Archäologische Aktivitäten in Griechenland während des 2. Weltkrieges 1940-1944 von Dr. Alexandra Kankeleit Deutsche Schule Athen 27. März 2015 Alexandra Kankeleit 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Inhaltsverzeichnis Verwendete Quellen Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland Hauptakteure Archäologie Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Schäden und Verluste an Altertümern in Griechenland Aussagen von Zeitzeugen Sonstige Schäden und Verluste Wiedergutmachung von deutscher Seite Plündernde Wehrmachtssoldaten in Athen, April 1941 Bildquelle: Fleischer Alexandra Kankeleit 1. Verwendete Quellen Basileios Petrakos, Ta archaia tis Ellados kata ton polemo 1940-1944 (1994). Julia Freifrau Hiller von Gaertringen, Deutsche archäologische Unternehmungen im besetzten Griechenland 1941-1944, Athener Mitteilungen 110, 1995, S. 461-490. Roland Hampe, Die Rettung Athens im Oktober 1944 (1955). Griechische Übersetzung von 1994 mit Einleitung des Archäologen Thanassis Kalpaxis, Anhang mit kritischen Kommentaren von griechischen Politikern und Wissenschaftlern aus dem Jahre 1955. Klaus Junker, Das Archäologische Institut des Deutschen Reiches zwischen Forschung und Politik: die Jahre 1929 bis 1945 (1997). Mark Mazower, Inside Hitler‘s Greece (1995). Heinz Richter, Griechenland im Zweiten Weltkrieg 1939–1941 (1997). Christoph Ulrich Schminck-Gustavus, Winter in Griechenland: Krieg – Besatzung – Shoah 1940-1944 (2010). Eberhard Rondholz, Radiosendung "Politikum" vom 08.10.2012, zu den Reparationszahlungen an Griechenland bei YouTube. Hagen Fleischer, "Wenn ihr euch erinnert, können wir vergessen„ Deutsche Besatzungszeit, Online-Artikel vom 17.3.2014 bei der bpb. Zug der Erinnerung e.V., Pressemitteilung vom 12.02.2015: Mordbeihilfe an über 50.000 Deportierten. Deutsche Bahn schuldet griechischen Opfern 75 Millionen Euro. Berlin verweigert Schuldendienst. 27.03.2015 Folie 3 Alexandra Kankeleit 2. Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland 15.08.1940: Beginn des Griechisch-Italienischen Krieges Italienisches U-Boot torpediert vor Tinos den griechischen Kreuzer „Elli“ 28.10.1940: Italienische Truppen fallen in Griechenland ein Italien fordert militärische Stützpunkte auf griechischem Terrain „OCHI“ (Nein) der griechischen Regierung unter Ioannis Metaxas Oktober 1940 bis April 1941: dauerhafte Kämpfe zwischen Italienern und Griechen in Albanien und Epirus 29.01.1941: Tod von Ioannis Metaxas 01.03.1941: Bulgarien tritt dem Dreimächtepakt bei Stationierung deutscher Truppen auf bulgarischem Gebiet 06.04.1941: „Unternehmen Marita“, Angriff der 12. Armee auf Griechenland 09.04.1941: Deutsche Truppen durchbrechen die „Metaxas-Linie“ 18.04.1941: Selbstmord des Ministerpräsidenten Alexandros Koryzis 27.04.1941: Hakenkreuzfahne auf der Akropolis Ende Mai 1941: „Operation Merkur“, Eroberung von Kreta 1941-1944: Aufteilung Griechenlands in drei Besatzungszonen Große Hungersnot als Folge der Ausbeutung durch die Besatzer Organisierter Widerstand der Partisanen (EAM-ELAS, EDES, EKKA): Sprengung von Zügen, Sabotageakte, geschickte Operationen und bewusste Irreführung des deutschen Generalstabes Partisanenkrieg in den griechischen Bergen September 1944: Wehrmacht zieht sich aus Griechenland zurück 12.10.1944: Befreiung Griechenlands 27.03.2015 Folie 4 Alexandra Kankeleit 2. Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland 06.04.1941: Balkanfeldzug „Unternehmen Marita“ 27.04.1941: Besetzung Athens 22.05.1941: Kampf um Kreta „Luftlandeoperation Merkur“ Bildquelle: Der Spiegel 27.03.2015 Folie 5 Alexandra Kankeleit 2. Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland Dreifache Besetzung: Deutsche in Athen und Saloniki, auf Ägäischen Inseln und auf Kreta Italiener in Zentralgriechenland, auf den Ionischen Inseln und der Peloponnes Bulgaren im östlichen Makedonien und im nördlichen Thrakien Bildquelle: Wikipedia 27.03.2015 Folie 6 Alexandra Kankeleit 2. Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland Oben: Deutsche Besatzungsoffiziere und italienische Faschisten bei einer Parade auf der Akropolis Rechts: Deutsche Truppen beim Hissen der Hakenkreuzfahne In der Nacht vom 30. zum 31. Mai 1941 rissen die damals noch Minderjährigen Manolis Glezos und Apostolos Santas die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis herunter. Sie wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Bildquellen: Basil Mathiopoulos, Die Rolle Griechenlands im 2. Weltkrieg, in: Griechen und Deutsche. Bilder vom Anderen (1982) 94 ff., rarehistoricalphotos.com 27.03.2015 Folie 7 Alexandra Kankeleit 2. Historischer Abriss zur Besatzungszeit in Griechenland Turnübungen deutscher Soldaten auf der Freitreppe des Königsplastes in Phaistos (Kreta) Bildquelle: Basil Mathiopoulos, Die Rolle Griechenlands im 2. Weltkrieg, in: Griechen und Deutsche. Bilder vom Anderen (1982) 94 ff. 27.03.2015 Folie 8 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Die Griechische Archäologische Gesellschaft 1837 gegründete Einrichtung zur Bewahrung des antiken Erbes in Griechenland Generalsekretär von 1924–1951: Georgios Oikonomos (1883-1951) Direktor während der Besatzungszeit: Antonios Keramopoulos (1870-1960) Bildquellen: archetai.gr, Wikipedia, ethnologic.blogspot.de 27.03.2015 Folie 9 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Das Deutsche Archäologische Institut in Athen 1874 auf Beschluss des Deutschen Reichstags als zweite Auslandsabteilung des DAI gegründet 1. Direktor von 1936-1944: Walther Wrede (1893-1990) Mitarbeiter bzw. in Griechenland tätige deutsche Archäologen: Karl Kübler (1897-1990) Kurt Gebauer (1909-1942) Gabriel Welter (1890-1954) Ernst Buschor (1886-1961) Emil Kunze (1901-1994) Hans Schleif (1902-1945) Roland Hampe (1908-1981) Ernst Homann-Wedeking (1908-2002) Frank Brommer (1911-1993) Bildquelle: DAI Athen 27.03.2015 Folie 10 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Einsatzstab („Special Task Force”): zuständig für den Raub und die Plünderung von Kulturschätzen in den besetzten Gebieten 1940 gegründet und nach dem Chefideologen der NSDAP Alfred Rosenberg (1893-1946) benannt Fünf Sonderstäbe des Kommandos ERR in Griechenland: Religionswissenschaften, Athos, Bibliotheksforschung, Vorgeschichte und Griechische Altertumskunde Leiter der Hauptabteilung IIIa: Hermann von Ingram (1903-1995) Sonderstab Vorgeschichte in Griechenland: Hans Reinerth (1900-1990), Rudolf Stampfuss (1904-1978), Waldemar Stössel Sonderstab Griechische Altertumskunde in Griechenland: Richard Harder (1896-1957), Otto Wilhelm von Vacano (1910-1997), Sigfried Lauffer (1911-1986) Quellen: sueddeutsche.de, Ernst Piper, Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe (2005) Adolf Hitler und Alfred Rosenberg im Jahr 1938 27.03.2015 Folie 11 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Aneignung von Kunstgegenständen aus jüdischem Besitz, insbesondere in Athen und Thessaloniki Topographische Forschungen in Sparta (Peloponnes) Archäologische Grabungen in Chalkis (Euböa) und bei Velostino (Thessalien) Transport von Grabungsfunden nach Deutschland Zunehmende Kompetenzüberschreitungen und Konflikte mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) DAI, Auswärtiges Amt und Kunstschutz der Wehrmacht erreichen, dass die Sonderstäbe im Herbst 1941 Griechenland verlassen müssen. Ausgrabung mit griechischen Arbeitern in Thessalien Fundstücke aus Griechenland mit NS-Papieren Bildquellen: schwaebische.de, deutschlandfunk.de 27.03.2015 Folie 12 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Bildquelle: Schulkarte aus Bernhard Kumsteller, Werden und Wachsen. Ein Geschichtsatlas auf völkischer Grundlage (1938). 