- Staatliche Ämter für Landwirtschaft und Umwelt

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MECKLENBURG - VORPOMMERN
Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg
Information zur Managementplanung für das
europäische Schutzgebiet „Löcknitz-Oberlauf und
angrenzende Wälder“ (DE 2736-301)
Im Landkreis Ludwigslust-Parchim westlich von Ziegendorf wurde der Oberlauf der Löcknitz mit
angrenzenden Wäldern bis zur Landesgrenze und einer Größe von ca. 308 ha aufgrund des
hohen Naturschutzwertes als besonderes Schutzgebiet entsprechend der europäischen FaunaFlora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) ausgewiesen. Die Abgrenzung des so genannten FFHGebietes ist im Übersichtsplan dargestellt.
Ziel der FFH-Richtlinie ist der Erhalt der biologischen Vielfalt durch eine Vernetzung von
ökologisch bedeutsamen Flächen in Europa. Nähere Informationen zu den europäischen
Schutzgebietssystemen finden Sie u. a. im Internet, z. B. unter www.bfn.de oder
http://www.regierung-mv.de/ (Stichwort NATURA 2000). Für das europäische Schutzgebiet
wurde mit der Erarbeitung eines Managementplanes begonnen, um den günstigen Erhaltungszustand der im Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und
Pflanzenarten gemeinschaftlicher Bedeutung (sogenannter Lebensraumtypen nach Anhang I
und Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie) zu bewahren oder ggf. wiederherzustellen.
Abb. 1: Übersichtsplan
Information zur Managementplanung - FFH-Gebiet Löcknitz-Oberlauf und angrenzende Wälder
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Das FFH-Gebiet umfasst den Oberlauf der Löcknitz und den parallel verlaufenden LöcknitzMühlbach. Aufgrund der naturräumlichen Ausstattung finden viele Arten der Auen und
Wasserorganismen hier einen geeigneten Lebensraum. Dazu zählen auch Arten von
europaweiter Bedeutung (Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie), für deren Erhalt das Land
Mecklenburg-Vorpommern eine hohe Verantwortung trägt:
Die Anwesenheit des Fischotters (Lutra lutra) bemerkt man in der Regel nicht, da die Tiere
sehr scheu und dazu dämmerungs- und nachtaktiv sind. Fischotter können eine KopfRumpflänge von 60-90 cm und eine Schwanzlänge von 30-50 cm erreichen. Die
Nahrungszusammensetzung ist abhängig von der Ausstattung des Lebensraumes und weist
zudem jahreszeitliche Unterschiede auf (z. B. Fische, Krebse, Muscheln, Insekten, Amphibien,
Vögel oder Kleinsäuger). Als Stöberjäger sucht der Otter vor allem die Uferpartien ab.
Entscheidend für seinen Lebensraum ist die Ausstattung der Uferbereiche an Still- oder
Fließgewässern, bevorzugt werden kleinräumige Wechsel verschiedener Uferstrukturen (Flachund Steilufer, Uferunterspülung, Sand- und Kiesbänke, Röhricht- oder Schilfzonen, Sträucher
oder Bäume). Die starke Bejagung des Fischotters bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte in
weiten Teilen Europas zu einem deutlichen Rückgang der Art. In vielen westeuropäischen
Ländern ist der Fischotter heute selten bzw. ausgestorben. Das ehemals über ganz Europa
geschlossene Areal besteht heute nur noch aus isolierten Teilarealen. In Deutschland nehmen
Nachweise des Fischotters von Osten nach Westen hin auffällig ab. Das derzeitige Kerngebiet
der Fischotterverbreitung in Deutschland liegt in den Bundesländern Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
Die Bachmuschel oder auch Gemeine oder Kleine Flussmuschel (Unio crassus) zählt zu den
heimischen Süßwassermuscheln und kommt in der Löcknitz vor. Sie hat einen elliptischen bis
eiförmigen Umriss, die Schalen sind nicht so dünn, so dass sie z. B. auch in schnellerer
Strömung festen Halt im Boden bieten. In der Regel wird sie ca. 5-7 cm groß, die Färbung reicht
von bräunlich bis schwarz, manchmal auch grün-braun. Die Muscheln leben mit der vorderen
Gehäuseseite eingegraben im Sediment. Am Hinterende befinden sich eine große Ein- bzw.
