Stellungnahme und Erklärung zu islamischen Festen und Beginn des Ramadans Es herrscht seit Jahren auch unter den Muslimen in Deutschland immer wieder Verwirrung darüber wann der Beginn des Ramadans und das Datum des Festes des Fastenbrechens bzw. des Opferfestes ist. Die muslimischen Gemeinden bestimmen die Daten z.T. unterschiedlich, wobei oft Kriterien wie nationale, ethnische Bindungen oder Zugehörigkeiten zu einem bestimmten (größeren) muslimischen Verband bzw. Anlehnung an eine vorgegebene Fiqh-Meinung eines bestimmten Gelehrten ausschlaggebend sind. Aus unserer Sicht müssen die Kriterien anders gewichtet werden. In dieser Stellungnahme möchten wir unsere Beweggründe erläutern, welche Ansicht wir vertreten und warum wir in dieser Angelegenheit diese bestimmte islamische Meinung besitzen und uns nach ihr richten. Es ist leicht nachvollziehbar, dass allein vom Hintergrund unserer Gemeinschaft aus, der Zusammensetzung unserer Gemeindemitglieder und ausgehend von unserem islamischen Verständnis in anderen Bereichen, weder nationale, ethnische Kriterien, noch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verband oder die Ausrichtung an eine bestimmte Fiqh-Meinung für uns als Deutschsprachiger Muslimkreis (DMK) relevant sein kann. Es ist angebracht, an dieser Stelle eine weitere Selbstverständlichkeit anzuführen: Wir haben unsere islamischen Ansichten in den wichtigen Bereichen nach Studium der jeweiligen Quellen und Überlegungen über die jeweiligen Argumente des betreffenden islamischen Themas gebildet und folgen nicht einer bestimmten Person bzw. einer Institution. Unsere Kriterien der Entscheidung, gemäss der unten aufgezählten Priorität, auch zu diesem Thema sind: 1.) Legitime islamrechtliche Gründe, wobei wir diese Gründe im Vergleich zu anderen legitimen islamrechtlichen Meinungen verstanden haben und unsere Position begründen können. 2.) Der Wunsch und der Wille mit der Mehrheit der Muslime in Deutschland in Einheit handeln zu wollen. Kurzgefasste Erläuterung zum Thema der Bestimmung des Ramadanbeginns und der Daten des Festes des Fastenbrechens (Id-u-l-Fitr) und des Opferfestes (Id-u-l-Adha): Da der islamische Kalender bekanntlich ein Mondkalender ist, ist bei der Bestimmung der Daten der Monatsbeginn (Neumond) entscheidend. Es gibt grundsätzlich zwei Methoden wie man den Neumond und somit den Beginn des Mondmonats, bestimmt: a) Durch astronomische Berechnung (und Sichtung des Neumondes mit dem Auge) oder b) Durch die Sichtung des Neumondes mit dem bloßen Auge. Die astronomischen Berechnungen zum Beginn des Mondmonats sind exakt und nach den Gelehrten islamrechtlich legitim. Darüber hinaus wird hier durch Augenschein zusätzlich eine Sichtung durchgeführt. Eine andere Gruppe der Gelehrten geht bei der Bestimmung des Neumondes nach dem Wortlaut des unten aufgeführten Hadithes und ist der Meinung, dass die Sichtung mit dem bloßen Auge zu bevorzugen ist1. Der Hadith lautet: „Beginnt das Fasten nach der Sichtung (des Ramadan-Neumondes) und hört nach der Sichtung (des Schawwal-Neumondes) auf." (Buchari, Muslim). Wenn die Sichtung des (Ramadan-) Neumondes aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse schwierig ist, wird der Monat Schaban mit 30 Tagen berechnet und dann mit dem Fasten begonnen. Der Prophet Muhammad (s) sagte dazu: „...wenn ihr (den Ramadan-Neumond am 29. Schaban) nicht sehen könnt, so zählt der Schaban 30 Tage." (Buchari und Muslim). Dass der obige Hadith die Sichtung vorgibt, hat nach manchen Gelehrten mit der folgenden Aussage des Gesandten (s) zu tun: “Wir sind unbelesenes (ummi) Volk, wir sind des Schreibens und der Berechnung unkundig. Der Mond ist so, so, so (während er auf seine Finger hindeutete)” (Abu Dâwûd2 sagte ) Sulaiman streckte beim dritten Zeigen einen Finger nicht aus, d.h. der Mond ist 29 oder 30 .“ (Buhari, Sawm, 11, 13; Muslim, Siyam, 4, 10, 12, 13, 15; Abu Dawud, Sawm, 4; Ibn Madscha, Sawm, 8; Nasai, Sawm 17; Ahmad b. Hanbal, 1/184; 2/ 43, 52, 122, 129.). Zudem bringen sie die folgende Âya als Beleg für die Legitimation zur astronomischen Kalenderberechnung vor: „Die Sonne und der Mond sind zur Berechnung da.“ (Sure 55, Âya 5). Also geht es bei der Bestimmung der islamischen Daten um die Berechnungsmethode des Neumondes! 1 Obwohl es in dem nachfolgenden Hadith um den Fastenmonat Ramadan bzw. den Monat Schawwal geht, ist die Berechnung des Datum für Dh-u-l-Hiddscha (Tag von Arafah: 9. Dhu-l-Hiddscha, Opferfest: 10.-13. Dhu-l-Hiddscha) bzw. Dhu-l-Qada analog. 2 Der Râwi des besagten Hadith. Interessant ist auch die Tatsache, dass im Jahre 1978 in der Konferenz der Islamischen Staaten beschlossen wurde, dass die Berechnung als Grundlage für den Islamischen Kalender genommen werden soll. Dies wurde von allen Staaten in der Konferenz anwesenden Staaten akzeptiert. Eine weitere Frage, die in diesem Zusammenhang auftaucht, ist: Sollten wir uns nach manchen islamischen Ländern bzw. nach Saudi Arabien richten, die diese Daten bestimmen? Es gibt aus unserer Sicht keinen nachvollziehbaren islamwissenschaftlichen Beleg dafür, dass dies notwendig ist. Die Meinung der Gelehrten tendiert eher in die Richtung, dass die Muslime eines Gebietes bzw. Landes geschlossen handeln sollen und sich nicht nach anderen Gebieten richten müssen. So besitzt hier die Einheit und Gemeinsamkeit eines Gebietes bzw. Landes einen höheren Stellenwert. Auch die vorgebrachte Argumentation der weltweiten Einheit der Muslime greift nicht , da zunächst die Einheit vor Ort auf gesunder islamrechtlicher Grundlage erreicht werden müsste, bevor eine Einheit auf globaler Ebene ensteht. So haben wir uns im DMK entschieden mit der Mehrheit der Muslime, die der Spitzendachverband der Muslime in Deutschland, der Koordinationsrat der Muslime (KRM) repräsentiert, zu handeln. Die Grossverbände DITIB, Islamrat, VIKZ, Zentralrat der Muslime im KRM haben vor einigen Jahren entschieden, die Festtage (Fest des Fastenbrechens, Opferfest) und den Beginn des Ramadans nach den astronomischen Berechnungen des Kalenders durchzuführen. Wir haben uns lediglich dieser Mehrheit angeschlossen und halten uns seitdem an diese abgemachte Vorgehensweise! Demnach sind beide oben angeführten Kriterien erfüllt, weshalb sich auch der DMK nach dieser islamischen Ansicht richtet. Und Allah weiß es am besten. Rüştü Aslandur, Vorsitzender DMK 26.10.2012