ernst herbeck.! - Museum Gugging

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© Heinz Bütler
ernst herbeck.!
eine leise sprache ist mir lieber
Eröffnung: 21. Oktober 2015, 19.00 Uhr
Dauer: 22. Oktober 2015 – 22. Mai 2016
Pressekontakt:
Mag.a Edith Wildmann
museum gugging
Am Campus 2
3400 Maria Gugging
T: +43 664 60499 374
e-mail: [email protected]
www.gugging.at
[ernst herbeck.! eine leise sprache ist mir lieber]
Oswald Tschirtner, 1973, Alexander
© Privatstiftung – Künstler aus Gugging
Erstmals widmet das museum gugging Ernst Herbeck (1920–1991), dem gewitzten,
wortgewandten und doch so stillen Dichter unter den Gugginger Künstlern, eine eigene Ausstellung.
Im Zentrum der Schau steht die unverwechselbare poetische Stimme Ernst Herbecks.
Die verschiedenen Kapitel seiner Lebens- und Autorgeschichte werden anhand teils
noch nie gezeigter Originaldokumente, Bilder, Film- und Tonaufnahmen aufgeschlagen.
Erstmals ist auch eine größere Anzahl von Zeichnungen von Ernst Herbeck zu sehen,
die in naher Verwandtschaft zu seinem dichterischen Werk stehen.
Architektur und Gestaltung der Schau spiegeln Herbecks Themenwelt und seine poetischen Verfahren wider. In enger Zusammenarbeit zwischen Kuratorin Gisela Steinlechner und dem Ausstellungsgestalter Peter Karlhuber ist so eine atmosphärisch dichte
Präsentation zum großen Gugginger Dichter entstanden. Sie verbindet Dokumentation
und Installation und lässt den BesucherInnen viel Raum für eigene Assoziationen.
Vorhang auf für Ernst Herbeck!
Kuratorin: Gisela Steinlechner
Ausstellungsgestalter: Peter Karlhuber
WO: Novomatic Salon im museum gugging
BILDER DOWNLOAD: https://celum.noeku.at/pindownload/pindownload.do
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Kuratorin Gisela Steinlechner zu Ernst Herbeck
„Ich bin geboren am 4. Juni 1920 zu Stockerau und erlernte gar nichts. weil ich es nicht
aushielt. Dann trat ich zur Firma Vogel ein. und erlernte die Maschinschreibkunst.“
Diesen Kürzestlebenslauf verfasste Ernst Herbeck 1975, seit 30 Jahren lebte er damals
schon als psychiatrischer Patient in der Niederösterreichischen Landeskrankenanstalt
in Gugging bei Klosterneuburg. Herbeck wurde mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
geboren, weshalb er nur undeutlich und mit Mühe sprechen konnte, eine Beeinträchtigung, die auch durch mehrere Operationen nicht behoben werden konnte. „Nicht
jeder Mensch hat einen Mund / mancher Mund ist disqualifiziert / oder operiert. So
wie bei mir“, schrieb er Jahrzehnte später in einem Gedicht.
Im alltäglichen Sprechen ist der 1920 in Niederösterreich geborene Beamtensohn nicht
mehr heimisch geworden und dennoch hat er ein einzigartiges poetisches Werk geschaffen, indem er die Sprache als die „Not-wendigkeit der Menschen“ gleichsam noch
einmal erfand. Das museum gugging zeigt ab 22.10.2015 eine Ausstellung, die diesem
stillen Dichter unter den Gugginger Künstlern gewidmet ist. Herbecks unverwechselbare Sprachschöpfungen haben die Leser seit ihrem ersten Erscheinen in den 1960er
Jahren fasziniert und sind in ihrer poetischen Eigenart und Eindringlichkeit aus dem
Kanon der deutschsprachigen Literatur nicht mehr wegzudenken.
Zur Ausstellung
Die Ausstellung ernst herbeck.! eine
leise sprache ist mir lieber gibt einen
Einblick in die beeindruckende Vielfalt dieses auf Umwegen und ohne
literarisches Netz entstandenen
Werks des Gugginger Künstlers. Im
Zentrum steht dabei die poetische
Stimme Ernst Herbecks. Von ausgewählten Text-Zitaten moderiert
Ernst Herbeck, Pfeife, 20.3.1974
und begleitet von Bildern, Film- und
Ton-Dokumenten und Erinnerungsstücken werden verschiedene Kapitel seiner Lebensund Autorgeschichte aufgeschlagen: Kindheit, Krieg, die Jahrzehnte lange Erfahrung als
„Auswärtiger“ in der Psychiatrie, die außergewöhnlichen Umstände seiner Autorschaft
mit Leo Navratil als Gegenüber und Förderer, sowie die vielen Resonanzen auf seine
Bücher und Texte. Auch Herbecks tiefe Verbundenheit mit der „Thierenschaft“ und der
Natur wird thematisiert, sein genauer und empathischer Blick für kleinste und alltägliche Dinge, sowie seine lakonischen Betrachtungen über Leben und Tod, über die Zeit,
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das Warten oder „Das Lieben“.
