Meteoritenfunde in der Antarktis - Deutsche Geologische Gesellschaft

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Meteoritenfunde in der Antarktis
Die BGR-Expedition >QueenMET-Icefields< hat in der Saison 2007/08 in der Ostantarktis
15 Steinmeteoriten zwischen 2 und 200 Gramm und einen 31 kg schweren Eisenmeteoriten
gefunden. Zielgebiet der Expedition war ein noch völlig unerforschtes Gebiet im atlantischen
Sektor der Antarktis. Es liegt südöstlich des Wohlthat-Massivs im Queen Maud Land. Hier
ragen nur wenige Bergspitzen (Nunataker) über das Eis hinaus (mehr dazu im Geologischen
Kalender 2008, Januar). Die Fundstelle liegt dort in ca. 2350 m Höhe am Rande des Polarplateaus, etwa 250 km von der Küste entfernt.
Auf Eisflächen sind Meteoriten leichter zu identifizieren als auf bewachsenen Böden. Aber es
sind vor allem spezielle Eisbedingungen, die an
bestimmten Stellen zur Ansammlung von Meteoriten führen. Wenn Eis über ein Hindernis fließen
muss, bilden sich häufig so genannte Blaueisfelder. Dabei kommt dichtes Eis aus der Tiefe an
der Oberfläche zum Vorschein. Im antarktischen
Sommer dampfen bei starker Sonneneinstrahlung wenige Zentimeter von der Eisoberfläche ab
- physikalisch wird dieser Vorgang Sublimation
genannt. An Stellen, an denen das Eis besonders langsam fließt, bilden sich Eisdepressionen,
weil der Masseverlust nicht schnell genug durch
zufließendes Eis ausgeglichen werden kann. An
diesen Stellen sammeln sich im Laufe von Jahrzehntausenden Meteoriten an.
Ein Blaueisfeld in der Antarktis
(Quelle: BGR)
Schema einer Meteoritenfalle (Quelle: BGR)
Meteoritenforschung in der Antarktis
In der Vergangenheit wurden in verschiedenen Regionen der Antarktis Meteorite gefunden.
Eine Karte aller bisherigen Meteoritenfundstellen in der Antarktis macht deutlich, dass sie
sich in Höhenlagen zwischen 2000 und 2400 m konzentrieren (vgl. PDF-Datei „Antarktische
Meteoriten-Fundstellen”). Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass das Eis ab dieser Höhe kalt
genug ist, um ein Einsinken von aufliegendem Gestein zu verhindern. In wärmerem Eis
absorbieren dunkle Gesteine so viel Wärme, dass sie einen Schmelzkanal verursachen und
ins Eis einsinken. Ist das Eis aber um -30°C kalt, wie man es ab ca. 2000 m Höhe in der
Antarktis findet, passiert dies nicht.
Ein weiterer Grund dafür, dass Meteoriten mit terrestrischen Altern von mehreren 10.000
Jahren in diese Meteoritenfallen geraten, liegt in sehr stabilen Eisbedingungen über Jahrzehntausende. Darauf hatte bereits 1983 der damalige Leiter des US-Meteoritensuchprogramms, W.A. Cassidy, hingewiesen. Der Leiter der Expedition QueenMET-Icefields, der
Geosphysiker Georg Delisle, hat aufgrund eines 1993 publizierten glaziologischen Modells
für die Ostantarktis abgeleitet, dass Eisflächen in 2000 bis 2400 m Höhe im Wechsel von
Kalt- und Warmzeiten die geringsten Eisschwankungen erfahren sollten. Diese Überlegungen
und theoretischen Ansätze waren für die BGR Anlass, eine erhöhte Meteoritenkonzentration auf einem spezifischen Eisfeld in Queen Maud Land zu vermuten. Diese Hypothese war
erfolgreich: Der erste Meteorit wurde bereits am ersten Einsatztag gefunden.
