich)
Melanom
Spinozelluläres Karzinom
Basalzellkarzinom
Mammakarzinom
Inzidenz
14
25
140
70
UKT
490
870
4900
2450
Das Risiko von Metastasen liegt je nach Eindringtiefe bei nur ~3% bei <1,0mm Tiefe und ~30% bei >4,0mm Tiefe. Das
heißt nicht weniger, als dass man 95% der Menschen heilen kann, bei denen man ein Melanom entdeckt, bevor es über
einen Millimeter groß ist. Bei 1,0-2,0mm Eindringtiefe kann man nur noch etwa 85% der Patienten heilen.
Die durchschnittliche Tumordicke bei der Diagnose sank glücklicherweise von 1,6mm in 1982 auf unter 1,0mm 2002,
gleichzeitig nahm aber auch in Deutschland und weltweit die Zahl der diagnostizierten Melanome enorm zu, sie verdoppelte sich alle 10 Jahre in den letzten paar Jahrzehnten. Noch vor 25 Jahren hat man eine betroffene Extremität, in vielen
Fällen schon auf Verdacht, sofort amputiert, um Metastasen zu verhindern. Vor 15 Jahren hat man großflächig mit 5cm
Sicherheitsabstand exzidiert, inzwischen kann man mit 1-2cm Sicherheitsabstand exzidieren.
Die hohen Sicherheitsabstände früher liegen daran, dass maligne Melanome sehr häufig und schnell subklinische sogenannte „In-Transit-Metastasen“ absetzen, die in der Haut auf dem Weg vom Melanom zum nächsten drainierenden
Lymphknoten liegen. Exzidiert man mit weniger als 1-2cm Sicherheitsabstand, scheint das Risiko auf Rezidive stark zu
steigen.
Zusätzlich räumte man früher großzügig die drainierenden Lymphknoten aus. Das kann man heute größtenteils mit der
sentinel node-Biopsie vermeiden, indem man mit einem gespritzten radioaktiven Medikament den nächsten drainierenden Lymphknoten bestimmt und diesen biopsiert. Wenn er histologisch sauber ist, kann man die anderen Lymphknoten
in Ruhe lassen. Der sentinel node wird nur bei Tumoren über 1mm Dicke untersucht.
Das maligne Melanom ist ein sehr immunogener Tumor, für den 1982 erstmals überhaupt nachgewiesen werden konnte,
dass das Immunsystem spezifische Tumor-Antikörper bildet, die bei Gesunden nicht vorkommen.
Prozedere bei Melanom:
- In toto-Exzision bei Verdacht (Ausnahme: Lentigo malgina)
- Melanom >1mm Dicke: Sentinel node-Biopsie
- Positiver sentinel node: Lymphknotenausräumung
- Positiver sentinel node > 1,5mm: IFN-α wird geprüft
Drei wichtige Prognosefaktoren: Tumordicke, sentinel node positiv/negativ, mehr als ein sentinel node positiv ja/nein.
Kostensenkung bei Tumorpatienten:
- regelmäßige Vorsorge
- Erkennung von Risikopatienten... oder besser gesagt „Risikomenschen“
- frühzeitige Operation
- Therapie und Nachsorge in Studien, damit man objektive Daten zur Verbesserung der Therapie sammeln kann.
Melanomtypen:
- superfiziell spreitendes Melanom (SSM), breitet sich oberflächlich stark aus, bevor es in die Tiefe wächst, wird sehr
oft mit einer Tiefe <1mm entdeckt
- noduläres Melanom (NM), wächst sehr schnell in die Tiefe und bleibt oberflächlich unauffällig, sehr gefährlich
- lentigomalignes Melanom (LMM), wächst nur in direkt sonnenexponierten Regionen, meist bei alten Menschen am
Kopf. Entsteht aus einer Lentigo maligna mit zunächst ausschließlich radialer Wachstumsphase. Gut therapierbar, da
lange Vorgeschichte
- akral-lentiginöses Melanom (ALM), sehr selten bei hellhäutigen, das häufigste Melanom bei schwarzhäutigen Menschen
Die Prognose hängt nur von der Tumordicke, nicht der oberflächlichen Ausbreitung ab. Deshalb ist die Prognose bei den
zuerst radial wachsenden Tumoren sehr viel besser.
ALMs werden oft monate- bis jahrelang als eingewachsene Fußnägel, superinfizierte Pilzinfektion usw. erfolglos behandelt, bevor die erste Biopsie läuft. Besonders, weil ALMs oft die Tücke haben, nicht schwarz zu sein.
Besonders noduläre Melanome sind primär maligne, alle anderen Melanome lassen sich meist auf harmlose, entartete
Stellen zurückführen.
Etwa 30% der Melanome geht auf entartete Nävuszellnävi zurück. Im Alter von 20 Jahren hat ein Deutscher vielleicht
durchschnittlich 20-40 Nävuszellnävi, die allerwenigsten davon entarten. Kinder haben sehr selten Nävuszellnävi, und
wenn, dann nur sehr wenige. Bei Kindern mit vielen muss man schonmal aufpassen.
Die meisten malignen Melanome werden vom Ehepartner oder Freund/Freundin zufällig entdeckt. Man erkennt maligne
Melanome nämlich einfach daran, dass sie hässlich sind:
- größer 5mm
- unregelmäßig pigmentiert
- unscharf begrenzt
- asymmetrisch
- keine normale Oberflächenstruktur wie bei umgebender Dermis
- blauschwarze, manchmal graue Verfärbungen
- rötlich entzündlicher Hof
- Blutungsneigung
Die meisten Melanome, die aus Nävuszellnävi hervorgehen, sind SSM.
Dysplastische Nävuszellnävi haben einen unregelmäßigen Rand und unregelmäßige Pigmentierung, sind aber gutartig;
sie haben jedoch wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko, maligne Melanome zu entwickeln.
Eine andere Differentialdiagnose sind seborrhoisch Warzen.
Risikofaktoren:
- viele Nävi
- viele große (>5mm) Nävi
- Melanom in der Vorgeschichte
Therapie des malignen Melanoms:
Systemische Therapien:
- Chemotherapie
- Immuntherapie (Interferon-α)
- Small molecules
- Anti-sense (Bcl-2)
Supportive Maßnahmen:
- Bisphosphonate
- Zytokine
- Antiemetika
- Schmerzmittel
Lokale Therapien:
- Radiatio
- operative Maßnahmen
- Extremitätenperfusion
- Embolisierungen
- lokale Zytokininjektionen
Chemotherapie:
- schlechtes Ansprechen auf Zytostatika: Remissionsraten selten >20%
- Remissionsdauer: 4-6 Monate
- mediane Überlebenszeit: 8-11 Monate
- keine Überlegenheit der Kombinationschemotherapie
Immuntherapie:
- Zytokine
- Antigen-spezifische Immuntherapie
- Vakzinierungen mit tumorspezifischen Ag (TAA = tumorassoziiertes Antigen)
- Adoptiver T-Zelltransfer
- Allogener T-Zelltransfer (Mini-Allo): Lymphozyten entnehmen, in vitro vermehren und dem Patienten zurückgeben
Durch Stimulation des Immunsystems kann man die Erkrankung zum Stillstand bringen, vor allem durch Interferon-α
oder Interleukin-2.
Man kann in vitro dendritische Zellen aus CD34+ Zellen herstellen, mit Tumorantigenen beladen und dem Patienten
zurückspritzen, um eine gezielte Immunreaktion gegen das Melanom zu induzieren. Das Gute daran ist, es wirkt häufig
und macht kaum Nebenwirkungen höchstens eine Vitiligo (weißer Fleck).
Therapie:
Adjuvant:
- IFN-α bei Hochrisikopatienten
- Vakzinierungen mit TAA
Metastasiert:
- DTIC (Dacarbazine) mit oder ohne IFN-α
- Polychemotherapie
- experimentelle Therapien
Non-Hodgkin-Lymphome
Non-Hodgkin-Lymphome (HDL) zählen zu den wenigen Tumoren, die in den letzten Jahrzehnten stetig zunahmen. In
den letzten Jahren pendelte sich die Inzidenzradte auf hohem Niveau ein. NHL sind typische Tumoren des alten Menschen, wie die meisten Malignome.
Ausgewählte Aspekte zur Epidemiologie und Pathogenese:
- Bisherige Inzidenzsteigerung insbesondere bei „high-grade“-NHL, dabei v.a. extranodale und ZNS-Lymphome
- Inzidenzsteigerung schon vor AIDS-Epidemie
- Risikofaktoren:
- angeborene Immundefekte
- erworbene Immundefekte (v.a. AIDS, Organtransplantationen)
- rheumatoide Arthritis, Sjögrens-Syndrom
- bestimmte Infektionserreger
- „Umwelt“ (z.B. Pestizide)
Infektion - Lymphom:
Eine persistierende Infektion (z.B. mit Helicobacter pylori) führt zur konstanten Stimulation des Immunsystems und
unter dem ständigen Proliferationsdruck gehäuft zur Entartung.
Assoziation von Infektionserregern und Lymphomen:
Viral
- EBV
Endemisches Burkitt-Lymphom
M. Hodgkin
PTLD (post transplant lymphoproliferative disorder)
- HTLV1
Adultes T-Zell-Lymphom / Leukämie
- HHV8
M. Castleman
- Hepatitis C
Lymphoplasmozytoides Lymphom
Bakteriell:
- Helicobacter pylori
- Campylobacter jejuni
- Chlamydia psitacci
Magen - MALTom
IPSID (immunoproliferative small intestinal disease)
Ocular Adnexal MALTom
Wie stellt man fest, welche Erreger mit Lymphomen assoziiert sind, es könnte ja Zufall sein, da sowieso so viele Mensch
Helicobacter pylori haben?
