Gliederung der Vorlesung Datum Thema Dozent 27.10 Geschichte des Umweltschutzes – Agenda 21 Dichtl 03.11 Chemisch/physikalische Grundlagen 10.11 Wachstum und seine Grenzen 17.11 Grundlagen der allgemeinen Ökologie 24.11 Biologische Grundlage Dockhorn 01.12. Stoffwechselphysiologie Dockhorn 08.12. Toxikologie und Ökotoxikologie Dockhorn 15.12. Stoffkreisläufe Dichtl 22.12. Klima: Grundlagen und Fakten Fricke 12.01. Wasser: Grundlagen und Fakten Dichtl 19.01. Boden: Grundlagen und Fakten Fricke 26.01. Ressourcenschutz und Energie Dichtl 02.02. Einführung ins Umweltrecht Fricke 09.02. Klausurvorbereitung Dockhorn Santen Fricke 1 Definition der Ökologie • Ökologie ist die Wissenschaft – Von den Wechselbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt (zur belebten und unbelebten Umwelt), – Vom Stoffhaushalt und den Energieflüssen, die das Leben auf der Erde möglich machen und – Von den Anpassungen der Organismen an die Lebensbedingungen. • Ökologie beschreibt weiterhin die Interaktion von Organismen und Lebensräumen 2 Biotische und Abiotische Faktoren Biotische Faktoren Abiotische Faktoren Konkurrenz Licht Symbiose Temperatur Parasitismus Boden Einfluss des Menschen Luft Wasser 3 Umweltfaktoren Umweltfaktoren wirken sich in folgender Weise aus: • Unterschiedliche Konzentration / Intensität in verschiedenen Lebensräumen • Nur eine begrenzte Anzahl von Arten ist im speziellen Lebensraum überlebensfähig (Grund: Anpassung) • Eine Art toleriert nur einen bestimmten Bereich eines Umweltfaktors (Toleranzbereich = Ökologische Potenz) – Ökologische Potenz: Fähigkeit eines Organismus einen Umweltfaktor zu nutzen bzw. zu tolerieren – Ökologische Valenz: Wertigkeit eines Faktors ggü. dem Organismus 4 Gesetz des Minimums • Umweltfaktoren sind nicht alle gleich wirksam • Ein Faktor wirkt begrenzend = limitierender Faktor z.B. Phosphat als limitierender Faktor für Pflanzen 5 Limitierende Faktoren Limitierende Faktoren bestimmen das Gedeihen von Organismen Liebigs Gesetz des Minimums: "Die relative Wirkung eines Faktors ist um so größer, je mehr sich dieser den anderen Faktoren gegenüber im Minimum befindet" Shelfords Toleranzgesetz: "Nicht nur ein Zuwenig, sondern auch ein Zuviel eines Faktors hat die gleiche, entscheidende [lebensbegrenzende] Wirkung„ Alle Ding‘ sind Gift und nichts ohn‘ Gift, allein die Dosis mach, das ein Ding6 Gift ist ! (Paracelsus 1493-1541) Gliederung der Ökologie • Nach den Organismen, die im Mittelpunkt der Untersuchung stehen: Tierökologie, Pflanzenökologie, Humanökologie... • Nach den Lebensräumen: Terrestrische Ökologie, Aquatische Ökologie, Marine Ökologie, Bodenökologie, Stadtökologie... • Angewandte Ökologie: Agrarökologie, Radioökologie, Ökotoxikologie, Naturschutz, Umweltschutz... • Nach der Betrachtung anderer wissenschaftlicher Disziplinen unter dem Gesichtspunkt ökologische Auswirkungen: Genetik, Verhaltensökologie, Paläoökologie... 