1 Das sucht sich keiner aus! Pädophilie – Prävention im Hell- und Dunkelfeld Monika Egli-Alge, lic. phil. I Fachpsychologin Psychotherapie und Rechtspsychologie FSP/SGRP Forensisches Institut Ostschweiz forio.ch 2 Hintergrund n n n n n Begriffe Wissenschaftliche Basis Pädophilie-DunkelfeldPräventionsprojekt Charité Berlin Behandlungskonzept forio Prävention 3 Warum eigentlich? n n n n n WHO 2013: 9.6% aller Kinder und Jugendlichen werden Opfer von sexuellem Missbrauch 13.4% aller Mädchen, 9.6% der Jungen 18 Mio Kinder und Jugendliche Retrospektive Befragung Deutschland (Wetzels 1997): Sexuelle Übergriffe: 18% der Frauen, 7.3% der Männer Befragung von Kindern und Jugendlichen nach sexueller Viktimisierung (Finkelhor 2005): 1 von 12 Kindern (8.3%); signifikant häufiger Mädchen 4 Darum! 5 „Pädophilie-Initiative“ n n n Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 123c (neu) Massnahme nach Sexualdelikten an Kindern oder an zum Widerstand unfähigen oder urteilsunfähigen Personen Personen, die verurteilt werden, weil sie die sexuelle Unversehrtheit eines Kindes oder einer abhängigen Person beeinträchtigt haben, verlieren endgültig das Recht, eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen oder Abhängigen auszuüben. 6 Sicherheit? n Wahrscheinlichkeit eines erneuten sexuellen Kindesmissbrauchs bei bereits verurteilten Sexualstraftätern n Pädophile: 50% - 80% Nicht-Pädophile: 10% - 30% 7 Bagatellisieren – dramatisieren 8 figures and facts – Übersicht n n n n Pädophilie definiert Beier als "eine medizinische Diagnose für Menschen, die eine sexuelle Ansprechbarkeit für den kindlichen Körper aufweisen“ Beier weist nach, dass 40 bis 50 Prozent der Täter bei Fällen sexuellen Missbrauchs pädophil sind Seto et al, 2009: 50% aller Täter bei sexuellem Kindsmissbrauch waren pädophil Mokros, Osterheider et al, 2011: 25-40% aller Fälle bei sexuellem Missbrauch wurden von pädophilen Tätern begangen 9 Definition Quelle: Prof. Beier, Präventionsprojekt Dunkelfeld n n Menschen unterscheiden sich voneinander hinsichtlich ihrer sexuellen Wünschen und Vorlieben Wissenschaftlich werden diese Vorlieben als sexuelle Präferenz bezeichnet 10 Sexuelle Präferenz – 3 Achsen n Sexuelle Orientierung auf ein Geschlecht orientiert n Sexuelle Ausrichtung auf ein Körperschema/körperliches Entwicklungsalter (ausschliesslich/nicht ausschliesslich) n Sexuelle Neigung Art und Weise der Interaktion (Situationen, Beziehungsgestaltung) Typen/Merkmale von Sexualpartnern/-Objekten (Aussehen, Charakter, Geruch, Geschmack) 11 Sexualität – 3 Ebenen n Sexuelle Fantasie sexuelle Fantasien und Tagträume, Begleitfantasien bei der Selbstbefriedigung typische orgasmusauslösende Fantasien n Sexuelles Verhalten Sämtliche sozio-sexuelle Kontakte, Selbstbefriedigung, Pornographie-Nutzung typische orgasmusauslösende Handlung n Sexuelles Selbstkonzept Selbstbeschreibung als sexuell handelnde und partnerschaftlich gestaltende Person 12 Modelle der Entwicklung sexueller Präferenz aus Sicht der Patienten n n n n n n n n n Pornokonsum, Internet Mangelnder sexueller und/oder partnerschaftlicher Erfolg Mangelnde emotionale Zuwendung der Eltern Frühgeburt, körperliche Erkrankungen in der Kindheit Langeweile, Frust, Arbeitslosigkeit, Stress Mangelndes Selbstbewusstsein, fehlende soziale Kompetenz Soziale Isolation Frühe sexuelle Erfahrungen/Missbrauch als Kind Traumatische/nicht gelebte Kindheit (Vernachlässigung) 13 Modelle der Entwicklung sexueller Präferenz aus wissenschaftlicher Sicht n n n Lerntheorie Prägungsvorgänge Psychoanalyse radikale Betonung von sexuellen Wünschen, verfehlte