Wenn man die Patienten antibiotisch behandelt, die etwa Helicobacter pylori oder Campylobacter jejuni haben und der
Erreger verschwindet, können sogar schon maligne entartete Lymphome zurückgehen und verschwinden. Sie können
sich anscheinend ohne den ständigen Antigenreiz nicht halten.
85% der malignen Lymphome sind Non-Hodgkin-Lymphome:
- Indolent 70%
- Aggressiv 30%
- B-Zell-NHL 70%
- T-Zell-NHL 30%
Die Vorläuferzellen wandern aus dem Thymus aus, entwickeln sich im Knochenmark zu Pro-B-Zellen, dann zu Prä-BZellen, dann gelangen sie als reife B-Zellen ins Blut. Die Entwicklung wird in den Lymphknoten weitergeführt; dort
setzen sich die B-.Zellen im follikulären Zentrum fest und entwickeln sich vom Zentroblast über Triggerung durch
Antigenkontakt (FDC, T-Zell-Hilfe) und mit somatischen Hypermutationen in den IgV-Genen zum Zentrozyt. Dann
findet eine Selektion hochaffiner Zellen statt, während die „low-affinity“-Zellen absterben. Die „high-affinity“ Zellen
überleben und gelangen wieder als Memory-B-Zellen und Plasmablasten ins Blut. Die Plasmablasten entwickeln sich
wieder im Knochenmark zu Plasmazellen weiter und produzieren Antikörper.
Irgendwo in dieser komplizierten Entwicklung kommt es beim Lymphom zur Entartung, die Zellen differenzieren sich
nicht mehr weiter und sammeln sich dann auf einem Stadium an. Wenn sich etwa die B-Zellen auf dem Stadium der prä
B-Zelle ansammeln, kommt es zur akuten lymphatischen Leukämie der B-Zell-Reihe, diese Zellen sammeln sich dann
im Knochenmark an.
Der „klassische“ M. Hodgkin geht von den low-affinity Zellen aus, die eigentlich absterben sollten. EBV sorgt dafür,
dass sie überleben (sog. „rescue“).
Man unterscheidet Prä-Keimzentrums-Lymphome, Keimzentrums-Lymphome und Post-Keimzentrums-Lymphome, je
nachdem, in welcher Zone des Lymphknotens und in welchem Stadium sich die Zellen zum Zeitpunkt der Entartung
aufhalten.
Prä-Keimzentrums-Lymphome:
- B-CLL (40%)
- Mantelzell-Lymphom
Keimzentrums-Lymphome:
- follikuläres Lymphom
- Burkitt-Lymphom
Post-Keimzentrums-Lymphome:
- Multiples Myelom
- B-CLL (60%)
- Diffus-großzellige Lymphome, Marginalzonenlymphome
B-Zell-Neoplasien (Auswahl):
Vorläufer B-Zell-Neoplasien:
- Vorläufer-B-Zell-lymphoblastische Leukämien / Lymphome
Reifzellige („periphere“) B-Zell-Neoplasien:
1. Prä-Keimzentrums-Lymphome
- B-CLL
- Mantelzell-Lymphom
2. Keimzentrums-Lymphome
- Burkitt-Lymphom
- follikuläre Lymphome Grad I-III
3. Post-Keimzentrums-Lymphome
- Diffus-großzellige Lymphome
- Marginalzonenlymphome
- Plasmozytom
T-Zell-Neoplasien (Auswahl):
Vorläufer-T-Zell-Neoplasien:
- Vorläufer-T-Zell-lymphoblastische Leukämien / Lymphome
Reifzellige („periphere“) T-Zell-Neoplasien:
- T-CLL
- Mycosis fungoides / Sezary-Syndrom
- Anaplastisches großzelliges CD30+ T-Zell-Lymphom
- Enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom
- Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom (AILD)
NHL - Einteilung nach klinischen Aspekten:
„indolent“
CLL
MALTome (mucosa-associated lymphatic tissue)
follikuläre Lymphome Grad I und II
„aggressiv“
Diffus-großzellige Lymphome
Follikuläres Lymphom Grad III
Mantelzell-Lymphom
Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom (AILD)
„hoch aggressiv“ B- und T-Vorläuferzell-Leukämien / Lymphome
Burkitt-Lymphom
Bei hoch aggressiven Lymphomen muss man sofort handeln, sie können innerhalb eines Wochenendes den gesamten
Bauch verdrängen.
Lymphome - Klinik:
- Schmerzlose Lymphknotenvergrößerung
- B-Symptome:
- Verlust von >10% des Körpergewichts in den letzten 6 Monaten
- Fieber >38°
- Nachtschweiß ohne anderen Grund
- Besonderheiten im Befallsmuster
- MALTome (u.a. Schleimhäute, Drüsen: Auge, Speicheldrüse, Schilddrüse)
- ZNS-Lymphome
- Befall von Knochenmark, Nasennebenhöhlen oder Hoden
Wenn Knochenmark, NNH oder Hoden betroffen sind, muss man eine Prophylaxe in einem Zentrum anstreben, da diese
Lymphome in 30% der Fälle auf das ZNS übergehen.
Lymphome - Staging:
- Anamnese
- Klinische Untersuchung - Lymphknotenstatus!
- Labor (BB, LDH, Harnsäure, Nierenparameter), umso höher das LDH, umso stärker das Tumorgeschehen, genauso
wie bei Harnsäure, weil der Zellumsatz höher ist. Vorsicht wegen Nierenversagen bei erhöhter Harnsäure.
- Bildgebung
- Knochenmarkpunktion
evtl:
- Liquorpunktion (bei Befall von KM, NNH, Hoden)
- Skelettszintigraphie
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Lymphome - Pitfalls:
- Ein Lymphknoten, der länger als ca. 3 Wochen vergörßert ist und nicht anderweitig erklärt werden kann, muss extirpiert werden!
- Supraclaviculäre Lymphknotenvergrößerungen sind in der Regel maligne!
- Histologie aus ganzem Lymphknoten anstreben! (wenn möglich keine Punktion, man verliert sonst nur Zeit)
- Histologie in ein Referenzzentrum schicken, da sie sehr schwierig ist.
- Patient in einem Zentrum vorstellen oder umgehend mit einem Zentrum Kontakt aufnehmen!
Maligne Lymphome sind heilbar, aber nur, wenn keine Fehler gemacht werden. Deswegen darf man sich hier keinen
Fehler erlauben.
Die Überlebensdaten für follikuläre Lymphome sind anfangs sehr gut, das mediane Überleben liegt bei etwa 10 Jahren;
allerdings geht die Kurve langfristig unweigerlich gegen Null. Bei großzelligen malignen Lymphomen sinkt sie zwar
schon nach etwa 3 Jahren auf 50-40%, aber dann bleibt sie recht konstant, diese Patienten sind geheilt.
Das sind allerdings alles Daten mit Standardtherapie. Durch eine Knochenmarkstransplantation, also eine sehr intensive
Therapie, nimmt man an, kann man die Überlebenskurven auf die nächstbessere prognostische Stufe heben.
Therapie der NHL:
Die aggressiven werden anders behandelt als die indolenten; bei den indolenten NHL wird in der Regel eine relativ verträgliche Chemotherapie gemacht, mit denen man diesen relativ langsamen Verlauf erreicht.
Bei den aggressiven NHL gibt man eine Kombinationschemotherapie oder evtl. Hochdosistherapie; die Letalität ist
anfangs hoch, wenn die Patienten die erste Zeit überstehen, sind sie allerdings fast immer geheilt.
Radiologie bei NHL
Aufgaben:
- Primärdiagnose und Staging
- ggf. Histologiegewinnung
- Therapiemonitoring
- Erfassen von Komplikationen
- Nachsorge
Methoden:
- Röntgenaufnahmen, z.B. mediastinales Lymphom im Röntgen-Thorax
- Skelettaufnahme, Abklärung positiver Knochenszintigraphie
- Sonographie, besonders zum Staging: Leber, Milz, Lymphknoten, Aszites
- Durchleuchtung zur Darstellung von Passagebhinderung oder Tumordetektion im Magen, Darm, neuerdings darstellbar mit virtueller Endoskopie
- Ganzkörpercomputertomographie, die Untersuchung geht in 30s, aber danach kann man sich 400 Bilder durchschauen...
- Magnetresonanztomographie
- Positronenemissionstomographie zum Ganzkörperstaging stoffwechselaktiver Herde mit radioaktiv markiertem
Zucker = [18F]-FDG (LK-Befall, Organbefall) oder zur Organdiagnostik: DD vitaler Resttumor / Narbe
- Überlagerung von PET und CT zur Darstellung der Stoffwechselleistung auf dem anatomischen Bild mit hoher räumlicher Auflösung. Das Gerät ist ein kombiniertes CT mit PET-Scanner, also ein doppelter Ring, durch den der Patient
geschoben wird.
Strahlentherapie: Kurative und palliative Konzepte
In den USA lag 1998 die Todesursache „Krebs“ an erster Stelle, wobei Brust-, Prostata- und Darmkrebs etwa die Hälfte
ausmacht.
