Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1988 Die Gesteine des Calanda Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini. 1988 Die Gesteine des Calanda Aldo Godenzi Kopie aus: Godenzi Aldo: Vom Reichtum der Steine. in: Festschrift 125 Jahre Sektion Rätia SAC 1863-1988. Seite 109-122. Vom Reichtum der Steine Aldo Godenzi Die einzigartige Geschlossenheit des Gebirgsstockes zwischen Rhein und Tamina war der Anlass, den Calanda von den verschiedensten Gesichtspunkten zu betrachten. Aldo Godenzi erklärt uns die Geologie des Berges. Der Calanda bildet einen langgestreckten Querkamm zwischen Tamins und Bad-Ragaz. Rechts wird er vom Rhein umflossen, links hat sich die Tamina zwischen steilen Wänden eingetieft. Im Süden der Kette erheben sich die höchsten Gipfel, während sich nördlich des Valcosenz nur noch ein flacher Bergrücken gegen die Rheinaufschüttung hinunterzieht. Mit 2805 m ü. M. erreicht der Haldensteiner Calanda die grösste Höhe. Es folgen der Felsberger Calanda (2696 m ü. M.), der Taminser Calanda (2385 m ü. M.) und der Berger Calanda (2270 m ü. M.). Einen Churer Calanda gibt es nicht. Der abgerundete Grat des Güllenchopf erreicht eine Höhe von 2526 m ü.M. Nur ein einziger Übergang bei dem "Tüfels Chilchli" ermöglicht die Überquerung der Kette zwischen Chur und Vättis. Auffallend ist die morphologische Gestalt des Berges. Der asymmetrische Aufbau der Flanken kommt in einem Profil zwischen dem Rhein- und dem Taminatal deutlich zum Vorschein. Vom Haldensteiner Calanda (2805 m ü. M.) fallt die NO-Flanke auf den Talboden von Vättis auf eine Höhe von 972 m ü. M. Die Neigung dieser Flanke beträgt ca. 70%. Die Neigung der Churerflanke ist dagegen viel schwächer (ca. 40%). Die zwei Bergflanken sind auch in den Reliefformen grundsätzlich verschieden. Gegen die Tamina fällt eine schroffe, fast senkrechte Wand ab. Nur schmale Absätze unterbrechen die 1500 m hohe Wand. Gegen den Rhein senkt sich aber eine schwachgeneigte, riesige Kalkplatte, die nur selten durch kleine senkrechte Wände unterbrochen wird. Blick vom Vilan auf den Calanda Die Flanken der Vättiser Seite sind von wilden Schluchten durchfurcht; im Gegensatz zu ihr ist die Churer Seite reich an Verebnungen, Tälern und Tälchen mit milden topographischen Formen. Oberhalb der Waldgrenze, auf einer mittleren Höhe von 2000 m ü. M., zieht sich durch den östlichen Bergrücken ein komplexes System von Verflachungen. Sie gehören zu einem alten Terrassensystem, das vor der Eiszeit den alten Boden des Churer Rheintales bildete. Der Rossboden (2039 m ü. M.) der Cafäraboden (2051 m ü. M.), der Chrüzboden (2039 m ü. M.) und Gigers Grab (2051 m u. M.) sind Überreste dieses pliozänen Talbodens. Auffallend sind der flache Sattel des Kunkelspasses und das fast parallel zum Rheintal verlaufende Taminatal. Es handelt sich um ein Urtal, durchflossen von einem Urrhein, der Zentralbünden bis zur Valle Mesolcina entwässerte. Der Ostrhein dagegen floss vom BerninaDisgraziamassiv durch das Oberhalbstein und die Lenzerheide, umfloss die Ostflanke des Calanda und mündete in das Molassemeer, in der Gegend des heutigen Toggenburg. Die Nagelfluhberge des Speers und des Kronbergs sind nicht anders als die gewaltigen Schuttkegel dieser Urflüsse. Deutliche Spuren der Eiszeit sind besonders in den glattpolierten Felsen gegenüber der Stadt Chur zu sehen. Die oberste Grenze der Eisfläche erreichte im Riss (dritte und grösste Eiszeit) die Höhe von 2000 m. Findlinge sind über die ganze Flanke gestreut. Am auffallendsten ist der helle Puntegliasgranit, bestehend aus kleinen Glimmer- und Quarzkomponenten mit darin eingelagerten grossen Orthoklaskristallen. Der Puntegliasgranit gilt im Mittelland als Leitgestein des Rheingletschers. Die Geologische Erforschung des Calanda Der erste Wissenschaftler, der sich