Vom flüchtigen zum festen Wasserstoff HartmutZabel Fe s tk örp er ph ysi k R UB Ruhr-Universität Bochum Festkorperphysik 20. Mai 2000 Restaurant mit Aussicht Zeppelin Hindenburg, Landung in New York, 1937 Wasserstoff - Bombe, 6. November 1952, Eniwetok Atoll, Pazifischer Ozean Überblick: 1. Das Wasserstoff-Atom 2. Das Wasserstoff-Molekül 3. Thermodynamische Eigenschaften 4. Metallischer Wasserstoff? 5. Wasserstoff in Festkörpern 6. Anwendungen I. Das WasserstoffAtom Historische Entwicklung •1766 H. Cavendish: Entdeckung von Wasserstoff als unabhängige Substanz (“brennbare Luft”) •1792 A. Lavoisier: Nennt die neue Substanz dem griechischen “Wasserbildner” Hydrogen = H, aus •1866 T. Graham: Entdeckt Löslichkeit von Wasserstoff in Metallen •1913 N. Bohr: Atommodell •1925 W. Heitler und F. London: Homöopolare Bindung des Wasserstoffmoleküls •1932 H.Urey: Entdeckung des Wasserstoff-Isotopes Deuterium •1938 Lacher: Gittergasmodell von Wasserstoff in Metallen •(1989 M. Fleischmann und S. Pons: Kalte Fusion von Wasserstoff in Palladium) Fundamentale Eigenschaften von Wasserstoff: •Leichtestes und einfachstes Atom •Häufigstes Element des Universums (>90%) •Kommt frei nicht vor, nur im gebundenen Zustand •geruchslos, geschmacklos, farblos •3 Isotope: H, D, T •Schmelztemperatur = -259°C • Siedetempertur= - 253°C •Dichte: 0.0899 kg/m3 (Luft =1.293 kg/m3) Wasserstoff-Flamme Vorkommen der chemischen Elemente (ppb nach Gewicht) gegen Ordnungszahl aufgetragen Wasserstoff Atom Potentielle Energie des Elektrons: 2 E pot e =− r Spektrallinien: 1 1 ν = RH 2 − 2 n1 n2 −1 RH = 109677cm Bohr‘sches Atommodell (1913) Quantenzahlen: Orbitale oder Aufenthaltswahrscheinlich -keiten der Elektronen im H Atom: n=1, l=0 n=2,l=1,ml=0 n=4, l=3, ml=1 2. Das Wasserstoff Molekül H2 - Molekül: H e1 ra1 H pa e2 r12 rb1 rab pb Potentielle Energie: E pot 1 1 1 1 1 1 = −e + + + − − ra1 rb 2 ra 2 rb1 rab r12 2 Molekülbindung nur im Singulettzustand (S=0) der σ Bindung Elektronen! = 1σ Molekül-Rotationen: C C O O Hantel als Rotator Rotationsenergie eines klassischen starren Rotators 2 J J = Drehimpuls E= = Trägheitsmoment I 2I Rotationsenergie eines quanten-mechanischen Rotators: 2 ! E = J ( J + 1) 2I J=0,1,2,....diskrete Zahlen Ortho- und Parawasserstoff Kern-Spin der Protonen: 1/2 OrthoWasserstoff ParaWasserstoff Spin 1/2 Teilchen heissen “Fermionen” Drehimpulse im Wasserstoff-Molekül Elektronen-spin: σ) antiparallel (1σ) J Kern-spin: parallel: ortho aniparallel: para Drehimpuls der Molekülrotation J muß verträglich sein mit der Symmetrie (Anordnung) der Kernspins Rotation des Moleküls um 180° ist gleichbedeutend mit Austausch von Kernen; Gesamtwellenfunktion muss dabei sein Vorzeichen ändern: (-1)J Para-Wasserstoff: Ortho-Wasserstoff Vorzeichenänderung der Gesamtwellenfunktion Spinaustausch macht Vorzeichenänderung, daher J=0,2,4,... Spinaustausch macht keine Vorzeichenänderung, daher J=1,3,5,... Bei hohen Temperaturen gibt es dreimal soviel Ortho- wie Para-Wasserstoff Niedrigster Rotationszustand für OrthoWasserstoff Niedrigster Rotationszustand für ParaWasserstoff Bei T=0 (Grundzustand) nur Parawasserstoff! 3. Thermodynamische Eigenschaften Druck Phasendiagramm von Wasserstoff fest Phasendiagramm von Helium flüssig 1 bar 2.3bar gasf. 00 14 K 20 K Temperatur 4.2K 5.2K 4. Metallischer Wasserstoff? Kubisch flächenzentrierte Kristallstruktur Festkörperstruktur (Pa3) von molekularem H2: Isolator, transparent, sehr grosse Energielücke von ca 9 eV Hochdruck Experimente Molekularer Festkörper Wird Wasserstoff bei hohen Drücken metallisch? flächenzentriert Theoretiker sagen eine metallische Phase oberhalb von 4 Mbar voraus. 