Etwa 95% der Patienten, die zur Strahlentherapie erscheinen, haben bösartige Tumoren, etwa 5% kommen mit gutartigen Erkrankungen, wie M. Dupuytren, Schmerzbestrahlung bei Arthritiden, Exophthalmus (M. Basedow), Keloide und
zur Ossifikationsprophylaxe (TEP = Totalendoprothese).
Historisches:
- 1895: W.C. Röntgen entdeckt die nach ihm benannten Strahlen.
- 1896: Heilung eines Tierfellnävus durch Radiatio (Freund / Wien)
- 1956: Telekobalttherapie in Deutschland
- 1988: Facharzt für Strahlentherapie
Womit wird bestrahlt?
früher: Röntgenröhre
dann: Cobalt-Geräte
heute: Linearbeschleuniger, kann praktisch wie ein Laser eingesetzt werden
früher: Radiumeinlagen
heute: Brachytherapie mit Iridium 192
Mit der Brachytherapie kommt man direkt an den Tumor heran (so nah wie möglich, um die Belastung für das restliche
Gewebe gering halten zu können)
Arten der Strahlentherapie:
- externe Strahlentherapie („Teletherapie“) mit Photonen, Elektronen, Protonen, Neutronen
- Brachytherapie mit radioaktiven Nukliden (Ir-192, Cs-137, Co-60, J-125 u.a.)
Dosisbegriffe in der Strahlentherapie:
Energiedosis (D) = Energie (durch Strahlung auf Materie übertragen) / Masse (der bestrahlten Materie) in J/kg
...
Anforderungen an eine optimale Strahlentherapie:
Maximale Tumorkontrolle bei minimalen Nebenwirkungen; dazu bestrahlt man den Tumor aus verschiedenen Richtungen, um die Belastung bei Durchgang durch das gesunde Gewebe vor dem Tumor jeweils möglichst gering zu halten.
Ablauf der Strahlentherapie:
- Planung
- Simulation
- Ersteinstellung
- Bestrahlung
Bei der Planung muss man den makroskopischen Tumor, das makroskopische Tumorvolumen (subklinischer Befall)
und einen Sicherheitsabstand beachten, woraus sich ein wesentlich größerer bestrahlter Bereich ergibt, als der Tumor
eigentlich sichtbar einnimmt.
Man fertigt zuerst einen Kernspin an, trägt das Zielvolumen in die anatomischen Bilder ein und entwickelt dann einen
Bestrahlungsplan.
Die Simulation stellt eine „Generalprobe“ der Bestrahlung unter Durchleuchtung, Erstellung von Röntgenbildern der
Bestrahlungsfelder und Einzeichnung der Felder dar.
Besonders wichtig ist eine präzise Lagerung bei der Bestrahlung, wofür bei Gehirnbestrahlungen Gesichtsmasken angefertigt werden, auf denen man die Zielgebiete einzeichnet und mit denen man ggf. den Kopf fixieren kann.
DNA-Schädigungen nach Einwirkung ionisierender Strahlung:
- Doppelstrangbruch
- Einzelstrangbruch
- Denaturierungen
- Basenverlust
Gesunde Zellen können solche DNA-Schädigungen besser reparieren als sich ständig teilende Tumorzellen. Der Unterschied ist allerdings verhältnismäßig gering, deshalb dauert die Bestrahlung so lange; man bestrahlt so lange, dass sich
das gesunde Gewebe danach wieder einen Tag erholen kann und bei der nächsten Bestrahlung fast vollständig regeneriert ist, während der Tumor stärker darunter leidet und bei jeder Bestrahlung weiter zurückgeht.
Nebenwirkungen ionisierender Strahlung:
- „radioaktive Verseuchung“ - tritt nicht ein, wir sind ja nicht in Tschernobyl...
- „Krebs durch Bestrahlung“ - das Risiko wird mit höchstem Aufwand minimiert
- „Strahlenkater“ - kann vorkommen
- „Verbrennung“ - spielt keine Rolle mehr, außer in Kombination mit manchen Chemotherapeutika, die eine höhere
Empfindlichkeit der Haut bewirken
- Monate bis Jahre nach Bestrahlung:
Effekte an Geweben mit langsamem Zellumsatz. Atrophie, Fibrosen, Teleangiektasien, Ulzerationen, Stenosen,
Nekrosen, Demyeliniserungen (Nervenausfälle, neurophysiologische Defizite, usw.)
Einsatzgebiete der Strahlentherapie:
- adjuvant: Abtötung verbliebener mikroskopischer Tumorzellnester im OP-Gebiet oder in nicht entfernten Lymphknoten - wichtig: Abschätzung des Risikos.
- neoadjuvant: Verkleinerung des Tumors zur Verbesserung der Operabilität - besserer Funktionserhalt, geringere Morbidität
- primär: Abtötung aller Tumorzellen ohne Operation
- palliativ: Linderung von Symptomen
primär
Bronchial-Ca.
HNO-Tumoren
Lymphome
Cervix-Ca.
Prostata-Ca.
...
adjuvant
Bronchial-Ca.
HNO-Tumoren
Lymphome
Cervix-Ca.
Prostata-Ca.
...
neoadjuvant
Bronchial-Ca.
HNO-Tumoren
Sarkome
Ösophagus-Ca.
Rectum-Ca.
Adjuvante Bestrahlung:
Beispiel: Mammakarzinom
42.000 Neuerkrankungen / Jahr, jede 10. Frau erkrankt
Man operiert heute normalerweise mit zwei Schnitten; einer bogenförmig ~5cm oberhalb der Mamille, einer in der
Achselhöhle.
Strahlentherapie beim Mamma-Ca:
Ziel der Therapie: Vernichtung mikroskopisch kleiner Tumorzellnester im Operationsgebiet
Bestrahlungstechnik: Bestrahlung im Liegen, entweder mit parallelem Parasternalfeld (32% Photonen + 68% Elektronen, 14 MeV) oder mit der Standardtechnik (32% Photonen + 68% Elektronen, 10 MeV).
Merke:
- Durch die adjuvante Strahlentherapie der Brust wird das Lokalrezidivrisiko auf 1/3 reduziert.
- Die Strahlentherapie trägt maßgeblich zur Heilung bei.
Neoadjuvante Bestrahlung:
Beispiel: Colon-Ca.
Therapie:
- totale Mesorektumexstirpation
- anteriore Rektumresektion
- abdominoperineale Rektumresektion
Man lagert die Patienten zur Bestrahlung im sog. „Belly-Board“ in Bauchlage, das in der Mitte ein Loch für den Bauch
hat; die Darmschlingen fallen dann sozusagen in dieses Loch und sind aus dem Bestrahlungsfeld heraus.
Primäre Strahlentherapie:
Beispiel: Prostata-Ca.
- Altersgipfel 71-72 Jahre
- USA/Deutschland zweithäufigster Tumor beim Mann
Subjektive Einschränkung durch Beschwerden im jeweiligen Bereich (Lebensqualität / Nebenwirkungen):
- Blase - 2,3% Bestrahlung, 11,2% OP
- Rektum - 8,4% Bestrahlung, 3,3% OP
- Potenz - 25,3% Bestrahlung, 59,4% OP bei Patienten unter 60, 46,1% Bestrahlung, 53,2% OP bei Patienten über 60.
Wie man sieht, sind die Einschränkungen durch die Bestrahlung einiges geringer als die durch die OP.
Palliative Strahlentherapie:
Beispiel Knochenmetastasen
Vor allem bei Brust- und Prostatatumoren treten Knochenmetasten auf, etwa in 45-85% aller Fälle, bei denen Metastasen
auftreten.
Ziele der Palliation:
- Schmerzreduktion
- Funktionserhalt / Wiederherstellung der Funktion
= Erhalt oder Verbesserung der Lebensqualität!
Indikationen:
- Schmerzen
- Statikgefahr
- drohende neurologische Ausfälle bei begleitendem Weichteiltumor
- ...
Einfluss der Bestrahlung von Knochenmetastasen auf die Lebensqualität: Bei 50% der Patienten komplette Schmerzfreiheit.
Multimodale Therapie:
Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten durch Kombination von Strahlen- und Chemotherapie, Verringerung der
einzelnen Dosen und toxischen Wirkungen.
Beispiel Zervixkarzinom:
Verbesserte Heilungsaussichten durch Kombination von cisplatinhaltiger Chemo- und Strahlentherapie im inoperablen
Tumorstadium.
Beispiel Analkarzinom:
Durch die kombinierte Radiochemotherapie kann in 70% der Fälle der Schließmuskel erhalten werden, Heilungen sind
85% möglich. Früher wurde immer radikal operiert, die Patienten bekamen immer einen Anus praeter. Heute wird nur
noch eine Gewebeprobe entnommen und eine entsprechende Radio- und Chemotherapie durchgeführt.
Neuerungen in der Strahlentherapie:
- Intensitätsmodulierte Strahlentherapie - IMRT: millimetergenaue Anpassung des Bestrahlungsfeldes an die Kontur
des Tumors durch Einsatz verschieblicher Metallblenden im Bestrahlungsfeld (Raster). Dadurch kann man die Intensität einer einzelnen Bestrahlung direkt räumlich einstellen.
- Stereotaxie: Durch Fixierung des Kopfes und Benutzung mehrere Bestrahlungsebenen, auf denen geschwenkt wird,
kann man punktgenau bestrahlen.
