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Nebengruppenelemente
Die Vanadiumgruppe
Dirk Broßke
Berlin, Juni 2006
1
5. Die Vanadiumgruppe
5.1. Gruppeneigenschaften
Ordnungszahl
Vanadium
V
Niobium
Nb
Tantal
Ta
23
41
73
Elektronenkonfiguration [Ar] 3d3 4s2 [Kr] 4d4 5s1 [Xe] 4f14 5d3 6s2
•
•
•
•
•
•
•
•
Elektronegativität
1,5
1,2
1,3
Schmelzpunkt [°C]
1919
2468
2996
Siedepunkt [°C]
3400
4930
5425
Dichte [g cm-3]
6,09
8,58
16,68
Ohne schützende Oxidschicht glänzend silbernhell; Ta : blaugrün; resistent gegen Säuren
Vanadium löst sich in konz. heißer H2SO4 oder HNO3
Niobium und Tantal sogar in Königswasser unlöslich; löslich in konz. H2SO4 / konz. HNO3
/ 48%HF (2:1:1)
Name: Refraktärmetalle (lat: widerspänstig) auf Grund der hohen Schmelztemperatur und
Hitzebeständigkeit
+V ist wichtigste Oxidationsstufe (Zunahme der Beständigkeit zum Ta: Ta(V) lässt sich in
wässriger Lösung nicht reduzieren; V(V) hingegen mit Zn
• [VO (H O) ]+ (gelb)
[VO(H2O)5]2+ (blau)
[V(H2O)6]3+ (grün)
2 2 4
[V(H2O)6]2+ (violett)
In Oxidationsstufe +V Ähnlichkeit zu Nichtmetallen; keine Kationen, sondern AnionenKomplexe, Halogenide flüchtig und hydrolysieren
Verwantschaft zu Gruppe 15 gering (nur der saure Charakter der Pentaoxide und
Oxidationsstufe +5)
Mit steigender Ordnungszahl nimmt die Beständigkeit der niedrigeren Oxidationsstufen ab
5.2. Das Vanadium
•
Vorkommen
• 5. Stelle aller Übergangsmetalle nach Fe, Ti, Mn und Zr (0,016%) weit verbreitet in
oxidischen und sulfidischen Erzen
• VS4 Patronit
• Pb (VO ) Cl Vanadinit (isomorph mit Apatit)
5
4 3
2
•
•
•
•
•
Gewinnung
• Rösten von V-Erzen bei 700-850°C mit Soda oder NaCl → NaVO ; Auslaugen mit
3
Wasser; dann Ausfällen von Polyvanadat mit H2SO4 → V2O5
• Gewinnung durch Reduktion von Vanadiumpentaoxid mit Aluminium oder
Ferrosilicium → wenig reines Vanadium
• Reines Vanadium durch Reduktion mit Calcium
• V O + 5 Ca
2 V + 5 CaO (950°C)
2 5
• V2O5 Nebenprodukt der Urangewinnung aus Carnotit
• Auch Reduktion von VCl mit Mg → Vanadiumschwamm
3
• Reindarstellung von Vanadium: van Arkel-de Boer-Verfahren über VI3 oder
elektrolytische Raffination (V-Anode, geschmolzenes NaCl als Elektrolyt, Mo oder
Ta Kathode)
Physikalische Eigenschaften
• Reines Vanadium: stahlgrau, nicht brüchig, sehr weich, kalt bearbeitbat; kubisch
raumzentriertes Kristallgitter; ähnelt stark seinem Nachbarn Titan in seinen
Eigenschaften
Chemische Eigenschaften
• An Luft Bildung einer sehr dünnen Oxidschicht die nicht den metallischen Glanz
beeinträchtigt; in der Hitze Bildung von V2O5; auch mit anderen Nichtmetallen
Reaktionen: mit Fluor und Chlor bei Raumtemperatur oder leicht erhöhter
Temperatur → VF5 bzw VCl4; mit N und C bei Weißglut Reaktion zu VN bzw. VC;
mit nichtoxidierenden Säuren (Ausnahme HF) keine Reaktion trotz des unedlen
Charakters (Passivierung) in oxidierenden Säuren löslich, auch in Alkalischmelzen