mit der Geologie des Calanda befasste, ist Arnold Escher von der Linth (1807-1872). Seine Beobachtungen sind in verschiedenen Tagebüchern aufgeschrieben und wurden wahrscheinlich später durch B. Studer für seine Publikation "Geologie der Schweiz" (18511853) benützt. In dieser Arbeit werden das erste Mal die Altersfolgen der Schichten von Vättis bis zum Gipfel behandelt. Als die Naturforschende Gesellschaft Graubünden gegründet wurde, erschienen in den ersten Berichten dieser Gesellschaft die Arbeiten von G. Theobald, "Geographieprofessor an der Kantonsschule zu Chur", mit dem Titel: "Der Calanda (1. Jahrgang 1854-1855) und "Nachträge über den Calanda" (2. Jahrgang 1855-1856). Seine leidenschaftliche Liebe zur Natur und zur Geologie brachten ihm Ansehen und Anerkennung. Aber damals steckte die Geognostik (wie die Geologie genannt wurde) noch in den Kinderschuhen. Vom Aufbau der Alpenkette hatte man noch eine konfuse Vorstellung. Die Theorien der Überschiebung, d. h. der Verfrachtung ganzer Bergmassive von Süden nach Norden, waren dem damaligen Geognostiker fremd. Und dennoch: "In der Erkennung und Bestimmung der einzelnen Formationen hatte er für seine Zeit das bestmöglichste geleistet". So würdigt der Geologe M. Blumenthal die Arbeit Theobalds. Malmbreccie. Die scharfkantigen Bestandteile der Breccie werden durch die weissen Kalkadern zusammengehalten. Solche Breccien entstehen aus untermeerischen Bergstürzen. In den "Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz" erscheint die erste Monographie über "Die Geologie des Calanda", Bern 1897. Dr. Chr. Piperoff arbeitete an seiner geologischen Karte während der Jahre 18831884. Obwohl seine Aufzeichnungen damals Aufsehen erregten, sind sie, was die Tektonik betrifft, heute kaum brauchbar. Mehrere namhafte Geologen beschäftigten sich um die Jahrhundertwende mit dem Aufbau des Calanda. Das Massiv blieb aber immer nur am Rande der untersuchten Gebiete. Im Jahre 1920 publizierte die "Schweizerische Geologische Gesellschaft" eine "Geologische Karte der Alpen zwischen Linthgebiet und Rhein", aufgenommen von J. Oberholzer (19081920) unter der Mitbenützung der Aufnahmen von K. Tolwinski (Graue Hörner 19081910) und M. Blumenthal (Calanda-Ringelspitze 1909-1911). Als Begleittext zur geologischen Karte erschien im Jahre 1912 die hervorragende Monographie "Der Calanda" von Moritz Blumenthal. Diese letzte Arbeit befasst sich ausschliesslich mit dem geologischen Aufbau und der Tektonik der Calandakette. Die Arbeiten von H. Oberholzer und den anderen sind heute noch massgebend für weitere. Erforschungen an unserem Hausberg. Die später erschienenen Studien befassen sich hauptsächlich mit speziellen Aspekten wie: Bergsturzmassen, Petrographie, Glaziologie, Morphologie und Tektonik. Die Tektonik des Calanda Die Tektonik befasst sich mit dem Aufbau der Gebirge und mit jenen Kräften, welche zur Gebirgsbildung führen. Während des Erdmittelalters lag zwischen den Urkontinenten Gondwana und Laurasia (Afrika-Europa) eine schmale Tiefseeschale. In diesem Meer wurden während des ganzen Mesozoikums die Sedimente der umliegenden Festländer abgelagert. Mit den freiwerdenden Kräften der driftenden Kontinente wurde Afrika nach Norden getrieben, wo es an der Vorderfront mit Europa zusammen stiess. Dadurch wurden gewaltige Felskomplexe aufgestaut und nach Norden geschoben. Die Alpen waren entstanden. Ganze Gebirge kristalliner Gesteine bewegten sich auf jüngeren Sedimenten des Vorlandes. Das bewirkte, dass heute ältere Gesteine auf jüngeren liegen. Diese über Hunderte von Kilometern verschobenen Gesteinsmassen nennt man Decken. Nicht alle altkristallinen Schollen und Sedimentmassen wurden aber disloziert. Ein Teil der Sedimente, welche das Aar- und Gotthardmassiv bedeckten, liegen heute noch mehr oder weniger