Verarbeitung normaler Entwicklungskonflikte. „Perverse Plombe“ als Reparaturmechanismus einer brüchigen Identität Biomedizin Hirnmorphologische Veränderungen, Störungen der Hormone und Neurotransmitter èUrsachen sind unklar 14 n Angelegte sexuelle Skripte werden in der Pubertät sexualisiert und nehmen Gestalt an 15 Sexuelle Präferenz – Fazit n n n welches Geschlecht (männlich, weiblich oder männlich und weiblich) ein begehrter Sexualpartner haben soll, welches körperliche Entwicklungsstadium (kindlich, jugendlich, erwachsen) der begehrte Sexualpartner haben soll und wie mit dem begehrten Sexualpartner idealerweise Sexualität gelebt werden soll, das heisst welche sexuellen Praktiken als besonders erregend erlebt werden. 16 Geschichte n n n Krafft-Ebbing, 1840-1902 Beier, Bosinski, Berner Seto, Ahlers, Neutze, Osterheider, Mokros 17 Richard von Krafft Ebing, 1840-1902 18 The 3 big B! n n n Professor Wolfgang Berner, Hamburg: Perversion, 2011 Professor Hartmut A.G. Bosinski, Kiel: Geschlechtsidentitätsstörungen, 2009 Professor Klaus M. Beier, Berlin: Sexuelle Gesundheit und partnerschaftliche Zufriedenheit, 2004 19 Pädophilie und Hebephilie n n n n Pädophilie ICD-10: F65.4 DSM V: 302.2 sexuelle Ansprechbarkeit durch ein vorpubertäres Körperschema n n n Hebephilie ICD-10: F65.4 DSM V: 302.9 NOS sexuelle Ansprechbarkeit durch ein frühpubertäres Körperschema 20 Kriterien DSM IV-TR A. Über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sexuelle Handlungen mit einem präpubertären Kind oder Kindern (in der Regel 13 Jahre oder jünger) beinhalten. B. Die Phantasien, sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. C. Die Person ist mindestens 16 Jahre alt und mindestens 5 Jahre älter als das Kind oder die Kinder nach Kriterium A. 21 Fassen wir zusammen! n n n n Manifestiert sich als ausschliesslicher oder nichtausschliesslicher Typ im Jugendalter und ist anschliessend kategorial stabil Geht einher mit wiederholt auftretenden sexuellen Fantasien, Wünschen und Verhaltensimpulsen, bezogen auf den gewünschten Sexualpartner und die gewünschte Sexualpraktik ICD-10: für die Diagnose massgeblich sind ausschliesslich sexuelle Fantasien und Impulse DSM V: Diagnosemerkmale sowohl präferenz- als auch verhaltensorientiert 22 Aber: n Sexuelle Präferenz ist Schicksal, nicht Wahl! n Präferenzstörung ≠ Verhaltensstörung! 23 24 25 Prävalenz der Pädo-/Hebephilie n n n n Bisher wissenschaftlich angenommen: 1 - 5% Populationsbasierte Erhebungen: Ahlers et al 2005 (N=367): Sexuelle Fantasien: 9.5% Masturbationsfantasien: 5.9% Sexuelle Kontakte: 3.8% Dombert et al 2015 (N=8718): Sexuelle Fantasien: 4.1% Sexuelle Kontakte: 1.5% 26 Komorbide Störungen n n n n n n n n n Dysthymie (schwere Depression) Alkoholabusus Unipolare Störung Phobien Bipolare Störung ADHS Sexuelle Dysfunktionen PTBS Psychosen 27 28 Georg S. n n n 43 Jahre alt, alleinstehend, langjährig in angenehmer Partnerschaft mit gleichaltriger Frau. Guter Bildungsstand und gehobene berufliche Position, EFH-Besitzer, Götti und Onkel Weiss (retrospektiv) seit 15.-tem Lebensjahr, dass er „pädophil“ ist Präferenz: Knaben zwischen 8 und 11 Jahren 29 n n n n Trennt sich von Partnerin, weil er die Lügen nicht mehr aushält (phantasiert orgasmusauslösend beim Geschlechtsverkehr mit der Partnerin Bilder von nackten Jungen im Präferenzalter) Dünnt Kontakt zur Familie des Bruders aus, als sein Neffe und Patenkind ins Präferenzalter kommt Bilder aus Modekatalogen sind seine einzige Quelle Keine sexuellen Handlungen mit Kindern 30 n n n n n n Meldet sich nach einem Artikel über das Angebot in den lokalen