1 Wahrscheinlichkeitsräume Die nachfolgenden Definitionen basieren auf dem Buch „Randomisierte Algorithmen“ von Juraj Hromkovic, Kapitel 2.2. Für Erklärungen und Veranschaulichungen empfiehlt es sich, den Text zu lesen. 1 Wahrscheinlichkeitsräume Definition 1. Ein Wahrscheinlichkeitsraum (S , Wahr) besteht aus einer (abzählbaren) Menge S von elementaren Ereignissen und einer Funktion Wahr: P(S) → [0, 1], genannt Wahrscheinlichkeitsverteilung auf S. Ein Ereignis ist eine Teilmenge von S. Es gelten folgende Eigenschaften: i. Wahr({x}) ! 0 für jedes elementare Ereignis x ∈ S, ii. Wahr(S) = 1, und ! "∞ iii. Wahr( ∞ i=1 Ai) = i=1 Wahr(Ai) für paarweise disjunkte Ereignisse Ai ⊆ S. Anstelle der Funktion Wahr wird häufig auch Pr als Name verwendet. Eine schwächere Form der dritten Eigenschaft für endliche Vereinigungen ist: Wahr(A ∪ B) = Wahr(A) + Wahr(B) mit A ∩ B = ∅. Intuitiv ist die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses das Verhältnis der enthaltenen elementaren Ereignisse zu allen möglichen elementaren Ereignisse. Daraus ergibt sich auch folgende Definition: Definition 2. Seien A, B ⊆ S zwei Ereignisse mit Wahr(B) 0. Die bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A, unter der Voraussetzung, dass das Ereignis B mit Sicherheit eintritt, ist Wahr(A ∩ B) Wahr(A|B) . Wahr(B) Definition 3. Zwei Ereignisse A, B ⊆ S nennt man unabhängig, wenn Wahr(A ∩ B) = Wahr(A) · Wahr(B). Aufgaben Aufgabe 1. Beweisen Sie, dass folgende Eigenschaften für jeden Wahrscheinlichkeitsraum (S , Wahr) und A, B ⊆ S gelten: a) Wahr(∅) = 0 b) Wahr(S − A) = 1 − Wahr(A) c) A ⊆ B ⇒ Wahr(A) ! Wahr(B) d) Wahr(A ∪ B) = Wahr(A) + Wahr(B) − Wahr(A ∩ B) ! Wahr(A) + Wahr(B) " e) Wahr(A) = x∈A Wahr({x}) Aufgabe 2. Sei (S , Wahr) ein Wahrscheinlichkeitsraum und WahrB ({s}) Zeigen Sie, dass (B , WahrB ) ein Wahrscheinlichkeitsraum ist und Aufgabe 3. Seien A, B ⊆ S zwei Ereignisse mit Wahr(B) dann unabhängig sind, wenn Wahr(A|B) = Wahr(A). Wahr({a}) Wahr({b}) = Wahr({s}|B) für ein B ! S. Wahr B ({a}) Wahr B ({b}) für alle a, b ∈ B gilt. 0. Zeigen Sie, dass die Ereignisse A und B genau Aufgabe 4. Seien A und B zwei Ereignisse. Beweisen Sie folgende Aussagen: a) Wahr(A ∩ B) = Wahr(B) · Wahr(A|B) b) Wahr(A|B) = Wahr(A) · Wahr(B |A) Wahr(B) Wahr(A) · Wahr(B |A) c) Wahr(A|B) = Wahr(A) · Wahr(B |A) + Wahr(S − A) · Wahr(B |S − A) Aufgabe 5. Seien A1, A2, Beweisen Sie, dass Wahr(A1 ∩ , An ⊆ S, so dass Wahr(A1) ∅, Wahr(A1 ∩ A2) ∩ An) = Wahr(A1) · Wahr(A2|A1) · ∅, , Wahr(A1 ∩ · Wahr(An |A1 ∩ ∩ An−1). ∩ An−1) ∅. 