7 Klassische Dreiteilung der Ökologie • Autoökologie: Beziehung eines Individuums zu seiner Umwelt (Betrachtung einer einzelnen Art oder eines einzelnen Individuums) • Synökologie: Beziehung verschiedenartiger Organismen zu ihrer Umwelt (ganze Lebensgemeinschaften in einem begrenzten Areal) • Demökologie (oder Populationsökologie): ökologische Beziehung einer Population zu ihrer Umwelt (Populationen in großen Arealen) 8 Umweltbeziehungen des Menschen aus ökologischer Sicht, autoökologischer Ansatz chemische Umwelt: 1 Luftsauerstoff 2 CO2 der Luft 3 Chemische Technik + Rohstoffquellen 4 Trinkwasser 5 Chemische Luft- und Wasserverschmutzung 6 Chemische Zivilisationsabfälle physikalische Umwelt: 1 Temperatur 2 Luftfeuchtigkeit + Niederschläge 3 Luftdruck 4 Wind 5 Strahlung 6 Boden 7 Schwerkraft 8 Lärm 9 Technik + Rohstoffquellen 10 Zivilisationsabfälle zwischenartliche Umwelt: 1 Fressfeinde 2 Konkurrenten 3 Parasiten 4 Beutetiere 5 Nahrungspflanzen 6 Rohstofflieferanten 7 Tiere + Pflanzen als Arbeitsobjekte 8 Tiere + Pflanzen als Pflegeobjekte 9 Abfallverwertende Organismen 10 Sonstige innerartliche Umwelt: 1 Mensch als Sozialpartner 2 Mensch als Sexualpartner 3 Mutter-Kind-Beziehungen 4 Familienangehörige 5 Mensch als Mitarbeiter 6 Mensch als Rivale, Konkurrent oder Gegner soziale Umwelt 9 Wichtige Fachbegriffe • Biosphäre: Beschreibt die Gesamtheit aller Ökosysteme Î Globalsystem • Ökosystem: Bildet eine übergeordnete Ganzheit, kann mehrere Untersysteme enthalten • Biozönose: Lebensgemeinschaft, sämtlicher Populationen eines Areals • Biotop: Lebensraum (Habitat), wird charakterisiert durch biotische und abiotische Faktoren • Umweltfaktor: Kraft, die auf einen Organismus wirkt (biotisch, abiotisch) • Umwelt: Summe aller einwirkenden Umweltfaktoren 10 Umweltbereiche, Makrostrukturen Alle Bereiche beeinflussen sich wechselseitig Meteorologie Biologie Bodenkunde Hydrologie Geologie/Mineralogie Aufgabe ökologischer Forschung: Ordnung in das Chaos zu bringen, grundlegende Zusammenhänge zu verstehen. 11 Ökosystem - Funktionsschema •Produzenten: Pflanzen (autotrophe), die aus Sonnenenergie Biomasse aufbauen •Konsumenten: Lebewesen (heterotrophe), die ihre Energie aus org. Masse gewinnen •Destruenten: Heterotrophe Organismen, die tote Biomasse verwerten und in anorg. Grundstoffe zerlegen (Bakterien, Pilze) 12 Ökozonierung der Erde 13 Klimaklassifikation nach Köppen A (tropisch) f (tropisches Regenwaldklima) w (Savannenklima) B (trocken, arid) S (Steppenklima) W (Wüstenklima) C (warmgemäßigt) s (warmes sommertrockenes Klima) w (warmes wintertrockenes Klima) f (feuchttemperiertes Klima) D (kaltgemäßigt, boreal) w (wintertrockenes-kaltes Klima) f (winterfeuchtes-kaltes Klima) E (polar) T (Tundrenklima) F (Klima ewigen Frostes) 14 Vertikaler Klimagradient • In grober Näherung ist Köppens Klimazonierung auch auf die vertikale übertragbar. – Hier am Beispiel der Anden: Jeder dieser Klimatypen ist durch eigene Vegetation und Boden charakteriesiert 15 Die großen Kompartimente unserer Biosphäre Die Ozeane bedecken 2/3 der Erdoberfläche, sind die „Wiege des Lebens“, leisten einen enormen Beitrag zur globalen Primär- und Sauerstoffproduktion, transportieren Stoffe und Wärme über den gesamten Globus, haben wichtige regulatorische Funktionen für das Weltklima. Die Landmassen sind der Lebensraum höherer Pflanzen, von Säugetieren, Insekten, Vögeln, Reptilien und nicht zuletzt des Menschen, „tragen“ die „Lunge der Erde“, die Tropenwälder, stellen einen entscheidenden Teil unserer Lebensgrundlage dar (z.B. sämtliche Nutzflächen). Die Atmosphäre ermöglicht überhaupt erst das Leben auf der Erde, schirmt uns gegen Strahlung aus dem All ab, enthält die lebenswichtigen Gase Sauerstoff und Kohlendioxid bewerkstelligt einen globalen Stofftransport von Gasen und Wasser. 