Medien über die Hotline und lässt sich erst anonym telefonisch beraten Vereinbart einen ersten Beratungstermin Outet sich und nimmt das Angebot in Anspruch Diagnosephase Homopädophilie (8-11), ausschliesslicher Typus Leichte rezidivierende Depression 31 n n n n n Behandlungsplanung: Fokussierte Einzelpsychotherapie (auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn S.), SSRI Bearbeitung aller Behandlungsthemen in regelmässigem Verlauf während 2 Jahren Exazerbierung der Depression mit zunehmenden Suizidgedanken Hospitalisierung in einer Psychiatrischen Klinik zur Behandlung der inzwischen schweren Depression Klinikaustritt: ambulante einzeltherapeutische Weiterbehandlung im forio 32 n n n n n n Hospitalisierung aufgrund Bandscheibenvorfalls Aufsetzen einer Patientenverfügung mit dem Wunsch nach Unterlassung von lebenserhaltenden Massnahmen Auseinandersetzung mit Outing, insbesondere gegenüber der Mutter Eintritt in eine Behandlungsgruppe für die Dauer von 1 ½ Jahren Behandlungsabschluss Weitmaschige Nachsorge 33 n n n n n n n Lebenssituation bei Abschluss und aktuell: Herr S. lebt alleine, pflegt einen kleinen Freundeskreis Beruflich weiterhin etabliert Keine Suizidgedanken Behandlung mit SSRI wird unter hausärztlicher Kontrolle fortgesetzt Intensivierung der Kontakte zur Familie des Bruders und seinem Patenkind, nachdem dieses das Präferenzalter überschritten hat Sexuelle Aktivitäten mittels Masturbation 34 Häusliche Gewalt 35 Angehörige n n n Angehörige erfahren meist eher „zufällig" von den sexuellen Aktivitäten ihrer Partner oder anderer Familienmitglieder. Oft stossen sie auf Bildmaterial im Computer oder finden Bildersammlungen an anderen Orten. Die möglichen Reaktionen auf diese Entdeckungen sind verständlich 36 Themen n n n n Angst vor den Folgen der Entdeckung für Familie und Partnerschaft Furcht vor polizeilichen Ermittlungen, den Reaktionen der Bekannten und Nachbarn oder vor finanziellen Ruin Sorge um die Sicherheit der eigenen Kinder sich verraten und betrogen fühlen, weil der geliebte Mensch noch ein „anderes Leben" geführt hat 37 n n n n Ekel und Abscheu vor den Bedürfnissen und Fantasien des Anderen Wut auf den Partner, der „egoistisch" seine Interessen auf Kosten anderer verfolgt Scham und Schuld, weil man meint, man hätte es früher merken müssen oder fürchtet, mitverantwortlich zu sein Hin- und Hergerissen sein, weil man nicht weiss, ob man sich an die Polizei wenden soll oder muss 38 39 Silvano M. n n n n n Herr M.‘s Partner entdeckt „per Zufall“ kinderpornographische Bilder auf dem gemeinsamen PC Ohne dies offenzulegen, wendet er sich ans forio und sucht Beratung Nach Erstberatung motiviert er Herrn M. zu einer gemeinsamen Beratung Herr M. steigt in die Diagnostikphase ein Behandlungsplanung mit Partner 40 „Du bist nicht schuld an Deinen sexuellen Gefühlen, aber Du bist verantwortlich für Dein sexuelles Verhalten! Es gibt Hilfe! Werde kein Täter!". 41 Und jetzt? Pädophilie/Hebephilie: sexuelle Präferenz als unveränderbarer Zustand Fantasieebene pädophile/hebephilie Impulse Handlungsimpuls Verhaltensebene Sexueller Missbrauch Nutzung von Missbrauchsabbildungen Erhöhung der Verhaltenskontrolle (tatsächliche Kontrolle als primärer Endpunkt) Medikamentöse Dämpfung sexueller Impulse Modifikation weiterer Risikofaktoren (Motivation, Einstellung, Opferempathie, Risikowahrnehmung) Einbezug naher Bezugspersonen/ Angehörige 42 43 44 n n n Das Projekt startete im Jahre 2005 in Berlin. Mittlerweile gibt es Standorte in Gießen, Kiel, Hamburg, Hannover, Leipzig, Regensburg und Stralsund. Weitere Anlaufstellen sind