27.03.2015 Folie 13 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) Bildquelle: collections.yadvashem.org. Die Karte stammt von dem "Monument Man" Issac Bencowitz. 27.03.2015 Folie 14 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Die Kunstschutzbeauftragten der Wehrmacht Verantwortlich: Hans-Ulrich von Schoenebeck (1904-1944), Ulf Jantzen (1909-2000), Wilhelm Kraiker (1899-1987) und Ernst Kirsten (1911-1987). Veröffentlichung der Merkblätter für den deutschen Soldaten an den geschichtlichen Stätten Griechenlands Druck von 466.200 Exemplaren, von denen heute nur noch wenige erhalten sind Verhaltensrichtlinien für die deutschen Soldaten: "Soldaten, achtet die Ruinenstätten, welche Jahrtausende überdauert haben und weiter Jahrtausende überdauern sollen. Wer seinen Namen in den Marmor kratzt, verschandelt das Zeugnis einer großen Vergangenheit. Kunst und Kultur des Griechentums sind erschlossen und lebendig durch Tatkraft und Geist deutscher Männer. Urinieren an Marmorsäulen verdirbt den Marmor, hat Beschädigungen der Kunstwerke zur Folge und ist eine Disziplinlosigkeit.„ Zwei Bücher, an denen bedeutende Wissenschaftler beteiligt waren: Andreas Rumpf (1890-1966), Gerhardt Rodenwaldt (1886-1945), Ernst Buschor (18861961) und Wolfgang Schadewaldt (1900-1974) Das 1944 erschienene Buch über die Peloponnes trug auf seinem Titelblatt die Widmung "Von Soldaten für Soldaten"! 27.03.2015 Folie 15 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Die Kunstschutzbeauftragten der Wehrmacht Weitere Aktivitäten: „Rettungsgrabungen“ bei Flugplatz- oder Straßenbau, Schanz- und Werftarbeiten Luftbildprojekt zur Erschließung der Topographie Griechenlands Zusammenarbeit mit dem Luftwaffenkommando Athen Erstellung von über 10.000 archäologisch verwertbaren Luftbildaufnahmen Aus den Führungsblättern des deutschen Kunstschutzes geht 1955 die „Griechenlandkunde“ von Kirsten und Kraiker hervor. Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 16 Alexandra Kankeleit 3. Hauptakteure Archäologie Die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes Erich Max Boehringer (1897-1971) Klassischer Archäologe und Numismatiker Als Kulturattaché an der deutschen Gesandtschaft in Athen unterstützt er während des Krieges das Deutsche Archäologische Institut in Athen. 1954 wurde Boehringer Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin. Bildquelle: archgesberlin.de 27.03.2015 Folie 17 Alexandra Kankeleit 4. Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Beginn des Krieges: Karikaturen während des Griechisch-Italienischen Krieges Stereotypen 1940/1941: Heroische Griechen kämpfen gegen plündernde Barbaren Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 18 Alexandra Kankeleit 4. Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Kriegsmaßnahmen: Schätze aus 18 Museen werden in Sicherheit gebracht Athen (fünf Museen) Piräus Delphi Olympia Korinth Theben Chalkis Sparta Tegea Volos Kerkyra Kefalonia Rethymnon (Kreta) Thessaloniki Quelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 19 Alexandra Kankeleit 4. Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Kriegsmaßnahmen: Schutz und Sicherung der Denkmäler Im Athener Nationalmuseum werden antike Statuen in Gräben unter dem Museumsboden eingelassen und mit Sand zugedeckt. Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 20 Alexandra Kankeleit 4. Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Kriegsmaßnahmen: Schutz und Sicherung der Denkmäler Kleinere Gegenstände wie Vasen oder Bronzebleche werden in Holzkisten gelagert, Münzen in Banktresoren eingeschlossen. Vor den Museen werden Schutzwälle aus Sandsäcken errichtet. Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 21 Alexandra Kankeleit 4. Konsequenzen für Museen, Forscher und Wissenschaftler Bergung einer Athena-Statue nach dem Krieg (1947) Ioannis Miliadis (1895-1975), Direktor der Akropolis von 1940-1960, bei der Bergung einer Athena-Statue aus dem Akropolis-Museum Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 22 Alexandra Kankeleit 5. Schäden und Verluste an Altertümern in Griechenland Diebstahl von verschiedenen Objekten aus Museen oder Grabungen Diebstahl eines schwarzfigurigen Tonpinax aus dem Kerameikos-Museum Diebstahl eines Goldkranzes aus einem Grab in Larissa Raubgrabungen u.a. in Thessalien, Chalkis und Lakonien Transport von Fundmaterial nach Deutschland Militärische Befestigungsanlagen in antiken Heiligtümern, beispielsweise im Heiligtum des Poseidons auf Sounion Not der Bevölkerung führt zu einem unkontrollierbaren Handel mit antiken und byzantinischen Objekten Beispiel eines Pinax aus dem Louvre. Der Pinax aus dem Kerameikos-Museum ist weiterhin verschollen. Bildquelle: Wikipedia 27.03.2015 Folie 23 Alexandra Kankeleit 5. Schäden und Verluste an Altertümern in Griechenland Piräus: Kanonenplattform an der Felsenküste unmittelbar vor den Langen Mauern des Konon Sounion: Schützengraben, der aus antiken Steinen gebaut wurde Bildquelle: Petrakos 27.03.2015 Folie 24 Alexandra Kankeleit 5. Schäden und Verluste an Altertümern in Griechenland Gestohlener Marmorlöwe von der Insel Kythira aus dem 6. Jh. v. Chr. Suchanzeige im Archäologischer Anzeiger Band 63/64, 1948/49, Seite 266: „Nach Mitteilung des griechischen Konsuls in Frankfurt am Main vom 15.5.1948 an den Administrateur der Récupération artistique der französischen Militärregierung in Berlin ist am 6.6.1941 von dem deutschen Oberst Brunz als Kommandant von Kythera von der dortigen Burg der BSA. 32, 1931/32 Taf. 42b veröffentlichte Marmorlöwe in einer Kiste verpackt nach Deutschland abtransportiert worden. Es wird gebeten, etwaige Nachrichten über Verbleib des Stücks dem DAI, Berlin W 30, Maienstr. I mitteilen zu wollen, damit gegebenenfalls die Rückgabe an Griechenland in die Wege geleitet werden kann.“ Quelle: C. Blümel, Antike Kunstwerke (1953) 13 Nr. 7 Abb. 6 und Taf. 7 (freundlicher Hinweis Norbert Franken) 27.03.2015 Folie 25 Alexandra Kankeleit 6. Aussagen von Zeitzeugen Walther Wrede (1893-1990) Amtierender Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen (1937-44) und Landesgruppenleiter der AuslandsOrganisation der NSDAP in Griechenland (1935-44) Tagebucheinträge: Sonntag 6. April 1941: Um 1.30 Uhr werde ich durch einen Beamten der Gesandtschaft geweckt, der mich bittet, sofort mit ihm zusammen den deutschen Gesandten aufzusuchen. "Es ist soweit", erzählt er unterwegs, "der Gesandte hat Auftrag, um 5.20 der griechischen Regierung mitzuteilen, daß die deutschen Truppen in Griechenland einrücken" (...) In der einen Hand die Uhr, die andere auf dem Telephonhörer, erwarte ich die 20. Minute nach 5 Uhr. Jetzt ist es soweit, jetzt