16 Die Wasservorräte der Erde Teil der Hydrosphäre Total Weltmeer Grundwasser, (salzig) Oberflächenw. (salzig) Summe Süßwasser Eis und Schnee Grundwasser (süß) Süßwasserseen Moore, Sümpfe Flüsse Bodenfeuchte Atmosphäre Organismen Wasservolumen [km3] 1.385.984.600 1.338.000.000 12.870.000 Anteil am Vorkommen [%] 100 96,54 0,93 85.500 0,006 35.029.100 24.364.000 10.530.000 91.000 11.500 2,53 1,76 0,76 0,006 2.100 16.500 12.900 1.100 0,0009 0,0002 0,001 0,009 0,0001 Anteil am Süßwasser [%] Austauschzeiten 37.000 a 10-10.000 a 100 69,6 30,1 0,26 0,03 0,01 0,05 0,04 0,003 16.000 a 300 a 10-100 a 12-20 d 280 d 9d [Korzun et al., 1974] 17 Quelle: HAHN, 2002 18 Globaler Wasserhaushalt 19 Das Meer als Wärmepumpe 20 Ökosystem Meer • Das Meer als riesige Gemeinschaft von Mikroorganismen, pflanzlichen und tierischen Lebewesen in ökologischer Wechselbeziehung: • Plankton (das Treibende, Pflanzen und Tiere) • Nekton (frei umherschwimmende Organismen) • Benthos (unmittelbar über, auf oder im Meeresgrund) • Arten sind je nach Entwicklungsstand der einen oder anderen Gruppe zuzuordnen 21 Jahresgang im Ökosystem Meer Schematischer Jahresgang des Phytoplanktons und Zooplanktons sowie der produktionssteuernde n Faktoren Nährstoffe und Licht Biomasse: Phytoplankton (Primärproduzenten) Zooplankton (Primärkonsumenten) Produktionssteuernde Faktoren: Nährstoffe Licht 22 Schadstoffanreicherung in der Nahrungskette 23 Die Landmassen der Erde in Bewegung 195 Mio a 135 Mio a 65 Mio a 24 Auswirkung der Plattentektonik auf die Verbreitung der Arten • Pangea: gleichmäßige Ausbreitung von Pflanzen und Tieren • Durch Trennung der Kontinente (Bildung von eigenen Biozönosen und Biotiope ), Entwicklung eigener Unterarten Î Ausbildung endemischer Arten (nur in diesem Gebiet vorkommend) – Beispiel: Australien – Beuteltiere • Zur Zeit der Entstehung der Säugetiere Platten bereits getrennt Æ Arten konnten sich nicht gleichmäßig ausbreiten Î 6 biogeographischen Regionen – Nordamerika & Grönland - Europa & Rußland – Südamerika - Australien – Südafrika - Asien 25 Aspekte der Plattentektonik und Evolution • Kontinentaldrift Î Verinselung und Isolierung von Arealen (auch durch Gebirge, Flüsse, Wüsten) • Klimaveränderungen: z.B. pleistozäne Eiszeiten (1,8 Millionen Jahren bis etwa 10.000 v. Chr) • Evolution: – Wechselbeziehungen zwischen Organismen und Umwelt führen über natürliche Selektion zu bestimmten Anpassungen – Survival of the fittest (auch höchster Beitrag für kommende Generationen) – Darwins Theorie (1859): Individuen einer Popultaion nicht identisch, Variabilität z.T. erblich; – Verschiedene Anzahl von Nachkommen und Fortpflanzungsstrategien der Arten, Zahl der Nachkommen auch abh. von Wechselwirkungen mit der Natur 26 Artenzahl der Tiere in Deutschland und weltweit Deutsche Bezeichnung Einzeller Schwämme Plattwürmer Rippenquallen Schnurwürmer Nesseltiere Rundwürmer Kratzer Weichtiere Kranzfühler Ringelwürmer Krebstiere Insekten Spinnentiere Borstenkiefer Stachelhäuter Kragentiere Manteltiere und Schädellose