geplant. Alle Standorte haben sich zu einem Präventionsnetzwerk mit gemeinsamen Qualitätsstandards zusammengeschlossen. Ziel ist es, ein bundesweites, flächendeckendes therapeutisches Angebot zu etablieren Seit 2006: Kooperation mit forio 45 Zielgruppe n n n Personen, die bislang keine Straftaten (sexuelle Übergriffe, Konsum von Missbrauchsabbildungen) begangen haben, aber befürchten, diese in der Zukunft zu begehen, Personen, die bereits Straftaten begangen haben, aber den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt sind, Personen, die bereits Straftaten begangen haben und dafür angezeigt und/oderrechtskräftig verurteilt wurden, ihre Strafe vollständig verbüßt haben und erneut befürchten straffällig zu werden 46 Nicht eingeschlossen sind... n ... Personen, gegen die aktuell wegen möglicher Straftaten ermittelt wird, die ihre Strafe nicht vollständig verbüsst haben und/ oder deren Urteil Auflagen beziehungsweise Bewährung beinhaltet. 47 Primäre Prävention n therapeutische Prävention, wenn Betroffene befürchten, einen sexuellen Übergriff gegenüber Kinder/Jugendlichen zu begehen beziehungsweise sich zu Kinderpornografie hingezogen fühlen 48 Sekundäre Prävention n therapeutische Interventionen bei bereits begangenen sexuellen Übergriffen beziehungsweise bestehender Nutzung von Missbrauchsabbildungen 49 Voraussetzungen n Wer die Therapie an einem der Standorte in Anspruch nehmen will, muss bezüglich seiner auf Kinder gerichteten sexuellen Impulse über ein Problembewusstsein verfügen und von sich aus therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen. 50 Therapieziele 1 n n n die angemessene Wahrnehmung und Bewertung ihrer sexuellen Wünsche und Bedürfnisse, die Identifizierung und Bewältigung gefährlicher Entwicklungen, Strategien zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen. 51 Therapieziele 2 n n Kenntnis und Akzeptanz der eigenen Sexualität ermöglichen das Erkennen und Bewerten eigener Gefühle und Verhaltensweisen, die zu Risikosituationen führen können Verbesserte individuelle Bewältigungsstrategien für partnerschaftliche, soziale und/oder berufliche Anforderungen senken das Risiko dafür, sexuelle Übergriffe an Kindern zu begehen sowie Kinderpornografie zu nutzen. 52 Therapieziele 3 n n Die Stärkung der Fähigkeit zur Perspektivübernahme des Kindes sowie die Aufklärung über Fehlannahmen bezüglich Kinderpornografie, Sexualität und sexueller Reife von Kindern, senken die Bereitschaft von Übergriffen und den weiteren Konsum von Kinderpornografie. Spezielle Medikamente bei entsprechender Indikation helfen sexuelle Impulse auszuleben sowie zu dämpfen, um so mehr Raum für Verhaltensänderungen zu erhalten. 53 Therapieziele 4 n Die Therapieinhalte werden abschliessend in einem "Präventions- und Zukunftsplan" zusammengeführt und festgehalten. Die Wirksamkeit der Therapie wird zu verschiedenen Messzeitpunkten evaluiert. 54 Therapieziele 5 n n Der Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit liegt auf der Gruppentherapie; in begründeten Einzelfällen können auch Einzeltherapien durchgeführt werden Paargespräche: Um den besonderen Belastungen der Beziehung gerecht werden zu können, besteht im Rahmen des Präventionsprojekts auch die Möglichkeit, Paargespräche zu vereinbaren 55 Inanspruchnahme Juni 2005 - Februar 2010 n n n Kontaktaufnahme: 1134 Klinische Diagnostik: 499 Therapieangebot: 255 56 Wer meldete sich im Projekt in Berlin? n n n n n n Durchschnittlich 38 Jahre alt 50,2% besuchten mindestens 11 Jahre Bildungseinrichtungen 72,3% zum Zeitpunkt der Beratung erwerbstätig Erstes Problembewusstsein mit