Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 S ­­­­ Verlauf Material LEK Glossar Mediothek Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Cornelia Preidl, Düren III/A Niveau: Sek. II Dauer: 10 Unterrichtsstunden Ziele: Die Schülerinnen und Schüler ... – wiederholen und vertiefen den Aufbau des menschlichen Auges; – erarbeiten sich die biochemischen und physiologischen Vorgänge des Sehvorgangs; – erfahren experimentell die Leistungen des menschlichen Auges und die Rolle des Gehirns bei der Wahrnehmung; – vollziehen den naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn anhand zahlreicher Versuche nach; – verbessern ihren Umgang mit Texten und ihre Fähigkeit, Diagramme ­­­­ auszuwerten. Didaktisch-methodische Orientierung Die vorliegende Unterrichtsreihe gibt einen umfassenden Überblick über das Themenfeld Auge und Sehen. Es ist sinnvoll, vor dieser Einheit die Grundlagen der Neurobiologie zu besprechen, sodass den Schülerinnen und Schülern die Weiterleitung von Nervenimpulsen am Axon und die Übertragung an der Synapse bekannt sind. ­­­­ Dieser Beitrag umfasst fächerübergreifend alle wesentlichen Aspekte rund um das Thema Auge und Sehsinn: Beginnend mit der Anatomie und den wichtigsten biologischen Aspekten des Auges, werden anschließend physikalische Grundgesetze der Optik erläutert und dann intensiv auf die physiologischen und biochemischen Vorgänge des Sehvorgangs eingegangen. Abschließend werden übergeordnete Zentren im Gehirn im Zusammenhang mit dem Themenkomplex Wahrnehmung besprochen. Die Materialien bauen chronologisch aufeinander auf. Da aber jedes Material außerdem ­­­­ selbsterklärend für sich stehen kann, ist es auch möglich einzelne Bausteine herauszugreifen ­­­­ und in den eigenen Unterricht einzubauen. Einige Materialen sind auch in der Sekundarstufe I einsetzbar. Der methodische Schwerpunkt der Unterrichtsreihe liegt auf dem Experiment. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass es die Neugier und das Interesse der Lernenden weckt. Am Experiment lässt sich auch der naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinn – von der Anschauung bis zur Deutung im molekularen Bereich – demonstrieren und üben. Außerdem kann das Verfassen von Versuchsprotokollen geschult werden. ­­­­ Zahlreiche Abbildungen helfen, die komplexen Zusammenhänge nachzuvollziehen. Sie stellen zudem eine Vorbereitung auf die Aufgabenstellung im Abitur dar, wo der sicherere Umgang mit und die Interpretation von Skizzen und Diagrammen gefordert werden. Als eine weitere Vorbereitung auf die Abiturprüfung sollte auch im naturwissenschaftlichen Unterricht Wert auf korrekte und verständliche Formulierungen gelegt werden. Schriftliche Ausarbeitungen in ganzen Sätzen in Form eines Fließtextes, der dann im Plenum vorgelesen und besprochen wird, sollten ebenso zum Unterrichtsalltag gehören wie eine ausführliche mündliche Darlegung von Versuchsergebnissen etc. Das vorliegende Material bietet zahlreiche Gelegenheiten, diese Fähigkeiten einzuüben und zu trainieren. In den Erläuterungen zu den einzelnen Materialien werden weitere ausführliche Vorschläge zur methodischen Aufbereitung der einzelnen Stunden gegeben. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 S ­­­­ Verlauf Material LEK Glossar Mediothek Verlauf III/A Stunde 1 Aufbau des menschlichen Auges Material Verlauf M 1 Anhand eines Arbeitsblattes wiederholen die Schülerinnen und Schüler die Anatomie des menschlichen Auges. Ergebnisssicherung: Wandplakat Stunde 2 Akkommodation und Fehlsichtigkeit Material Verlauf M2 Mithilfe einer von den Lernenden selbst gebauten Lochkamera werden die Grundzüge der Optik wiederholt und vertieft. Anschließend wird auf die Akkommodation des menschlichen Auges eingegangen und diese anhand der Fehlsichtigkeit näher erläutert. Stunde 3 Die Lichtsinneszellen – Nachts sind alle Katzen grau Material Verlauf M3 Ausgehend von dem bekannten Spruch „Nachts sind alle Katzen grau“ erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stäbchen und Zapfen bzw. der drei Zapfensorten. Stunde 4 und 5 Fototransduktion – Die Physiologie und Biochemie des Sehvorgangs Material Verlauf M4 Anhand von Abbildungen erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler die molekularbiologischen Vorgänge bei der Fototransduktion. Stunde 6 und 7 Der Aufbau der Retina Material Verlauf M5 Nach einer Wiederholung des anatomischen Aufbaus der menschlichen Netzhaut erarbeiten sich die Lernenden die Funktion der einzelnen Zelltypen. Die Begriffe des rezeptiven Feldes und der lateralen Inhibition werden eingeführt und anhand von optischen Täuschungen erfahrbar gemacht. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 1 8 S ­­­­ Verlauf Material LEK Glossar Mediothek Stunde 8 Adaptation III/A Material Verlauf M6 Die Adaptation wird auf der anatomischen sowie molekularbiologischen Ebene besprochen und anhand von Nachbildern veranschaulicht. Stunde 9 Weitere Leistungen des menschlichen Auges Material Verlauf M7 Anhand eines selbst gebastelten Daumenkinos lässt sich mit einfachen Mitteln das von der Lichtintensität abhängige zeitliche Auflösungsvermögen des menschlichen Auges nachvollziehen. Abbildungen (unter anderem zur optischen Täuschung) veranschaulichen, dass nicht nur das Auge, sondern auch übergeordnete Zentren notwendig sind, um räumliches Sehen zu ermöglichen. M8 Stunde 10 Wahrnehmung: Auge und Gehirn arbeiten im Team Material Verlauf M9 Mehrdeutige Abbildungen, ein Gedankenexperiment, ein Informationstext und ein Versuch mit der Benham-Scheibe führen zu der Erkenntnis, dass jeder die Welt anders wahrnimmt. Interessant ist eine Diskussion über das konstruktivistische Thema, ob so etwas wie „Realität“ überhaupt existiert. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Materialübersicht III/A M 1 (Ab) Aufbau des menschlichen Auges r Abbildung zur Lernzielkontrolle auf Folie kopieren oder auf ein Wand- ­­­­ plakat übertragen M 2 (Ab, Ba) Akkommodation Bau einer Lochkamera: r Schuhkarton mit Deckel rPergamentpapier, Schere, Klebstoff M 3 (Ab) Die Lichtsinneszellen: Stäbchen und Zapfen Bau einer Katzensilhouette: r Tonpapier, Schere Experiment als Hausaufgabe: r 2 große Wandplakate oder Tapetenreste r 3 gleich große Pappstreifen in Blau, Grün und Rot r Bleistift, Klebeband M 4 (Ab) Fototransduktion M 5 (Ab) Die Zellschichten der Netzhaut r bei Bedarf einzelne Abbildungen auf Folie ziehen M 6 (Ab) Adaptation r Die Abbildung 3 von M 6 auf Folie kopieren und das innere Quadrat ­­­­ mit einem grünen Folienstift ausfüllen M 7 (Ab, Ba) Zeitliches Auflösungsvermögen r Daumenkino: festes Papier, Kleber, Schere, Stifte M 8 (Ab) Räumliches Sehen M 9 (Ab, Ba) Auge und Gehirn r Abbildungen (in den Erläuterungen zu M 9) auf Folie kopieren oder ­­­­ als Arbeitsblatt austeilen r Benham-Scheibe: Pappscheibe, schwarzer Stift, Bleistift, Schere Die Erläuterungen und Lösungen finden Sie ab Seite 22. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M1 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Aufbau des menschlichen Auges III/A Bindehaut hintere Augenkammer Lederhaut (Sclera) Glaskörper Aderhaut (Choroidea) Pigmentschicht vordere Augenkammer Netzhaut (Retina) Regenbogenhaut (Iris) Gelber Fleck (Fovea Centralis) Pupille Linse Sehnerv Honhaut (Cornea) Ziliarkörper Blinder Fleck Zonulafasern Ziliarmuskel 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Aufgabe Die Abbildung zeigt den Auf bau des menschlichen Auges. Ordnen Sie den einzelnen Begriffen jeweils die korrekte Definition zu. III/A " Der $ führt vom Auge zum Gehirn. In ihm liegen die Axone der Ganglienzellen. Der gallertartige $ legt den Abstand zwischen Linse und Netzhaut fest und erhält die runde Form des Auges. An der Stelle, an welcher der Sehnerv das Auge verlässt, ist die Netzhaut unterbrochen. Hier liegt der $. Fokussiert man einen Gegenstand in der Nähe, kontrahieren die $. Sie sind mit den Zonularfasern verbunden. Durch die Kontraktion verringert sich der Zug der Zonularfasern und die Linse wird dicker. Fixiert man einen Gegenstand, wird er auf der $, einer leicht gelblich gefärbten Stelle, abgebildet. Daher wird sie auch Gelber Fleck (oder zentrale Sehgrube) genannt. Hier ist die Stelle des schärfsten Sehens. Die äußerste Hautschicht wird als $ bezeichnet. An ihr setzen die Augenmuskeln an, durch die eine Drehung des Auges in der Augenhöhle möglich ist. Die Pupille ist von der farbigen Re genb ogen h aut , der $ , umgeben. Im vorderen Bereich, in dem Licht in das Auge eintritt, ist die harte Augenhaut durchsichtig und wird als $ bezeichnet. Sie ist an der Brechung des einfallenden Lichts beteiligt. Die $ wird nach hinten durch die Linse, nach vorne durch die Iris (Regenbogenhaut) begrenzt. Die $ liegt zwischen Linse und Cornea. Das Licht tritt durch die $, das schwarze Sehloch, in das Auge ein. Die $ sorgt für die Nährstoffund Sauerstoffversorgung. Die innerste Schicht, die $, besteht aus mehreren Zellschichten, die aus verschiedenen Zelltypen zusammengesetzt sind. Für die Fotorezeption sorgen die Lichtsinneszellen (Stäbchen und Zapfen). Die Linse ist an den $ aufgehängt, die mit der Aderhaut und Lederhaut verbunden sind. Durch den Augeninnendruck werden sie passiv gespannt, die Linse somit flach, und das Auge auf Ferne eingestellt. Die $ verhindert Lichtreflexionen und somit auch Streulicht. Außerdem finden dort für den Sehprozess wichtige biochemische Prozesse statt. " " Die elastische $ ist an der Brechung des einfallenden Lichts beteiligt und sorgt somit für ein scharfes Bild. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M2 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Akkommodation Nahe und entfernte Gegenstände können nicht gleichzeitig scharf gesehen werden. Das Auge muss sich stets auf die entsprechende Entfernung einstellen (akkommodieren). Nahe Gegenstände werden fokussiert, indem sich die Ziliarmuskeln zusammenziehen und die Zonularfasern somit gelockert werden: Die elastische Linse wölbt sich. Fernakkommodation erfolgt durch Entspannung des Ziliarmuskels und somit gespannten Zonularfasern: Die elastische Linse wird flacher. Aufgabe 1 a) Basteln Sie anhand der Bauanleitung eine Lochkamera, die als Augenmodell dient. b) Richten Sie die Kamera auf (möglichst helle) Objekte und beschreiben Sie die Abbildung auf der Mattscheibe. Sehen Sie auch durch die Kameras Ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler, deren Öffnungen einen anderen Durchmesser haben. Erklären Sie anhand des Modells sowie Abbildung 2, wie das Bild auf der Netzhaut entsteht. c) Erläutern Sie, welchen Vorteil es hat, wenn in das Loch der Lochkamera eine Sammellinse (wie es beim Auge der Fall ist) eingesetzt wird. Bauanleitung für eine Lochkamera Material: Schuhkarton mit Deckel, Pergamentpapier, Schere, Klebstoff Durchführung: Schneiden Sie in die Vorderwand des Schuhkartons eine runde Öffnung (innerhalb des Kurses sollten unterschiedliche Durchmesser zwischen 1–20 mm gewählt werden.) Quer durch die Kartonmitte wird das Pergamentpapier geklebt, welches als Mattscheibe dient. Schneiden Sie in die Rückwand des Kartons einen Sehschlitz. Abbildung 1: Lochkamera 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek a) b) III/A Abbildung 2: Akkommodation beim normalsichtigen und fehlsichtigen Auge a) Fernakkommodation b) Nahakkommodation (jeweils obere Abbildung: normalsichtiges Auge, jeweils untere Abbildung: fehlsichtiges Auge) a) Abbildung 3: Verschiedene Linsenarten b) a) Sammellinse Bei Sammellinsen werden Lichtstrahlen durch den Linsenmittelpunkt nicht abgelenkt, parallel zur optischen Achse eintreffende Strahlen allerdings so gebrochen, dass sie sich in einem Punkt, dem Brennpunkt, schneiden. b) Zerstreuungslinse Beim Durchtritt durch eine Zerstreuungslinse werden Lichtstrahlen so gebrochen, dass sie hinter der Linse auseinanderstreben. Aufgabe 2 Erläutern Sie mithilfe der Abbildungen 2 und 3, wie Kurz- bzw. Weitsichtigkeit durch entsprechende Brillen korrigiert werden kann. Skizzieren Sie den Strahlengang. Aufgabe 3 Ältere Menschen leiden häufig unter Weitsichtigkeit und benötigen eine Lesebrille. Erklären Sie dieses Phänomen auch im Vergleich zur angeborenen Fehlsichtigkeit. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M3 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Die Lichtsinneszellen: Stäbchen und Zapfen Nachts sind alle Katzen grau. Steckt hinter diesem altbekannten Spruch auch eine biologische Wahrheit? 1. Die Lichtsinneszellen des menschlichen Auges Wir können Licht im Bereich von etwa 400–750 nm wahrnehmen. Dafür sind über 100 Millionen Lichtsinneszellen in unserer Netzhaut verantwortlich. Diese Fotorezeptoren wandeln Lichtreize in elektrische Erregung um, die dann über zahlreiche Neurone der Netzhaut an das Gehirn weitergeleitet wird. Prozentanteil an der Maximalabsorption Es existieren zwei Typen von Fotorezeptoren: Stäbchen und Zapfen. An beiden kann man ein Außensegment und ein Innensegment unterscheiden, die durch eine Cilie miteinander verknüpft sind. Das Innensegment ist über die Synapse mit den nachgeschalteten Zellen verbunden und enthält den Zellkern, zellstoffwechselrelevante Organellen sowie Na+/K+ Pumpen. Das Außensegment bildet den lichtempfindlichen Teil der Sinneszelle. In der Außenmembran (Plasmamembran) liegen Kationenkanäle, die vor allem für den Natrium- und Calciumioneneinstrom sorgen, sowie Kanäle zum Kationenaustausch. Im Außensegment befindet sich auch der Sehfarbstoff (Rhodopsin, Abbildung 1: Stäbchen und Zapfen Sehpurpur), der sich aus einem Protein (Opsin) und einem Cofaktor (Retinal) zusammensetzt. Stäbchen und Zapfen besitzen das gleiche Retinal, aber strukturverschiedene Opsinmoleküle, sodass Stäbchen und Zapfen unterschiedliche Absorptionsoptima aufweisen. 100 50 400 500 600 Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung (nm) 700 Stäbchen (Rhodopsin) Zapfentyp B: blau- bis violettempfindlich Zapfentyp G: grünempfindlich Zapfentyp R: gelb- bis rotempfindlich Abbildung 2: Absorptionsmaxima der Fotorezeptoren 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek III/A Abbildung 3: Verteilung von Stäbchen und Zapfen auf der Netzhaut 2. Zapfen • Der Sehfarbstoff (Rhodopsin) ist in die Auffaltungen der Plasmamembran eingelagert. • Zapfen sind bei hoher Leuchtdichte aktiv. • Sie sind für Farbensehen (fotopisches Sehen) zuständig. • Es gibt 3 verschiedene Zapfentypen mit unterschiedlichen Opsinmolekülen, die unterschiedliche, aber überlappende, Lichtempfindlichkeitsbereiche haben (Blau, Grün, Rot). • Nur durch die Existenz mehrerer Zapfentypen ist Farbensehen möglich, denn die Farbwahrnehmung entsteht durch das Erregungsverhältnis der Zapfentypen. Prinzipiell würden zwei Zapfentypen für einen Farbeindruck ausreichen, aber dann würden viele Mischungen zu einem ähnlichen Farbeindruck führen. Ein gelber Farbeindruck wird somit genauso bei Licht der Wellenlänge 580 nm erreicht wie bei einem Mischlicht von 560 und 600 nm. Werden alle Zapfen gleich stark erregt, ­­­­ erscheint die Fläche weiß (additive Farbmischung). 