Säugetiere Vögel Kriechtiere Lurche Fische Wissenschaftliche Bezeichnung Unterreich Protozoa Stamm Porifera Stamm Plathelminthes Stamm Ctenophora Stamm Nemertini Stamm Cnidaria Stamm Nemathelminthes Klasse Acanthocephala Stamm Mollusca Stamm Tentaculata Stamm Annelida Klasse Crustacea Klasse Insecta Klasse Arachnida Stamm Chaetognata Stamm Echinodermata Stamm Branchiotremata Unterstämme Acrania und Tunicata Klasse Mammalia Klasse Aves Klasse Reptilia Klasse Amphibia Klasse Pisces Quelle: Bundesamt für Naturschutz, DzN 2002 Artenzahl in Artenzahl Deutschland in der Welt 5 000 35 000 31 9 000 1 300 20 000 3 84 32 1 000 130 9 600 2 122 23 060 80 800 485 125 250 42 3 480 409 15 000 585 32 000 29 500 1 000 000 4 360 102 150 2 60 30 6 010 1 70 16 100 256 14 21 277 2 115 4 350 9 700 6 600 4 000 21 750 27 Artenzahl der Wirbeltiere im europäischen Vergleich 28 Gefährdungssituation der Wirbeltiere in der BRD 29 Der tropische Regenwald 30 Vielfalt der Arten im Tropischen Regenwald Deutscher Nutzwald: eigentlich Monokultur (12-24 Baumarten, keine Unterschicht, fehlen von Kräutern) Tropischer Regenwald: 10.000-20.000 Arten 31 Abholzung des Regenwaldes • Jährliche Abholzung (trop. Regenwald) lt. Schätzungen >17 Mio ha Wald – August 01 – August 02 in Amazonien: 25.500 km², (Vergleich: Belgien: 32.545 km²) • 0,2-0,3% der Arten sterben pro Jahr aus – Insgesamt ca. 1-2 Mio. Arten Æ jährlich sterben 3.000-6.000 Arten – Gegenwärtige Aussterberate anthropogen bedingt 1.000fach erhöht • Gründe – Landwirtschaftliche Nutzung (z.B. Sojaproduktion Amazonien in den nächsten Jahren > als USA; auch große Rindfleischnachfrage – Export tropischer Edelhölzer – Brennholzbedarf (ca. 80% des Holzertrages in Entwicklungsländern), ca. 9/10 der Erdbewohner sind derzeit auf Holz als Hauptenergieträger angewiesen – etc... 32 Gliederung der Atmosphäre 33 Wirkung des anthropogenen Treibhauseffekts 34 Sonnenlicht und Kohlenstoff • Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO2 ), Wasser und Bodennährstoffe sind in terrestrischen Biozönosen die Ressourcen für die Primär-produktion • Insbesondere Kohlenstoff und Sonnenlicht bilden die Grundlage für: – Die Photosynthese – Bilden notwendige Lebensressourcen – Sind Energieträgerlieferant – Sind Motor diverser regenerativer Energien • In aquatischen Lebensräumen sind die limitierenden Faktoren in erster Linie: Verfügbarkeit von Nährstoffen (vor allem Nitrat und Phosphat) und Licht 35 Energiefluss der Erde eU + S + aU = ÖS eU: eingetragene E. (Input) aU: ausgetragene E. (Output) S: Speicheranteil ÖS: Ökosystem 36 Energiefluss im Ökosystem • Sonneneneregie (Globalstrahlung) 10.000 KJ • Photosythesisch aktive Strahlung 4.000 KJ • Brutto Primär Produktion Transmission Refelexion Wärmeenergie (Transpiration) 200 KJ Lebensprozesse • Netto Produktion • Phytophase für Pflanzenfresser nutzbar (Konsumenten 1. Ordnung) • Zoophase (Konsumenten 2. Ordnung) • Konsumenten 3. Ordnung 100 KJ Nahrungsenergie, Atmung 10 KJ 1 KJ 0,1 KJ 37 Energieverdichtung Beispiel: 1 kg Kartoffeln = 3.560 kJ 1 kg Schweinefleisch= 14.450 kJ Verdichtung ABER: Um 1 kg Schweinefleisch zu erzeugen ist ein vielfaches (Faktor ca. 5,6) der Energie eines kg Kartoffeln nötig. Æ Nivellierung: z.B. bei Löwe und Gazelle kein weiterer