durchschnittlich 22 Jahren 49,2% haben ihre sexuellen Neigungen bereits einem Therapeuten oder Arzt offenbart 47,3% hatten innerhalb der letzten 6 Monate Kontakt zu einem Therapeuten/Arzt 57 Angebot für Angehörige n Im Rahmen des Projektes wird Angehörigen die Möglichkeit geboten, sich bei einer der Ambulanzen Unterstützung im Umgang mit dem neu erworbenen Wissen und den daraus entstehenden Konflikten zu holen 58 Ergebnisse n n Die Erfahrungen des Projektes der Charité zeigen, dass Menschen, die durch Kinder und/oder Jugendliche sexuell erregbar sind, motiviert werden können, therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um keine sexuellen Übergriffe gegen Kinder und/oder Jugendliche zu begehen. Im Laufe der Therapie wurde bei einem Grossteil der Projektteilnehmer eine Abnahme problematischer Einstellungen sowie eine Zunahme der Fähigkeit, sich in ein potenzielles Opfer einzufühlen und dessen Perspektive einzunehmen, erreicht. 59 60 61 Die Behandlungsprogramme n deliktorientiert n kognitiv-verhaltenstherapeutisch n gruppenpsychotherapeutisch n SBA – Strengths Based Approach 62 Zentrale Bausteine aller Gruppen n Ich – meine Delikte – meine Ziele n Die Folgen für mich n Mein Weg zum Missbrauch n Empathie – die Sicht des Opfers n Meine Denk- und Verhaltensmuster n Mein Risikomanagement n Nachsorge 63 Wirksamkeit und Evaluation n Hanson et al 2002/2004/2006: Metaanalyse über 43 outcome-Studien zur Wirksamkeit der Behandlung von Sexualdelinquenten n=9454 n Die Rückfallrate war über alle Studien hinweg bei den behandelten Tätern kleiner (12.3%) als bei der Vergleichsgruppe (16.8%) n Neuere Behandlungsansätze (kognitivverhaltenstherapeutisch) zeigen die bessere Wirkung als ältere (vor 1980) 64 Wirkung und Evaluation Hanson et al n Aktuelle Behandlungsprogramme zeigten Effekte in Bezug auf Rückfallrate Sexualdelikte (17.4% - 9.9%) und generell (51% - 32%) n Neuere Behandlungsansätze (kognitivverhaltenstherapeutisch) zeigen die bessere Wirkung als ältere (vor 1980) 65 Risk-Need-Responsivity Andrews, Bonta 2006 n n n n Identifizieren, analysieren und managen von individuellen Risiken Entwicklung protektiver Faktoren und Mechanismen Durch gezielte Interventionen, die Männer und ihr Umfeld gemäss individueller Notwendigkeit mit einbeziehen. Aufeinander abgestimmte Massnahmen 66 Good-lives Model Tony Ward 2006 n n n n n n Coping mit Schwächen und Risiken Definieren und Entwickeln von Ressourcen und Stärken Entwickeln von mittel- und langfristigen Perspektiven Aufbau von Selbstwert und Selbstbild Aufbau und Entwickeln von Beziehungsfähigkeit Sexualität im grünen Bereich 67 Menschliche Grundbedürfnisse nach Ward und Steward n n Freundschaften, erfüllende Tätigkeit (Arbeit), Liebesbeziehungen, Streben nach Kreativität, sexuelle Befriedigung, positives Selbstbild und intellektuell anregende Umgebung Gemäss GLM sollen diese primären Ziele in der Behandlung/Rehabilitation von Straftätern leitend sein, was in der Folge die kriminogenen Bedürfnisse reduziert 68 Setting und Rahmen 70 Setting 1 71 Setting 2 72 73 Settingkonstanten n n n n n n n n 2 Therapeuten, Mann und Frau 14-täglich 90 Minuten 6 Teilnehmer Pädophile Hell-/Dunkelfeld Kinderporno-User 40-80 Sitzungen 74 Nachhaltigkeit n n n Eingeschliffene Muster verlangen nach einschleifenden Massnahmen Es gibt für schwieriges, delinquentes oder deviantes Verhalten keine schnellen Lösungen Nachhaltigkeit braucht Zeit Finanzierung n n n n Idee und Konzeptentwicklung: forio Gerichtlich Zugewiesene: Justiz Freiwillige ohne Diagnose: Selbstzahler Freiwillige mit Diagnose: Krankenkasse 76 