Kolorektale Karzinome
Das Kolonkarzinom gehört zu den vier großen Tumoren (Brust-, Prostata-, Lungen- und Kolonkarzinom), man hat etwa
ein Risiko von 5,8%, im Lauf des Lebens daran zu erkranken.
Die meisten Kolonkarzinome treten sporadisch auf, allerdings hat es auch hier einige erbliche Komponenten, die später
besprocher werden.
Das RIK schätzt, dass man allein in Deutschland etwa 34.000 Fälle von Dickdarmkrebs (andere seriöse Quellen sprechen von 61.000 Fällen) durch die richtige Ernährung vermieden werden könnten.
Die Inzidenzraten variieren um den Faktor 20 (die höchsten Raten in der westlichen Welt, die niedrigsten in Indien).
Immigranten entwickeln innerhalb von einer Generation die Inzidenzrate des Gastlandes... sie hängt also vor allem von
der Ernährung ab.
Ätiologie:
- Diät: Fleischkonsum hoch (u.a. Nitrosamine)
Gemüse niedrig (u.a. verminderte Antioxidantien)
Ca-Gehalt niedrig (?)
Fasergehalt niedrig (ev. nur Auswirkungen auf Colon-Ca)
- Rauchen (v.a. durch heterozyklische Amine)
- Alkohol
- Ureterosigmoidostomie
- chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Wenn eine normale Zelle zur Tumorzelle wird, spricht man von einer Initiierung; die Promotion danach, in deren Verlauf
die initiierte Zelle zur präneoplastischen Zelle wird, dauert teilweise über 10 Jahre. Danach folgt eine Progression über
mindestens ein Jahr zur neoplastischen Zelle, erst dann hat man einen malignen Tumor. Sogenannte „phytochemicals“,
die vor allem in verschiedenen Gemüsen wie Broccoli, Tomaten usw. vorkommen, verhindern anscheinend die Progression.
Empfehlungen für die Normalbevölkerung („lifestyle factors“):
- regelmäßige Bewegung
- Früchte / Gemüse 5x täglich (evtl. 8x täglich)
- reduzierte Aufnahme gesättigter Fettsäuren
- Ersatz von Fleisch durch Fisch
- kein Alkohol, kein Nikotin
- Teilnahme an Screening-Programmen
- Arzt aufsuchen bei Symptomen
Screening der asymptomatischen Bevölkerung:
Um ein Kolonkarzinom über die jährliche Haemoccult-Untersuchung zu erwischen, muss man im Schnitt 1173 Untersuchungen durchführen. Die Detektionsrate ist nur 24% (auf der Basis von Koloskopie).
Die Detektionsrate bei der Sigmoidoskopie alle 5 Jahre liegt schon bei 75%, sie stellt eigentlich die kosteneffektivste
Methode dar (evtl. kombiniert mit Haemoccult).
Man sollte ab dem 55. Lebensjahr eine komplette Koloskopie mit Wiederholung alle 10 Jahre durchführen, einmal mit
65 Jahren ist zwar nicht so gut, aber ein Kompromiss (von Compliance und Kosten her).
Ursachen kolorektaler Karzinome:
- sporadisch 65-85%
- familiär 10-30% (v.a. Keimbahnmutationen)
- HNPCC <5%
- FAP ca. 1%
Personen mit APC (adenomatöser Poliposis coli) entwickeln zu 100% bis zum Alter von 65 Jahren ein Kolonkarzinom.
Personen mit HNPCC entwickeln immerhin noch mit 70-80% eines.
Man hat zwei Wege der Tumorentwicklung; einer läuft über Defekte des DNA-Mismatch-Repair-Systems, der andere
ist der „Suppressor-Weg“, der über die sequentielle Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen läuft (wie etwa bei APC,
DCC, p53). 85% der Kolonkarzinome entstehen über den Suppressor-Weg, der Rest über DNA-Mismatch-...
Bei der hereditären Form kommen die betroffenen Menschen schon als Mutationsträger auf die Welt, ein Allel des
entsprechenden Tumorsuppressorgens ist bei ihnen schon inaktiv. Wenn dann auch noch das zweite Allel ausfällt, entwickeln sie ein Karzinom. „Normale“ Menschen müssen erst durch spontane Mutationen beide funktionsfähigen Allele
verlieren, bevor sich bei ihnen ein sporadisch aufgetretener Tumor entwickelt.
Über mutierte Protoonkogene können ebenfalls Tumoren entstehen.
Man braucht mindestens sieben genetische Ereignisse, um ein Karzinom zu entwickeln, es müssen zahlreiche Mutationen auftreten, bis sämtliche verhindernden Mechanismen außer Kraft gesetzt sind.
Familiäre adenomatöse Poliposis Coli (FAP):
- autosomal-dominante Vererbung
- angeborenen Mutationen des APC-Gens (Chromosom 5q)
- Mutationen führen i.d.R. zu Stopcodons
- Ca. 30% der Keimbahnmutationen treten de novo auf.
- Im mittleren Alter von 44 Jahren in 100% Adenomentwicklung, bei 65 Jahren 100% Karzinomentwicklung.
- Typisch: kongenitale Hypertrophie des retinalen Plattenepithels.
- Bei Trägern: Jährliche Koloskopie ab dem 10. Lebensjahr, komplette Kolonresektion beim Auftreten erster Polypen.
Mikrosatelliten („genetic stutter“):
Als Mikrosatelliten bezeichnet man Sequenzen, die in der DNA instabil sind und sich wiederholen, bei jeder Replikation
werden von ihnen mehr oder weniger vervielfältigt. Solche instabilen Sequenzen sind natürlich sehr gefährlich; normalerweise hat der Körper DNA-Mismatch-Reparatur-Mechanismen, die solche Instabilitäten beheben. Sind diese Gene
defekt, erhält man eine Akkumulation von neuen Mikrosatelliten-Allelen.
- meist in nicht-kodierenden Teilen des Genoms
- gelegentliche allerdings in kodierenden Regionen für Gene, die Zellwachstum und Apoptose regulieren => „frameshift mutations“
- beteiligt bei:
- vererbten neurodegenerativen Erkrankungen (z.B. Chorea Huntington) = Trinukleotid-repeat-Expansion an einer
definierten Stelle
- einigen Tumoren, v.a. Colon-Ca. (100-1000fach erhöhte Mutationsrate mit generalisierter Mikrosatelliteninstabilität)
Kolontumoren mit Defekten des DNA-Mismatch-Repair-Systems:
- betroffene Gene: bei >90% MSH2 und MLH1-Gene
- bei HNPCC: Mutationen dieser Gene
- bei sporadischen Tumoren mit Mismatch-Repair-Defekten: Hypermethylierung der Promotorregion des MLH1-Gens
→ keine Transkription
- klinische Besonderheiten:
- mehr rechtsseitige Tumoren
- Histologie: wenig differenziert, Lymphozyteninfiltration, 20% muzinös, Siegelringzellen
- bessere Prognose
Hereditäres nicht-polypöses kolorectales Karzinom (HNPCC; Lynch-Syndrom):
- autosomal-dominante Vererbung
- Keimbahnmutationen von Mismatch-Repair-Genen (MSH2, MLH1)
- 95% zeigen Mikrosatelliten-Instabilität
- mittleres Alter bei Diagnose des Karzinoms ~45 Jahre
- etwa drei Viertel der Patienten mit HNPCC entwickeln ein Karzinom
- Tumorsitz häufig im proximalen Kolon
- keine höhere Adenominzidenz, bei bestehendem Adenom jedoch häufiger und schneller Entwicklung eines Karzinoms
- hohes Risiko für andere solide Tumoren (Endometrium-Ca, Urothel-Ca, Magen-Ca, Gallengangs-Ca)
Familiäares kolorektales Karzinom („familiäres Clustering“):
- positive Familienanamnese ohne klares Vererbungsmuster
- Alter bei Erstdiagnose fast wie bei sporadischen Colon-Ca
- vielfältige Ursachen, bisher keine spezifischen genetischen Alterationen definiert
- wenig oder keine Adenome
Wenn schon Lymphknoten beim Colon-Ca betroffen sind, führt man nur noch eine palliative Therapie durch.
Prognose:
5 Jahres-Überleben bei
Stadium I
98-100%
Stadium II
75-80%
Stadium III 59-66%
Stadium IV 12-20%
Diagnostik:
- (Pan)-Koloskopie (Problem: Akzeptanz... mögliche Lösung: Kapselendoskopie)
- Irrigoskopie (bei Stenose) = Kontrastmitteleinlauf
- Rektoskopie
- CT Abdomen/Thorax
- virtuelle Koloskopie (Problem: Man kann Stuhlreste nicht von Tumoren unterscheiden)
- MRT (Rektum)
- Sonographie
- Rö-Thorax
- Tumormarker: CEA, (CA 19-9, TPA, CA 125)
Manchmal sind schon metastasierende Tumoren kleiner als einen Zentimeter und nur von sehr erfahrenen Endoskopeuren zu entdecken. Bei der Kapselendoskopie wird eine kleine Kapsel mit Kamera geschluckt, die den Darm durchläuft
und die Bilder sendet.
Operative Therapie mit kurativer Zielsetzung:
- radikale Chirurgie nach onkologischen
- eingeschränkt radikale Verfahren
Kolonkarzinom - Therapie etabliert (MIC?)
