Der Patient mit Querschnitt auf der Intensivstation --Spondylodiszitis B. Orakcioglu Ethianum, Heidelberg DIVI 2016 Es liegen keine Interessenkonflikte vor 54 Jahre, 20kg Gewichtsverlust , CRP 250mg/dl, Keimquelle unklar Paraplegie, Knickkyphose CAVE: Pleuraempyem, resp. Insuffizienz, kard. Instabilität Radiologie Intensivstation Chirurg Fakten & Begriffsklärung Definition └ Spondylitis: Osteomyelitis der WS (Endplatte → Bandscheibe → Endplatte) └ Spondylodiszitis: primäre Entzündung der Bandscheibe (Endplatte ← Bandscheibe → Endplatte ) └ unspezifisch: Bakterien Pilze, Parasiten │ spezifisch: TBC Epidemiologie └ Inzidenz: 1: 250.000 └ bimodale Altersverteilung: Kinder │ 50-70 Jahre └ ~5% aller Osteomyelitiden Risikofaktoren └ rekurrente Infektionen, spinale Chirurgie │ Alter, Diabetes, Adipositas, Tumor, i.v.-Zugang, Immundefizit, u.a. Infektionswege └ endogen: WK-ferne Infektion (z.B. via hämatog. Streuung) └ exogen : spinale OP, WS-nahe Injektionen, Trauma Erreger └ Staph. aureus (MRSA: 2-16%) > Gram-negative > Streptokokken Prädilektionsstelle └ lumbal INFEKTIONEN DER WIRBELSÄULE treten häufig auf zusammen mit Schmerzen allgemein septischem Erscheinungsbild neurologischen Ausfällen Wandel des Erscheinungsbildes in den letzten 20 Jahren Meist ältere Patienten (> 70 J.) Häufig zusammen mit Diabetes ~ 50% vorausgehende Infektionen - nicht an der Wirbelsäule – ~ 50% offensichtlich hämatogen Multilokuräles Auftreten (~ 15%) Frühe Diagnose Bei >10 Tage therapieresistentem Rückenschmerz an Infektion denken Allgemeines Krankheitsgefühl Vorausgehende Infektion abfragen (Lunge – visceral – urogenit. Trakt) Laborparameter MRT – frühzeitig veranlassen KLINIK SCHMERZ – nachts, bei Belastung, Klopfschmerz Nachtschweiß, Fieber, Gewichtsabnahme Sepsis Entzündungsparameter erhöht Vorausgehende Infekte (6 Wochen bis Monate) oder Interventionen Neurologische Ausfälle Lokalisation LWS 50% BWS 30-35% Übergangsbereiche thorakolumbal bzw. lumbosakral je 10% HWS selten Bildgebung bakt. Entzündung oder aktivierte Ostechochodrose? unspezifische Anreicherung Sobottke, DÄ 105:181-187, 2008 ↑ Spondylodiszitis oder Tumor? Darstellung… └ der gesamten WS └ des paravertebralen Raums └ des Spinalkanals Procalcitonin (PCT) vs. C-reaktives Protein (CRP) PCT └ PCT-Bestimmung zum Sepsis-Ausschluss /-Sicherung └ PCT <0,5 ng/ml : Sepsis unwahrscheinlich (>2,0 ng/ml hochwahrscheinlich) aber └ unspezifisch bei der Spondylodiszitis CRP └ Diagnosestellung └ “Entzündungsmonitoring” Maus , Z Orthop Unfall 147:59-64, 2009 Behandlungsoptionen 1. Konservativ 2. Operativ Konservative Behandlung möglich im Frühstadium der Infektion Frühe Diagnose erforderlich AWMF-S2k-Leitlinie 2010 DSG, DIVI cont’d »Die vollständige Sanierung der septischen Infektionsquelle ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung der schweren Sepsis und des septischen Schocks.« »Unzureichende Herdsanierung ist mit einer erhöhten Letalität vergesellschaftet.« »Die Zeitdauer zwischen Auftreten der septischen Symptomatik und der Einleitung suffizienter Maßnahmen zur Beherrschung des septischen Herdes bestimmt maßgeblich das Outcome des Patienten.« Keimnachweis Erregerspektrum -70% Erregernachweis: ~50% Nolla, Semin Arthritis Rheum 31:271-278, 2002 INFEKTIONEN DER WIRBELSÄULE Behandlungsziel 1. 2. 3. 