am selben Ort der Ablagerung. Man nennt diese tektonische Lage "autochthon" (an Ort und Stelle) oder "paraautochthon" (d. h. mehr oder weniger bewegt). Die Decken, die aus den südlichen Gegenden der Tethys (Urmeer zwischen Laurasia und Gondwana) stammen, nennt man Ostalpine Decken; diejenigen der mittleren Zone werden als Penninikum bezeichnet; die Gesteinsmassen der nördlichen Regionen, welche auf dem europäischen Schelf abgelagert wurden, gehören zu den Helvetischen Decken. Der Calanda zählt demnach zu den Helvetischen Decken; und weil ihre Sedimentmassen wenig bewegt wurden, bezeichnet man ihn als "paraautochthon". Die Reihenfolge der Schichten (Verrucano, Trias, Jura und Kreide) zeigen in der Gipfelregion eine eindeutige Faltenstruktur. Diese ist klar am Gipfelaufbau zu sehen, besonders während der Föhntage oder im Frühling, wenn der Schnee schmilzt. Die Gesteinsserien des Calanda Betrachten wir nun die Rheintalseite des Calanda. In der Höhe von Felsberg, etwa einen Kilometer flussaufwärts, treten kristalline Felsen des Aarmassivs auf. Einen solchen Aufschluss nennen die Geologen "tektonisches Fenster". Diese Gesteine sind vor ca. 200 Mio. Jahren als glutflüssiges Magma durch gewaltige Erdspalten an die Oberfläche getreten, so dass wir von einem permischen Vulkanismus sprechen können. Während der Alpenfaltung wurden diese Gesteine zusammengepresst und erscheinen heute als metamorphisierter, graugrüner Epidotchloritschiefer, mit eingelagerten tiefvioletten Lamellen. Zur Zeit dieses Vulkanismus herrschte in unseren Gegenden ein trockenes, wüstenhaftes Klima, denn über den Ergussgesteinen wurde Wüstenschutt abgelagert. Diese Sedimente, Verrucano genannt, sind heute am Calanda nicht sichtbar; sie sind aber unter der Schotterebene sicher vorhanden und werden darum in allen geologischen Profilen eingezeichnet. Am Anfang des Mesozoikums wurde Mitteleuropa unter Wasser gesetzt. Die ersten Anzeichen von einer Überflutung finden wir in den Sedimenten, die unmittelbar über dem Kristallin des Aarmassivs liegen. Wegen ihrer Farbe werden sie Rötlidolomit genannt, und wir finden sie in der Umgebungen von Laschein und oberhalb Tschengels (1:25 000). Die darüberliegenden Schichten des Doggers sind insofern wichtig, als sie von Quarzadern durchzogen werden, die goldhaltig sind. Diese Gesteinspakete sind bei der Goldenen Sonne aufgeschlossen, werden aber kaum wahrgenommen. Wesentlich bedeutender sind für den Aufbau des Calanda die Schichten des Jura, welche fast die ganze Bergflanke gegenüber Chur bilden. Es überwiegt der Malmkalk, auch Quintnerkalk genannt. Er weist eine hellgraue Farbe auf, die von der Intensität der Verwitterung abhängig ist. Der unverwitterte Malmkalk ist dunkel, fast schwarz. Die steilen Wände der Vättiserseite sind ebenso aus diesem Malmkalk aufgebaut. Besonders auffallend, und auch für den Laien interessant, sind die Korallenkalke des oberen Malms. Die Kalkmassen weisen eine fast schwarze Farbe auf, während die stockbildenden Korallen schneeweiss sind. Bei diesen Versteinerungen handelt es sich wahrscheinlich um Korallen der Theocosfamilie. Über die Entstehung der Korallenkalke weiss man heute Genaueres. Korallenkolonien gedeihen in den warmen tropischen und subtropischen Meeren bei einer durchschnittlichen Wassertemperatur zwischen 24 und 28 Grad. Sie bauen ihre Kalkgehäuse nahe der Oberfläche, wo die Brandung ihnen genügend Sauerstoff zuführt. Im Pazifischen Ozean bilden die Korallenkolonien grossartige Atolle, im Roten Meer langezogene Bänke unweit des Ufers. Die Verflachungen unterhalb des "Daches" zeugen von einem früheren Talboden. Gut sichtbar sind die steilen Wände des Kreidekalkes. Während ihrer Bildung war in der Calandazone, am Ort, wo sie entstanden sind, ein subtropisches Meer mit weissen Sandstränden, wehenden