3. Stäbchen • Im Außensegment liegen Stapel aus Membranscheibchen (Disks), die keinen Kontakt mehr zur Außenmembran haben. In der Membran der Disks ist der Sehfarbstoff eingelagert. Jeden Tag werden am ciliennahen Bereich neue Disks gebildet. Alte Disks werden durch Enzyme im Pigmentepithel abgebaut. • Es gibt nur eine Stäbchensorte. Daher ist mit Stäbchen kein Farbensehen möglich: Sie reagieren auf schwaches Licht optimaler Wellenlänge genauso, wie auf starkes Licht nicht optimaler Wellenlänge (Univarianzprinzip). • Stäbchen sind für Hell-Dunkel-Sehen (skotopisches Sehen) zuständig und benötigen wenig Licht. Aufgabe 1 Halten Sie Ihre Beobachtungen aus dem zu Beginn der Stunde durchgeführten Versuch schriftlich fest und erklären Sie Ihre Sinneseindrücke mithilfe des Informationstextes zu den Lichtsinneszellen des menschlichen Auges. Aufgabe 2 Erläutern Sie anhand des Informationstextes, warum man einen Stern am Nachthimmel nie fixieren sollte, wenn man ihn beobachten möchte. Aufgabe 3 Begründen Sie mithilfe des Informationstextes, warum Eidechsen nahezu nur Zapfen, und Igel fast nur Stäbchen besitzen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Aufgabe 4 Schließen Sie das rechte Auge und halten Sie die Abbildung mit dem Hund, der einen Hasen jagt, auf Armlänge von sich weg. Fixieren Sie mit dem geöffneten Auge den Hund und bewegen Sie das Blatt langsam auf sich zu. Formulieren und deuten Sie Ihre Beobachtung und erklären Sie, warum dieser Versuch nur „einäugig“ funktioniert. Nutzen Sie dazu das vorliegende Material. " Experiment als Hausaufgabe Die spezifischen Aufgaben und Funktionen von Stäbchen und Zapfen sind Ihnen bereits bekannt. Außerdem haben Sie bereits die drei unterschiedlichen Zapfensorten kurz kennen gelernt und erfahren, dass Stäbchen und Zapfen – sowie die einzelnen Zapfensorten – nicht einheitlich auf der Retina verteilt sind. Das folgende Experiment macht die Verteilung der Sehzellen – die übrigens bei jedem Menschen etwas unterschiedlich ist – deutlich. Material r 2 große Wandplakate oder Tapetenreste r 3 gleich große Pappstreifen in den Farben Blau, Grün und Rot r Bleistift, Klebeband Durchführung Suchen Sie sich einen Assistenten für das Experiment. Befestigen Sie mit dem Klebeband das Papier an einer Wand und zeichnen Sie in die Mitte ein kleines Kreuz als Fixpunkt ein. Halten Sie im ersten Durchgang das rechte Auge geschlossen und fixieren Sie mit dem linken Auge während des gesamten Experiments das Kreuz. Ihr Assistent führt nun aus verschiedenen Richtungen vom Rand des Plakates her einen der Pappstreifen in Richtung Kreuz, ohne Ihnen vorher zu verraten, um welche Farbe es sich dabei handelt. Sobald Sie erstmals den Pappstreifen (die Bewegung des Streifens) erkennen können, sagen Sie Bescheid. Dieser Punkt wird auf dem Wandplakat eingezeichnet und der Pappstreifen weiter in Richtung Fixierkreuz bewegt. Wenn Sie die Farbe des Streifens erkennen, wird auch dieser Punkt (mit Vermerk der Farbe) auf dem Plakat eingetragen. Nach dem Verbinden der entsprechenden Punkte erhalten Sie als Endergebnis Ihr Gesichtsfeld des linken Auges. Wiederholen Sie das Ganze mit dem rechten Auge. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M4 III/A Verlauf Material S ­­­­ LEK Glossar Mediothek Fototransduktion Fototransduktion erfolgt durch Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Nervenimpulse in den Lichtsinneszellen des Auges. Am besten ist dieser Vorgang an den Stäbchen untersucht: Im Innensegment der Stäbchen findet man unter anderem Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle) und Na+/K+-Pumpen. Das Außensegment stellt die „Lichtantenne“ dar. Innerhalb des Außensegments liegen ca. 2000 Membranscheibchen (Disks), in deren Membran der Sehfarbstoff Rhodopsin eingelagert ist. Rhodopsin setzt sich aus dem Protein Opsin und Retinal (ein Aldehyd des Vitamins A) zusammen. Retinal kann in zwei verschiedenen isomeren Formen vorliegen: dem 11-cis-Retinal und dem all-trans-Retinal. Im Dunkeln liegt überwiegend die gewinkelte 11-cis-Form vor. Unter Lichteinwirkung geht diese dann in die lang gestreckte all-trans-Form über. Dadurch wird das Rhodopsin in einen angeregten Zustand versetzt (Metarhodopsin II). Dies ist ein entscheidender Schritt beim Sehvorgang. Licht Abbildung 1: Umwandlung des 11-cis-Retinals in das all-trans-Retinal Für die Entstehung einer Reizantwort spielen neben dem Sehfarbstoff Rhodopsin auch die Ionenkanäle eine entscheidende Rolle: In der Außenmembran (Plasmamembran) des Außensegments findet man Ionenaustauscher, die für drei einströmende Na+-Ionen ein Ca2+-Ion aus der Zelle transportieren. Außerdem liegen dort zahlreiche Ionenkanäle für den Natrium- und Calciumioneneinstrom, deren Leitfähigkeit von Lichtreizen indirekt gesteuert wird. Im ungereizten Zustand (im Dunkeln) sind die Kanäle geöffnet. Die Stäbchen sind – anders, als man es von Neuronen gewohnt ist – leicht depolarisiert (Membranpotenzial -40 mV) und schütten permanent den Transmitter Glutamat aus. Wird die Zelle durch Belichtung gereizt, schließen sich die Ionenkanäle, das Membranpotenzial sinkt auf rund -80 mV (Hyperpolarisation) und es wird an der Synapse weniger Transmitter freigegeben. Die Lichtsinneszellen leisten sich demnach den energieaufwändigen „Luxus“, im Ruhezustand (Dunkeln) ständig Transmitter freizusetzen. Dies lohnt sich, denn so wird die Sensitivität der Transmission an der Rezeptorsynapse erhöht. In einem Stäbchen liegen rund 100 Millionen Sehfarbstoffmoleküle vor. Bereits ein einziges Lichtquant führt zu einer physiologischen Antwort der Sehzelle. Um eine makroskopisch erkennbare Antwort zu erreichen, muss es einen Verstärkermechanismus geben. Die Erregungskaskade wird in der Abbildung 2 verdeutlicht. Aufgabe 1 Setzen Sie die Abbildungen 1 und 2 in Form eines Textes um, in dem Sie die Vorgänge bei der Fototransduktion detailliert darstellen. Aufgabe 2 Erläutern Sie, wieso ein Mangel an Vitamin A zur Nachtblindheit führt. Aufgabe 3 Erklären Sie, wieso man bei einem Schlag auf das Auge Sterne sieht. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­10 LEK Glossar Mediothek III/A Abbildung 2: Erregungskaskade bei der Fototransduktion T: Transducin PDE: Phosphodieesterase *: Aktivierung GMP: Guanosinmonophosphat cGMP:cyclisches Guanosinmonophosphat 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­11 LEK Glossar Mediothek M 5 Die Zellschichten der Netzhaut III/A Die Netzhaut ist nur ca. 0,2 mm dick und aus mehreren Schichten aufgebaut (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Auf bau der Netzhaut Bevor das Licht die Sehzelle erreicht, muss es erst alle Zellschichten durchdringen (inverses Auge). Aufgrund des komplexen Auf baus der Retina kann ein Teil der Bildverarbeitung – zum Beispiel die Kontrastverstärkung – innerhalb der Netzhaut stattfinden. ­­­­ Nur die äußersten Zellen, die Ganglienzellen, bilden Aktionspotenziale und geben somit die Erregung der Sinneszellen an das Gehirn weiter. Von den Fotorezeptoren zu den Ganglienzellen kann die Erregung über verschiedene Wege geleitet werden: auf direktem Weg (Fotorezeptor – Bipolarzelle – Ganglienzelle) und auf indirektem Weg, bei dem Horizontalzellen bzw. Amakrinzellen zwischengeschaltet sind. Dieser indirekte Weg macht einen seitlichen (lateralen) Informationsfluss möglich und führt zu einer Informationsverarbeitung innerhalb der Netzhaut. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­12 LEK Glossar Mediothek Der gesamte Bereich der Netzhaut, der bei Belichtung zu einer Antwort der zugehörigen Ganglienzelle führt, wird als rezeptives Feld bezeichnet. Die Größe der rezeptiven Felder hängt von ihrer Lage auf der Netzhaut ab. In der Fovea centralis (Gelber Fleck) sind die Zapfen 1:1 über Bipolarzellen auf Ganglienzellen verschaltet. So ist eine hohe Bildauflösung, allerdings mit geringer Lichtempfindlichkeit, möglich. Am seitlichen Rand der Netzhaut sind mehrere tausend Fotorezeptoren (vor allem Stäbchen) an einem rezeptiven Feld beteiligt. Das Bild ist unschärfer, aber lichtempfindlicher. Eigentlich müsste man nach diesen Aussagen davon ausgehen, dass wir in einem Teil unseres Gesichtsfeldes permanent unscharf sehen. Dies ist aber nicht der Fall, da unser Auge ständig in Bewegung ist und die betrachteten Objekte „abtastet“. Da sich die rezeptiven Felder gegenseitig durchdringen, kann ein Fotorezeptor an mehreren rezeptiven Feldern beteiligt sein. ­­­­ Ein wesentlicher Vorteil des lateralen Informationsflusses ist die Möglichkeit zur Kontrastverstärkung durch laterale Inhibition (siehe Abbildung 2). Der Halbkreis auf dunklem Untergrund erscheint heller als auf dem hellen Hintergrund. Wir nehmen demnach nicht die absolute, sondern immer eine relative Helligkeit wahr. Abbildung 2: Kontrastverstärkung 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 III/A Verlauf Material S ­­­­13 LEK Glossar Mediothek Ein stark vereinfachtes Modell verdeutlicht die Vorgänge an einer Hell-Dunkel-Grenze: Wie die Abbildung 3 zeigt, geben die Sinneszellen ihre Erregung an Bipolarzellen weiter, die wiederum Ganglienzellen erregen, die mit einer entsprechenden AktionspotenzialFrequenz reagieren. Außerdem werden von den Fotorezeptoren über Horizontalzellen (und Amakrinzellen (nicht eingezeichnet) Signale an lateral liegende Zellen vermittelt, die zu deren Hemmung führen. Dabei ist die Stärke der Inhibition von der Erregungsstärke des Fotorezeptors abhängig (auf der Abbildung 1/5 der Erregungsstärke). Durch diesen Mechanismus wird der Kontrast an der Hell-Dunkel-Grenze verstärkt. Abbildung 3: laterale Inhibition Man unterscheidet bei Bipolarzellen und Ganglienzellen zwei Arten von rezeptiven Feldern: On-Zentrum-Zellen werden durch Belichtung des Zentrums erregt und durch Belichtung des Umfeldes gehemmt (siehe Abbildung 4). Bei Off-Zentrum-Zellen ist es umgekehrt. Die Fotorezeptoren des Zentrums (in Abbildung 4 ist nur ein Zentrum-Fotorezeptor eingezeichnet) sind stets direkt über Bipolarzellen mit den Ganglienzellen verbunden, die Zellen des Umfeldes über Horizontalzellen bzw. Amakrinzellen (diese sind in Abbildung 4 nicht eingezeichnet). Ob ein rezeptives Feld ein erregendes oder hemmendes Zentrum besitzt, hängt davon ab, ob die Fotorezeptoren erregend oder hemmend auf die Bipolarzelle verschaltet sind: On-Zentrum-Zellen sind durch eine invertierende Synapse mit den Bipolarzellen verbunden, sodass es zu einem Vorzeichenwechsel kommt (aus einer Hyperpolarisation wird eine Depolarisation und umgekehrt). Zwischen Off-Zentrum-Fotorezeptoren und Bipolarzellen liegt eine nicht-invertierende Synapse, es erfolgt kein Vorzeichena) b) wechsel. Sowohl für die On- als auch für die Off-rezeptiven Felder gilt: Horizontalzellen bekommen über nicht-invertierende Synapsen ein Signal von einem Fotorezeptor (hier aus dem Umfeld) und geben das Signal über invertierende Synapsen an benachbarte Fotorezeptoren (hier im Zentrum) weiter. Die Horizontalzellen sorgen demnach für die antagonistische Antwort von Zentrum und Umfeld und erhöhen den Kontrast an der Grenze. Neben rezeptiven Feldern für das HellDunkel-Sehen gibt es auch solche für das Bewegungs- und Farbensehen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Abbildung 4: On-Zentrum-Zellen a) Erregung b) Hemmung Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­14 LEK Glossar Mediothek Aufgabe 1 a) Ein Beispiel für laterale Inhibition wird durch das Hermann‘sche Gitter (siehe Abbildung 5) verdeutlicht. Betrachten Sie die Abbildung und beschreiben Sie Ihren Sinneseindruck. Erklären Sie die Wahrnehmung mithilfe der oben stehenden Informationen. b) Fixieren Sie eine der hellen „Straßenkreuzungen“. Beschreiben und erklären Sie den Sinneseindruck. Abbildung 5: Hermann'sches Gitter 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­15 LEK Glossar Mediothek Aufgabe 2 III/A Schreiben Sie neben die einzelnen Zellen in Abbildung 4, ob die Zellen depolarisiert oder hyperpolarisiert vorliegen. Geben sie außerdem ein Maß für die Aktionspotenzial-Frequenz der Ganglienzellen an (hohe oder niedrige Frequenz). Aufgabe 3 Die Abbildung zeigt eine On-Bipolarzelle, die durch einen viereckigen, sich bewegenden hellen Gegenstand erregt wird. Ob die Zelle durch den Stimulus eher depolarisiert oder hyperpolarisiert wird, hängt von der Lage des Objekts ab. Zeichnen Sie in das Diagramm ein, wie sich das Membranpotenzial der Zelle verändert. Der Anfangswert (1) wurde auf 0 gesetzt. Abbildung 6: On-Bipolarzelle (verändert nach: Aus Forschung und Medizin. Die Elemente des Sehens (Schering), Heft 2, Oktober 1988, S. 24.) 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M6 Verlauf Material S ­­­­16 LEK Glossar Mediothek Adaptation Leseratten schmökern nicht nur in der Sonne auf dem Balkon, sondern auch häufig im schwachen Schein einer Taschenlampe unter der Bettdecke; das Sehsystem kann sich hervorragend an unterschiedliche Helligkeitsverhältnisse anpassen. Dieser Vorgang wird als Adaptation bezeichnet: Eine Rezeptorzelle kann über einen großen Bereich verschiedener Stimulierungszustände sehr empfindlich auf Veränderungen der Reizintensität reagieren. An dieser Anpassung sind mehrere Mechanismen beteiligt: • Pupillenreflex: Bei einem starken Lichtreiz verkleinert sich die Irisblende. • Es findet, je nach Lichtstärke, ein Wechsel zwischen Stäbchen- und Zapfensehen statt. • Um die Lichtempfindlichkeit einer Ganglienzelle zu erhöhen, kann die Anzahl der auf sie erregend geschalteten Zellen vergrößert werden. • Bei geringer Lichtintensität zerfällt wenig Sehfarbstoff, die Konzentration an 11-cis-Retinal ist hoch. Gelangt Licht in das Auge, besteht somit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Lichtquant auf ein solches Rhodopsin-Molekül trifft. Aus diesem Grund können auch wenige Lichtquanten wahrgenommen werden. Hat sich das Auge an die Helligkeit gewöhnt, liegt hauptsächlich all-trans-Retinal vor. Bis wieder genügend 11-cis-Retinal regeneriert ist, können geringe Lichtmengen kaum wahrgenommen werden. Allerdings stellte sich in jüngster Zeit heraus, dass dieser Mechanismus nur eine untergeordnete Rolle bei der Adaptation spielt. Die Absorptionswahrscheinlichkeit wird durch Hintergrundlicht nur unbedeutend herabgesetzt. Eine größere Bedeutung scheint der