2-4 Mbar Atomarer WasserstoffFestkörper hexagonal Zuerst wird der molekulare Wasserstoff - Kristall elektrisch leitfähig, dann wandelt er sich um in einen atomaren Wasserstoff - Kristall mit metallischen Eigenschaften Druckskala Metallisierung von Wasserstoff erwartet Metallisierung von Ge, Si, O, S Druck tief im Ozean 1 Erdzentrum Mond Zentrum 10 100 Druck (kbar) 1000 10.000 E Isolator: E Leitungsband ∆Ε=4−8 eV Isolator: Leitungsband Valenzband ∆Ε=Εnergielücke E Valenzband Leitungsband Halbleiter: ∆Ε=1−2 eV Valenzband E Metall: Leitungsband Valenzband ∆Ε=0 Metall - Isolator Phasenübergang von festem Para-Wasserstoff Energielücke Druck Hochdruck-Experimente mit Diamand Zange Temperatur (K) Phasendiagramm von Parawasserstoff bei hohen Drücken Isolator Metall? 0 0.5 1.0 1.5 Druck (Mbar) 2.0 Jupiter und sein Aufbau Molekulare WasserstoffGasatmosphäre Metallischer flüssiger oder fester Wasserstoff Harter Gesteinskern „Hydrogen certainly is the simplest atom. It's not at all the simplest solid.” —Arthur Ruoff, Cornell University „Wasserstoff ist sicherlich das einfachste Atom. Es ist aber bestimmt nicht der einfachste Festkörper“ —Arthur Ruoff, Cornell University 5. Wasserstoff in Festkörpern Dissoziation des Wasserstoff - Moleküls H2 an der Metall - Oberfläche: Brechen der Molekülbindung Pt, Pd, Nb, V, Ti, .... Atomarer Wasserstoff auf Zwischengitterplätzen der Metallstruktur Eigenschaften von H in Metall: •Gitterexpansion •Schnelle Diffusion •WasserstoffVersprödung Gittergas oder ? Metall Hydrid Phasendiagramm von Wasserstoff in Niobium Molekularstrahl-Epitaxie Anlage an der RuhrUniversität Bochum zur Herstellung reinster ultradünner Metallschichten Schalten mit Wasserstoff! Y ohne Wasserstoff YH3 mit Wasserstoff J. N. Huiberts, R. Griessen, J. H. Rector, R. J. Wijngarten, J. P. Dekker, D. G. de Groot, and N. J. Koeman, Nature 380, 231 (1996). Wasserstoffdiffusion optisch sichtbar gemacht: F.J.A. den Broeder et al. Nature 394 (1998) 656. Wo sitzt der Wasserstoff ? Beugung am Kristallgitter d ∆ θ θ ∆ Bedingung für konstruktive Interferenz: 2 ∆ = nλ Bragg-Gleichung: ∆ = d sin θ 2d sin θ = nλ Streuexperimente mit Neutronen: Monochromatischer Neutronenstrahl vom Kernreaktor 2θ dΩ Detektor Institut Laue Langevin (Forschungsreaktor für Neutronenstreuung) und European Synchrotron Radation Facility (ESRF) in Grenoble, Frankreich Diffraktometer für Neutronen am Institut Laue-Langevin, Grenoble http://www.ep4.ruhr-uni-bochum.de/fk/ Phasendiagramm von Wasserstoff in Yttrium: Schichtenstruktur: YH2 Y A B A 0.573nm 0.573 YH3 0.600nm 0.600 0.662nm 0.662 6. Anwendungen Brennstäbe aus 235 UZrH2 Schwingungsanregung von Wasserstoff durch ein Neutron ⇒ thermische Modertion von Neutronen 100 90 80 70 60 50 40 30 20 Neutron aus Spaltprodukt Idee: Eduard Teller 10 0 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 Inhärent sicher! Brennstoffzelle im Auto mit Methanol-Reformer Prinzip der Brennstoffzelle Hhydrogen 2 von Treibstoff (from fuel) -Tank - 2e - + 2e - Electrolyte 2e - O2 oxygen (air) von H2 + 2H + Luft + 2H + 2H + + 1 2 O2 H 2O Anode Anode Cathode Kathode Auspuff: Wärme heat + waterund Wasser Wasserstoff-Herstellung • Wasserdampf über heisser Kohle • Thermische Dissoziation von Kohlenwasserstoffen • Elektrolyse mit Wasser • Separation von Säuren mit Metallen Elektrolyse 2H20(flüssig)+1.23eV → 2H2(gasf.) + O2(gasf.) Explosive Umkehrreaktion: Knallgasreaktion 2H2(gasf.) + O2(gasf.) → 2H20(flüssig) Kontrollierte Umkehrreaktion: Brennstoffzelle 2H2(gasf.) + O2(gasf.) → 2H20(flüssig) Speicherung von Wasserstoff in Graphit - Nanoröhrchen Flüssig-Wasserstofftank Aussentank: 50 m lang, 9 m Durchmesser, enthält ca 5 t flüssiges H2 und 30 t flüssiges O2 Neue Technologie für Raketenantrieb mit leichterem Treibstoff und grösserer Schubkraft: Gefrorene Wasserstoffkügelchen werden in flüssiges Helium suspendiert Ende