Rektumkarzinom - limitierte Resektion / multimodale Therapie
- Chirurgie von Leber- und Lungenmetastasen
Interessant: Auch bei Lebermetastasen beim Kolonkarzinom sprechen manche noch von einer lokalisierten Erkrankung.
Metastasen allgemein bei Kolonkarzinomen lassen sich durchaus noch kurativ behandeln, im Gegensatz zu anderen
Tumorerkrankungen, wo man eigentlich nur noch palliativ vorgehen kann.
Operationsverfahren:
- radikale (R0)-Resektion mit en-bloc-Entfernung des regionären Lymphabflussgebietes.
- strikte Vermeidung einer Tumoreröffnung (ggf. im OP-Bericht dokumentieren). Bei Kontakt mit Nachbarorganen
multiviszerale Resektionen.
- Mitentfernung von Metastasen, wenn damit R0-Resektion erreichbar (synchron oder metachron).
Das versorgende Gefäß - respektive Lymphabflussgebiet - bestimmt das Resektionsausmaß. Bei „Flexurkarzinomen“
führt man eine erweiterte Hemikolektomie vor, bei der man noch das gesamte Colon transversum inklusive beider Flexuren herausnimmt. Beim klassischen Tumor (z.B. im Colon descendens) führt man eine Hemikolektomie durch, bei
einem Sigmatumor nur eine Sigmaresektion.
Es kann allerdings wegen der radikalen Resektion der Gefäßstämme zu Durchblutungsstörungen kommen, wodurch
man im Endeffekt mehr Colon entfernen muss, als man eigentlich wollte.
Der wesentliche Punkt, der eigentlich Standard sein sollte, ist die Anzahl der Lymphknoten: Es müssen mindestens
zwölf Lymphknoten im Resektat enthalten sein, sonst kann der Pathologe keine sichere Endklassifikation durchführen.
Dadurch kann dem Patienten das falsche Tumorstadium zugewiesen werden, wodurch er dann wieder möglicherweise
eine falsche Behandlung erhält.
Bei der Multiorganresektion bei T4-Stadium sind die Überlebensraten immerhin noch über 70% beim 10-Jahres-Überleben.
Beim Rektumkarzinom kann man eine kontinenzerhaltende, anteriore Rektumresektion durchführen; ist der Sphincter
allerdings schon betroffen, muss man eine Rektumexstirpation durchführen, bei der ein künstlicher Darmausgang gelegt
wird.
Eingeschränkt radikale Verfahren:
Bei „low risk“-Tumoren (R0, low grade = G1-2., keine Gefäßinvasion = V0, L0)
Man führt dann eine endoskopische Polypektomie durch; wichtig dabei ist eine mikroskopische Untersuchung des resizierten Polypenstiels, der natürlich tumorfrei sein muss.
Beim jungen Patienten, der eine „volle“ Operation verkraftet, sollte man radikal operieren, um einen 100%ige Rezidivfreiheit zu gewährleisten. Bei den eingeschränkt radikalen Verfahren kann man die Prognose des Patienten bei nicht
vollständiger Resektion verschmälern.
Lebermetastasen:
Entfernt man schon vorhandene Lebermetastasen metachron, kann man auch nach 10 Jahren noch eine Überlebensrate
von etwa 40% erreichen, also deutlich besser als etwa bei Lebermetastasen anderer bösartiger Erkrankungen.
Kopf- und Halstumoren
Wenn man über Kopf- / Halstumoren spricht, meint man alle Tumoren in diesem Bereichen außer intrakranielle Tumoren. Dazu zählen also auch Tumoren der Schädelbasis und Gehörgangstumoren, die allerdings auch nach intrakraniell
wachsen können. Die Therapie besteht bei solchen Tumoren aus einer hochenergetischen Bestrahlung, die nur in Heidelberg durchgeführt werden kann.
Zur Operation von Schädelbasistumoren wählt man einen infratemporalen Zugang, es wird mikrochirurgisch operiert,
eine solche OP dauert zwischen 6 und 24h...
Tumoren im Bereich von Nase und Nasennebenhöhlen sind entweder Plattenepithelkarzinome oder Adenokarzinome.
Fragt man bei Patienten mit Adenokarzinomen nach dem Beruf oder den Hobbys, findet man fast immer etwas, das mit
der Bearbeitung von Hartholz, hier häufig Eichenholz, zu tun hat. Deshalb sind Adenokarzinome seit kurzer Zeit eine
anerkannte Berufskrankheit. Therapie ist die Bestrahlung
Bei Pharynxtumoren muss man ganz klar unterscheiden zwischen Tumoren des Nasopharynx und solchen von Mesooder Hypopharynx. Im Nasopharynx sind praktisch alle Tumoren sogenannte undifferenzierte Karzinome (früher nannte
man es lymphoepitheliales Ca.), sie werden vom Epstein-Barr-Virus ausgelöst, das immer mit Zellen des Lymphsystems
assoziiert ist. Im Blut lassen sich dann EBV-NA oder EBV-EA nachweisen.
Außer den undifferenzierten Karzinomen findet man im Pharynx auch Plattenepithelkarzinome, die Therapie besteht aus
OP + Bestrahlung.
Kehlkopfkarzinome traten früher nur bei Männern auf; seit Frauen rauchen und heute sogar häufiger als Männer rauchen, treten sie genauso häufig auch bei Frauen auf. Die HNO-Klinik benötigt ein Drittel ihrer aufgewendeten Zeit für
die Behandlung von Tumorpatienten (kleine Information am Rande).
Unter den Kehlkopfkarzin omen sind die Karzinome der Stimmlippe mit Abstand die häufigsten. Das sind fast immer
Plattenepithelkarzinome; Adenomkarzinom sind dort sehr selten.
Die Therapie kippt mitten im Stadium T2, deswegen spricht man in Deutschland von T2a und T2b, jedenfalls wenn es
noch N0 und M0 ist. Bei T2a ist die Stimmlippe noch beweglich, bei T2b nicht mehr.
Das Frühsymptom des Kehlkopfkarzinoms ist immer die Heiserkeit; hat man jemals einen Patienten mit über drei
Wochen anhaltender Heiserkeit, muss man ihn unbedingt in die HNO-Klinik zur Abklärung schicken, nicht selten verbirgt sich dahinter ein Kehlkopf-Ca.
Die Heilungsrate bis T3 bei N0 und M0 beträgt über 90%, das ist die 5-Jahres-Überlebensrate. Beim T1 bis T2a-Karzinom beträgt die Überlebensrate sogar 95-96% (absterbebereinigt, d.h. rausgerechnet, wieviele Patienten an sonstigen
Ursachen gestorben wären).
Therapie ist bei T1 bis T2b die endoskopische Operation mit dem CO2-Laser, mit dem sich sehr präzise und ohne Blutung
operieren lässt. Die Behandlung ist ambulant, der Patient kommt morgens und kann mittags wieder nach Hause.
Als gleichwertige Therapie steht die Strahlentherapie zur Verfügung; die Operation hat den Nachteil, dass manchmal
eine lebenslange Heiserkeit auftritt, dies ist bei der Strahlentherapie praktisch nie der Fall.
In ungefähr 12% der Fälle tritt ein Rezidiv auf, sowohl bei OP als auch bei Strahlentherapie. Wurde der Patient primär
bestrahlt, muss man das Rezidiv operieren. In bestrahltem Gebiet zu operieren, ist eine sehr undankbare Aufgabe.
Manchmal muss dann eine komplette Kehlkopfentfernung vorgenommen werden. Dies ist bei 8% der Patienten mit
primärer Strahlentherapie der Fall, in 4% der Fälle, die primär operiert wurden.
Auch bei T2b bis T3-Tumoren kann man nur operieren, allerdings ist bei diesen Tumoren die Regel, dass schon Regionalmetastasen aufgetreten sind, wodurch dann eine Bestrahlung indiziert ist.
Die Operation mit dem CO2-Laser wird dreimal, in Einzelfällen sogar häufiger, im Abstand von 6 Wochen durchgeführt.
Dadurch erreicht man die hohe Wahrscheinlichkeit für Rezidivfreiheit.
Wenn das Karzinom die äußeren Grenzen des Kehlkopfs erreicht oder diese durchbricht, hat man ein T4-Karzinom.
Dieses wird nicht mehr operiert, sondern versucht, mit Radiatio kurativ zu behandeln. Die 5-Jahres-Überlebensrate ist
bei T4-Karzinomen des Kehlkopfs nur noch etwa 10%.
Wenn schon Lymphknoten befallen sind, wird eine Ausräumung der Regionallymphknoten mit einer sog. „neck dissection“ durchgeführt. Aus dem Pschyrembel: „ein- od. beidseitige Halsausräumung (sog. En-bloc-Resektion) mit
ausschl. Entfernen der regionären Lymphknoten von der Schädelbasis bis zum Thoraxeingang zw. der oberflächlichen
u. tiefen Halsfaszie (konservative N. d.) od. unter Mitnahme des M. sternocleidomastoideus, der V. jugularis interna u.
des Fettgewebes (radikale N. d.); Ind.: bei malignem Tumor im Hals-Kopf-Bereich mit zervikalen od. submandibulären Lymphknotenmetastasen; kons. bei ausschließl. Notwendigkeit der Entfernung des lymphat. Gewebes; radikal bei
Lymphknotenmetastasen mit Kapselruptur u. lokaler Infiltration von nodulären Tumorzellen; prophylakt. bei Verdacht
auf Mikrometastasen od. okkulten Metastasen.“
Man kann bei älteren Patienten sogar meistens die A. carotis interna ausräumen, da bei ihnen die Versorgung des Gehirns
über den Circulus arteriosus Willisii meist gut genug funktioniert, um keine Folgen beim Ausfall einer A. carotis interna
befürchten zu müssen. Man testet das natürlich vorher, indem man sie immer weiter verengt.
