Bericht zum Bundesparteitag in Hannover 28./29. November 2015 Der Parteitag begann am 28. November mit leichter Verspätung und wurde von einer engagierten Rede des Vorsitzenden Prof. Meuthen eingeführt. Sie erhielt viel Beifall, der bereits in der Begrüßungsliste begann, die Vertreter der Botschaften der USA und der Türkei enthielt. Meuthen blickte zunächst zurück auf den Parteitag in Essen, die damals von einer großen Rede von Konrad Adam eingeleitet worden sei. Anschließend nahm er die sich daran anschließende Zeit nach den Austritten in den Blick: Weite Teile der Medienlandschaft und unsere politische Konkurrenz allzumal posaunten nun heraus, die Streithansel von der AfD hätten sich nun glücklicherweise selbst zerlegt und geradezu fragmentiert. (…) Allein, sie haben sich alle getäuscht. Und wie nun, knapp fünf Monate später, wohl allmählich auch dem Letzten klar geworden sein dürfte, sehr umfassend getäuscht! Zwar schien die Rechnung zunächst aufzugehen. (…) es gelang uns in den Sommerwochen trotz erheblicher Mühen auch zunächst nicht mehr wie gewohnt, öffentlich wahrgenommen zu werden. Es war der Versuch, uns totzuschweigen. Was haben wir in der Lage getan? Mit neuem Streit wie vor dem Essener Parteitag konnten und wollte ja nun wirklich niemand mehr in die Schlagzeilen kommen. Ein diszipliniert, sachlich und sogar harmonisch zusammenarbeitender Bundesvorstand aber, wie wir ihn nun seit Essen haben, ist natürlich nicht schlagzeilenträchtig. Und so arbeiten wir seit Essen mit extremem Aufwand daran, damit in die Öffentlichkeit zu kommen, womit eine Partei auch auffallen sollte: Wir besetzen die politischen Themen und Problemfelder unserer Zeit mit alternativen Antworten zu dem Einheitsbrei der übrigen Parteien. Das tun wir seit Monaten mit einer hoch aktiven Öffentlichkeitsarbeit, mit unserer bundesweit sehr erfolgreich gelaufenen Aktion der Herbstoffensive, mit ungezählten Veranstaltungen überall im Land und auch mit Demonstrationen. Im weiteren Verlauf der Rede kam er auf die Konsequenz des AfD-Erfolgs zu sprechen, die unsere „politische Gegnerschaft“ in einer Art von „Angstbissigkeit alle Grundsätze eines anständigen und demokratischen Gepflogenheiten entsprechenden Umgangsstils mit dem politischen Gegner“ verlieren lässt, wie es sich im Druck auf Gastwirte, keine AfD-Veranstaltungen zu bewirten, zeigt: Liebe Parteifreunde, es ist schlimm, dass so etwas passiert und Schule macht. Fast noch schlimmer ist die pseudomoralische und tief abstoßende Selbstgerechtigkeit derjenigen, die das tun. Aber wir müssen damit leben und wir müssen uns standhaft dagegen durchsetzen. Und ich sage Ihnen, hier stimmt der Satz dann auch einmal: WIR schaffen das! Wir werden nicht weichen. Wir werden nicht aufgeben. Und wir lassen uns nicht kleinkriegen. Im Gegenteil, wir werden daraus sogar noch gestärkt hervorgehen. Denn wir kommunizieren das und machen diesen Skandal öffentlich. Und, meine Damen und Herren, die Menschen im Land haben feine Sensoren für so etwas. Es wird sich letztlich gegen die richten, die das tun, nicht gegen uns. Das werden sie irgendwann merken, und dann hört das auch wieder auf. Meuthen gelang es, die Delegierten mitzunehmen und auf einen produktiven und konstruktiven Parteitag einzustimmen. Zu dem uns derzeit wohl am meisten beschäftigenden Thema nahm er Stellung, indem er seine Antwort gegenüber Journalisten wiedergab auf den „Vorwurf, wir seien Profiteure der Flüchtlingskrise und erfreuten uns daran gewiss, denn nur das spiele uns die große Zustimmung zu, die wir derzeit haben“: Meine Damen und Herren, das ist erstens schon deshalb falsch, weil wir nun wahrlich weit mehr Themen als nur dieses eine haben. Man schaue sich exemplarisch einmal die 63 Seiten unseres Landtagswahlprogramms in Baden-Württemberg an. Da wird kein Thema ausgespart, zu dem wir nicht Position bezögen. Zweitens kann man sich an diesem Thema nicht erfreuen. Im Gegenteil: Es eint uns die große Sorge um unser Land! Und das Land, um daran keinen Zweifel zu lassen, kommt für uns vor der Partei und nicht dahinter. ((An dieser Stelle der wohl stärkste Zischenapplaus der Delegierten)) Wir sind als in der