folgende Mechanismus zu haben: Bei Belichtung werden die Kationenkanäle in der Plasmamembran der Sinneszellen geschlossen. Somit strömen weniger Calciumionen in die Zelle. Da aber weiterhin Calciumionen durch die Ionenaustauscher nach außen transportiert werden, sinkt die Calciumionen-Konzentration in der Zelle. Die Aktivität der membrangebundenen Guanylat-Cyclase ist calciumabhängig. Eine geringe Calciumkonzentration führt zu einer gesteigerten Aktivität des Enzyms. Die Folge: Es wird vermehrt cGMP gebildet, die Kationenkanäle werden geöffnet und die Cyclaseaktivität wird wieder auf den Dunkelzustand herabgedrosselt. • Stäbchen und Zapfen haben unterschiedliche Adaptationskurven (siehe Abbildung 1). Zapfen passen sich recht schnell an Dunkelheit an, haben aber einen höheren Schwellenwert als die Stäbchen, die allerdings langsamer adaptieren. Abbildung 1 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­17 LEK Glossar Mediothek Aufgabe 1 III/A Erklären Sie begründend, ob die Hell- oder Dunkeladaptation schneller abläuft, und geben Sie für jeden Vorgang ein Alltagsbeispiel an. Aufgabe 2 Führen Sie die folgenden Versuche durch und erklären Sie Ihre Beobachtungen. ­­­­ Versuchsdurchführung: a) Halten Sie ein Auge geschlossen. Betrachten Sie mit dem offenen Auge ca. 30 Sekunden lang konzentriert die Abbildung 2 und blicken Sie anschließend auf ein bereitliegendes weißes Blatt. b) Wiederholen Sie den Versuch mit Abbildung 3. Abbildung 2 M7 Abbildung 3 Zeitliches Auflösungsvermögen Ein einzelner Lichtblitz erzeugt ein Rezeptorpotenzial, welches den Reiz eine Zeit lang überdauert. Erst wenn Lichtblitze so schnell dargeboten werden, dass die Rezeptorpotenziale (und die Potenziale der nachgeschalteten Zellen) verschmelzen, werden die Blitze nicht mehr getrennt wahrgenommen. Zunächst scheint die Lichtquelle zu flimmern, bei einer noch höheren Frequenz der Lichtblitze wird ein konstantes Leuchten wahrgenommen. Die Flimmerfusionsfrequenz bei schwachem Licht (Stäbchensehen) liegt bei ca. 20 Bildern pro Sekunde. Bei sehr heller Belichtung (Zapfensehen) können wesentlich mehr Bilder pro Sekunde noch einen Flimmereindruck hervorrufen. Kinofilme müssen daher mindestens mit einer Geschwindigkeit von 20 Bildern pro Sekunde ablaufen. Aufgabe Basteln Sie ein Daumenkino und lassen Sie es in unterschiedlichen Geschwindigkeiten ablaufen. Variieren Sie dabei auch die Lichtstärke im Zimmer. Halten Sie Ihre Beobachtungen fest und erklären Sie diese mithilfe des Informationstextes. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M8 Verlauf Material S ­­­­18 LEK Glossar Mediothek Räumliches Sehen Eine wichtige Aufgabe unseres Sehsystems ist es, die zweidimensionale Abbildung der Umwelt wieder in eine dreidimensionale Wahrnehmung zu verwandeln. Nur so können Entfernungen abgeschätzt und die Räumlichkeit von Objekten erkannt werden. Der Mechanismus, mit dem dieses Ziel erreicht wird, ist für Objekte im Nahbereich anders als für weiter entfernte Objekte. Objekte im Nahbereich: Aufgrund des Augenabstandes von 6 bis 7 Zentimetern sieht jedes Auge die Umwelt aus einem etwas anderen Blickwinkel. Erst das Gehirn setzt diese Bilder zusammen. Es vergleicht die Positionsunterschiede einander entsprechender Bildpunkte und bildet durch Verrechnung einen räumlichen Seheindruck. Auch einäugige Menschen können in beschränktem Maß räumlich sehen. Dabei verwendet das Sehsystem Hinweise, die es auch bei der Wahrnehmung von weiter entfernten Objekten beim zweiäugigen Sehen heranzieht (siehe Abbildung 1): – Verdeckung: Ein Objekt, das ein anderes Objekt teilweise verdeckt, muss vor diesem liegen. – Perspektive: Zusammenlaufende Linien erwecken den Anschein räumlicher Tiefe. Wird die Umgebung perspektivisch dargestellt, interpretiert das Gehirn die darauf abgebildeten Objekte entsprechend. Daher erscheint der im Vordergrund abgebildete Junge auch kleiner als der Mann im Hintergrund, obwohl sie – wenn man mit dem Lineal nachmisst – gleich groß sind. Abbildung 1 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­19 LEK Glossar Mediothek Aufgaben III/A Versuch 1 Halten Sie einen Stift in etwa 30 Zentimeter Entfernung und betrachten ihn mit beiden Augen. Jetzt schließen Sie abwechselnd das rechte und linke Auge. Versuch 2 Betrachten Sie die Abbildungen 2 und 3, halten Sie Ihre Beobachtungen fest und finden Sie eine Erklärung. Abbildung 2 Abbildung 3 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 M9 Verlauf Material S ­­­­20 LEK Glossar Mediothek Auge und Gehirn Entwicklungsbiologisch gesehen ist die Netzhaut ein Teil des Gehirns. Sie entsteht während der Embryonalentwicklung als Ausstülpung des Zwischenhirns. Da wundert es nicht, dass bereits in der Netzhaut komplexe Schritte der Bildverarbeitung stattfinden – ebenso wie im Gehirn. Zum Beispiel werden Informationen über Form, Farbe und Bewegung sowohl in der Netzhaut als auch in nachgeschalteten Gehirnarealen getrennt voneinander verarbeitet und erst durch spätere, komplexe Prozesse zusammengeführt. Bei der Interpretation der Wahrnehmungen spielen nicht nur persönliche Erfahrungen und Lebenssituationen eine Rolle, sondern unter anderem auch die emotionale Bewertung der visuellen Eindrücke (Ist mein Gegenüber Freund oder Feind...). Was wir sehen, scheint demnach viel von unserer Person abzuhängen. Somit stellt sich die Frage: Sehen wir die Welt so, wie sie ist? oder auch Sehen wir alle die gleiche Realität? Aufgabe Diskutieren Sie die oben stehende Frage unter Einbezug der folgenden drei Versuche und des Informationstextes. Informationstext Auf der Netzhaut wird die Umwelt kopfstehend und seitenverkehrt abgebildet, dennoch sehen wir die Welt aufrecht. Die Bildumkehr ist eine Leistung des Gehirns, die es allerdings erst lernen muss. Säuglinge fassen daher in den ersten Lebenswochen noch häufig daneben, wenn sie versuchen, einen Gegenstand zu ergreifen. Für sie steht die Welt sozusagen noch Kopf. Erst durch Erfahrung – die Verarbeitung der durch gleichzeitiges Sehen und Tasten gewonnenen Informationen – lernt das Gehirn, das Bild aufzurichten. Dieser Lernprozess ist auch bei Erwachsenen noch möglich: Beim Tragen einer Umkehrbrille nimmt die Versuchsperson die Welt anfangs umgekehrt wahr. Innerhalb einiger Tage wird das Bild wieder aufgerichtet. Versuch 1 Es werden in rascher Folge einige Folien mit verschiedenen Abbildungen gezeigt. a) Schreiben Sie, ohne sich mit Ihren Mitschülerinnen und Mitschülern auszutauschen, bei jeder Abbildung spontan auf, was Sie auf dem Bild sehen. b) In einer zweiten Runde wird, bevor das betreffende Bild gezeigt wird, jeweils eine Spontanbeobachtung von Versuchsteil a) vorgelesen. Achten Sie darauf, ob sich Ihre Wahrnehmung beim zweiten Betrachten des Bildes verändert. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­21 LEK Glossar Mediothek Versuch 2 III/A Basteln Sie sich eine Benham-Scheibe: Sie benötigen eine weiße, runde Pappscheibe sowie eine Kreiselspitze (zum Beispiel ein Holzstäbchen, das Sie durch die Mitte der Scheibe stecken). Achten Sie beim Übertragen des Musters darauf, dass die schwarzen Bögen nicht zu dick geraten. Drehen Sie nun die Scheibe mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn. Schauen Sie dabei auf das schwarz-weiße Muster. Alternativ können Sie die abgebildete Scheibe auch auf weiße Pappe kopieren. Banham-Scheibe Gedankenexperiment: Stellen Sie sich eine der folgenden zwei Szenen vor. a) Sie sind auf einem großen Open-Air-Konzert und suchen in der Menschenmenge einen Freund, der, wie sie wissen, eine blaue Baseballkappe trägt. Wie nehmen Sie die Menschenmenge wahr, während Sie herumlaufen? Schreiben Sie dies stichpunktartig auf. b) Ein Pärchen sitzt in einem Straßencafé. Der Mann plant gerade, ein neues Auto anzuschaffen, und hat zwei bestimmte Modelle in die nähere Wahl genommen. Die Frau möchte ihren Typ verändern und ist auf der Suche nach einer passenden Frisur. Beide beobachten eine Weile das Treiben auf der Straße. Schreiben Sie stichpunktartig auf, was der Mann und die Frau jeweils sehen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­22 LEK Glossar Mediothek Erläuterung (M 1) Die Abbildung vom Aufbau des menschlichen Auges dient als Vorlage für die Lehrkraft. Man kann die Abbildung entweder auf DIN A3 kopieren und die Definitionen ausschneiden und aufkleben lassen, oder die Abbildung auf Folie kopieren, um die Definitionen im Plenum zuordnen zu lassen. Da im Verlauf der Unterrichtseinheit die entsprechenden Begriffe immer wieder eine Rolle spielen, ist eine weitere Variante zu empfehlen: Mit dem Overheadprojektor lässt sich die Abbildung auf ein Wandplakat projizieren und abzeichnen. Die Lernenden können nun die Definitionen auf dem Wandplakat befestigen. Auf diese Weise kann auch, nachdem die Lernenden in Einzelarbeit gearbeitet haben, eine Lernzielkontrolle erfolgen. Das Plakat bleibt dann für den Verlauf der Unterrichtseinheit im Klassenraum hängen. Lösung (M 1) Von links nach rechts: Sehnerv Ziliarmuskeln Iris vordere Augenkammer Netzhaut (Retina) Linse Glaskörper Fovea centralis (Gelber Fleck) Hornhaut (Cornea) Pupille Zonularfasern Blinder Fleck Lederhaut (Sclera) hintere Augenkammer Aderhaut (Choroidea) Pigmentschicht Lösung (M 2) Aufgabe 1 Aufgrund des Strahlengangs wird auf der Mattscheibe ein kopfstehendes, seitenverkehrtes Bild erzeugt. Jeder Gegenstand wird also umgekehrt und spiegelbildlich abgebildet. Bei einer kleinen Öffnung ist das Bild schärfer, aber lichtschwach, bei einer großen Öffnung nimmt die Schärfe zugunsten der Lichtstärke ab. Der Einsatz einer Sammellinse führt zu einem lichtstärkeren Abbild. Aufgabe 2 Bei Kurzsichtigen ist der Augapfel zu lang, das scharfe Bild würde praktisch vor der Netzhaut entstehen. Daher müssen die Lichtstrahlen mithilfe einer Zerstreuungslinse gestreut werden, sodass ein scharfes Bild erst auf der Netzhaut entsteht (Abbildung a). Bei Weitsichtigkeit ist der Augapfel zu kurz. Daher müssen die Lichtstrahlen mit Hilfe einer Sammellinse gebündelt werden, um bereits auf der Netzhaut ein scharfes Bild zu gewährleisten. a) b) Korrektur bei Fehlsichtigkeit: a) Bei Kurzsichtigkeit b) Bei Weitsichtigkeit 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­23 LEK Glossar Mediothek Aufgabe 3 III/A Im Alter nimmt die Elastizität der Linse ab, sodass sie sich nicht mehr ausreichend wölben kann. Der Länge des Augapfels kommt also – im Gegensatz zur angeborenen Fehlsichtigkeit – hier keine Bedeutung zu. Erläuterung (M 3) Versuch zu Beginn der Stunde Bevor die Lernenden den Raum betreten, werden an der Tafel zwei Tonpapiere (eventuell in Form von Katzensilhouetten) in gedecktem Grün und Orange (oder Blau und Rot) befestigt. Die Tafel wird zugeklappt, sodass die Schülerinnen und Schüler die Papiere noch nicht sehen können. Der Raum wird vollständig abgedunkelt und erst dann die Tafel aufgeklappt. Allmählich wird der Raum wieder erhellt. Mit diesem Versuch beschäftigt sich dann die Aufgabe 1 des Arbeitsblattes. Aufgabe 4 Damit bei dem Versuch von Aufgabe 4 die Aufmerksamkeit der Augen allein auf die Abbildung gerichtet wird, sollte die Lehrkraft die Abbildung auf separate Blätter kopieren und austeilen. Experiment als Hausaufgabe: Der Versuch ist zwar relativ aufwändig, führt aber zu den eindruckvollsten Ergebnissen. Den Schülerinnen und Schülern wird auf diese Weise die zuvor in der Theorie besprochene Verteilung der verschiedenen Sehsinneszellen auf der Netzhaut bildhaft verdeutlicht. Um den Zeitaufwand zu reduzieren, kann jeweils die Hälfte der Klasse das rechte bzw. linke Gesichtsfeld untersuchen. Die entsprechenden Versuchsergebnisse der einzelnen Lernenden werden im Unterricht aufgehängt und verglichen. Die Schülerinnen und Schüler stellen fest, dass sich die Gesichtsfelder zwar ähneln, aber nie vollständig gleichen. Jeder Mensch besitzt sozusagen sein eigenes „Sichtprofil“ und sieht die Welt im wahrsten Sinne des Wortes mit anderen Augen. Lösung (M 3) Aufgabe 1 Bei schwachem Lichteinfall werden nur Helligkeitsunterschiede wahrgenommen: beide Tonpapiere erscheinen in Grautönen. Erst wenn die Lichtstärke erhöht wird, können die Farben erkannt werden. Im Dämmerlicht reicht die Lichtstärke nicht aus, um die lichtunempfindlichen Zapfen zu erregen. Beim Sehen mit nur einem Fotorezeptortyp, den Stäbchen, ist kein Farbensehen möglich. Die Welt erscheint in Schwarz-Weiß (Nachts sind alle Katzen grau). Da aber auch Stäbchen für Licht verschiedener Wellenlängen unterschiedlich empfindlich sind, erscheinen grüne (blaue) Flächen relativ heller als orange (rote). Aufgabe 2 Fixiert man einen Gegenstand, so wird er mit den Lichtsinneszellen der Fovea centralis (Gelber Fleck) wahrgenommen. Da hier nur Zapfen vorkommen, die sehr viel Licht benötigen, kann ein schwach leuchtender Stern nur dann wahrgenommen werden, wenn man leicht an ihm vorbeisieht. Dann fällt sein Bild auf die Stäbchen im Randbereich der Netzhaut. Aufgabe 3 Lebensweise und Körperbau sind bei Tier (und Mensch) möglichst optimal aufeinander abgestimmt. Daher haben tagaktive Tiere (Eidechsen) vermehrt Zapfen, nachtaktive Tiere (Igel) dafür vermehrt Stäbchen. Aufgabe 4 Das Bild des Hasen fällt bei einem bestimmten Beobachtungsabstand auf den blinden Fleck (Austrittsstelle des Sehnervs), wo kein Sinneseindruck entstehen kann: Der Hase verschwindet. Wären beide Augen geöffnet, würde das unterbrochene Gesichtsfeld des einen Auges durch Informationen des anderen Auges komplettiert. Diese Ergänzung findet im Gehirn statt. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­24 LEK Glossar Mediothek Erläuterung (M 4) Als alternative Aufgabenstellung ist die Kartenlegetechnik denkbar: Jeder und jede Lernende verdeutlicht sich zunächst schriftlich die Vorgänge (stichwortartig oder als Text). In einem zweiten Schritt filtern sie die Schlüsselbegriffe heraus, schreiben jeweils einen Begriff auf eine kleine Karteikarte etc. und legen die Begriffe – ähnlich wie bei einer Mind Map – in einer sinnvollen Struktur vor sich auf den Tisch. In einem dritten Schritt erläutern sich die Tischnachbarn jeweils ihre Struktur und wiederholen dabei die Thematik. Lösung (M 4) Aufgabe 1 Der Sehfarbstoff Rhodopsin setzt sich aus dem Protein Opsin und dem Chromophor und Cofaktor Retinal (ein Aldehyd des Vitamins A) zusammen. Retinal kann in zwei unterschiedlichen Raumstrukturen vorliegen: dem gewinkelten 11-cis-Retinal und dem lang gestreckten all-trans-Retinal. Bei der Absorption von Licht kommt es zu einer Isomerisierung des Retinals, wobei die gestreckte all-trans-Form entsteht. Das Rhodopsinmolekül geht in einen angeregten Zustand über, das sogenannte Metarhodopsin II. Dieses