Strahlentherapie bei PEKs des Larynx und Pharynx:
- relativ strahlensensibel (bei kleinen Tumoren >80% Heilung auch ohne OP)
- postoperativ hohe Wirksamkeit bei der Abtötung mikroskopisch verbliebener Tumorzellnester
- postoperative Strahlentherapie daher bei T3- / T4-Tumoren oder bei >2 befallenen Lymphknoten indiziert
Mit einer hyperfraktionierten Strahlentherapie (kleinere Einzeldosen, aber insgesamt höhere Strahlendosis) erreicht
man in der Regel bei gleichen Nebenwirkungen eine deutlich bessere (ungefähr 2x höhere Überlebensrate) regionale
Tumorkontrolle. Kombiniert man das noch etwa mit DDP (Cisplatin)-Chemotherapie, kann man die Überlebensrate
noch weiter steigern.
Die Therapie der Wahl bei fortgeschrittenen, inoperablen Tumorstadien ist also heute die simultane Radio-Chemotherapie; man erreicht damit nach neueren Studien einen Larynxerhalt in etwa 85% der Fälle nach 5 Jahren.
Nebenwirkungen einer ausgedehnten Radiotherapie:
Akut:
- Hautreaktion
- Mukositis
- Schluckbeschwerden
- Geschmacksverlust
- Mundtrockenheit
Chronisch:
- Fibrose
- Haut-Schleimhaut-Atrophie
- Mundtrockenheit, sehr häufig wenn die Parotiden mitbestrahlt werden müssen
- Karies
- Osteoradionekrose, am meisten gefürchtet, die Schleimhaut öffnet sich über dem Knochen, er entzündet sich und
stirbt ab
Die akuten Reaktionen heilen in der Regel zwei bis drei Wochen nach der Strahlentherapie ab.
Biologische Bestrahlungsplanung mittels PET-CT und IMRT:
Man kann mit CT und PET diverse Regionen bestimmen, die entweder hoch stoffwechselaktiv oder hypoxisch oder
hochproliferativ oder sonstwas sind, dann damit das Zielvolumen bestimmen, gibt einen Sicherheitsabstand dazu, weil
der Patient nicht bei jeder Bestrahlung genau gleich liegt, und bestrahlt das dann von verschiedenen Richtungen mit
Blenden praktisch dreidimensional.
Fazit:
T1-2 N0:
T3/4 N1-2
falls LE indiziert:
nicht resektable Tumoren
OP oder Radiotherapie
OP + Radiotherapie
Aufklärung über die Möglichkeiten mit Larynxerhalt + Radiochemotherapie
Radiochemotherapie
Neue Strahlentherapie-Techniken ermöglichen höhere Heilungschancen bei weniger Nebenwirkungen.
ZNS-Tumore und -Metastasen
Die verschiedenen Formen der ZNS-Tumoren sind teilweise sehr sehr selten, deshalb muss man oft weit fahren, bis man
einen Spezialisten findet, der sich damit gut auskennt. Deshalb sind die Neurowissenschaften recht wichtig, um etwa
Patienten und Ärzte zu den neurologischen Nebenwirkungen verschiedener Therapie zu informieren.
Symptome:
- Kopfschmerzen: Nur etwa 20% der Patienten mit Hirntumor haben irgendwann Kopfschmerzen. Die treten halt
wegen erhöhtem Hirndruck auf, wenn etwa ein Medulloblastom das Aquädukt zudrückt. Oder ein Tumor wächst in
die Meningen hinein; jedenfalls können nur die Meningen schmerzen.
Gefährlich wird die Sache, wenn der Liquorabfluss gestört ist, da dann die oberen Liquorräume unter Druck stehen,
da der Liquor nicht nach unten abfließen kann. Wenn man dann noch lumbalpunktiert, um etwa eine Meningitis o.Ä.
abzuklären, sinkt der Druck unten weiter ab, während er oben konstant bleibt, so dass der gesamte Hirnstamm in das
Foramen magnum reingedrückt wird.
- Sehstörungen: Z.B. Hypophysenadenome drücken auf den N. opticus im Bereich des Chiasma opticum → bitemporale Hemianopsie, da die Nervenbahnen der medialen Netzhautseite (also die das laterale Gesichtsfeld sehen) kreuzen
und nicht ausweichen können, wenn der Tumor von unten dagegenwächst.
- Krampfanfälle / Grand Mal: Das wichtigste Symptom bei Hirntumoren. Jede Person, die das erste Mal einen zerebral
bedingten Krampfanfall bekommt, muss in die Röhre gesteckt werden, auch wenn sie zu der Zeit stockbesoffen war.
Die Krampfschwelle ist sehr unterschiedlich; manche Patienten mit sehr großen Tumoren krampfen überhaupt nie;
Patienten mit schnell wachsenden Tumoren (Glioblastom) krampfen paradoxerweise seltener als Patienten mit langsam wachsenden Tumoren. Nur sehr selten sind die Krampfanfälle fokal, so dass man gleich weiß, wo man suchen
muss.
Es ist nicht ausreichend, ein EEG zu machen, man muss schon eine richtige Bildgebung machen.
Je älter der Patient ist, wenn er den ersten Krampfanfall hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass er einen Hirntumor
hat. Bei Patienten über 40 ist die Wahrscheinlichkeit etwa 40%, dass man gleich einen relevanten Tumor in der Bildgebung findet. Kinder mit Krampfanfall schickt man normalerweise mit Verdacht auf Epilepsie in die Neuropädiatrie.
- Schwindel: Akustikusneurinome verursachen primär Schwindel. Diese Teile lieber zu früh als zu spät operieren, da
die Wahrscheinlichkeit für eine Facialisparese schnell steigt, und ein Mensch mit einer Facialisparese hat ein sehr
ernstes Problem, man kann sich praktisch nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen und keinen Beruf mehr ausüben.
Keine B-Symptomatik: Die wenigsten Patienten mit primärem Hirntumor zeigen eine B-Symptomatik.
Häufige, aber recht harmlose Tumoren, die an der Großzehe nicht stören würden, aber intrakraniell stören, weil sie
Raum fordern:
- Hypophysenadenome
- Neurinome
- Meningeome
Die Therapie dieser Viecher ist primär eine Domäne der Chirurgie, man muss eigentlich nur darauf achten, dass der
Patient nicht in schlechterem Zustand aus der OP herauskommt, als er hineingeht.
Tumore der Glia:
Teilt man von Grad I bis Grad IV ein, je nach Grad der Malignität. Die Grad I-Tumoren, pilozytische Astrozytome,
scheinen nicht wirklich dazuzugehören, denn sie haben einen Heilungschance über 90%, sie kommen in der Regel nie
wieder und zeigen auch keine Progredienz. Die Grad II-Tumoren dagegen (differenzierte Astrozytome) sind, wenn ein
Rezidiv auftritt, oft Grad III, später Grad IV. Dasselbe gilt für Grad III-Tumoren (anaplastische Gliome), sie werden mit
der Zeit immer bösartiger.
Das mittlere Überleben bei differenzierten Astrozytomen beträgt noch 8 Jahre, bei anaplastischen Gliomen 26 Monate,
bei Glioblastomen (Grad IV WHO) nur noch 12 Monate. Man kann Astrozytome/Gliome Grad II-IV nicht operativ
kurativ behandeln, und jeder Chirurg, der das behauptet, irrt. Wenn man einen solchen Gliatumor operiert, ist die lokale
Rezidivrate über 90%, deshalb hat sich die Strahlentherapie als Standardtherapie etabliert. Mit Strahlentherapie schiebt
man das mediane Überleben etwa 6-8 Monate hinaus, mit zusätzlicher Chemotherapie nur unwesentlich, dafür schafft
man damit eine Art Basis der Tumorfreiheit; mit Strahlen- und Chemotherapie bleibt ein gewisser Prozentsatz der Patienten auf Dauer tumorfrei.
ZNS-Metastasen:
- häufigste „ZNS-Tumore“ im Erwachsenenalter
- Inzidenz 10-30% aller erwachsenen Tumorpatienten, 6-10% aller pädiatrischen Tumorpatienten
- Lokalisation:
- Hemisphären 80%
- Cerebellum 15%
- Hirnstamm 5%
- singuläre Metastase in ~30%, prognostisch hochrelevant (OP oder keine?)
- hämatogene Streuung (lymphogen geht ja schlecht ohne Lymphgefäße im Gehirn), manchmal auch Metastasierung
per continuitatem, z.B. bei Knochentumoren der Schädelbasis
Im Prinzip kann jeder Tumor Hirnmetastasen absetzen, aber nur wenige machen es relativ häufig:
- Bronchialkarzinom
48% der ZNS-Filiae
- Mammakarzinom
15%
- Melanom
9%
- Kolonkarzinom
5%
- unbekannter Primarius 11%
- anderer Primarius
13%
Sehr selten zeigen Ösophaguskarzinome, Kopf-Hals-Tumore, Hauttumore (außer Melanom) und Prostatakarzinome
eine zerebrale Metastasierung.