Ausströmöffnung, mit dem das umgebende Wasser filtriert wird: Da sie sich von kleinsten
organischen Schwebteilchen, Bakterien o. ä. ernährt, trägt sie besonders zur
Selbstreinigungskraft von Fließgewässern bei. Für die Fortpflanzung ist sie an bestimmte
Fischarten (z. B. Bitterling, Elritze, Stichling) gebunden. Die weiblichen Muscheln geben
sogenannte Glochidien (Muschellarven) ins Freiwasser ab, diese heften sich an die Kiemen der
Wirtsfische. Nach einer parasitären Phase von 4-6 Wochen lassen sie sich fallen und besiedeln
sauerstoffreiche, kies- oder sandgeprägte Sedimente, wo sie sich für mehrere Jahre entwickeln.
Abb. 2: Fischotter (Foto https://pixabay.com/de/)
Abb. 3: Bachmuscheln am Gewässergrund
Information zur Managementplanung - FFH-Gebiet Löcknitz-Oberlauf und angrenzende Wälder
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Die Bestände der Bachmuschel sind in den letzten Jahrzehnten europaweit stark
zurückgegangen und gelten als stark überaltert. Deutschlandweit gilt sie als vom Aussterben
bedroht. Insgesamt sind auf Bundesebene nur noch etwa 100 verbliebende Vorkommen
bekannt, die größten Populationen wurden in den Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns
nachgewiesen.
Kleinere sommerkühle Bäche mit unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten sowie einem
Wechsel von feinsandig-schlammigen Sedimentbereichen mit sandig-kiesigem bis steinigem
Substrat stellen geeignete Habitate für das Bachneunauge (Lampetra planeri) dar.
Unter dem Begriff „Habitat“ werden dabei die unterschiedlichen Lebensraumteile zusammengefasst, die eine Art im Laufe ihres
Lebenszyklus nutzt. Der Löcknitz-Oberlauf
wird vom Bachneunauge besiedelt. Der
längliche Körper der Bachneunaugen ist mit
dem des Aals zu vergleichen, aber nur
maximal bleistiftdick. Die meiste Zeit seines
Lebens verbringt das Bachneunauge als
blinde, zahnlose Larve (Querder) und bis auf
den Kopf im Feinsediment eingegraben.
Während dieser Zeit, die bis zu 6 Jahre
dauern kann, ernähren sich die Querder von
Mikroorganismen, die sie aus dem Atemwasser filtrieren. Die Umwandlung zum Abb. 4: Querder eines Bachneunauges (Foto GNL
erwachsenen, geschlechtsreifen Tier beginnt e. V. Kratzeburg)
im Spätsommer und kann bis zu einem Jahr
dauern. Die erwachsenen Tiere nehmen keine Nahrung mehr zu sich. Im darauf folgenden
Frühjahr, etwa 2 Wochen vor der Eiablage, beginnen die Tiere überwiegend nachts stromaufwärts zu ihren Laichplätzen zu wandern. Dabei werden nur geringe Distanzen bis zu
wenigen Kilometern zurückgelegt. Die Larven schlüpfen nach ungefähr 10 bis 20 Tagen und
suchen ruhigere Gewässerabschnitte auf. Die Elterntiere sterben wenige Wochen nach dem
Laichen. Innerhalb Deutschlands ist das Bachneunauge weit verbreitet. Der Schwerpunkt der
Verbreitung liegt u. a. in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Bitterling (Rhodeus amarus) ist ein bis zu 10 cm kleiner grauer Fisch mit blau-violettem
Schimmer. Er kommt in stehenden und langsam fließenden, sommerwarmen und
pflanzenreichen Gewässern vor. Während der Laichzeit von Mai bis Juni fallen die Männchen
der eher unscheinbaren Kleinfische durch intensivere Färbungen schneller auf. Der Rücken und
die Körperseiten leuchten dann violettblau, Brust- und Bauchpartie rosarot und der Streifen auf
der Schwanzwurzel türkisfarben. Der Bitterling ist auf das Vorkommen von Großmuscheln für
die Fortpflanzung angewiesen. Mit Hilfe von sogenannten Legeröhren gibt er Eipakete in den
Kiemenraum von Großmuscheln ab, wo sich die Larven entwickeln bis sie wieder ins
Freiwasser gelangen.