Physiologie
• Vanadium bzw. seine Verbindungen sind für tierische und pflanzliche Organismen
essentiell, im Menschlichen Organismus sind ca. 0,3 mg Vanadium je kg enthalten
(Zellkerne und Mitochondrien von Leber, Milz, Nieren, Schilddrüsen)
• In großen Mengen ist es jedoch giftig (MAK-Wert:0,05 mg V O m-3)
2 5
•
Als VO43+ kompetitiv zu PO43- in biologischen P-Stoffwechsel (Inhibierung oder
•
Stabilisierung von Enzymen); katonisch al VO2+; VO2+ und V3+; Wechselwirkung
mit biogenetischen Liganden (Proteine)
Therapeutisch wirksam als Cytostatika: Peroxvanadate wie [VO(O2)2(ox)]3- und
[VO(O2)2]22- sowie Isopolyvanadate
Verwendung
• Als Legierung Ferrovanadium , als Stahlzusatz → Bildung von V4C3: Erhöhung der
Verschleißfestigkeit und Zähigkeit
• Große Bedeutung haben Vanadiumoxide und Verbindungen als Heterokatalysatoren
3
Oxid.Zahl
+2
+3
+4
+5
V2+
V3+
VO2+
VO3-
Zn/Cr3+
Farbe
violett
grün
-0,2
E°(V)
Typische Verbindungen
Typische Komplexe
Sn2+/Ti2+
Fe2+
blau
+0,36
farblos
+1,0
VSO4
V2(SO4)3
VOCl2
VOSO4
V(CN)64-
V(NH3)63+
VO(SCN)42-
NH4VO3
Struktur von Vanadiumoxiden
V2O5
Koordianation ist verzerrt Oktraedrisch
V3O7, V4O9,
V6O13
Phasen der Zusammensetzung VnO2n+1; komplizierte Struktur mit stark
verzerrten Oktaedern, so dass die Koordinationszahl eher 5 ist
VO2
Monoklin verzerrte Rutil Struktur
VO1,98-VO1,75 Eine Homogene Reihe von 6 Oxiden VnO2n-1; Koordination verzerrt Oktraedrisch
V3O5
Struktur nicht mit der Reihe V4O7 bis V9O17 ↑ verwant
V2O3
Korund Struktur
VO
NaCl Defektstruktur mit Leerstellen in beiden Teilgittern; der Existenzbereich
von VO0,8-VO1,3
•
Vanadium(V)-oxid V2O5 Schmelztemperatur 658°C, orangerot, Darstellung durch
Oxidation von Vanadium oder reiner:
• 2 NH4VO3
V2O5 + 2 NH3 + H2O
• Schwerlöslich in H O, Oxidationsmittel:
2
• V2O5 + 6 HCl
2 VOCl2 + Cl2 + 3 H2O
• Amphoterer Charakter
• Säure: Lösung unter Bildung von [VO ]+ (gelb)
2
Laugen: (pH>13): [VO4]3- (farblos)
• Dazwischen in Abhängigkeit von pH und Konzentration: Isopolyanionen;
Hauptspezies bei 2<pH<6: orangfarben Dekavanadanion (tritt auch in
protonierter Form auf, sowie in verschiedenen Salzen (z.B. Na und Ca))
[V10O28]6- in H2O
Na4V2O7 · 18 H2O; KV3O8; K3V5O14;
KVO3
•
•
•
•
[V10O28]6- aufgebaut aus 10 VO6-Oktaedern
In großer Zahl syntetisiert und mit struktureller Vielfalt:
4
•
Vanadium(V)/Vanadium(IV)-Polyoxovanadate
• V(V) in Wasser + H O → [VO (O ) ]3- gelb; in Säuren [V(O )]3+
2 2
2 2 2
2
Vanadiumdioxid: blauschwarz, amphoter, verzerrte Rutil Struktur mit V-V-Paar (oberhalb
70°C → Aufbruch der V-V-Bindung → freiwerdendes Elektron → Anstieg der
Leitfähigkeit und des Paramagnetismuses; in Säuren → [VO(H2O)5]2+ (enthält tatsächlich
V=O-Gruppen); VO2+ auch in verschiedenen Salzen enthalten; z.B. [VO(NCS)4]2-;
Zusammenschmelzen mir Erdalkalimetalloxiden → MeVO3; Me2VO4
•
•
