Universitätsklinikum Düsseldorf Laborchemische Entzündungsdiagnostik „Hilfstools gegen die Invasion“-Abwehrmechnismen äußere Abwehr: Haut Lysozym Flimmerepithel IgA … innere Abwehr: unspezifisch zellulär Phagozyten natural killer cells unspezifisch humoral Komplementsystem Akute Phase Proteine Interferone spezifisch zellulär T-Lymphozyten spezifisch humoral Antikörper „Kampf gegen die Invasion“ Chemotaxis Erkennung des Fremden (LPS-Rezeptoren, Komplementrezeptoren…) Phagozytose Die Phagozyten fressen die Mikroben nur, wenn die Mikroben für sie hübsch mit Butter bestrichen sind“ (Opsonierung) Entzündung Definition: im Allgemeinen lokal begrenzte unspezifische Antwort vom biologischen Gewebe auf äußeren / inneren Schädigungsreiz mit dem Ziel, diesen zu neutralisieren / beseitigen und das Gewebe zu reparieren. Klinische Symptome : Rubor (Rötung) Calor (Erwärmung) Dolor (Schmerz) Tumor (Schwellung) Functio laesa (Funktionseinschränkung) Entzündungsreaktion - Myelopoese im KM ↑ Synthese von Akute-Phase-Proteinen in Leber ↑ Aktivierung des Endothels Diapedese Permeabilität der Blutgefäße ↑ Ödem Gefäßdilatation Erwärmung, Rötung Aktivierung von Abwehrzellen Fieberverursachung Entzündungsmediatoren (eine Auswahl) Substanz Herkunft Wirkung - Histamin Mastzellen, Basophile Gefäßdilatation, Permeabilität ↑ - Serotonin Thrombozyten Gefäßdilatation, Permeabilität ↑ - Bradykinin Mastzellen, Basophile Gefäßdilatation, Permeabilität ↑ - Leukotriene Granulozyten, Makrophagen Chemotaxis - Prostaglandine ubiquitär Schmerzauslösung, Gefäßdilatation - PAF Granulozyten, Makrophagen Degranulation von Thrombo-, Granulozyten - O2-Radikale Makrophagen, Neutrophile Membranschädigung, Zytotoxizität - IL-6 T-, B-Zellen, Makrophagen Induktion der APR, Fieber - IL-8 Zytokine Monozyten, Makrophagen Chemotaxis, Aktivierung von Neutrophilen - TNF Endothelaktivierung, Fieber Makrophagen „Die Invasion schreitet voran“ Durch Zytokine ausgelöste systemische Reaktionen APR SIRS / Sepsis MODS Systemische Reaktionen Akute-Phase-Reaktion: frühe systemische Reaktion Systemisch-inflammatorisches Response-Syndrom: klinische Reaktion auf einen nicht-spezifischen Reiz, die ≥2 der folgenden Symptome aufweist - Temperatur ≥ 38°C oder ≤ 36°C - Herzfrequenz ≥ 90 S/min - Atemfrequenz ≥ 20/min - Leukozyten ≥ 12000/µl oder ≤ 4000/µl Sepsis: SIRS + angenommene oder nachgewiesene Infektion Multi-Organ-Dysfunctin-Syndrom: bei ungünstigem Verlauf von SIRS oder Sepsis Diagnostik von Entzündungen am Patienten: - Temperaturmessung - Vitalparameterbestimmung laborchemisch: - Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Serumprotein-Elektrophorese Leukozytenmessung und Differenzialblutbild Messung von Akute-Phase-Proteinen Messung von IL-6 Messung von Procalcitonin mikrobiologisch apparativ Fieber Phagozytose (Bakterien, Fremdstoffe, Zelltrümmer) Freisetzung von Pyrogenen (Zytokine) Sollwertverschiebung im ZNS-Temperaturzentrum Fieberkurvenverläufe Intermittierend Sepsis, Pneumonie (Tagesschwankungen >2°C) Remittierend HWI, Sinusitis (Tagesschwankungen bis zu 2 °C Konstant Tumore, bakt. Endokarditis Undulierend M. Hodgkin (Fieberanstiegeinige Tage ContinuaEntfieberungneuer Fieberschub) Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) Normalwerte 1. Stunde: ♂ < 15 mm ♀ < 20 mm Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) sensitiv jedoch nicht spezifisch Suchverfahren bei V.a. entzündliche Erkrankungen träge Reaktion Anstiege erst ca. 24h nach Beginn der Entzündung Prozentualer Beitrag der Plasmaproteine: ca. 55% Fibrinogen, Rest: α2-Makroglobulin, Immunglobuline, Albumin Fehlerquellen: erhöhte / erniedrigte Citratanteile, Umgebungstemperatur diverse Einflüsse: - Polyglobulie verlangsamt die Sedimentation BSG ↓ - Erys ↓ BSG ↑, aber gleichzeitige Mikrozytose wirkt der BSG-Erhöhung entgegen - Makrozytose BSG ↑ - Erythrozytenanomalien (Poikilozytose…) BSG ↓ Serumproteinelektrophorese Serumproteinelektrophorese Leukozyten und Differentialblutbild Leukozytosen Infektionen Nekrose (Trauma, OP, Myokardinfarkt) Stoffwechselstörungen (Gicht, Urämie, Vergiftung) Tumoren Körperliche Belastung, Schreileukozytose Cave: Glucocorticoid-Therapie Diagnostik von