Weitere Untersuchungen werden klären, welche terrestrischen Alter die
16 Meteoriten mit einem Gesamtgewicht von 32,45 kg aufweisen. Diese
Daten werden zusammen mit weiteren Arbeitsergebnissen in ein glaziologisches Gesamtmodell einfließen, das die langzeitlichen Eisstandsschwankungen in der Region beschreiben soll, die durch Kalt- und Warmzeiten der
letzten Jahrhunderttausende verursacht wurde.
Der Riesen-Meteorit und sein Finder (Quelle: Gessler/BGR)
Die systematische Suche nach Meteoriten und deren Fragmenten auf Blaueisfeldern der
Antarktis erfolgt seit Jahrzehnten primär durch das japanische, das US-amerikanische,
jüngst auch durch das chinesische Antarktisprogramm. Von deutscher Seite ist die BGR,
die sich von ihrer Aufgabenstellung her nicht a priori mit Meteoriten befasst, während verschiedener Expeditionen mehrfach auf Meteorite gestoßen.
Nahe der Frontier Mountains wurden 1984 in Nord-Victoria-Land 42 Meteorite gefunden.
1987 wurde in der Shackleton Range ein 3,5 kg schwerer Eisenmeteorit entdeckt. Auf
Einladung durch das US-Antarktisprogramm im Jahr 1988 kartierte die BGR mit Radarmessungen die Topographie unter dem Allan Hills Eisfeld in Victoria Land, das eine der
höchsten Meteoritenkonzentrationen in der Antarktis aufweist. Im Verlauf dieser Arbeiten
waren 180 Meteoriten geborgen worden.
Die terrestrische Geschichte der Meteoriten wird durch isotopengeophysikalische Untersuchungen an kosmogenen Radionukliden und deren Edelgasen entschlüsselt. Gemessen
werden hierzu speziell 10Be, 26Al, 36Cl und 41Ca.
Klassifizierung von Meteoriten
Die Unterscheidung der Meteorite erfolgt nach ihrer chemischen Zusammensetzung in drei
Hauptgruppen: Stein-, Steineisen- und Eisenmeteorite. Die Steinmeteorite machen rund
70 % aller Meteorite aus. Sie bestehen zur Hauptsache aus Silikaten mit unterschiedlichen
Gehalten an Nickeleisen und anderen Mineralen. Ein weitere Untergliederung erfolgt in die
undifferenzierten Chondrite, die seit ihrer Entstehung nicht oder nur wenig metamorph
verändert wurden, und in Achondrite, die im Laufe ihrer Geschichte stark umgewandelt
wurden. Steineisenmeteorite enthalten sowohl silikatische als auch metallische Anteile.
Bei Mesosideriten ist der Silikatanteil etwa gleich groß wie der Nickeleisenanteil. Pallasite bestehen aus Silikaten (Olivin) in einer schwammartigen metallischen Grundmasse.
Eisenmeteorite bestehen zur Hauptsache aus Nickeleisen. Neben der chemisch-genetischen
Klassifikation in 17 Untergruppen teilt man Eisenmeteorite aufgrund ihrer Struktur auch in
Oktaedrite, Hexaedrite und Ataxite.
Insgesamt tragen verhältnismäßig wenige Minerale - ein gutes Dutzend - zur Gesamtzusammensetzung der Meteorite bei. Bei den Steinmeteoriten sind dies im wesentlichen
Olivine (Forsterit, Fayalit), Plagioklase (Albit, Oligoklas, Bytownit, Anorthit) und Pyroxene
(Enstatit, Hypersthen, Bronzit). Auf der Erde findet man keine Gesteine, die den Chondriten
chemisch und petrologisch ähneln (mehr dazu im Geologischen Kalender 2007, August).
Monika Huch
12.02.2008
Weiere Informationen und Bilder zur Entdeckung des Riesenmeteoriten in der Antarktis finden
Sie unter www.bgr.bund.de/. Ansprechpartner in der BGR sind Georg Delisle, Expeditionsleiter,
T 0511 643 2627, [email protected] oder Dr. Udo Barckhausen, T 0511 643 3239, udo.
[email protected]
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