Zwischen Scylla und Charybdis... ...sagt man gerne zu einer Situation, in der man nur die Wahl zwischen zwei Übeln hat. Bei der Entscheidung, ob man für oder gegen die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist, befindet man sich genau in dieser Situation, war das Fazit eines Doppelvortrags an der Hochschulabteilung Recklinghausen im Rahmen der kontinuierlichen öffentlichen Vortragsreihe über Bioethik. (BL) Das Zitat von Scylla und Charybdis bezieht sich auf die homerische Dichtung, in der Odysseus in der Straße von Messina zwischen Italien und Sizilien auf der einen Seite von einer Felsklippe bedroht wird, die nach dem sechsköpfigen Seeungeheuer Scylla heißt, auf der anderen Seite droht ein Strudel, benannt nach dem ebenfalls mythischen Seeungeheuer Charybdis. Wer jedoch hofft, unbeschadet zwischen beiden hindurchzukommen, dem geht es meist wie Odysseus: Er umschifft die Klippe, aber verliert sechs Gefährten an den Strudel. Nicht viel besser geht es in der Regel demjenigen, der sich für oder gegen Präimplantationsdiagnostik entscheiden soll. Trotzdem muss der Bundestag eine neue gesetzliche Grundlage für die PID schaffen, nachdem der Bundesgerichtshof im Sommer 2010 entschieden hat, dass unbestraft bleibt, wer die PID an fünf Tage alten Plazentazellen, so genannten Trophoblastenzellen, durchführt. Nun muss der Bundestag eine zukunftsfähige Gesetzesregel schaffen im Kreuzfeuer der bereits bestehenden Gesetze zur Gendiagnostik, zum Embryonenschutz, zum Schwangerschaftskonfliktgesetz, zum Strafgesetzbuch und zur „Europäischen Konvention zur Bioethik“. Welche praktischen, rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen dabei zum Tragen kommen, erläuterten Ende März Dr. Albrecht Röpke vom Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Münster und Prof. Achim Albrecht vom Recklinghäuser Fachbereich Wirtschaftsrecht. Die ethische Kernfrage dabei blieb, wie man mit der PID durchaus Eltern, die ein hohes Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer schweren erblichen Krankheit haben, zu gesundem Nachwuchs verhelfen kann, gleichzeitig aber verhindert, dass mit der PID als unethisch angesehene Praktiken wie die Selektion von Embryonen nach ihrem Geschlecht möglich werden. Weder die Vortragenden noch die rund 45 Zuhörer aus Hochschule und Bürgerschaft fanden eine Lösung. Am Ende blieb nur das dumpfe Gefühl, dass ohne die PID Schwangerschaftsabbrüche aus den gleichen Gründen erfolgen, nur eben später. Der Doppelvortrag war eine Gemeinschaftsveranstaltung der Fachbereiche Wirtschaftsrecht und Physikalische Technik am Standort Recklinghausen, organisiert wurde er von Prof. Dr. Sören Perrey. Dr. Albrecht Röpke (l.) vom Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Münster und Prof. Achim Albrecht (r.) vom Fachbereich Wirtschaftsrecht erläuterten Praxis, Recht und Ethik der Präimplantationsdiagnostik. Foto: FHG/BL