Entzündungen am Patienten: - Temperaturmessung - Vitalparameterbestimmung laborchemisch: - Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Serumprotein-Elektrophorese Leukozytenmessung und Differenzialblutbild Messung von Akute-Phase-Proteinen Messung von IL-6 Messung von Procalcitonin mikrobiologisch apparativ Akute-Phase-Proteine Akute-Phase-Proteine (eine Auswahl) C-reaktives Protein wirkt als Opsonin und trägt zur Aktivierung des Komplementsystems bei Serum Amyloid A physiologische Bedeutung noch unklar Komplementfaktoren Opsonierung, Chemotaxis, Lyse der Bakterienwand Gerinnungsstatus: Fibrinogen, FVIII, vWF Wundheilung Metallbindende Proteine: Haptoglobin Entfernung von Hämoglobin und „Konservierung“ von Eisen Anti-Akute-Phase-Proteine Albumin Umstellung der Synthesekapazität Transferrin Reduktion des Fe-Transports zum Schutz der Eisenspeicher C-reaktives Protein (CRP) Synthese: in der Leber 6-10 h nach IL-6-Stimulation kohlenhydratfreies Protein Referenzbereich: < 0,5 mg/dl Maximalwerte: 10-1000-faches des Normwertes HWZ im Blut: ca. 24h Indikationen für CRP: Infektionen koronarer Risikofaktor (ultrasensitives CRP) prognostische Bedeutung beim Herzinfarkt Vorteile: - Früherkennung einer Infektion (vor Mikrobiologie) - Unterscheidung viraler und bakterieller Infektionen - Überwachung von schwerkranken und immunkomprimierten Patienten (z.B. postoperativ, Intensivstation, nach Transplantation) CRP-Verlauf nach komplikationsloser Colon-Resektion CRP- und BSG-Verlauf bei bakterieller Meningitis Prognostische Bedeutung des CRP beim Herzinfarkt Qualität von Entzündungsmarkern akute Entzündung chronische Entzündung Fieber gut mässig BSG mässig gut Elektrophorese mässig gut Leukozytose gut mässig CRP sehr gut mässig Sensitivität und Spezifität von Entzündungsmarkern Interleukin-6 (IL-6) Glykoprotein Produktionsorte: T-Zellen, Monozyten / Makrophagen, Endothelzellen, Granulozyten Referenzbereich: 2,6-11,3 ng/l Funktion: Stimulierung der Hämatopoese, T-Zell-Aktivierung, Freisetzung von Akute-Phase-Proteinen aus der Leber Reaktionszeit: ca. 4h Indikation: - Neugeborenen-Sepsis (besonders innerhalb der ersten 48h) - Focussuche möglich, da in lokalen Körperflüssigkeiten messbar - frühe Abstoßungsdiagnostik (z.B. bei Nieren-TX) Verlauf der Serumkonzentrationen der Zytokine bei Sepsis Procalcitonin (PCT) Prohormon von Calcitonin Biologische Funktion: unbekannt Synthese durch verschiedene Zelltypen und Organe nach proinflammatorischer Stimulation Reaktionszeit: ca. 4h Raferenzbereich: < 0,5 µg/l Indikation: -Erkennen von schweren bakteriellen, pilzbedingten und parasitären Infektionen (insbesondere bei Sepsis, SIRS, MODS) Kein Anstieg bei Bagatellinfektionen und chronischen Entzündungen. Vorteile: -Differentialdiagnose bakterieller versus viraler Infektion -Überwachug von schwerkranken und immunkompromittierten Patienten zur frühen Erfassung bakt. Infekte (postoperativ, nach Transplantation, auf Intensivstation) -Prognosemarker (hohe Spiegel korrelieren mit einer schlechten Prognose) Procalcitonin Procalcitonin PCT versus CRP PCT-Anstieg ist ein besserer Indikator für Schwere der Infektion und Organdysfunktion als CRP PCT versus CRP PCT unterscheidet besser zwischen einer bakteriellen Infektion und nichtinfektionsbedingten Entzündungsreaktionen als CRP Verlauf der Serumkonzentrationen von Entzündungsparametern Ein klinischer Fall Ein 57-jähriger Patient mit KHK und arterieller Hypertonie, aktuell Z.n. einer komplikationslosen aortokoronaren Bypass-OP Am 7. post-Op Tag: Kaltschweißigkeit, Erschöpfung, Blässe des Patienten, hypotone RR-Werte Untersuchungen: Rö-Thorax, Echo normal, keine pulmonären Infiltrate, kein Pleura- oder Perikarderguß Therapie: Volumengabe darunter Besserung der hämodynamischen Situation Am folgenden Tag war der Patient klinisch nicht mehr auffällig und sollte auf die Normalstation verlegt werden. Jedoch: PCT 2,5 ng/ml. Wert für diesen Zeitpunkt nach Op als deutlich erhöht eingestuft. Weitere Untersuchungen wurden veranlaßt: CT als Fokussuche Zeichen einer Sternum-Osteomyelitis. Konsequenz: operative Revision. Patient wurde nach 10 Tagen ohne weitere Komplikationen in die Reha entlassen.