Anstieg mehr. Verdichtung: SonneÆautotropheÆheterotrophe Mit Energieverdichtung geht der Verlust (ÆWärme) hoher Energiemengen einher. (s.Beispiel) Kopplung: Abnahme der verfügbaren Energie mit Zunahme der Energiequalität Energieverdichtung = eingesetzte Energie / produzierte Energie 38 Ablauf der Photosynthese Redoxpotential 2 Elektronen Die Lichtreaktion Die Grundgleichung der Photosynthese 6 CO2 + 6 H2O Æ C6H12O6 + 6 O2 39 Chemische ATPAufbau Schema des Energiehaushaltes der 40 Zelle Kohlenstoff- und Sauerstoffkreisla uf 41 Faustzahlen Glukoseproduktion pro m2 Blattfläche u. d = 24g Biomasseproduktion (TS) = 5 x 1011 Mg/a davon 50% in den Meeren Veratmung Mensch = 1 kg CO2 /d Veratmung/ha = 50 bis 120 kg CO2 /d Treibstoffen in industrialisierten Ländern, aus Transport von Nahrungsmitteln, eigener Transport. = 5 Mg CO2 / Bürger u. a. Speicher Atmosphäre = 2.300 Mrd. Mg CO2 Speicher Ozeane (Faktor 50) = 1,3 1013 Mg CO2 Im Meer ist das CO32- /CO2 – Gleichgewicht als Puffer sehr wichtig. Der meiste Kohlenstoff liegt in anorg. (meistens: CaCO3) / org. Sedimenten gebunden vor. 42 Aerober und Anaerober Abbauprozess Unter aeroben Bedingungen sind alle biologisch entstandenen Verbindungen abbaubar. Am aeroben und anaeroben Abbau beteiligte Mikroorganismen sind hauptsächlich: Bakterien, Aktinomyzeten und Pilze. Aerober Abbau von Glukose: C6H12O6 + 6 O2 → 6 CO2 + 6 H2O + Energie (Wärme und ATP) Anaerober Abbau von Glukose: C6H12O6 Æ 3CO2 + 3CH4 + Energie Nutzung dieser Prozesse in diversen technischen Anwendungen möglich! 43 44 Umweltfaktoren und Ressourcen Tilman (1982): Alles, was ein Organismus konsumiert (nutzt, umwandelt), ist eine Ressource Ressourcen lebender Organismen: - Stoffe, aus denen ihre Körper bestehen - Energie, die für Aktivitäten benötigt wird - Raum, in dem sich Lebenszyklen abspielen 45 Beispiele Grüne Pflanzen bestehen aus anorganischen Ionen und Molekülen ⇒ Nahrungsressource Sonnenstrahlung für Photosynthese ⇒ Energieressource Grüne Pflanzen sind Nahrungsressourcen für Herbivore, diese sind wiederum Nahrungsressourcen für Carnivore 46 Ressourcennutzung Wie werden Ressourcen genutzt? Ressourcenaufteilung auf Grund morphologischer, sinnesökologischer und verhaltensökologischer Anpassungen Wie flexibel ist Ressourcennutzung? Wie gut kann ein Organismus auf geänderte Umwelt-bedingungen in seiner Ressourcennutzung reagieren? Spezialisten versus Generalisten. 47 Der Begriff der Population • Definition: Gruppe von Organismen einer Art • Charakteristische Eigenschaften einer Population – Populationsdichte: Verhältnis Anzahl Individuen / Fläche – Populationsdominanz – Sterbe und Geburtenrate Î Wachstumsrate • Eine Population wächst exponentiell bis zu einer spez. Kapazität • Wachstum einer Population regelt sich selbst (neg. Rückkopplung): Geburtenrate abhängig von Populationsdichte – ABER: Störung durch Wegfall von Feinden, Entzug von Nahrung, keine Rückzugmöglichkeiten, anthropogen induzierte Seuchen/Krankheiten etc. 48 K- und R-Strategen R- Strategen Klima K- Strategen Hohes Vermehrungspotential Optimale Ausnutzung ökologischer Gegebenheiten Extreme Lebensbedingungen größtmögliche Ausnutzung der Gegebenheiten Sehr variable Bedingungen mgl. Stabile Umweltbedingungen Kapazität