Vorlesung 3a Der Erwartungswert von diskreten reellwertigen Zufallsvariablen 1 X sei eine Zufallsvariable, deren Zielbereich S eine endliche oder abzählbare Teilmenge von R ist 2 Eine einprägsame Kenngröße für die Lage der Verteilung von X ist das mit den Wahrscheinlichkeiten gewichtete Mittel der möglichen Werte von X: 3 0 10 20 k 30 40 0.00 0.04 0.08 Gewichte 0.12 µ := E[X] := X a P{X = a} . a∈S Man spricht vom Erwartungswert von X. Voraussetzung: die Summe ist wohldefiniert. Hinreichend dafür: X |a| P{X = a} < ∞. a∈S Ebenfalls hinreichend ist: alle a ∈ S sind ≥ 0. (Damit ist auch der Wert ∞ für E[X] nicht ausgeschlossen.) 5 X µ = E[X] = a P{X = a} a∈S = X a ν(a) a∈S Man beachte: Der Erwartungswert der Zufallvariablen X hängt nur von deren Verteilung ν ab 6 Eine wichtige Transformationsformel“: ” Sei X diskrete Zufallsvariable mit Zielbereich S und h Abbildung von S nach R (so dass der Erwartungswert der Zufallsvariablen h(X) wohldefiniert ist). Dann ist E[h(X)] = X h(a)P{X = a} . a∈S 7 Beweis. X E[h(X)] = b P{h(X) = b} b∈h(S) X = X b P{X = a} b∈h(S) a∈h−1(b) X = X b P{X = a} b∈h(S) a∈h−1(b) = X X h(a) P{X = a} b∈h(S) a∈h−1(b) = X h(a) P{X = a} . a∈S 8 Für eine Zufallsvariable X mit den Komponenten X1, X2 (ein “zufälliges Paar” X = (X1, X2) ) schreibt sich die Transformationsformel als = X X E[h(X1, X2)] h(a1, a2) P{X1 = a1, X2 = a2} . a1∈S1 a2∈S2 9 Satz [Linearität des Erwartungswertes] Für reellwertige Zufallsvariable X1, X2 mit wohldefiniertem Erwartungswert gilt E[c1X1 + c2X2] = c1E[X1] + c2E[X2] , c1, c2 ∈ R . 10 Beweis. Seien S1, S2 ⊂ R die Zielbereiche von X1, X2. Aus der Transformationsformel folgt mit h(a1, a2) := c1a1 + c2a2: 11 E[c1X1 + c2X2] X X = (c1a1 + c2a2) P{X1 = a1, X2 = a2} a1∈S1 a2∈S2 X = c1 a1∈S1 a2∈S2 X X + c2 a2∈S2 = c1 a1 X X a1∈S1 a2 P{X1 = a1, X2 = a2} P{X1 = a1, X2 = a2} a1∈S1 a1P{X1 = a1} + c2 X a2P{X2 = a2} a2∈S2 = c1E[X1] + c2E[X2] 12 Ein wichtiger Fall ist Y = X1 + · · · Xn, wobei die X1, . . . , Xn nur die Werte 0 oder 1 annehmen. Dann gilt E[Xi] = 1 · P[Xi = 1] + 0 · P[Xi = 0] = P[Xi = 1] und somit E[Y ] = P{X1 = 1} + · · · + P{Xn = 1} . 13 Satz: Der Erwartungswert einer Bin(n, p)-verteilten Zufallsvariablen X ist E[X] = np. 14 Beweis durch Zerlegen der Zufallsvariablen X “: ” Weil der Erwartungswert von X durch die Verteilung von X bestimmt ist, können wir ohne Einschränkung annehmen, dass X die Summe Z1 + · · · + Zn der Erfolge beim n-maligen Münzwurf mit Erfolgswahrscheinlichkeit p ist. Für einen einmaligen Münzwurf Z1 gilt E[Z1] = p . Aus der Linearität des Erwartungswertes folgt damit sofort E[X] = E[Z1 + · · · + Zn] = np . 15