2 Abschnitt 2 2 Zufallsvariablen Definition 4. Jede Funktion X: S → R wird Zufallsvariable (auf S) genannt. Für jede Zahl z ∈ R definieren wir das Ereignis(X = z) {s ∈ S |X(s) = z }. Statt Wahr(Ereignis(X = z)) wird vereinfacht Wahr(X = z) geschrieben. Definition 5. Die Dichte von X ist die Funktion fX : R → [0, 1] mit fX (z) Wahr(X = z). Die Verteilungsfunktion von X ist die Funktion DisX : R → [0, 1] mit # DisX (z) Wahr(X " z) = Wahr(X = y). y!z Definition 6. Seien X und Y zwei Zufallsvariablen auf dem Wahrscheinlichkeitsraum Ereignis(X = x) ∧ Ereignis(Y = y) und (S , Wahr). Wir schreiben Ereignis(X = x ∧ Y = y) sagen, dass X und Y unabhängige Zufallsvariablen sind, falls Wahr(X = x ∧ Y = y) = Wahr(X = x) · Wahr(Y = y) für alle x, y ∈ R. Definition 7. Sei der Wertebereich einer Zufallsvariable X definiert als RX {x ∈ R | ∃s ∈ S: X(s) = x}. Der Erwartungswert E[X] von X ist # E[X] x · Wahr(X = x), {X(s)|x ∈ S } = x∈RX falls diese Summe endlich ist oder konvergiert. Definition 8. Sei X eine Zufallsvariable, g: R → R eine beliebige Funktion, dann ist Z=g(X) definiert durch Z(s) g(X(s)) für alle s ∈ S. Für zwei Zufallsvariablen X1 , X2 ist X = X1 + X2 definiert durch X(s) = X1(s) + X2(s) und Y = X1 · X2 definiert durch Y (s) = X1(s) · X2(s) für alle s ∈ S. Aufgaben Aufgabe 6. Sei (S , Wahr) ein Wahrscheinlichkeitsraum und X eine Zufallsvariable auf S. Beweisen Sie folgende Aussagen für alle z ∈ R: a) Wahr(X = z) " 0 " y ∈R X Wahr(X = y) = 1 " c) fX (z) = s∈S ,X(s)=z Wahr({s}) b) Aufgabe 7. Die Dichte-Funktion fX lässt sich mit FX (B) dass (RX , FX ) ein Wahrscheinlichkeitsraum ist. Aufgabe 8. Zeigen Sie für den Erwartungswert, dass E[X] = " " y ∈B s∈S fX (y) auf RX erweitern. Zeigen Sie, X(s) · Wahr({s}). Aufgabe 9. Seien X und Y zwei Zufallsvariablen mit X(s) ! Y (s) für alle s ∈ S. Beweisen Sie E[X] ! E[Y ]. Aufgabe 10. Eine Zufallsvariable wird Indikatorvariable gennant, wenn sie S auf {0, 1} abbildet. Zeigen Sie: Für jede Indikatorvariable XA gilt E[XA] = Wahr(A) mit A = {s ∈ S |XA(s) = 1}. Aufgabe 11. Sei g(y) = a y + b für feste a, b ∈ R und X eine Zufallsvariable auf (S , Wahr). Zeigen Sie die schwache Linearität des Erwartungswertes E[g(X)] = a E[X] + b. Aufgabe 12. Seien X und Y zwei Zufallsvariablen auf (S , Wahr). Zeigen Sie die Linearität des Erwartungswertes E[X + Y ] = E[X] + E[Y ]. Aufgabe 13. Seien X und Y zwei Zufallsvariablen auf (S , Wahr) und Z(s) S. Beweisen oder widerlegen Sie E[Z] = min {E[X], E[Y ]}. min {X(s), Y (s)} für alle s ∈ Aufgabe 14. Seien X und Y zwei Zufallsvariablen. Beweisen Sie, dass E[X · Y ] = E[X] · E[Y ], falls X und Y unabhängige Zufallsvariablen sind.