4. Sanierung des Entzündungsherdes Vermeidung eines Rezidives Vermeidung / Verbesserung neurolog. Ausfälle Korrektur und Erhaltung der Korrektur - primäre und sekundäre Stabilität AWMF-S2k-Leitlinie 2010 DSG, DIVI chirurg. Herdsanierung antimikrobielle Therapie cont’d kausale Therapie supportive Therapie (hämodyn. Stabilisierung, Beatmung, Nierenersatztherapie) adjunktive Therapie (rekomb. aktiv. Prot. C, u.a.) Antibiose kalkuliert └ mißlungener Erregernachweis aus Fokus/Blutkultur └ Sepsis └ Staph. aureus & Streptokokken └ Anaerobier: posttraumatisch, post OP/post interventionell └ E.Coli spezifisch └ testgerecht (OP > CT-Biopsie > Blutkultur) Dauer └ ~5 Wochen i.v. │ 2-3 Monate p.o. (?) “Entzündungsmonitoring” └ CRP Clindamycin (3 x 600 mg i.v.) Cephalosporin 3a/b Design └ retrospektiv, monozentrisch, 1994-2008 └ n = 269 OP: 221 │ konservativ: 48 └ Alter: 63 Jahre [42-78] └ Befall von Brust- und Lendenwirbelsäule OP └ 3 Operateure └ unterschiedl. operatives Vorgehen (mit/ohne Beckenkamminterponat) Erregernachweis │ Laborparameter └ 49% | CRP 85 mg/l [15-413] Therapiealgorithmus Akbar, Orthopäde 40:614-623, 2011 OP-Technik Akbar, Orthopäde 40:614-623, 2011 Instrumentation: └ Fusionsrate: 80% └ Revisonsrate 2% └ Korrekturverlust: dorso-ventral < ventral └ bei begleitender Osteoporose: dorso-ventrale OP ! └ keine erhöhte Infekt-Rezidivrate durch Titanimplantate Wirbelkörperersatz distrah. Titan-Cage autolog. Knochenspan Fusion [%] 89 33 Revison [%] 0 16 Korrekturverlust [% ] Pseudarthrose [%] 2 5 36 67 f, 51 J, Spondylodiszitis LWK 3/4 über 4 Monate progred. Rückenschmerzen konservativ behandelt └ Bettruhe, intermitt. stationär, keine Orthese └ Antibiose i.v./p.o (Ciprofloxacin, Clindamycin) │ CRP 5 - 240 mg/l └ Psoas-Biopsie ohne Ergebnis kein neurolog. Defizit bei Aufnahme: 39°C Fieber │ CRP 160 mg/l progred. Bildbefundverschlechterung MRT Okt. 2011 Sept. 2011 Juli 2011 f, 51 J, Spondylodiszitis LWK 3/4 f, 51 J, Spondylodiszitis LWK 3/4 transkutaner Fix. int. -häm. Streptok. B Strept. agalactiae partielle Korporektomie & ALIF Carbon-Cage 4 Wochen stationär OP und i.v.-Antibiose 6 Mon. post OP: klinisch & Labor-chem. o.B. 12 Monate post OP fusioniert f, 51 J, Spondylodiszitis LWK 3/4 Antibiogramm: -häm. Streptok. B Ciprofloxacin auswärts R Clindamycin auswärts R Meropenem 4 Wochen i.v. S Avalox 8 Wochen p.o. S 75 Jahre, rez. Fieberschübe, 12kg Gewichtsverlust, CRP 19mg/dl Z.n. Urosepsis (ohne Keim), „low grade“ Spondylodiszitis 47 Jahre, 40°C Fieber, CRP 120mg/dl, Nackenschmerzen, Ataxie Schluckstörung, Stridor, floride Spondylodiszitis, Sepsis CAVE: fiberopt. Intubation, Intensivstation Zusammenfassung Infektion der Wirbelsäule sind ein ernstes Krankheitsbild Jede Spondylodiszitis kann sich zu einem intensivmedizinischen Problem entwickeln Der frühe (chirurgische) Keimnachweis hat prognostische Bedeutung Herdsanierung anstreben (ggf. chirurgisch) “Hit early, hit hard”-Politik der antiinfektiven Therapie zur frühen Eindämmung der Infektion Resumée „Der Arzt möge den Patienten solange beschäftigen, bis daß die Selbstheilung eintrete“ Voltaire (1694-1778) Fragen Welche Aussage zur Sepsis trifft zu? 1. 2. 3. 4. 5. Der Verdacht einer Sepsis muss eine sofortige Antibiose nach sich ziehen Die Herdsanierung sollte schonen erfolgen Die chirurgische Herdsanierung ist Teil der kausalen Therapie Die supportive Therapie kann zum Ausheilen der Infektion beitragen Die antimikrobielle Therapie verliert aufgrund ubiquitärer Resistenzbildung zunehmend an Bedeutung Antwort: 3 Fragen Welche Aussage trifft nicht zu? 1. 2. 3. 4. 5. Das MRT mit Kontrast hat eine hohe Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik der Spondylodiszitis Bei Verdacht auf eine Diszitis mit/ohne Sepsis sollte frühzeitig eine Blutkultur abgenommen werden Staphylokokken spielen als Erreger der Diszitis keine Rolle Clindamycin ist aufgrund seiner guten Knochengängigkeit kalkuliert gut einzusetzen Procalcitonin (PCT) ist eine geeigneter serologischer Sepsismarker Antwort: 3