Klinik:
In ~70% der Fälle treten neurologische
auf.
- Kopfschmerzen
- fokale neurologische Symptomatik
- kognitive Dysfunktion
- Krampfanfall
- Apoplex
Symptome durch verdrängendes Wachstum des Tumors oder Begleitödeme
(40-50%)
(20-40%)
(~30%)
(10-20%)
(5-10%)
Diagnostik:
- Differentialdiagnosen:
- primäre ZNS-Neoplasie
- Infektion
- Blutung
- Infarkt
- PML (progressive multifokale Leukenzephalopathie)
- Radionekrose
- Bildgebung (singuläre versus multifokale Filiae, Lokalisation, Aspekt?)
- Schädel-CT
- kontrastangehobenes MRT
- Liquoruntersuchung
- neurophysiologische Untersuchung
- Staging (Suche nach systemischen Tumormanifestationen):
- klinische Untersuchung (Haut, Mamma, Genitale)
- Biochemie (Tumormarker)
- Sonographie, Rö-Thorax, GK-CT, Skelettszintigraphie, Mammographie etc.
Therapie:
- symptomatische Therapie
- Kortikosteroide (Begleitödem geht zurück)
- antikonvulsive Therapie bei zerebralem Krampfanfall
- Lokaltherapie
- Chirurgie → Resektion singulärer Metastasen
- Strahlentherapie, entweder Ganzhirn- oder stereotaktische Bestrahlung oder postoperative Nachbestrahlung
- Systemtherapie der zugrundeliegenden Neoplasie
- Chemotherapie
- Hormontherapie
Das Problem an der Chemotherapie ist die Blut-Hirn-Schranke, die nur wenige Chemotherapeutika durchlässt, z.B.
Methotrexat, Topotecan, Ara-C oder Temozolomid.
Prognose:
Günstig bei
- Kontrolle der zugrundeliegenden Neoplasie
- Alter <60
- KPS >70%
- langes Intervall PD - zerebrale Metastasierung
- chirurgische Resektion
- <3 Filiae
Mittleres Überleben je nach Therapie:
- keine:
1 Monat
- Kortikosteroide:
2 Monate
- Strahlentherapie:
3-6 Monate
- Resektion + WBRT: 10-16 Monate
Primäres ZNS-Lymphom (PCNSL):
- ~1% aller Lymphome
- Immundefektsyndrome erhöhen die Inzidenz, z.B. bei Nierentransplantation 350x erhöht, AIDS 700x erhöht
- Prävalenz bei Immunkompetenz 0,075 / 100.000
- Altersmedian 58 Jahre
- bei Männern etwas häufiger
- nehmen stark Kontrastmittel auf und bewirken ein starkes Begleitödem
- Prognose ungünstig bei hohem LDH, CSF-Protein und tiefer Läsion
- Therapie durch Ganzhirnbestrahlung (medianes Überleben 8-18 Monate), Chemotherapie durch Methotrexat oder
Radiochemotherapie
Neues aus der Diagnostik und Therapie maligner Tumoren
Bei drei oder mehr Hirnmetastasen führt man eine Bestrahlung des ganzen Hirns durch, allerdings mit weit geringeren Dosen als bei der Bestrahlung primärer Hirntumoren, weil die Zellen, die durch die Blut-Hirn-Schranke kommen
können, vor allem Bronchialkarzinomzellen, scheinen sehr sensitiv auf die Bestrahlung zu reagieren.
Molekulare Pathologie:
- Bisherige Abschätzung der Bösartigkeit nur durch lichtmikroskopische Untersuchung möglich.
- Molekulare Marker könen Subgruppen mit abweichendem biologischem Verhalten identifizieren. Dadurch kann man
die Therapie gleich von Anfang an richtig auf den Tumortyp abstimmen.
- Beispiel Ösophaguskarzinom: Die Markergruppe p16 und Bax Expression weist bei gleichem klinischem Status auf
eine deutlich bessere Prognose hin, bei diesen Tumoren lohnt es sich also, intensiv zu therapieren, da die Patienten
eine große Chance haben, durchzukommen.
PET-CT und Computertomographie:
- Kombi-Gerät mit CT und PET hintereinandergeschaltet
- gibt Informationen zur Stoffwechselaktivität (PET) und der genauen anatomischen Lage des Tumors (CT)
- Man benutzt radioaktiv markierte Glucose, um die Tumoraktivität nachzuweisen.
Innovationen in der Systemtherapie:
- Tumorzellen besitzen komplexe Veränderungen in den zellulären Signalwegen.
- Neue Therapieverfahren greifen gezielt in die gestörten Signalwege ein.
- Blockade von Rezeptoren zum Beispiel durch Rezeptorblocker und Kinaseinhibitoren, so dass man die Tumorzellen
auf mehrere Arten am Wachstum hindert.
- Tumorwachstum ist angiogeneseabhängig - die Inhibition der Angiogenese kann zur Tumorregression führen. Ein
nichtangiogener Tumor kann nur bis etwa 1mm³ wachsen.
Intensitätsmodulierte Strahlentherapie - IMRT:
- Dadurch kann man sogar entsprechend der Biologie des Tumors (etwa durch Hypoxie-Marker feststellbar) gezielt
bestrahlen, ermöglicht durch Bestrahlung aus mehreren Ebenen und mit flexiblen Strahlenblenden.
Organerhalt:
- Onkologisch radikale Operationen beeinträchtigen die Lebensqualität in erheblichem Maße. Heute operiert man z.B.
bei Brustkrebs, Kehlkopfkrebs, Darmkrebs, Analkarzinom, Blasenkarzinom wenn möglich immer organerhaltend.
Das wird meist durch kombinierte Strahlen-Chemotherapie erreicht.
Verbesserung durch viele kleine Schritte:
- Krebsfrüherkennung
- Optimierung der Standardtherapie
- Förderung der Interdisziplinarität und Expertise durch Bildung von z.B. „Brustzentren“ zur Behandlung von Mammakarzinomen.
Psychoonkologie:
- Die Diagnose „Krebs“ stellt für alle Patienten eine schwerwiegende Belastungssituation dar.
- Ängste, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen oder Depressionen sowie Gefühle des Kontrollverlustes können die
Folge sein.
- Die Psychoonkologie bietet Hilfestellung bei der Bewältigung der durch die Erkrankung entstandenen Belastungen.
- Hilfe können Entspannungsverfahren, kreative Verfahren (z.B. Mal-, Tanz- und Musiktherapie) und psychotherapeutische Interventionen bringen.
Bronchialkarzinom
Nochmal zur Frage einer Vorlesung früher:
Wie viel Heilungschance oder Symptomreduktion muss eine belastende Chemotherapie bieten, damit Sie sich behandeln lassen? (Umfrage unter Patienten, betreuenden Fach- und Hausärzten, gesunden Laien)
Krebspatienten
Onkologen
Hausärzte
Gesunde
Heilungsaussichten
1%
10%
25%
50%
Symptomkontrolle
10%
50%
75%
75%
(Palliation)
Die Sache ist also wesentlich komplexer, als man sich das denkt; man sieht, wie wichtig das Gespräch mit dem Patienten
selbst ist.
Das Bronchialkarzinom gehört zu den ganz häufigen Tumoren; allerdings ist hier der Unterschied gegeben, dass, wer an
Bronchial-Ca erkrankt, aller Wahrscheinlichkeit nach auch daran stirbt.
- weltweit: 1,2 Mio. Neuerkrankungen/Jahr, 1,1 Mio Todesfälle/Jahr
- immer noch im Steigen begriffen
- das Rauchen nimmt weltweit immer weiter zu, obwohl es in der westlichen Welt etwas abnimmt in den letzten
Jahren
Pathogenese:
Wieder ein Multistep-Prozess...
Aus normalem Bronchial-Epithel wird zuerst eine Hyperplasie (begünstigend dafür: genetische Prädisposition, Karzinogene wie Rauchen, Asbest, Radon, somatische Mutationen), dann eine Metaplasie, dann Dysplasie.
Das dysplastische Epithel kann schließlich zum Malignom fortschreiten, wobei wieder somatische Mutationen eine
Rolle spielen, so der Verlust von Tumorsuppressorgenen oder die Aktivierung von Protoonkogenen.
Karzinogene im Zigarettenrauch:
Bisher wurden >50 Karzinogene isoliert, z.B.:
- polyaromatische Kohlenwasserstoffe
- N-Nitrosamine
- aromatische Amine (Toluidin, Naphthylamin)
- Formaldehyd
- Vinylchlorid
- Arsen
- Nickel
- Chrom
- Cadmium
- Blei
- ...
Diese Karzinogene werden entweder detoxifiziert und exkretiert, oder aber metabolisch aktiviert, worauf sie mit der
gesunden DNA reagieren können. Entweder wird diese wieder über repair-Mechanismen wiederhergestellt, oder es führt
zur Apoptose der Zelle, oder es bleibt eine persistierende Fehlkodierung → Karzinogenese.
DNA-Repair-Mechanismen:
- base excision repair (BER)
- mismatch repair (MMR)
- ...
Vom Beginn des Rauchens bis zum Auftreten des Tumors vergehen ungefähr 30 Jahre; so lange dauert es, bis die Detoxifikationsmechanismen versagen und die komplizierte Entwicklung eines „fertigen“ Tumors abgeschlossen ist.
Chemoprävention des Bronchial-Ca.?