Aus Herbecks letztem, im Haus der Künstler in Gugging verbrachten Lebensjahrzehnt
stammen seine Foto-Alben mit zum Teil von ihm selbst gemachten Aufnahmen: Sie zeigen die Landschaft vor dem Fenster, Mitbewohner wie Oswald Tschirtner, August Walla
und Johann Hauser, gemeinsame Ausflüge und Geselligkeiten, oder die Kaffeejausen
mit Besuchern, bei denen Herbeck manchmal aus seinen Büchern vorgelesen hat.
Neben Original-Autographen, seltenen Tonaufnahmen von Herbecks Lesungen, Fotos,
Büchern und Dokumenten zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte wird erstmals auch
eine größere Auswahl von Zeichnungen Ernst Herbecks zu sehen sein, die vielfältige
Bezüge zu seinem poetischen Werk eröffnen. Darunter sind auch sehr frühe Arbeiten,
die noch aus der Zeit vor Herbecks poetischer Produktion stammen, als der Autor wie
viele andere Patienten vom Psychiater Leo Navratil regelmäßig zu „Test-Zeichnungen“
angehalten wurde.
Ernst Herbecks Schreibverfahren und Veröffentlichungen
Ernst Herbeck, Der Kuss (ß), 25.10.1969
Ernst Herbeck schrieb Zeit seines Lebens nur auf Aufforderung und meist im Beisein
seines Arztes Leo Navratil, der ihm auch die jeweiligen Titel als Anregung vorgab und
die so sporadisch über Jahrzehnte entstandenen Texte aufbewahrte. Von ca. 1960 bis
zu Herbecks Tod im Jahr 1991 sind an die 1.700 solcher poetischer Notate entstanden, anfangs auf postkartengroßen Kartons, später meist auf Blättern im A4-Format.
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Die Autographen befinden sich heute zum Großteil in der Handschriften-Sammlung
der Österreichischen Nationalbibliothek. 1966 publizierte Leo Navratil erstmals eine
Auswahl von 83 Texten Ernst Herbecks unter dem Pseudonym Alexander in dem Band
Schizophrenie und Sprache, damals noch als Fallbeispiele eines psychopathologischen
Schreibens. Wie Navratil wiederholt ausführte, fühlte er sich schon vom ersten Text,
den sein schweigsamer Patient auf seine Aufforderung hin verfasste, poetisch angesprochen und eben dieses, Anfang der 1960er Jahre entstandene Gedicht Der Morgen
wurde später zu einem der am häufigsten zitierten Texte Ernst Herbecks:
Der Morgen
Im Herbst da reiht der
Feenwind
da sich im Schnee die
Mähnen treffen.
Amseln pfeifen heer
im Wind und fressen.
Nach einer weiteren Veröffentlichung unter dem Pseudonym Alexander Herbrich in der
Anthologie a + b leuchten im Klee. Psychopathologische Texte (1971) folgten mehrere
Publikationen unter Leo Navratils Herausgeberschaft, die nun unter Herbecks eigenem
Namen erschienen und in der literarischen Öffentlichkeit mit großem Interesse und
Bewunderung aufgenommen wurden: Alexanders poetische Texte (1977), Bebende
Herzen im Leibe der Hunde (1979, mit Zeichnungen von Oswald Tschirtner), Alexander (1982), Im Herbst da reiht der Feenwind (1992); zuletzt erschien der Auswahlband
Ernst Herbeck: Der Hase!!!! (2013), herausgegeben von Gisela Steinlechner. 1978 wurde Ernst Herbeck als Mitglied in die Grazer Autorenversammlung aufgenommen und
1981 konnte mit Berufung auf die Anerkennung seiner literarischen Tätigkeit seine Entmündigung aufgehoben werden.
„Die Poesie ist eine mündliche Form der Prägung der Geschichte in Zeitlupe. […] Die
Poesie ist auch eine Abneigung zur Wirklichkeit die schwerer ist als diese.“
Von Anfang an haben der einprägsame Ton und die oft verblüffende Bildlichkeit der
lakonischen Sprachkunststücke die Leser berührt und auch herausgefordert, indem sie
sich nicht ohne Weiteres in herkömmliche literarische Kategorien einordnen ließen.