fährt der Gesandte bei Korizis vor. In wenigen Minuten wecke ich die vier Blockleiter, die telephonisch erreichbar sind, und gebe ihnen das verabredete Stichwort "Verpaßt den Omnibus nicht„. Sonntag, 27.4.1941: Da kommt um 1/2 10 Uhr ein Polizeibeamter ins Haus und erzählt uns, es bewegten sich deutsche Truppen auf die Akropolis zu. Sie würden dort wohl die deutsche Flagge hissen. Ich springe zum oberen Stockwerk hinauf an unser Ausguckfenster. Richtig! Am Mast auf dem Belvedere der Burg leuchtet das Rot der Reichsflagge! Der Schrei: " Die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis!" hallt durch das Haus. (...) Bis tief in die Nacht hörten die Nachbarn des Hauses Akademiestraße 23 fröhliche Soldatenlieder. Quelle: Petrakos 106 27.03.2015 Folie 26 Alexandra Kankeleit 6. Aussagen von Zeitzeugen NS-Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch (Mitte links), Oberbefehlshaber des Heeres unter den Nationalsozialisten, besichtigt die Akropolis in Athen mit dem Landesgruppenleiter der NSDAP, Walther Wrede (Mitte rechts) nach der Eroberung Griechenlands durch die Wehrmacht im April 1941 Bildquelle: Panagiotis Kouparanis, Deutsche Welle 27.03.2015 Folie 27 Alexandra Kankeleit 6. Aussagen von Zeitzeugen Erhart Kästner (1904-1974) Deutscher Schriftsteller und Bibliothekar seit 1939 NSDAP-Mitglied, verfasste während des 2. Weltkrieges mehrere Bücher über Griechenland „Griechenland – Ein Buch aus dem Kriege“ (1943) über deutsche Soldaten: (Da) saßen, standen und lagen gleichmütig die Helden des Kampfes, prachtvolle Gestalten. Sie trugen alle nur die kurze Hose, manche den Tropenhelm, und blinzelten durch ihre Sonnenbrille in den hellen Morgen. Ihre Körper waren von der griechischen Sonne kupferbraun gebrannt, ihre Haare weißblond. Da waren sie, die blonden Achaier’ Homers, die Helden der Ilias. Wie jene stammten sie aus dem Norden, wie jene waren sie groß, hell, jung, ein Geschlecht, strahlend in der Pracht seiner Glieder. Alle waren sie da, der junge Antenor, der massige Ajax, der geschmeidige Diomedes, selbst der strahlende blondlockige Achill. Wie anders denn sollten jene ausgesehen haben als diese hier, die gelassen ihr Heldentum trugen und ruhig und kameradschaftlich, als wäre es weiter nichts gewesen, von den Kämpfen auf Kreta erzählten, die wohl viel heldenhafter, viel kühner und viel bitterer waren als alle Kämpfe um Troja. Wer auf Erden hätte jemals mehr Recht gehabt, sich mit jenen zu vergleichen als die hier – die nicht daran dachten? Quellen: Sächsische Biografie, Kostas Dimakopoulos, Deutscher Philhellenismus ade! Exantas 11, Berlin 2009, 90ff., Eberhard Rondholz 27.03.2015 Folie 28 Alexandra Kankeleit 6. Aussagen von Zeitzeugen Christos Karouzos (1900-1967) Griechischer Archäologe Direktor des Archäologischen National-Museums in Athen (1942-64) Interview vom 16. Juni 1945: Der trotzige Widerstand unserer archäologischen Behörde schützte unsere wichtigsten Museen vor der Katastrophe und vor Plünderungen. Denn da, wo sich die Möglichkeit ergab, zum Glück nicht sehr oft, kam es zu beidem (Zerstörung und Diebstahl). Sie haben es geschafft, das Kerameikosmuseum zu öffnen, das sie selbst errichtet hatten: in wenigen Tagen hatten deutsche Offiziere vor den Augen eines deutschen Archäologen, der sie führte, einen schönen archaischen Pinax mit der Darstellung einer Prothesis gestohlen. In vielen anderen Provinzmuseen hausten Deutsche und Italiener; in manchen Museen zerstörten sie Vitrinen und Magazine, in anderen verbrannten sie das Holzmaterial, woanders nahmen sie, was sie an antiken Gegenständen