Eingesetzt wurden u.a.:
α-Tocopherol, β-Carotin, Retinol, Isoretinoid, N-Acetyl-Cystein
Ergebnis:
- nicht effektiv
- in einer Studie („Carotene and Retinol Efficacy Trial“) Zunahme um 28% der Lungentumoren
Durch Rauchen bedingte Todesursachen:
- Lungenkrebs
- Herzerkrankungen
- chornisch-obstruktive Lungenerkrankungen
- andere Malignome
- Schlaganfall
- andere Diagnosen etwa 15%
Etwa ein Drittel aller Tumoren, global gesehen, sind durch Rauchen bedingt; ein weiteres Drittel durch Fehlernährung.
Das Rauchen spielt bei Lungen-, Larynx-, Ösophagus-, Mundhöhlen-, Blasen-, Nieren- und auch Pankreastumoren eine
große bis dominante Rolle.
Lungenkrebs und Rauchen:
- Durch das Rauchen entstehen 90% der Lungenkrebsfälle
3-fache Dauer einer Rauchperiode → 100-faches Risiko für ein Bronchialkarzinom
3-fache Erhöhung der Tabakmenge → 3-faches Risiko für ein Bronchialkarzinom
- hohe Varianz durch genetischen Polymorphismus („mein Opa raucht ja auch noch und ist gesund“)
- 15-20% aller Raucher entwickeln ein Bronchial-Ca.
Das Alter zu Beginn des Zigarettenkonsums ist 16% bis 12 Jahre, 73% 13-17 Jahre, 11% >18 Jahre. Das ist das Hauptproblem, wo eigentlich die Aufklärung ansetzen muss.
Lohnt sich das Aufhören?
20 min
RR↓, Puls↓
8h
O2 ↑
24h
Infarktrisiko↓
48h
Geschmacks-/Geruchssinn↑
...
Ein Raucher, der ständig raucht, hat ein Lebenszeitrisiko von 16%, einer, der mit 50 Aufhört, hat nur ein 5% erhöhtes
Risiko.
Passivrauchen ist gefährlich:
- Passivrauch enthält >4.000 Chemikalien, >200 chemische Giftstoffe und mindestens 43 Karzinogene
- erhöhtes Risiko (um 30%) eines Bronchialkarzinoms sowie tödlicher Herzerkrankungen
- etwa 1/3 der Patienten mit Lungenkrebs, die nicht rauchen, lebten mit Rauchern zusammen
Ist Rauchen dumm oder macht Rauchen dumm?
- Untersuchung von >9.000 Personen >65 Jahre mit der Frage nach dementieller Entwicklung in einem Zeitraum von
2,,3 Jahren:
Nichtraucher
Abnahme des adjusted -0,03
MMSE Score pro Jahr
ehemalige Raucher
-0,06
Raucher
-0,16
Hautalterung durch Rauchen:
- Raucher sehen älter aus als gleichaltrige Nichtraucher.
- Haut von Rauchern enthält deutlich mehr Metalloproteine.
Klinik:
Im Röntgenbild kann man auf der betroffenen Seite oft diffuse Infiltrationen erkennen, wobei es sich normalerweise
um Retentionspneumonien handelt, da die Lungenseite schlechter belüftet wird und auch durch die Vorschädigung sich
leichter Infektionen festsetzen.
Probleme und Symptome:
- Obstruktion, nimmt langsam, aber sicher, durch die bronchial wachsenden Tumoren zu, führt zu Reizhusten und Dyspnoe, oder auch zu Blutung oder
- Retentionspneumonie mit Atelektasen (nicht belüfteten, kollabierten Lungenabschnitten)
- Lymphangiosis, wenn sich die Tumorzellen strahlenförmig in den Lymphbahnen weiter ausbreiten
- obere Einflussstauung mit Schwellung im Kopf- und Halsbereich, psychischen Veränderungen (Schlaflosigkeit, Alpträume)
- Tumor / Lymphknoten können auf folgenden Strukturen drücken:
- Trachea (inspiratorische Dyspnoe)
- Ösophagus (Dysphagie)
- N. recurrens (Heiserkeit). Bei Heiserkeit ist ein Bronchial-Ca. sogar häufiger als ein Kehlkopf-Ca.
- N. phrenicus (Zwerchfellhochstand)
- Grenzstrang (zentrale Sympathikusbahn), führt zum präganglionären Horner-Syndrom
Bronchial-Ca:
Plattenepithel-Ca
Adeno-Ca
Kleinzeller
Großzeller
Häufigkeit
35%
35%
20%
10%
Lage
zentral
peripher
zentral
variabel
Rauchen
+++
+
+++
++
Hormone (typisch)
PTH (Parathormon)
ACTH, ADH
HCG
Auch ein sehr kleiner Tumor kann schon kräftig Hormone abgeben, z.B. paraneoplastischer M. Cushing durch ACTHproduzierendes kleinzelliges Bronchialkarzinom, dabei ist das dominierende Symptom ausgeprägte Muskelschwäche
durch Hypokaliämie. Deshalb bei Patienten, die sich schlapp fühlen, ein Kalium von 2,8 haben und man sich das nicht
durch Diuretika-Therapie erklären kann, an ein kleinzelliges Bronchial-Ca denken.
Die erhöhte ADH-Produktion führt zu einer Hyponatriämie.
Das Risiko bei Rauchern steigt vor allem für Plattenepithelkarzinome (engl: squamous cell carcinoma), etwas weniger
für kleinzellige Karzinome.
Die Prognose ist selbst für Bronchialkarzinome im Stadium I schon relativ schlecht, etwa 50% der Patienten versterben
in den ersten zwei Jahren nach Therapie.
Therapie des Bronchial-Ca:
Bei NSCLC (=non small cell lung cancer)
Stadium I
II
III A
II B
IV
Primärtherapie
OP
OP
Chemo → OP
oder OP
Chemo + Radiatio
palliative Chemotherapie
Adjuvante Therapie
Chemo
Chemo (+ Radiatio)
Radiatio
Radiatio + Chemo
-
Bei SCLC (=small cell lung cancer)
- „limited disease“ (Tumor beschränkt auf ipsilateralen Hemithorax)
→ Chemo + Radiatio
- „extensive disease“ (alle anderen Manifestationen)
→ Chemo
Man kann sicher davon ausgehen, dass ein kleinzelliges Karzinom schon metastasiert ist, wenn man es feststellen kann,
deshalb nie OP.
Das 2-Jahres-Überleben liegt bei „limited“ SCLC bei ca. 20%, bei metastasierten <10%.
Bei NSCLC ist das 2-Jahres-Überleben stadienabhängig sehr unterschiedlich, von 50-10%.
Bei SCLC setzt man zur Chemotherapie Platinderivate plus z.B. Etoposid ein, bei NSCLC ist kein Standard definiert
(nur Patienten in gutem Performancestatus sollten therapiert werden).
Radiotherapie bei Bronchial-Ca:
Bei alleiniger Strahlentherapie im Stadium I+II des NSCLC erreicht man immerhin ein „Überlebensplateau“ von 2030% langfristig, bei Operation erreicht man ein höheres Plateau, heilt also mehr Patienten, allerdings ist die OP lange
nicht bei allen Patienten möglich, je nach Tumorlokalisation.
Eine adjuvante Strahlentherapie bei NSCLC ist
- in den Stadien I + II nicht indiziert (Ausnahme R1/2 Resektion)
- im Stadium III A Standardtherapie
- 50 Gy mit 5x2 Gy pro Woche in 5 Wochen
- 60 Gy in 6 Wochen bei R1/R2-Situation
Bei alleiniger Radiotherapie im Stadium IIIB (inoperabel) kommt man recht unabhängig von der Art und Intensität der
Bestrahlung auf ein Gesamtüberleben von etwa 5-6%.
Patienten, die nur bestrahlt werden, haben höhere Metastasierungsraten als Patienten, die Bestrahlung + Chemotherapie
erhalten. Natürlich muss man diese Entscheidung auch immer vom Zustand des Patienten abhängig machen.
Mit RT + Cisplatingabe täglich oder wöchentlich kann man das Überleben bei NSCLC in höherem Stadium von den nur
etwa 5% bei alleiniger Radiotherapie auf ungefähr 20-30% steigern.x
RT + Chemotherapie mit platinhaltigen Medikamenten ist heute Standardtherapie bei NSCLC, besonders im Stadium
IIIA + B. Niemand wird einen chemotherapiefähigen Patienten nur bestrahlen, das ist nach heutigem Stand des Wissens
nicht mehr zu verantworten.
Palliative Strahlentherapie:
Effekte der thorakalen RT bei NSCLC:
Symptom
Ansprechen
obere Einflussstauung
86%
Hämoptysis
84%
Arm/Schulter-Schmerz
73%
Thorax-Schmerz
61%
Dyspnoe
60%
Atelektase
23%
Heiserkeit
6%
schmerzhafte Knochenfiliae 70%
multiple Hirnfiliae
60%
Schmerz durch Weichteiltumor 65%
Myelonkompression
10-50%
Strahlentherapie beim SCLC:
- SCLC sind hoch strahlensensibel
- aber: alleinige RT verlängert Überleben nur um wenige Wochen (rasche Fernmetastasierung)
- primäre Chemotherapie indiziert
- Indikation zur Strahlentherapie zusätzlich zur CHX in den Stadien IIIA und IIIB bei gutem Ansprechen auf CHC
Das wars, mehr hab ich nicht mitgeschrieben.
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