Katastrophisch, nicht gerichtet Dichteabhängig Dichteunabhängig Populationsgröße In der Zeit variabel, kein Gleichgewicht Ziemlich konstant, Gleichgewicht Konkurenz Variabel Normalerweise intensiv Oft lax Allgemein Rasche Entwicklung Langsame Entwicklung Hohes Maximum Verzögerte Reproduktion Frühe Reproduktion größeres Gewicht Kleines Körpergewicht Wiederholte Reproduktion Einmalige Reproduktion Intensive Brutpflege 49 Veränderungen von Nischendimensionen durch Wechselwirkungen von Organismen Die Hauptkomponenten von Wechselbeziehungen zwischen Organismen sind: – Konkurrenz (Merkmalsverschiebungen, Veränderung der Dominanzverhältnisse, Häufigkeit) – Prädation (Räuber-Beute) – Parasitismus (Organismus lebt auf Kosten eines anderen, z.B. Misteln ) – Mutualismus (Vorteilhafte, nicht lebensnotwendige Beziehung) – Detritivorie (Fressen toter organischer Substanz) 50 Intraspezifische Konkurrenz Auswirkung der intraspezifischen Konkurrenz ist dichteabhängig – bei allen Populationsdichten dichteunabhängige Mortalität – dichteabhängige Mortalität wird • unterkompensiert • überkompensiert • exakt kompensiert 51 Intraspezifische Konkurrenz Auswirkung intraspezifischer Konkurrenz auf Wachstums- und Entwicklungsraten von Individuen: Gesamtbiomasse bleibt gleich, Größen der Individuen ändern sich ⇒ bei zunehmender Populationsdichte werden Organismen kleiner (Beispiel Napfschnecke Patella) Intraspezifische Konkurrenz kann zu stabilen Populationsdichten führen: (Umwelt)kapazität Ressourcen reichen aus, um Populationsdichte konstant zu halten. 52 Ergebnisse von Konkurrenz Interspezifisch starke Konkurrenten verdrängen interspezifisch schwache Konkurrenten Bei stärkerer interspezifischer Konkurrenz als intraspezifische entscheidet Populationsdichte Bei geringerer interspezifischer als intraspezifischer Konkurrenz kommt es zu Koexistenz 53 Konkurrenz und Koexistenz Lotka-Volterra Modell: stabile Koexistenz von Konkurrenten möglich, wenn interspezifische Konkurrenz weniger stark als intraspezifische Konkurrenz ist x = Beute; y = Räuber a1/2 = Vermehrung Beute/Räuber b1 /2= Mortalität Beute/Räuber Prinzip der begrenzenden Ähnlichkeit (limiting similarity): Arten können nur dann koexistieren, wenn sie sich in bestimmter Weise voneinander unterscheiden, z. B. Nischendifferenzierung durch unterschiedliche Ressourcenaufteilung. Problem: variable Umweltbedingungen, Heterogenität und Dynamik der System 54 Diversität • Die Diversität ist eine Messgröße für die Elastizität (Fähigkeit zur Anpassung und Erholung) eines Ökosystems. Diese setzt sich wie folgt zusammen: – Diversität = Artenvielfalt (Anzahl der Arten pro Bereich) + relative Abundanz (relative Häufigkeit der Art) – Es gilt: wi = ni / N • wi: Diversität • ni: Anzahl / Biomasse der Individuenart i • N: Gesamtzahl / -biomasse der Individuen • Vergleich verschiedener Ökosysteme mittels Indices: – Simpson-Index: – Æ Je näher D an 1 liegt, desto größer ist die Dominanz einer Art (und desto kleiner ist die Elastizität eines Systems) 55 Ökotoxikologie Als Zweig der Umweltwissenschaften beschäftigt sich die Ökotoxikologie mit der Analyse und dem Verständnis der Auswirkungen chemischer Stoffe auf die belebte Natur. Hierbei werden alle biologischen Ebenen betrachtet. – Schadwirkungen