Partei AfD zusammengeschlossene Gemeinschaft vor allem auch eine Vereinigung von Menschen, die ihr Land mit einem guten und weltoffenen Patriotismus lieben und in ihm auch in Zukunft mit unseren Kindern und Enkeln leben wollen. Wie könnten wir uns an einer so fundamentalen Krise denn freuen? Drittens schließlich ist es ein unsinniger Anwurf. Diese Krise ist Resultat eine jahrelangen eklatanten Politikversagens der uns Regierenden, das nun durch das verantwortungslose Handeln der Kanzlerin in der unmittelbaren Krise noch einmal eine Steigerung erfährt. Das Politikversagen der Regierung wie aller im Bundestag vertretenen Parteien aber ist doch nicht uns anzulasten. Ebenso wenig, wie man uns zum Vorwurf machen sollte, dass wir uns gegen die Rechtsbrüche dieser Regierung wenden und eigene Vorschläge unterbreiten, was zu tun ist in dieser Lage, in kurz- wie langfristiger Perspektive. Das ist beides sogar unsere Pflicht, meine Damen und Herren. Und um es ganz klar zu sagen: Wir denken gar nicht daran, das Thema, das doch allen Menschen im Land mehr als jedes andere unter den Nägeln brennt, aus der politischen Auseinandersetzung heraus zu lassen. Im Gegenteil, wir werben aktiv für unsere Antworten auf diese fundamentale Krise, die unser Land im Ganzen bedroht. Nach der Eröffnungsrede gegen 11 Uhr wurde die Anwesenheit von 470 Delegierten (etwa 600 hätten es maximal sein können) festgestellt. Die Tagesordnung wurde zügig verabschiedet. Weitere Reden hielten die Bundesvorsitzende Frauke Petry (Teil 1 und Teil 2), die Landesvorsitzenden der wahlkämpfenden Bundesländer sowie des gastgebenden Bundeslands, der sich bei der Stadt Kassel bedankte, die den Gastort Hannover durch die Absage des ursprünglich geplanten Orts für den Parteitag erst ermöglichte. Vor dem Hauptthema des Parteitags – der Verabschiedung einer neuen Satzung – wurden drei Resolutionen diskutiert und verabschiedet. Mit großer Einmütigkeit wurde die Resolution zur Außenpolitik verabschiedet. Der Antrag des Bundesvorstands zum Thema Asyl fand einen Gegenantrag, eine diesbezügliche Resolution des Landesverbands NRW zu übernehmen. Nach einiger Diskussion wurde der kürzere und prägnantere Antrag des Bundesvorstands abgelehnt und die ausführlichere und von vielen als konsequentere gesehene Asyl-Resolution auf Grundlage des NRWAntrags angenommen. Schließlich wurde auch die Resolution zum Euro-Ausstieg mit nur einer Gegenstimme angenommen, die von den Bundesvorständen Prof. Meuthen und Alice Weidel vorbereitet worden war. Es sei wichtig, an diesem Thema dranzubleiben, auch wenn es derzeit von der Zuwanderungsthematik überlagert werde. Der Ausstieg Deutschlands aus dem Euro ist dabei ausdrücklich eine Option. Die weiteren Resolutionsanträge wurden zur Debatte an das Parteitagsende verschoben. Nächster Tagungsordnungspunkt war der Beschluss zur Anerkennung der JA als Jugendorganisation der AfD. Dieser Schritt war schon längst fällig, gibt es doch eine relativ große Anzahl von sehr wachen jungen Menschen, die engagiert mit spritzigen Ideen für die Zukunft unseres Volkes, unseres Heimatlandes und schließlich auch für ihre eigene Zukunft streiten und kämpfen. Leider gibt es bis jetzt bei uns in der Oberpfalz noch keinen JA-Verband. – Wir hoffen, dass sich dies nächstes Jahr ändern wird. Den zentralen Tagesordnungspunkt des Parteitags führte der Stellvertretende Bundesvorsitzende Albrecht Glaser ein, der auch der Satzungskommission vorstand, die den Antragspunkt zur Satzungsverabschiedung einbrachte. Hintergrund: Die auf dem Bremer Parteitag verabschiedete Satzung war vom Bundes-Schiedsgericht nur für vorläufig gültig anerkannt worden, da die Abhaltung des Parteitages an zwei unterschiedlichen Orten (jeweils mit Live-Zuschaltung) nicht als für jeden Teilnehmer gleichwertig anerkannt worden ist. Augenzwinkernd verblüffte Glaser die Delegierten mit der Behauptung, Satzungsdiskussionen könnten erotisch sein, was er nicht als rein juristische Leidenschaft verstanden wissen wollte. „Wir haben die Chance, anders zu sein als andere Parteien. Und wir müssen liefern!