fanden, mit (...). Viele Ruinen haben unheilbare Schäden erlitten, damit sie ihre "uneinnehmbaren" Festungen errichten konnten und auf die Steine schrieben "Vinceremo" oder "der Sieg ist unser". Unser archäologischer Dienst unterließ keine Möglichkeit, ihrem militärischen "Kunstschutz", in ungewöhnlich freier Rede und in scharfem Ton ihre Verbrechen anzuzeigen. Die archäologischen Peiniger, die dort dienten (ich meine in erster Linie die Deutschen; der Italiener verhielt sich viel besser) sorgten sich nur darum, daß sie nicht an die Front kamen. Ihr ganzer Mut äußerte sich in unbeschreiblich frechen und unverschämten Schreiben, die diese Hündchen von gestern an unseren achtbaren Alten schickten, dem vom Ministerium eingesetzten Direktor der griechischen Altertümer (...) Quellen: Petrakos und Smith/Plantzos 27.03.2015 Folie 29 Alexandra Kankeleit 7. Sonstige Schäden und Verluste Deutsche Zwangsanleihe, die von 1942-1944 jeden Monat von der griechischen Staatsbank erhobenen wurde (476 Millionen Reichsmark, heutiger Wert: 8-11 Mrd €) Ausbeutung von Bergwerken und Wäldern Beschlagnahme von Lebensmitteln und Brennstoffen Zerstörung von über 25 Ortschaften Massaker in Kalavryta, Distomo, Klissura, Lyngiades und vielen anderen Ortschaften Exekutionen von 130.000 griechischen Zivilisten, darunter Frauen, Kinder und Greise mehr als 30.000 getötete Partisanen und Soldaten (unterschiedliche Zahlenangaben) mehr als 30.000 Kriegsgefangene (unterschiedliche Zahlenangaben) über 300.000 Hunger- und Kältetote Zunahme von Epidemien und Abnahme der Geburtenrate Ermordung von 90% der griechischen Juden (ca. 70.000) Deportation von über 50.000 Juden nach Auschwitz aus den Gemeinden von Thessaloniki, Ioannina, Korfu und Rhodos Bereicherung der Deutschen Reichsbahn: jeder Deportierte musste einen Fahrschein in Höhe von 33 Reichsmark erwerben. Diese „Fahrtkosten“ würden einem heutigen Wert von über 75 Millionen Euro entsprechen. Auslöschung von Tradition und Kultur der sephardischen Juden in Griechenland Vernichtung von jüdischen Baudenkmälern, Friedhöfen, Kunstwerken und Bibliotheken 27.03.2015 Folie 30 Alexandra Kankeleit 7. Sonstige Schäden und Verluste Das Massaker von Kondomari auf Kreta Exekution von 23 männlichen Zivilisten (deutsche Aufzeichnungen und Gedenktafel vor Ort). Anderen Quellen zufolge wurden insgesamt 60 Zivilisten getötet: Antony Beevor, Crete: The Battle and the Resistance (1991). Bildquelle: fallschirmjager.net 27.03.2015 Folie 31 Alexandra Kankeleit 7. Sonstige Schäden und Verluste Deportation von über 50.000 griechischen Juden nach Auschwitz Bildquelle: yadvashem.org 27.03.2015 Folie 32 Alexandra Kankeleit 7. Sonstige Schäden und Verluste Hungersnot, Krankheit und Zerstörung 1941-1944 Bildquellen: Petrakos, egolpion.com, Basil Mathiopoulos, Die Rolle Griechenlands im 2. Weltkrieg, in: Griechen und Deutsche. Bilder vom Anderen (1982) 94 ff. 27.03.2015 Folie 33 Alexandra Kankeleit 8. Wiedergutmachung von deutscher Seite 1960/61: Die Bundesregierung zahlt Griechenland 115 Mio. DM "Wiedergutmachung" zu Gunsten jener NS-Opfer, die aus "rassischen" oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden. Zu den geforderten Reparationszahlungen: Jannis Papadimitriou, Deutsche Welle Peter Hille, Deutsche Welle Gerd Höhler, Tagesspiegel Eberhard Rondholz, WDR Zu den aktuellen „Hilfsprogrammen“: Heiner Flassbeck, flassbeck-economics.de Harald Schumann, Tagesspiegel und YouTube Yorgos Avgeropoulos, WDR Noam Chomsky, YouTube Leslie Franke und Herdolor Lorenz, YouTube Politisches Kabarett: Georg Schramm, YouTube 27.03.2015 Folie 34