Therapeutische Basis n n n n Evidenzbasierte Verfahren im Rahmen der Leitlinien der Fachgesellschaften RNR, GLM, SBA Gruppenpsychotherapeutische Techniken Kognitiv-verhaltenstherapeutische, schematherapeutische, psychoedukative, gesprächspsychotherapeutische schulenübergreifende Methodik und Zugänge 78 Stufen nach Finkelhor n Widerstand des Opfers überwinden n Überwinden externer Hemmungen n Überwinden interner Hemmungen n Gedanken und Phantasien über sexuellen Missbrauch 79 80 Risikomanagement DORM 81 Der Kontrollplan n Risikomanagement: to avoid – vermeiden! to escape – aussteigen! to cope – bewältigen! n Und: Unterstützung! Fördert den Transfer und erhöht die Kontrolle 82 Risikosituation Selbstkontrolle Fremdkontrolle 83 www.keinmissbrauch.ch 84 Diagnostik n n n n n n Persönlichkeitsdiagnostik Leistungsdiagnostik Anamnese: Persönliche, Paar- und Familie Differenzierte Sexualanamnese Gegebenenfalls: Sexualmedizin Gegebenenfalls: Tatumstände, forensische Tatbeurteilung 85 Sexualanamnese n n n n Sexualmedizinische Allgemein-Anamnese SAA Strukturierte Sexualanamnese SSA Halbstrukturiertes Interview zur Erfassung von Verhalten und Einstellungen von Sexualstraftätern HIEVE Reale/phantasierte Sexualität 86 Ampelsystem 87 SPA – Sexualpädagogische Pädo-Ampel nach Ahlers SOZIAL ROT ORANGE GRÜN KÖRPERLICH Wohnung, Streicheln, Keller, küssen, unbeobachtete schmusen Orte Park, Zoo, Schwimmbad SEXUELL Kinder Händchen Teenager, halten, auf den Jugendliche Schoss nehmen Familie, Hand geben, Nachbarschaft, unterhacken Vereine Erwachsene BILDER Pornographie Posing Bilder Akt-, Katalogbilder 88 Behandlungsplanung n n n n n Ziele der Behandlung Setting Psychotherapie: Einzel oder Gruppe Flankierende Massnahmen Medikamente 89 Behandlungsziele 1 n n n n n Akzeptanz der Unveränderbarkeit der Störung Deliktfreiheit Entwickeln von Bewältigungsstrategien Trauerarbeit Behandlung komorbider Störungen 90 Behandlungsziele 2 Zunahme an.... n Opferempathie n Verhaltenskontrolle n Bewältigungsstrategien n Vertrauen in die eigene Impulskontrolle (Selbstwirksamkeit) n Lebensqualität Abnahme von.... n Kognitiven Verzerrungen n Maladaptiven Bewältigungsstrategien n Depressionen n Suizidgedanken n Dissexuellem Verhalten 91 Rückfallvermeidung n Identifikation risikoreicher Situationen: Emotionsregulation, Verhaltenskontrolle n Entwickeln von Verhatensalternativen n „allerletztes Rettungsmittel“ 92 Was sind das für Menschen? n n n n n n n n 55 abgeschlossene Behandlungen > 25 aktuell in einem Behandlungssetting 80% melden sich freiwillig, 20% verurteilt Alter: 18 bis 68 Dauer der Behandlung: 2 Sitzungen - 4 Jahre Aus allen sozialen Schichten Alleinstehend, verheiratet, geschieden Heterosexuell, homosexuell, bisexuell 93 Täter werden n n n beeinträchtigt die Gesamtentwicklung bedeutet oft lebenslange Folgen bedeutet erhebliche Kosten 94 Florian Baumer, 28, pädophil n „..... stellt euch mal nur für fünf Minuten vor, ihr wärt selber betroffen. Stellt euch vor, welche psychische Belastung und welch gravierende Konsequenzen das auf euer Leben hätte. Wärt ihr glücklich damit? Würdet ihr euch selbst an die Wand stellen?“ 95 96 Ausblick n n n n Wir brauchen ein flächendeckendes Beratungsangebot für Männer mit einer Präferenzstörung Wir brauchen ausreichend Mittel, politische und gesellschaftliche Anerkennung Wir brauchen im Bereich der Sexualmedizin und der forensischen Psychotherapie ausreichend qualifizierte Weiterbildungen Wir brauchen Forschung 97 Häusliche Gewalt 98 99 Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit! 100 Bilder: Daniel Ammann und Luis Egli 101 102