von Chemikalien (Einzelverbindungen und Gemischen auf Individuen bis Ökosystem) – Verknüpfung von von Konzepten aus der Umweltchemie, Toxikologie und Ökologie – Î Ermittlung von Grenzwerten und Einfluss in der Gesetzgebung 56 Schicksal von Chemikalien in der Umwelt Luft Volatilisation UmweltChemikalie Deposition Photolyse, Abbau Boden Photolyse, Abbau Bi o De po Vo sit io la n til is at io n a kk um ula Wasser Hydrolyse, Photolyse, Mikrobieller Abbau, Oxidation n io t p n or s io t d i A os p De a Bio tion Exkretion Bioakkumulation BIOTA Metabolismus n tio a l mu u k k 57 Dosis-Wirkung-Beziehung • A = Essentielle Stoffe, die sowohl bei Unterversorgung wie Überdosierung zu negativen Wirkungen führen. Homöostase (Konstanthaltung physiologischer Parameter im Organismus) tritt im mittleren Konzentrationsbereich auf. • B = Typische Umweltchemikalien, die mit zunehmender Dosis zu reversibler und irreversibler Schädigung und schließlich zum Tod führen. A B 58 Begriffe • Akute Toxizität: nach einmaliger Verabreichung oder kurzer Zeit toxisch, i.d.R. hohe Dosen notwendig, nötige Expositionszeit abhängig von Generationszeit und Organismus (z.B. Fische im Test: 48 oder 96 h) – LD50-Wert, bzw. LC50-Wert: Lethale Dosis/Konzentration tritt mit 50% Häufigkeit auf. (Maß für die akute Toxizität) – EC50-Wert: Konzentration bei der der Effekt auf diese Konzentration 50% beträgt. (z.B. Beweglichkeit, Pflanzen: Hemmung des Wachstums) • Subakute Toxizität: unterhalb der Konz. welche direkte Mortalität verursacht. (Effekte auf Verhalten, Funktion etc.) • Chronische Toxizität: Toxizität nach Exposition über längere Zeit (je nach Organismus: Tage-Jahre), z.B. Cancerogenität – NOEL- u. NOEC-Wert: No Observed Effect Level/Concentration: höchster Wert bei dem keine Reaktion aufgetreten ist 59 Vernetzung der Wirkung auf verschiedenen biologisch-ökologischen Ebenen Zeitskala Schadstoff Sofort / einige Tage Stunden - Wochen Verhaltensänderung Biochem.-molekulare Rx Neurologische u. endokrine Symptome, Gleichgewicht, Fortbewegung, etc. Enzym-, Metabolismusaktivität, Membranveränderungen, DNA-Mutation Physiologische Veränderung Morphologische Veränderung Sauerstoffzehrung, Photosythese, Nahrungsaufnahme, -verdauung, -exkretion Wochen Monate Veränderung im indiv. Lebenszyklus Monate Jahre Veränderung in der Population Monate Jahrzehnte Ökologische Konzequenzen Embryonalentwicklung, Wachstum, Reproduktion, Regeneration Reduzierte Individuenzahl, Wechsel Altersstruktur, Veränderung Genpool Veränderungen in Biozönose/ Ökosystem bezügl. Dynamik, Struktur, Funktion 60 Fallbeispiel DDT • DDT = Dichlordiphenyltrichlorethan, gehört zu den persistenten chlorierten Kohlenwasserstoffen, wohl das bekannteste Pflanzenschutzmittel (Insektizid) • Großräumiger Einsatz v.a. nach 1945 • 1948 Nobelpreis für die Entwicklung des DDT (P.Müller) • Seit 1947 Eierschalenverdünnung z.B. bei Wanderfalken sichtbar (Korrelation zu DDT-Einsatz), auch viele andere Greifvögel • Verweiblichende Effekte auf z.B. Alligatoren, Vögel und Fische • Ab 1972 Verbot DDT in USA und anderen Industrieländern • 1975 in BRD nur noch ~ 10% der Wanderfalken vorhanden • ABER: Durch Verbot DDT in einigen Entwicklungsländern erneut auftretende Malariaproblematik 61