aktiviert bis zu 3000 Moleküle des Enzyms Transducin (erster Verstärkungsmechanismus). Das nach der Aktivierung des Transducins wieder frei vorliegende Metarhodopsin II wird abgebaut: Das Chromophor Retinal wird vom Opsin abgespalten, im Pigmentepithel unter Energieverbrauch (ATP-Verbrauch) reisomerisiert und im Außenglied wieder in ein Opsinmolekül eingebaut. Das aktivierte Transducin bindet an eine Phosphodiesterase (PDE), die aus mehreren Untereinheiten besteht. Anschließend wird die PDE wieder abgespalten und dabei aktiviert. Sie katalysiert die Hydrolyse von cGMP (cyclisches Guanosinmonophosphat) zu GMP. cGMP spielt für das Öffnen bzw. Schließen der Na+/Ca2+ -Kanäle der Plasmamembran eine entscheidende Rolle: Nur wenn mindestens 4–5 cGMP-Moleküle an einem Kanal binden, bleibt dieser geöffnet. Wird cGMP hydrolisiert, schließen die Kanäle und der Kationeneinstrom wird verringert. Ein PDE-Molekül kann die Hydrolyse von etwa 2000 cGMPMolekülen pro Sekunde katalysieren (zweiter Verstärkungsmechanismus). Damit die Kanäle wieder öffnen können, muss cGMP resynthetisiert werden. Dies erfolgt durch das Enzym Guanylat-Cyclase. Die Aktivität dieses Enzyms ist unter anderem abhängig von der Calciumionen-Konzentration in der Zelle: Eine hohe CalciumionenKonzentration hat eine geringe Enzymaktivität zur Folge, eine niedrige Calciumionen-Konzentration eine hohe Enzymaktivität. Das heißt: Im Dunkeln, bei geöffneten Ionenkanälen, liegen ausreichend Calciumionen vor, die Guanylat-Cyclase ist inaktiv; es sind kaum cGMP-Moleküle vorhanden. Nach Belichtung, und somit bei geschlossenen Kanälen, können weniger Calciumionen in die Zelle einströmen. Es werden aber weiterhin Calciumionen durch den Ionenaustauscher hinaustransportiert. Daher nimmt die Calciumionen-Konzentration in der Zelle ab. Die Guanylat-Cyclase wird aktiviert, es werden cGMPMoleküle synthetisiert und die Kationenkanäle können sich wieder öffnen. Aufgabe 2 Vitamin-A wird zur Produktion des Sehfarbstoffs Rhodopsin benötigt. Daher ist eine ausreichende Aufnahme von Carotin (Provitamin A), das unter anderem in Möhren, Brokkoli und Spinat enthalten ist, nötig. Im Körper wird Carotin zu Vitamin A umgesetzt. Bereits ein leichter Vitamin-A-Mangel kann das Sehen in der Dämmerung beeinträchtigen. Chronischer Vitamin-A-Mangel kann zu Augenentzündungen, Schädigungen der Hornhaut oder sogar zur Erblindung führen. Aufgabe 3 Sinneszellen können außer durch adäquate Reize (Lichtquanten), auch durch inadäquate Reize – wie beispielsweise ein Schlag auf das Auge – erregt werden. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 III/A Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­25 LEK Glossar Mediothek Erläuterung (M 5) III/A Im Zuge der didaktischen Reduktion wird hier nur allgemein von „Fotorezeptoren“ gesprochen. In der Realität haben Stäbchen und Zapfen unterschiedliche (und häufig auch noch komplexere) Verschaltungsmuster. Zu Aufgabe 2 Als Zusatzaufgabe bzw. Lernzielkontrolle können die Schülerinnen und Schüler einen Legendentext zur Abbildung 4 formulieren. Lösung (M 5) Aufgabe 1 a) Aufgrund lateraler Inhibition erscheinen die „Straßenkreuzungen“ grau. Da im Kreuzungsbereich vier helle Straßen aufeinandertreffen, erfolgt eine laterale Hemmung von vier Seiten, während zwischen den schwarzen Feldern die laterale Inhibition geringer ist. b) Wenn die Kreuzung fixiert wird, also in der Fovea centralis abgebildet wird, kann aufgrund der 1:1-Verschaltung der Zapfen keine laterale Inhibition mehr stattfinden: Die Kreuzung erscheint weiß. Aufgabe 2 und Zusatzaufgabe a)on-Zentrum, Zentrum belichtet: Belichtung des Zentrums führt zur Hyperpolarisation der Lichtsinneszelle, die Zellen des Umfeldes sind depolarisiert. Obwohl die belichtete Zentrum-Zelle die Ausschüttung des erregenden Transmitters Glutamat verringert, wird die Bipolarzelle aufgrund der invertierenden Synapse depolarisiert. Die Ganglienzelle reagiert darauf mit einer hohen AP-Frequenz. Die Horizontalzellen verbinden die Zellen des (depolarisierten) Umfeldes mit der Zentrum-Zelle und kehren dabei durch invertierende Synapsen die Polarität zwischen Umfeld und Zentrum um. Somit wird die Hyperpolarisation der Zentrum-Zelle verstärkt. b)on-Zentrum, Umfeld belichtet: Im Dunkeln depolarisiert der Fotorezeptor im Zentrum und schüttet Glutamat aus. Eine invertierende Synapse zwischen Fotorezeptor und Bipolarzelle sorgt dafür, dass dies eine Hyperpolarisation der Bipolarzelle zur Folge hat. Daraufhin wird die AP-Frequenz der nachgeschalteten Ganglienzelle verringert. Die belichteten, und somit hyperpolarisierten, Umfeld-Fotorezeptoren erregen durch ihren Transmitter die Horizontalzellen. Diese sind durch invertierende Synapsen mit der Zentrum-Zelle verbunden und verstärken deren Depolarisation. c) off-Zentrum, Zentrum belichtet: Die belichtete und somit hyperpolarisierte ZentrumZelle ist über eine nicht-invertierende Synapse auf die Bipolarzelle verschaltet. Daher wird die Bipolarzelle ebenfalls hyperpolarisiert und die Ganglienzelle verringert die AP-Frequenz. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Horizontalzellen, die von ihren depolarisierten Fotorezeptoren erregt (ebenfalls depolarisiert) werden und über eine invertierende Synapse mit dem Zentrum verbunden sind. d)off-Zentrum, Umfeld belichtet: Die Depolarisation der unbelichteten Zentrum-Zelle wird über die Bipolarzelle an die Ganglienzelle weitergegeben, die daraufhin ihre APFrequenz erhöht. Die Horizontalzellen werden durch die belichteten Fotorezeptoren hyperpolarisiert und führen über invertierende Synapsen zu einer Depolarisation der Zentrum-Zelle. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­26 LEK Glossar Mediothek Aufgabe 3 An Position 1 hat das Objekt das rezeptive Feld der Bipolarzelle noch nicht erreicht, das Membranpotenzial wurde auf 0 mV gesetzt. An Position 2 stimuliert das Objekt nur das Umfeld der on-Zentrum-Zelle, das Membranpotenzial wird negativ (Hyperpolarisation). Werden Zentrum und Umfeld zu gleichen Teilen stimuliert (Position 3) heben sich die Effekte gegenseitig auf und das Membranpotenzial liegt bei 0 mV. Wenn das Zentrum mehr beleuchtet wird als das Umfeld (Position 4), kommt es zu einem positiven Membranpotenzial, d. h. einer Depolarisation. An Position 5 liegt eine vergleichbare Situation wie an Position 3 vor, sodass auch hier das Membranpotenzial 0 mV beträgt. III/A Membranpotential einer on-Bipolarzelle unter Lichteinwirkung Aus Forschung und Medizin. Die Elemente des Sehens (Schering), Heft 2, Oktober 1988, S. 24. Erläuterung (M 6) Die Abbildung 3 von M 6 wird auf Folie kopiert. Das innere Quadrat füllen Sie mit einem grünen Folienstift aus. Die Folie kann dann an die Wand projiziert werden oder im Klassenraum zur Einzelbetrachtung herumgereicht werden (in diesem Fall am besten noch ein weißes Blatt unter die Folie legen). Lösung (M 6) Aufgabe 1 Die Helladaptation (Zerfall des Sehfarbstoffs) verläuft schneller als die Dunkeladaptation (Regeneration des Sehfarbstoffs), d. h., das Auge stellt sich schneller auf größere als auf geringere Beleuchtungsstärken ein. Die Dunkeladaptation dauert rund eine halbe Stunde. Beispiele: a) Man tritt aus dem Tageslicht in einen abgedunkelten Raum und sieht zunächst kaum etwas, erst nach längerer Zeit kann man sich in dem dunklen Raum