Der auch als Dorngrundel bekannte bodenlebende Steinbeißer (Cobitis taenia) wird bis zu
12 cm lang und ist an der Punktzeichnung und den sechs Barteln am Maul erkennbar. Er gräbt
sich in flachen, sandigen und steinigen Bodenabschnitten in langsam fließende Fließ- oder
Standgewässer ein; es ragen dann nur noch Kopf und Schwanz heraus. Nachts wird er aktiv
und durchstöbert den Gewässergrund nach organischem Material und Kleintieren, der nicht
verwertbare Sand wird danach durch die Kiemen wieder ausgestoßen. Auf Grund dieser
Lebensweise ist er auf eine regelmäßige Umlagerung des Bodens angewiesen. Im Frühjahr
(April bis Juli) beginnt die Laichzeit, die Eier werden von den Weibchen portionsweise an
Steinen, Wurzeln und Pflanzen abgelegt. Die Verbreitung des Steinbeißers erstreckt sich von
Information zur Managementplanung - FFH-Gebiet Löcknitz-Oberlauf und angrenzende Wälder
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Frankreich bis Russland. Die Konzentration der deutschlandweiten Verbreitung von Bitterling
und Steinbeißer liegen in der Norddeutschen Tiefebene.
In der Niederung kommen grundwassernahe Buchenwälder im Wechsel mit Frischwiesen und weiden vor. Die im Gebiet verbreiteten Waldsimsen- und Waldmeister-Buchenwälder stellen
sogenannte Wald-Lebensraumtypen dar (EU-Code 9110 und 9130), die in der Zuständigkeit der
Landesforst MV liegen und für die ein separater Fachbeitrag erarbeitet wurde. Die extensive
Grünlandnutzung in der Niederung fördert das Vorkommen kräuterreicher Wiesen (Abb. 2).
Westlich von Ziegendorf zählt ein Kleingewässer zu den nährstoffreichen Stillgewässern mit
Vorkommen besonderer Tauch- oder Schwimmfluren, zum Lebensraumtyp „Eutrophe
Stillgewässer“ (EU-Code 3150). Flache Kleingewässer bieten verschiedenen Amphibien und
Libellen einen geeigneten Lebensraum.
Abb. 5: Extensive Glatthafer-Wiese in der Niederung
Abb. 6: Nährstoffreiches Kleingewässer
Dieser besondere Fließgewässerlebensraum soll auch zukünftig für die vorkommenden Arten in
seiner ökologischen Wertigkeit erhalten bleiben. Hierzu wird für das FFH-Gebiet bis März 2018
ein Managementplan aufgestellt. In einem ersten Schritt werden auf gutachtlicher Basis die
naturschutzfachlichen Grundlagen erarbeitet. Diese beinhalten insbesondere eine Analyse der
aktuellen Nutzungssituation und eine naturschutzfachliche Bewertung des Erhaltungszustandes
der natürlichen Lebensraumtypen und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse. Evtl.
bestehende Defizite und mögliche Ursachen werden aufgezeigt und Erhaltungsziele abgeleitet.
Im Anschluss werden Maßnahmenvorschläge für den Planungsraum zum Erhalt, zur
Entwicklung oder Wiederherstellung erarbeitet, die den ökologischen Erfordernissen der
Lebensraumtypen und Arten entsprechen. Diese Maßnahmenvorschläge werden mit
betroffenen Interessenvertretern und Nutzern diskutiert und weitgehend abgestimmt, um eine
möglichst große Übereinstimmung über eventuell durchzuführende Maßnahmen zu erreichen.
Der endgültige Plan beinhaltet zudem Aussagen zu möglichen Umsetzungs- und
Finanzierungsmöglichkeiten.
Mit der Erarbeitung des Managementplanes wurde das Unternehmen Bioplan - Institut für
angewandte Biologie und Landschaftsplanung mit Sitz in Ostseebad Nienhagen beauftragt.
Für Hinweise, Anregungen oder die Beantwortung von Fragen steht Ihnen Frau Antons als
Projektverantwortliche gerne zur Verfügung (Tel: 0385/59586-404 oder per Mail unter
[email protected]).
Die Planung wird aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raumes (ELER) und aus dem Haushalt des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt
und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern gefördert.
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