Palmen und immergrüner Vegetation. Wer diese interessanten Steine sammeln will, findet sie bequem in der Zone von Oldis, oder, weniger bequem, aber um so schöner, am Felsberger und Taminser Calanda, oberhalb des Felsberger Älpli. Die Gesteine der Kreideformation kommen an der Ostseite des Calanda in ausgedehnten Flächen vor und bestimmen weitgehend die Morphologie der Bergflanke und der Gipfelpartien. Der Gipfelaufbau des Calanda. Harte Felsen werden durch selektive Erosion herauspräpariert. Die untersten Kreideschichten zeigen eine litorale Fades, d.h. diese Sedimente wurden in einem flachen Meer abgelagert, unweit des Ufers. Das ist ein Zeichen einer beginnenden Überflutung des Nordkontinentes. Auffallend ist die hohe, senkrechte Wand zwischen Pitschen und Bärenhag. Dieser Absturz bildet den Erosionsrand der Kreidefelsen, die gleich einer gewaltigen Platte auf den Schichten des Jura liegen. Die Felsen unterhalb des Schotsch bei Haldenstein, wo die Churer Kletterer ihre Akrobatikkünste zeigen, gehören zu den Kreidesedimenten, die vor ca. 100 Mio. Jahren in einem flachen Meer knapp vor der Küste lagen. Betrachtet man den Gipfelaufbau des Haldensteiner Calanda vom Hintertal aus, so fällt die Faltenstruktur der Schichten deutlich auf. Der Grat zur Linken besteht aus einem Malmkern, während der Gipfel selber aus einem körnigen, fossilienlosen Schrattenkalk aufgebaut ist. Steigt man gegen NO, nach Bad Ragaz hinunter, trifft man auf die jüngeren Ablagerungen des unteren Tertiärs: auf die Flyschsedimente. Sehr bekannt und auffallend sind die Nummulithen führenden Sandsteine des oberen Eogens und die Kalksteine des Lutetien. Sie kommen massenhaft am Berghang zwischen Pfäfers und der Rheinebene vor. Die Bergstürze des Calanda Zwischen den Emserwerken und Felsberg zeigt die Calanda-Ostflanke eine ganze Anzahl eindrücklicher Abrissnischen, aus denen Felsstürze zu Tal gedonnert sind. Das Bergsturzmaterial bildet in der Umgebung von Ems zwölf meist kegelartige Hügel, welche aus den alluvionalen Ablagerungen der Rheinebene herausragen. Die Emser nennen diese auffälligen Hügel "Toma" vom lateinischen Tumulus (= Erdhaufen, Hügel) abgeleitet. Das Material besteht aus Malmkalktrümmern und entspricht den Gesteinen der Abrissnischen. Ein spärliches Moränenmaterial bedeckt die Tuma und weist auf einen Gletschervorstoss bis in die Gegend von Chur, am Ende der Würmeiszeit, vor ca. 10000 Jahren hin. Die Abrissnische des Felsberger Bergsturzes liegt in der Zone des Liehherst Chopf, auf 1400 m ü. M. Die Sturzmasse bedeckt, zum Teil als Blockschutt, die Gegend der Gross Rüfi, zwischen der Abrissnische und dem Dorf. Riesige, über 200 Tonnen wiegende Blöcke sind oberhalb des Altdorfes zu sehen. Eine zweite Abrissnische unterbricht die Calandaflanke zwischen dem Foppachopf und den Goldgruben unterhalb der Taminser Alp. Von dieser Stelle löste sich eine gewaltige Gesteinsmasse, deren Trümmerstrom bis weit ins Domleschg hinausfuhr. Dieser Trümmerstrom umfasst die Relikte südlich von Bonaduz bis zum Hügel Tomba beim Bahnhof Rodels-Realta. Über die Art und Weise, wie ein Teil des Bergsturzes durch die Talenge von Rothenbrunnen ins Domleschg gelangen konnte (die Strecke Abrissnische- Tomba von Rodels-Realta misst 13 km), gehen die Meinungen bekannter Geologen weit auseinander. J. Cadisch meint, die kinetische Kraft sei gross genug gewesen, um die Gesteinstrümmer so weit zu schleudern. R. Trümphy dagegen greift zu einer viel komplizierteren Theorie: der Bergsturz sei am Ende der Eiszeit auf Permafrost-Boden gefallen, und durch eine spezielle Frostbodenmechanik seien einzelne Trümmerhaufen talaufwärts ins Domleschg gesetzt worden. Solche Phänomene seien in Grönland beobachtet worden. Es ist aber auch möglich, dass der Bergsturz auf einer Gletscheroberfläche so weit "gerutscht" ist. Die Minerale des Calanda Ein Besuch des "Naturhistorischen Museums" in Chur zeigt uns die Vielfalt der Mineralienwelt des Calanda. Über die Entstehung dieser Schätze der Natur geben heute die Chemie und die Mineralogie Auskunft. Während und vor der Alpenfaltung hat das Wasser in ansehnlichen Tiefen unter einem grossen Druck und bei hohen Temperaturen Metalle und Metallverbindungen auflösen können. Durch Spalten und Risse stieg später die Lösung gegen die Erdoberfläche und kühlte sich ab. So sind in den Hohlräumen die Metallverbindungen wieder ausgeschieden worden, diesmal in Form von schönen Kristallen. Es ist vielleicht nicht allgemein bekannt, dass im Calandamassiv über 40 Mineralarten vorkommen. Damit gehört unser Hausberg zu den mineral reichsten Gebieten der Alpen. Am bekanntesten ist der Quarz oder Bergkristall. Er ist meistens durchsichtig bis milchig und zeigt oft den Dauphineerhabitus. Schöne langstenglige Exemplare wachsen direkt auf dem Rötidolomit. Sehr häufig ist der Pyrit (auch Katzengold oder Hans in allen Gassen genannt), ein Eisensulfid, zu finden. Er weist oft sehr schöne Flächen auf, meistens in der Form eines Pentagondodekaeders, oder gestreifte Würfelformen. Der Pyrit ist oft vom Fahlerz begleitet, eine Vergesellschaftung, die auf Goldvorkommen hinweist. Zu der Gruppe der Sulfide gehören der Kupferkies, den man reichlich im Stollen der Erdölleitung findet, und der Bleiglanz. Calcit, in Form von Skalenoeder oder Rhomboeder, ist ebenfalls weitverbreitet und meistens von Chlorit begleitet. Als Karbonate seien noch das blaue Azurit und das grüne Malachit genannt, zwei Minerale, die als Schmuckstein verwendet werden. Als selten gelten Fluorit, Wulfenit, Cerussit, Brochantit, Boulangerit und Synchisit. Zu den seltenen Mineralen gehört ebenfalls der Scheelit, ein Calciumwolframat, das in der Metallurgie als Fliessmittel verwendet wird. Die Vättiser Flanke des Calanda. Steil fällt gegen das Taminatal die gebänderte Wand. Es ist gut möglich, dass durch intensives Suchen noch andere seltene Mineralstufen gefunden werden. Allerdings haben die angrenzenden Gemeinden ein allgemeines Strahlverbot erlassen. So bleiben sicher wichtige wissenschaftliche Funde verborgen, statt ins Museum oder in eine Sammlung zu gelangen. Unser Hausberg von Praden aus gesehen. Das Gold des Calanda Wer die ersten Goldfunde am Calanda gemacht hat, ist ungewiss. Deutliche Spuren von Schürfungen lassen aber vermuten, dass schon in frühhistorischen Zeiten nach dem edlen Metall gegraben wurde. Erste sichere Notizen eines Bergwerkes am Calanda stehen im Tagebuch des Davoser Bergrichters Christian Gadmer aus den Jahren 1588-1618. Es ist durchaus möglich, dass bei der Suche nach Kupfererz, in der Zone des Kupfergrüebli, auch Gold gefunden wurde. In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts begann man bei Felsberg den Rhein einzudämmen. Zu diesem Zweck sprengte man grosse Felsblöcke, die vom Calanda abgestürzt waren; in einem von diesen Blöcken fand man Gold. Der Finder, Vinzens Schneller, brachte den Schatz zum Apotheker G.W. Capeller. Eine chemische Analyse konnte die Reinheit des Metalles feststellen: es handelt sich um 23karätiges, also fast pures Gold. Einige Jahre später wurde die "Gewerkschaft Goldene Sonne zu Feldsperg" gegründet, und am 20. September 1809 erteilte die Gemeinde die Konzession für den Abbau des Golderzes. Als Experten zog man den Bergrat C.J. Selb bei. Nach einer oberflächlichen Prüfung schätzte er einen Goldgehalt von 14 g pro Tonne, was einen Abbau lohnend erscheinen liess. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man am Anfang fündig war. Man stiess auf mehrere Goldstufen: eine davon wog 125 gr. Einige dieser Funde wanderten in die Museen von Chur, Basel, Bern und Zürich; andere wurden zu Dublonen geprägt. Da eine geschulte Leitung und eine seriöse Aufsicht fehlte, war ein Scheitern des Unternehmens vorprogrammiert. Einige Arbeiter sollen sogar vermutetes "Katzengold" (Pyrit) über die Abraumhalde geworfen haben. In Wirklichkeit handelte es sich um reines Gold. Später musste man die Abraumhalden nochmals durchsuchen. Um das Jahr 1830 gab man den Bergbau betrieb auf. Erstaunlicherweise schloss der Churer Sattlermeister U.A. Sprecher im Jahre 1857 mit der Gemeinde Felsberg wieder einen Vertrag. Diesmal waren geschulte Leute bei der Goldsuche dabei, und anfangs fand man auch verschieden grosse Stufen. Aber knapp drei Jahre später versiegten die Goldadern, und die Mine musste wieder geschlossen werden. Die neusten Stufen reinen Goldes stammen aus dem Jahre 1960. Der Emser Strahler J. Steiger fand in der Grube Flieden 40 schöne Stücke im Quarz eingeschlossen. Wer heute durch die Hänge des Felsberger Calanda wandert, findet lebendige Zeichen vom "Goldfieber" des 19.Jahrhunderts. In der Umgebung des Lascheintobels sind verschiedene Stellen sichtbar; vom Betreten aber ist aus Sicherheitsgründen abzuraten. Die meistens goldführenden Calcit-Quarzadern durchschwärmen einen schiefrigen grauen Sandstein des Doggers. Als Begleiter kommen Arsenkies vor, seltener Pyrit, Kupferkies und Talk. Die Erdölleitung des Calanda Während des Baus der Erdölleitung konnte ich im Stollen nach Mineralien und Gesteinen suchen. Drei Besonderheiten will ich hier hervorheben. Die erste betrifft die Mineralogie. Nach dem Tunneleingang in der Zone Caneu bohrte man an der linken Wand des Stollens eine grosse Kluft an. Sie zieht sich von links oben nach rechts unten über eine Länge von ca. 6 m und mit einer Breite von 60 bis 80 cm. An Mineralien enthält sie Quarz, Blauquarz, Calcit, Kupferkies, Pyrit, Dolomit, Arsenkies und Chloritsand. Der Calcit ist durchsichtig bis trüb und zeigt schöne Rhomboeder Formen. In diesen eingewachsen sind klare, durchsichtige Quarzkristalle, die oft nur das Prisma aufweisen. Als Seltenheit gilt der Fund von Blauquarz, dessen Farbe von Turmalinasbest-Einschlüssen hervorgerufen wird. Die zweite Besonderheit ist tektonischer Natur. In der Mitte des Stollens treten schmale Quarzadern auf, die in einem grauschwarzen Schiefer eingebettet sind. Der Quarz ist massig, kompakt, der Überzug ist weich und färbt leicht ab, was für eine organische Substanz spricht, eventuell Graphit. Dieser schwarze Überzug zeigt eine ganze Anzahl feiner Rillen, welche durch harte, perfekt kristallisierte Pyritkristalle hervorgerufen wurden. Während der Alpenfaltung fand hier eine Bewegung des Gebirgsstockes statt, wobei die Pyritkristalle auf die festliegende Quarzader verschoben wurden. Dabei wurde die weiche Graphitschicht geritzt. Die dritte Besonderheit betrifft die Petrographie. In der Nähe von Oldis musste man während des Stollenbaus einige Wassereinbrüche abwehren. Eine schwere, zähflüssige Lehmmasse floss aus einer Kluft und reichte bis zum oberen Stiefelrand. Zwischen dunklen Malmkalken konnte man an einer Stelle rotviolette tonhaltige Quartenschiefer feststellen, die in der geologischen Karte von M. Blumenthal nicht eingezeichnet sind und nirgends an der Oberfläche auftreten. Literatur: Blumenthal Moritz: Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Der Calanda. Bern 1912 Blumenthal Moritz: Geologische Karte der Alpen zwischen Linth und Rhein. Bern 1920 Bächtiger Kurt: Die neuen Goldfunde aus dem alten Goldbergwerk "Goldene Sonne". Separatdruck aus den "Schw. Mineralogische und Petrographische Mitteilungen", Band 47 Heft 2, 1967 Bächtiger Kurt: Das Gold am Calanda in "Terra Grischuna", Heft 5, 1984, Chur Wir danken dem Verfasser für die freundliche Wiedergabebewilligung. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 05/2004 --------