Als Dichter, der nie aus eigener Initiative heraus geschrieben und sich an keinem literarischen Diskurs orientiert oder beteiligt hat, stellt Herbeck auch unsere gängigen
Konzepte von künstlerischer Autonomie und Autorschaft zur Diskussion.
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Herbeck der Impulsgeber
© Heinz Bütler
Ernst Herbecks Poesie hat besonders unter Autoren und Kunstschaffenden viele Bewunderer und Fürsprecher gefunden, etwa W.G. Sebald, Gerhard Roth, Friederike
Mayröcker, Ernst Jandl, Heinar Kipphardt, André Heller. Von diesen „Wahlverwandtschaften“ zeugen in der Ausstellung u.a. Widmungsgedichte und Korrespondenzen. In
mehreren Ausschnitten wird auch Heinz Bütlers um 1980 entstandener Film Zur Besserung der Person zu sehen sein, in dem der Schweizer Filmemacher ein eindringliches
Porträt von Ernst Herbeck und anderen Gugginger Künstlern geschaffen hat.
Die Lebensgeschichte des Autors und sein poetisches Werk wurden mehrfach zum
Gegenstand künstlerischer, literarischer und dramatischer Bearbeitungen, wie Heinar
Kipphardts nicht unumstrittenes Theaterstück März (1980 uraufgeführt, 1976 auch als
Roman erschienen) oder zuletzt das Stück Ein schöner Hase ist meistens der Einzellne
des jungen österreichischen Autors Philipp Weiss (Uraufführung 2014). Verweise und
Dokumente zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte, in der sich auch das gesellschaftliche Verhältnis zur Psychiatrie widerspiegelt, ergänzen das vielteilige Porträt, das die
Ausstellung dem Gugginger Künstler Ernst Herbeck widmet.
Kuratorin: Gisela Steinlechner
Literaturwissenschaftlerin (Über die Ver-rückung der Sprache. Analytische Studien zu
den Texten Alexanders 1989; Herausgeberin des Herbeck-Auswahlbandes Der Hase!!!!,
2013), lebt als freiberufliche Literaturwissenschaftlerin, Kuratorin und Autorin in Wien.
Publikationen u.a. zur jüngeren deutschsprachigen Literatur, zu Art Brut, Psychoanalyse und Gegenwartskultur.
Ausstellungsgestalter: Peter Karlhuber
Bühnenbildstudium am Mozarteum Salzburg, Ausstellungsgestaltungen mit Schwerpunkt Literatur, unter anderem zu Stefan Zweig, Arthur Schnitzler, Frank Wedekind,
Thomas Bernhard und Peter Handke.
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Auswahl Literatur
Leo Navratil: Schizophrenie und Sprache. Zur Psychologie der Dichtung. München: dtv
1966
Leo Navratil: a + b leuchten im Klee. Psychopathologische Texte. München: Reihe
Hanser 1971
Alexanders poetische Texte. Hg. von Leo Navratil. Mit Beiträgen von Otto Breicha,
Roger Cardinal, André Heller, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker, Reinhard Priessnitz,
Gerhard Roth. München: dtv 1977
Ernst Herbeck / Oswald Tschirtner: Bebende Herzen im Leibe der Hunde. Hg. von Leo
Navratil. München: Rogner und Bernhard 1979
Ernst Herbeck: Alexander. Ausgewählte Texte 1961-1981. Salzburg und Wien: Residenz Verlag 1982
Ernst Herbeck: Im Herbst da reiht der Feenwind. Gesammelte Texte 1960-1991. Hg.
von Leo Navratil. Salzburg und Wien: Residenz Verlag 1992
Ernst Herbeck: Der Hase!!!! Ausgewählte Texte. Hg. von Gisela Steinlechner. Salzburg
und Wien: Jung und Jung 2013
W.G. Sebald: Eine kleine Traverse. Das poetische Werk Ernst Herbecks. In: Die Beschreibung des Unglücks. Salzburg und Wien: Residenz Verlag 1985
Gisela Steinlechner: Über die Ver-rückung der Sprache. Analytische Studien zu den
Texten Alexanders. Wien: Braumüller 1989
Ernst Herbeck: die Vergangenheit ist klar vorbei. Hg. von Carl Aigner und Leo Navratil.
Kunsthalle Krems, Wien: Verlag Christian Brandstätter 2002 [mit Aufsätzen von Roger
Cardinal, Heinz Bütler, Helmut Gollner, Leo Navratil, Iris Radisch, Gerhard Roth, W.G
Sebald u.a.]
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Anfahrtsplan
GPS
48°18’48.82”N
16°15’30.90”E
Klosterneuburg
Kierling
Maria Gugging
Bus 239
Wien
Heiligenstadt
Bus 239
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