orientieren. b) Tritt man an einem sonnigen Nachmittag aus dem dunklen Kino ins Freie, so wird man für einige Sekunden von dem hellen Tageslicht geblendet. Aufgabe 2 Teile des Auges können getrennt adaptieren. Statt eines schwarzen Kreises (Abbildung 2) auf einem hellen Hintergrund sieht man einen hellen Kreis vor einem dunklen Hintergrund. Bereiche der Netzhaut, auf denen zuvor der dunkle Kreis abgebildet war, sind weniger stark adaptiert und reagieren beim Blick auf das einheitlich weiße Blatt stärker auf Licht, welches auf die gesamte Netzhaut mit gleicher Intensität trifft. Ein intensiver Grünreiz (Abbildung 3) führt zu einem roten Nachbild (und umgekehrt). Gleiches gilt für Blau und Gelb sowie Weiß und Schwarz. Diese Beobachtungen führten zur Gegenfarbentheorie von Ewald Hering. Die antagonistischen Erregungs- und Hemmungsprozesse finden nicht in den Fotorezeptoren, sondern in nachgeschalteten Zellen der Netzhaut statt. Die trichromatische Theorie von Young und Helmholtz bezieht sich demnach auf die Fotorezeptoren, die Gegenfarbentheorie von Hering auf nachgeschaltete Neuronen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 1 8 Verlauf Material S ­­­­27 LEK Glossar Mediothek Lösung (M 7) III/A Die Flimmerfusionsfrequenz ist individuell verschieden. Daher ist ein Vergleich der Versuchsergebnisse innerhalb der Klasse interessant. Lösung (M 8) Versuch 1 Dieser Versuch zeigt, dass jedes Auge den Stift aus einem etwas anderen Blickwinkel sieht. Schließt man abwechselnd ein Auge, scheint der Stift zu springen. Versuch 2 Abbildung 2: Die waagerechten Linien werden entsprechend ihrer perspektivisch dargestellten Umgebung interpretiert. Daher erscheint der vordere Balken kürzer als der hintere. Diese optische Täuschung kann durch Nachmessen als solche entlarvt werden. Abbildung 3: Hier bereitet die Doppeldeutigkeit der Figur dem Gehirn Probleme. Sie ist teils zwei-, teils dreidimensional gezeichnet. Das Gehirn steckt in einem „Entscheidungskonflikt“. Erst wenn die Figur durch einen quer liegenden Stift unterbrochen wird, kann es eine eindeutige Entscheidung treffen. Dann erscheinen zwei selbstständige Figuren aus 3 Rundbalken sowie 2 Vierkantbalken mit Querbalken. Erläuterung (M 9) Die Versuche sowie der Infotext können nur Gedankenanstöße sein, um sich mit der Problemfrage der Stunde in Form einer Diskussion auseinanderzusetzen. Die Schülerinnen und Schüler sollen miteinander ins Gespräch kommen und ihre Meinungen argumentativ vertreten. Als Zusatzinformation können Texte über den Konstruktivismus gelesen werden. Zu Versuch 1 Die folgenden Abbildungen werden von der Lehrkraft auf Folien kopiert, welche dann den Lernenden in rascher Folge hintereinander gezeigt werden. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 8 Verlauf Material S ­­­­28 LEK Glossar Mediothek III/A Zu Versuch 2 Anstatt jeder Schülerin und jedem Schüler eine Benham-Scheibe herstellen zu lassen, kann auch eine Scheibe für die gesamte Klasse gebastelt werden. Lösung M (9) Versuch 1 Bei diesen Beispielen für mehrdeutige Bilder sind jeweils mehrere verschiedene Interpretationen möglich. Insbesondere bei sehr komplexen mehrdeutigen Bildern ist es häufig der Fall, dass sich der erste Impuls durchsetzt und es dann schwer ist, eine alternative Interpretation nachzuvollziehen. Wir sehen immer wieder das, was wir zu sehen erwarten. Versuch 2: Dreht sich die Scheibe mit einer bestimmten Geschwindigkeit, verwandelt sich das schwarz-weiße Muster in farbige Kreise. Dabei handelt es sich um Farbtäuschungen, subjektive Farben. Vollständig ist das Phänomen noch nicht geklärt. Man nimmt an, dass der Grund für die Farbempfindung in der Weiterleitung der Zapfensignale zu finden ist. Es gibt 3 verschiedene Sorten von Zapfen, die jeweils eine unterschiedliche Zeit brauchen, um auf Lichtreize reagieren zu können. Die Impulse werden verschieden träge an das Gehirn weitergeleitet. Auf ein weißes Feld auf der Benham-Scheibe reagieren alle Zapfensorten – allerdings unterschiedlich schnell. Die Farberscheinung kommt durch die unterschiedlichen Reaktionszeiten und Weiterleitungsgeschwindigkeiten zustande. Gedankenexperiment: Nur ein kleiner Teil der von der Netzhaut kommenden Informationen wird zur Weiterverarbeitung in die Sehzentren der Großhirnrinde gelassen. Ansonsten würden wir von der Informationsflut maßlos überfordert und könnten uns nicht mehr orientieren. Bestimmte Gehirnbereiche filtern Objekte, Personen etc. heraus, die für uns Bedeutung haben, und geben diese Informationen an die übergeordneten Gehirnareale weiter. Zum Beispiel sind bestimmte Gehirnbereiche auf das Erkennen von Gesichtern spezialisiert. Dies begünstigt die schnelle Erkennung von Feinden oder auch Beutetieren und hat sich daher in Lauf der Evolution durchgesetzt. Liegt bei Menschen eine Verletzung in diesem Gehirnareal vor, können sie nicht einmal mehr ihre Verwandten erkennen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007 Das Auge – Unser wichtigstes Sinnesorgan Reihe 1 8 III/A Verlauf Material S ­­­­29 LEK Glossar S ­­­1 Mediothek Absorption: Aufnahme Adaptation: Anpassung des Auges an die jeweiligen Lichtverhältnisse Akkommodation: Scharfstellen des Bildes auf der Netzhaut Depolarisation: Abnahme des Ruhemembranpotenzials Fehlsichtigkeit: Bei angeborener Weitsichtigkeit ist der Augapfel zu kurz, bei ­­­­ Kurzsichtigkeit zu lang. Fototransduktion: Umwandlung von Lichtreizen in chemische und elektrische Impulse Hyperpolarisation: Zunahme des Ruhemembranpotenzials laterale Inhibition: seitliche Hemmung, dient der Kontrastverstärkung Lichtsinneszellen: Stäbchen und Zapfen (Fotorezeptoren) rezeptives Feld: Lichtsinneszellen, die auf eine Ganglienzelle verschaltet sind. Man unterscheidet on-Zentrum-Zellen (Lichtreiz im Zentrum wirkt verstärkend, im Umfeld hemmend) und off-Zentrum-Zellen (Licht im Zentrum führt zur Hemmung, im Umfeld zur Erregung). Rhodopsin: Sehfarbstoff (Sehpurpur), der sich aus dem Protein Opsin (bei Stäbchen und Zapfen unterschiedliche Opsinmoleküle) und dem Cofaktor Retinal zusammensetzt. Das Retinal kann zwei verschiedene Raumstrukturen einnehmen: gewinkeltes 11-cis-Retinal und gestrecktes all-trans-Retinal. Synapse: Kontaktstelle zwischen einzelnen Nervenzellen, Nervenzellen und Muskelzellen oder Nervenzellen und Sinnenszellen; invertierende Synapsen sorgen dabei für einen Vorzeichenwechsel Literatur a) Fachbücher Thompson, Richard F.: Das Gehirn. Von der Nervenzelle zur Verhaltenssteuerung. ­­­­ Spektrum Akademischer Verlag. 2001. 573 Seiten. Das Buch liefert einen umfassenden und gut verständlichen Überblick über die Leistungen des Sinnes- und Nervensystems. Dudel, Josef u.a.: Neurowissenschaft. Vom Molekül zur Kognition. Springer Verlag.2001. 587 Seiten. Dieses Fachbuch geht sehr in die Tiefe und deckt den gesamten Bereich vom Molekül bis zur Kognition ab. Daher wird es in vielen Universitäten empfohlen. b) Zeitschriften Fischer, Peter; Schröder, W. H. (Hrsg.): Aus Forschung und Medizin. Die Elemente des Sehens. Schering. 1988 (2). Eine sehr empfehlenswerte Zeitschrift, in der zahlreiche namhafte Autoren den Sehsinn aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Dabei werden nicht nur die Vorgänge am menschlichen Auge erläutert, sondern auch Vergleiche aus dem Tierreich herangezogen. 51 RAAbits Biologie Januar 2007