“ So sehe das Parteiengesetz – das ja von den Parteien im Bundestag verabschiedet wurde – kein Legislativorgan vor, um den Haushalt zu verabschieden. In einer parlamentarischen Demokratie gilt das Haushaltsrecht bekanntlich als Königsrecht des Parlaments und ist dadurch von der Exekutive getrennt. Das Grundgesetz, das über dem Parteiengesetz steht, sagt in Artikel 21 zur Struktur der Parteien: „Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.“ Mit der Budgethoheit des Konvents, in den die Landesverbände ihre von den Landesparteitagen gewählten Delegierten senden, hat die AfD mit der Verabschiedung ihrer Satzung ein demokratisches Alleinstellungsmerkmal in der Satzung verankert. Weitere wichtige Punkte zu Satzung sind: Der Bundesvorstand hat zwei oder drei Vorsitzende – damit wird nicht wie in der Bremer Satzung vorgesehen die Zweier-Spitze im Dezember zur Einerspitze. Aufgrund dieses Umstands war es so wichtig, den Satzungsparteitag noch im November abzuhalten, damit der bisher erfolgreich zusammenarbeitende Vorstand in dieser Konstellation seine Arbeit fortsetzen kann. Die zuvor mit Lucke so vehement verfochtene Einzelspitze wurde gar nicht beantragt oder diskutiert. Ein Generalsekretär ist nicht mehr vorgesehen. § 19 Nebentätigkeiten und Lobbyismus: Die (eigentlich eher symbolischen) Hürden für langjährige Abgeordnete zur Wiederaufstellung in der Wahlliste fanden ebensowenig eine Mehrheit wie das Quorum zur Begrenzung der Amts- und Mandatsträger im Bundesvorstand. Hier wurden eigentlich die kontroversesten Diskussionen geführt. Trotz einiger knapper Entscheidungen zu den Satzungsanträgen wurde die neue Satzung mit nur zwei Gegenstimmen angenommen – ein Zeichen großen Zusammenhalts und ein deutlicher Unterschied zum polarisierten Satzungsparteitag von Bremen, wo die Mehrheit nur knapp über den geforderten zwei Dritteln lag. Zu Beginn des zweiten Tages, noch während des Tagesordnungspunktes zur Satzung, berichtete der niedersächsische Landesvorsitzende Paul Hampel von einem erneuten Anschlag auf ein AfDParteibüro, diesmal in Dinslaken. „Mit zunehmendem Erfolg in den Umfragen für die AfD steigt auch der Terror gegen uns.“ Leute werden bedroht und beruflich diskriminiert. „Bürgermeister schreiben in ihrer Amtsfunktion an Hoteliers und Gaststättenbesitzer, dass sie uns nicht mehr beherbergen sollen. Was ist das für ein Zustand in diesem Lande?“ Der Landesvorstand Niedersachsen hat daher beschlossen, eine neue Erfassungsstelle Salzgitter zu gründen, zur Dokumentation von Straftaten und Diskriminierungen gegen Mitglieder, Angehörige, Freunde und Förderer der Alternative für Deutschland. Das Vorbild, die Erfassungsstelle Salzgitter, gab es bis vor 25 Jahren und hatte zur Aufgabe, alle kriminellen Delikte und Straftaten der DDR gegen ihre Bürger festzuhalten. Als Vorsitzende der Programmkommission berichtete Alice Weidel, dass es noch im Dezember eine Internet-Umfrage zu Teilen des Parteiprogramms geben solle. Der mit den Fachausschüssen abgestimmte Weg sehe den Parteitag zur Verabschiedung des Parteiprogramms Ende April 2016 vor. Sie bat darum, diesen Plan anzunehmen und nicht durch kürzere Fristsetzung die Qualität der Arbeit zu gefährden. Ein Antrag, den Programmparteitag bereits im März abzuhalten, fand daher keine Mehrheit. Am Ende des Parteitags wurden noch zwei weitere Resolutionen verabschiedet. Als Reaktion auf den Vorstoß der EU-Kommission, nach den Attentaten in Paris, die mit illegalen automatischen Waffen und Sprengstoff ausgeführt wurden, mit einer drastischen Verschärfung des Rechts auf legalen Waffenbesitz zu antworten, fand die Resolution „Keine Verschärfung des Waffenrechts unter dem Terrorvorwand“ ebenso eine deutliche Mehrheit wie die Syrien-Resolution der AfD: „Der Bundesparteitag der AfD lehnt den Einsatz der Bundeswehr in Syrien entschieden ab. Der Bundesvorstand wird beauftragt, eine verfassungsrechtliche Überprüfung einzuleiten, dies besonders vor dem Hintergrund, dass Deutschland tausenden jungen syrischen Männern Schutz gewährt, die unter der Regierung Assad wehrpflichtig und damit verpflichtet wären, ihre Heimat gegen den Islamischen Staat (Daesh) zu verteidigen.“ Der Parteitag endete gegen 17:30 mit dem Singen der Nationalhymne.