Vanadiumtrioxid V2O3: schwarz; basisch, Korund-Struktur; Säure → [V(H2O)6]3+; V(III)Lösungen werden durch Sauerstoff oxidiert; V(III) bildet Reihen von oktraedrischen
Komplexen; Zusammenschmelzen mit Erdalkalimetalloxiden → MeV2O3
Vanadiumoxid VO: schwarz; NaCl-Defektstruktur, metallischer Glanz und Leiter;
Unterschreitung von kritischen V-V-Abstand in V-Verbindungen → teilweise besetztes
Leitungsband → z.B. Spinell → LiV2O3 ist metallischer Leiter; VO ist basisch; Säure →
[V(H2O)6]2+ (Lösung stark reduzierend; aus H2O wird H2 freigesetzt)
Vanadiumhalogenide
Ox.Zahl
•
•
•
•
•
+2
kristallin
+3
kristallin
+4
Fluoride
VF2
blau
VF3
grün
Chloride
VCl2
hellgrün
VCl3
VCl3
rotviolett braun; flüssig
Bromide
VBr2
VBr3
VBr4
orangebraun schwarz purpurrot; flüssig
Iodide
VI2
rotviolett
VI3
braun
VF4
grün; fest
+5
VF5
weiß; Sdp 19,5°C
VI4
in Gasphase bekannt
Vanadium(I)-halogenide nicht bekannt (Disproportionierung zu V(II) und reinem V)
Vanadium(II)-halogenide: Darstellung aus höheren Halogeniden durch Reduktion,
kristallin; paramagnetisch; Luftempfindlich; starke Reduktionsmittel; hygroskopisch; VF2
hat Rutil-Struktur; die anderen sind CdI2 Typ
Vanadium(III)-halogenide: polymere Struktur mit Koordinationszahl 6 an Vanadium; VF3
wasserunlöslich, unzersetzt sublimierbar, alle anderen hygroskopisch, Disproportionierung
bei hohen Temperaturen
VF4 ist polymerer Feststoff; VCl4 und VBr4 sind aus tetraedrischen Monomeren aufgebaut
VF5 Darstellung durch Fluorierung von Vanadium; Smp 19,5°C; Gasphase: trigonal
bipyrimidale Moleküle, Kristall enthält Ketten aus VF6-Oktaedern
5
5.3. Niobium und Tantal
•
•
•
•
•
•
Vorkommen
• Niobium: Erdkruste: 0,002Gew% → 34.Stelle (zwischen Neodyn und Blei)
• Tantal: Erdkruste: 2 · 10-4Gew%
• (Fe,Mn)(NbO ) Eisenniobat
3 2
• (Fe,Mn)(TaO3)2 Eisentalat
• Tantal: Schlacke der Zinngewinnung wichtigste Tantal Quelle
Gewinnung
• Technisch durch Schmelzelektrolyse der komplexen Fluoride K [NbOF ] und K [TaF ]
2
5
2
7
sowie durch chemische Reduktion dieser Fluoride mit Natrium bei 800°C oder aus den
aus ihnen zugänglichen Oxiden mit Kohlenstoff bei 1700-2300°C
• MF5 + 5 Na
M + 5 NaF
• M O +5C
2 M + 5 CO
2 5
• Die Fluoride werden durch Aufschluß der Nb und Ta-haltigen Erze mit Gemisch aus HF
und H2SO4 in der Siedehitze erhalten. Trennung der komplexen Fluoride durch
fraktionierte Extraktion mit Ketonen (Metylisobutylketon)
• Nach Aufschluß der Erze mit Hilfe der Carbochlorierung auch Trennung der
entstehenden Pentachloride durch fraktionierte Destillation möglich; anschließend
Reduktion mit Natrium
• Nb O + HF → [NbOF ]2- → [NbO F ]y2 5
5
x z
Physikalische Eigenschaften
• Niobium kristallisiert kubisch raumzentriert; hellgrau glänzendes Metall; Härte
entsprechend Schmiedeeisen, lässt sich gut walzen und schmieden
• Tantal zeigt gleiche chemische Widerstandsfähigkeit und stahlähnliche Festigkeit;
platingraues, sehr zähes, elastisch dehnbares und polierbares Metall, das man walzen und
