Gendiagnostik - SimplyScience

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Faktenblatt:
Gendiagnostik
Gesetzgebung
Chronik der Gesetzesänderung
Präimplantationsdiagnostik (PID) ist heute in 10
europäischen Ländern erlaubt, dazu gehören
Belgien, Dänemark, England, Frankreich und
Italien. In Deutschland, Österreich und in der
Schweiz ist die PID bisher verboten.
Ein erster Vorschlag für die neue Gesetzgebung wurde 2009 vom Bundesrat vorgelegt. Experten, Parteien, Kantone, Stiftungen, Kirchen, Verbände und andere Organisationen haben den Vorschlag kommentiert – man nennt das ein Vernehmlassungsverfahren. Die grosse Mehrheit, etwa
80%, sprachen sich grundsätzlich für die
PID aus. Der Vorschlag wurde aber von
den meisten Befürwortern als zu einschränkend abgelehnt.
In der Schweiz regelt dies der Verfassungsartikel 119 über Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie und das Fortpflanzungsmedizingesetz. In Arbeit ist eine Gesetzgebung, welche
die PID auch in der Schweiz in einem genau
definierten Rahmen ermöglichen soll: Eltern, die
Träger einer schweren Erbkrankheit sind, sollen
ein gesundes Kind zur Welt bringen können.
Alle anderen möglichen Anwendungen der PID
bleiben verboten. Es wird also nicht erlaubt
sein, Embryonen anhand von Eigenschaften wie
Geschlechts, Augen- oder Hautfarbe auszuwählen.
Ethische Bedenken
Einige der Gegner der PID machen geltend,
dass ein wenige Stunden alter Embryo bereits
als Mensch betrachtet und sein Leben somit
geschützt werden muss. Bei dieser Betrachtungsweise ist aber nicht nur die PID, sondern
jede Form der Pränataldiagnostik und auch die
Schwangerschaftsverhütung mit Einnistungshemmern, wie z.B. der Kupferspirale oder
bestimmten Pillentypen, ethisch bedenklich.
Weitere Bedenken gegenüber der PID sind:
• dass eine klare Regulierung der PID nicht
garantiert werden kann, insbesondere weil
es schwierig ist, den Begriff ‚schwere Erbkrankheit‘ zu definieren.
• dass Menschen, die Träger von Erbkrankheiten sind, unter moralischem Druck stehen
könnten, Kinder nicht mehr auf normalem
Wege zu bekommen.
• dass die Akzeptanz von Behinderungen in
der Gesellschaft sinkt.
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Faktenblatt Gendiagnostik
Kritisiert wird insbesondere, dass mit der
vorgeschlagenen Regelung pro Behandlungszyklus nur drei Embryonen im Labor
entwickelt werden dürfen. Die Wahrscheinlichkeit, unter nur drei Embryonen wenigstens einen gesunden zu finden, ist gering.
Für die Frau bedeutet das womöglich eine
Wiederholung der Behandlungsstrapazen,
die mit einer PID einhergehen. Ebenfalls
kritisiert wird die Regelung, dass alle erzeugten Embryonen in die Gebärmutter
der Frau übertragen werden müssen. Die
damit grosse Wahrscheinlichkeit einer
Mehrlingsschwangerschaft bringt ein gesundheitliches Risiko für Mutter und Kind
mit sich.
Diese Resultate der Vernehmlassung haben dazu geführt, dass der Bundesrat eine
Verfassungsänderung und einen neuen
Gesetzesentwurf in Auftrag gegeben hat.
Voraussichtlich wird das Stimmvolk im Jahr
2013 über die neue Gesetzgebung abstimmen können.
Experten, schätzen die Zahl der in der
Schweiz durgeführten PID-Behandlungen
auf 40-100 pro Jahr, sollte die PID im
Rahmen dieser neu erarbeiteten Gesetzgebung erlaubt werden.
Auch die Pränataldiagnostik (PND) bietet die Möglichkeit, Erbkrankheiten vor der Geburt zu
erkennen. Stellt sich bei der pränatalen Untersuchung des Embryos heraus, dass das Kind
unter einer schweren genetischen Störung leidet, kann die Mutter sich unter bestimmten
Umständen zu einer Abtreibung entscheiden. Die PND ist in der Schweiz erlaubt. Viele der
ethischen Bedenken gegenüber der PID gelten auch für die PND. Mit der bestehenden
Gesetzgebung ist allerdings der Embryo, der sich in die Gebärmutter eingenistet und
weiterentwickelt hat weniger geschützt, als der Embryo in der Kulturschale.
Möglichkeiten der Gendiagnose
Monogenetische Krankheiten
Zu den Krankheiten, die mit der PID verhindert werden könnte, gehört die cystische
Fibrose. Zurzeit kennt man etwa 6000 Krankheiten, die wie cystische Fibrose durch Veränderungen in einzelnen Genen hervorgerufen werden. Trägt ein Kind den Defekt für cystische Fibrose, bricht die Krankheit in jedem Fall aus – mal verläuft sie schwerer, mal in
leichterer Form. Unbehandelt führt sie jedoch bei vielen der Patienten bereits im Kindesalter zum Tode.
Eine weitere Erbkrankheit, bei der PID erlaubt werden soll, ist Chorea Huntington. Diese
schwerwiegende Erkrankung des Gehirns, tritt meist nach dem 40. Lebensjahr auf und
verläuft innerhalb von 15-20 Jahren tödlich.
Unter diesen 6000 bekannten Erbkrankheiten gibt es aber auch solche, bei denen nicht
klar ist, ob sie jemals ausbrechen werden. Solche Krankheiten werden nach dem diskutierten Gesetzesentwurf nicht als schwere Erbkrankheit beurteilt und eine PID wird nicht
erlaubt sein. Ein Beispiel ist der vererbte Brustkrebs. Die Veränderung eines bestimmten
Gens führt bei 90% der Frauen zur Krebserkrankung. Die anderen 10% erkranken nicht,
auch wenn sie die Genveränderung aufweisen.
Multigene Merkmale und Umwelteinflüsse
Es gibt nicht nur genetische Krankheiten, die durch Veränderungen in einzelnen Genen
hervorgerufen werden. Manche Krankheiten entstehen durch das Zusammenspiel mehrere
Gene, meist spielt auch die Umwelt eine wichtige Rolle. Das heisst, ob die Krankheit
ausbricht, entscheiden neben den Genen, die persönlichen Lebensgewohnheiten wie
Ernährung, Alkohol- oder Zigarettenkonsum. Beispiele solcher Krankheiten sind der Altersdiabetes (Zuckerkrankheit) oder Herzinfarkt. Auch diese Krankheiten sollen und können
nicht durch PID verhindert werden.
Für die meisten Krankheiten gilt also: wie sie sich entwickeln und ob sie überhaupt ausbrechen, hängt von vielen Faktoren ab. Das Gleiche gilt auch für andere Körpermerkmale.
Oft spielen viele tausende Gene und Umwelteinflüsse bei der Entwicklung eines Merkmals
eine Rolle. Es gibt also keine einzelnen Gene, die uns zu Alkoholikern, Kriegern oder so
klug wie Einstein machen. Wir sind mehr als die Summe unserer Gene. Allein diese Tatsache setzt der PID klare Grenzen.
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