schmieden kann
Chemische Eigenschaften
• Bildet an der Luft eine schützende Oxidschicht; reagiert aber bei 300°C mit O2 zu den
M2O5 Pentaoxiden
• Werden auch von anderen Nichtmetallen wie den Halogenen oder bei hohen
Temperaturen auch von Stickstoff und Kohlenstoff oxidiert
Physiologie
• Nicht essentiell (im Unterschied zu Vanadium)
• Mensch enthält 0,8mg Nb je kg; aber kei Ta
• Gegenüber Körperflüssigkeiten indifferent (nicht löslich); Niobverbindungen gelten als
toxisch
Verwendung
• Niobium: Hauptsächlich als Legierung; Bestandteil zur Herstellung
temperaturbeständiger Werkstoffe; Supaleiter (Nb/Cu; Nb/Ti; Nb/Zr)
Kernbrennstabumhüllung; Thermoelemente
• Tantal: Legierung (Ta/W); temperaturbeständige Werkstoffe; große chemische
Beständigkeit → Pt-Ersatz für chemische Geräte, sowie zahnärztliche und chirugische
Instrumente und Materialien (Knochennägel, Prothesen)
6
•
•
Verbindungen
Mit Sauerstoff
• Niobpentaoxid Nb O und Tantalpentaoxid Ta O : weiße Pulver, schwerer zu
2 5
2 5
reduzieren als V2O5
• NbO uns TaO : blauschwarze Pulver, Rutil-Struktur; ebenfals bekannt: Phasen mit
2
2
Oxidationstufe +4 und +5
• Nb3n+1O8n-2 (n = 5, 6, 7, 8)
• NbO: grau; metallisch leitend, nicht stöchometrisch (Homogenitätsbereich:
NbO0,982-NbO1,008) → NaCl Defektstruktur
•
•
Zusammenschmelzen von Ta2O5 oder Nb2O5 mit Alkalimetallhydroxiden → Auflösen
in Wasser → Isopolyanionen [Me6O16]4-; Existenz von MeO43- Anionen ungewiß,
unterhalb pH10(Ta) bzw. pH7(Nb) Abscheidung von wasserhaltigen Oxiden
Me2O5 · n H2O
• Niobate MeNbO und Tantalate MeTaO : unlöslich, Perowskit-Struktur →
3
3
Doppeloxide, keine isolierten NbO3- oder TaO3- Anionen, einige (z.B. mit Me=Li) sind
wegen ferro- bzw. piezoelektrischen Eigenschaften technisch Interesant
Mit Halogeniden
• Pentahalogenide von allen vier Halogenen bekannt; Pentafluoride weiß, flüchtige
Feststoffe; die restlichen 6 farbig, sublimierbar, wasserempfindlich
• Pentafluoride NbF und TaF sind aus tetrameren
5
5
Molekülen M4F20 aufgebaut; Die Pentahalogenide NbX5
und TaX5 (X = Cl, Br, I) bestehen aus dimeren M2X10
Molekülen
• Außer TaF4 alle möglichen Tetrahalogenide bekannt; NbF4:
schwarz, nicht flüchtig, paramagnetisch, die anderen
diamagnetisch
• NbF Kristallisiert in Schichtstruktur; die Tetrahalogenide NbX und TaX
4
4
4
(X = Cl, Br, I) sind aus Ketten aufgebaut, in denen Metallpaare mit Metall-MetallBindungen auftreten; dies hat kürzere Abstände und den Diamagnetismus zur Folge
• Halogenen mit niedrigeren Oxidationsstufen sind Clusterverbindungen (z.B. MX2,33 =
M6X14) Aufbau aus M6X122+ Clustern: durch Halogenid-Brücken zu Schichten
verknüpft; ohne Strukturänderung ist Oxidation möglich; auch Nb6F15 und Ta6X15
(dreidimensionale Verknüpfung von M6X12-Clustern über Halogen-Brücken wie beim
NbO)
7
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